Zöllner

Einheit | Hintergrund/ Grundsatz
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Zöllner

Materialart: Hintergrund/ Grundsatz
Zielgruppen: Jugendliche (15-19 Jahre), Mitarbeitende, Teens (12-16 Jahre)
Einsatzgebiet: Schulung
Verband: Deutscher EC-Verband
Redaktion: TEC:
Zeitbedarf: - Min. (Vorbereitung: 20 Min.)
Bibelstelle: Matthäus 9,9-11 anzeigen
Bibelstelle
Matthäus 9,9-9,11

Jesus beruft Matthäus und isst mit Zolleinnehmern

Markus 2,13-17; Lukas 5,27-32

9Jesus ging von Kapernaum weiter.

Da sah er einen Mann an seiner Zollstation sitzen.

Er hieß Matthäus.

Jesus sagte zu ihm: »Komm, folge mir!«

Da stand er auf und folgte ihm.

10Später war Jesus im Haus zum Essen.

Viele Zolleinnehmer und andere Leute,

die als Sünder galten, kamen dazu.

Sie aßen mit Jesus und seinen Jüngern.

11Als die Pharisäer das sahen,

sagten sie zu seinen Jüngern:

»Warum isst euer Lehrer mit Zolleinnehmern und Sündern?«

BasisBibel 2012/2020, © Deutsche Bibelgesellschaft

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Zoll?!

Wer heute das Wort Zoll hört, denkt vielleicht zuallererst an seinen Tablet-PC („Display-Durchmesser 7-Zoll“). Und wer öfter international unterwegs ist, dem kommen die grün und rot markierten Gänge im Ankunftsbereich des Flughafens ins Gedächtnis – oder die vergleichsweise preisgünstigen Kosmetika, Spirituosen und Tabakwaren, die man vor Abflug im Tax-free-Shop kaufen konnte. In Deutschland kümmert sich die Zollverwaltung des 21. Jahrhunderts vor allem um den Schutz unseres Wirtschaftsraums vor Produktpiraterie, Schwarzarbeit und Gütern, deren Einfuhr beschränkt oder verboten ist. Es geht also nicht „nur“ um Geld, auch wenn laut Bundesfinanzminister 2012 etwa die Hälfte der Steuereinnahmen des Bundes über die Zollverwaltung erzielt wurde.

Zoll und Zöllner im Römischen Reich

Das war zur Zeit des Neuen Testaments anders. Auch im Römischen Reich wurden Steuern und Zölle erhoben, für das Einsammeln der Zölle sorgten aber nicht die Besatzer (Römer) selbst, sondern Zollpächter, meist Einheimische – in Israel also Juden. Das lateinische Wort für Zöllner lautet „publicanus“, also Menschen, die im Interesse des Römischen Reichs Staatsaufträge übernahmen. Das griechische Pendant dazu ist „telones“. Diese bekamen gegen eine feste (jährliche) Pachtsumme das Exklusivrecht, innerhalb eines vereinbarten Zeitraums in einem bestimmten Gebiet Zölle zu erheben.

Die Römer kamen so zu (von der Höhe her gesehen) gesicherten Einnahmen. Und diese Einnahmen aus den Provinzen wurden dringend benötigt, um die Ausgaben des römischen Reichs zu finanzieren. Zu den Ausgaben gehörten der Ausbau und die Erhaltung des Straßennetzes, das Gerichtswesen, allgemeine Sicherheit, der ganze Beamtenapparat und vieles weitere. Aus antiken Quellen kann man entnehmen, dass jeder Mann Steuern in Höhe von etwa 1% seines Jahreseinkommen als Einkommenssteuer leisten musste. Dazu kamen dann eine Vielzahl von vor allem Import- und Exportzöllen und Erntesteuern. So musste man z. B. 10% seiner Getreideernte an das Römische Reiche abführen und sogar bis zu 25% der Wein-, Obst- und Olivenernte.

Den Zöllnern/publicani war ein römischer Beamter vorgesetzt, der für die Steuerbelange einer Region verantwortlich war, der sog. Legatus. In der Bibel trifft dies zum Beispiel auf Quirinius zu (Lk 2,2). Quirinius ordnete – gemäß der Vorgabe Roms – einen sog. „census“ an, um alle männlichen Einwohner seiner Provinz zu erfassen und somit das Steueraufkommen einschätzen und festlegen zu können.

Das Risiko, ob und wie im betreffenden Zollbezirk diese Einnahmen zu erwirtschaften waren, lag voll und ganz beim Pächter. Der Pächter musste die Zollhöhe nun so festlegen, dass die (oft vorab gezahlte!) Pacht erzielt wurde, aber auch der eigene Lebensunterhalt gesichert war.

Häufig wurden die Zollstationen an Stadttoren und zentralen Straßen eingerichtet. Da der (Ober-)Pächter natürlich nicht selbst an jeder lukrativen Stelle in seinem Zollbezirk sitzen konnte, um die vorbeikommenden Menschen abzukassieren (sog. Wegezoll), hatte er Unterpächter. Auch diese schlugen auf das, was sie beim Oberpächter abgeben mussten, noch etwas drauf, da auch sie vom Ertrag des Zolls leben mussten. Häufig war es so, dass sowohl Ober- als auch Unterpächter mehr nahmen, als sie bei sorgfältiger Kalkulation von weiterzuleitender Pacht und persönlichem Bedarf ermittelt hätten – sie wurden reich und das auf Kosten ihrer Landsleute. Zöllner waren deshalb damals nicht nur in Israel verhasst, sondern im gesamten Römischen Reich.

Zöllner im Judentum

Das mit den überhöhten Abgaben war aber noch nicht alles, es gab auch eine religiöse Dimension: Zöllner waren nach den Vorschriften der Juden kultisch unrein, denn sie hatten berufsbedingt Kontakt mit Römern und anderen Heiden. Und wer sich mit Zöllnern abgab, machte sich selbst unrein. Die Kombination „Zöllner und Sünder“, die an mehreren Stellen (beispielsweise Lk 15,1; Mt 9,11; Mt 11,19) in den Evangelien auftaucht, war ein stehender Begriff und zeigt auf, wie Zöllner gesehen wurden und sich wohl auch selbst sahen (Lk 18,13). An einer Stelle (Mt 21,31-32) erwähnt Jesus sogar Zöllner und Huren in einem Atemzug, an einer anderen (Mt 18,17) Zöllner und Heiden. Jesus versucht an keiner Stelle zu leugnen, dass die Zöllner Sünder sind, aber er spricht immer davon, dass Umkehr für Zöllner möglich ist. Wiederholt werden in den Evangelien sogar Zöllner den „Oberfrommen“ vorgezogen, denn sie kamen, um Jesus zu hören (Lk 15,1) und taten im Gegensatz zu diesen Buße (Lk 3,12; 18,13).

Dies alles schwingt mit, wenn man sich die Geschichten über die Zöllner Matthäus-Levi (Mt 9,9-11; Mk 2,14-16; Lk 5,27-29) und Zachäus (Lk 19,1-10) im Neuen Testament vor Augen malt. Levi war vermutlich ein einfacher Zöllner, Zachäus ein Oberpächter und Aufseher über mehrere Zöllner. Beide Begegnungen enden damit, dass Jesus gemeinsam mit dem Zöllner und seinem beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld eine Mahlzeit einnimmt und sich so in den Augen der Pharisäer unrein macht – so etwas darf einem „wahren“ Juden nicht mal versehentlich passieren und schon gar nicht vorsätzlich!

Die dritte, vielleicht weniger bekannte Stelle, an der in der Bibel konkrete Zöllner vorkommen (Lk 3,1-18), erzählt eine Situation aus der Zeit, bevor Jesus angefangen hat, öffentlich aufzutreten: Johannes der Täufer predigt am Jordan und ruft das in Scharen zu ihm strömende Volk zur Buße auf. Verschiedene Gruppen („die Menge“, Zöllner und Soldaten) fragen konkret nach, was sie denn als äußeres Zeichen für ihre Umkehr tun sollen. Die Zöllner bekommen zur Antwort (Lk 3,13): „Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist!“ – kein „Kündigt sofort die Zusammenarbeit mit den Römern auf!“, sondern ein „Macht eure Arbeit, wie es sich für einen anständigen Menschen gehört.“

Wer sich die Mühe macht, alle Stellen in den Evangelien herauszusuchen, in denen Zöllner irgendwie vorkommen, wird feststellen, dass Zöllner im Johannes-Evangelium gar nicht auftauchen und bei Markus nur im Zusammenhang mit der Berufung des Zöllners Levi zum Jünger. Matthäus und Lukas dagegen berichten von verschiedenen Ereignissen und Gleichnissen, in denen Zöllner eine Rolle spielen.

Die Begegnung mit einem Zöllner, sei es nun persönlich oder als sprichwörtlich schlechtes Vorbild, war im jüdisch-hellenistischen Kulturkreis normaler Alltag und jeder, der das Wort Zöllner hörte, hatte sofort ein konkretes Bild vor Augen – und zwar kein positives.

  • Autor / Autorin: Team TEC:-Redaktion
  • © Deutscher EC-Verband
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