Verband: | ![]() |
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Zeitbedarf: | 45-75 Min. (Vorbereitung: 15-25 Min.) |
Materialart: | Bibelarbeit |
Zielgruppen: | Jugendliche (15-19 Jahre), Junge Erwachsene (18+), Studenten |
Einsatzgebiete: | Freizeiten, Gruppenstunde |
Redaktion: | echt. |
Bibelstelle: | 1. Mose 16,1-16 |
V.1-2: „Sarai, Abrams Frau, gebar ihm kein Kind.“ In diesem einen kurzen Satz ist die Tragödie eines ganzen Lebens zusammengefasst. In Kapitel 15 wird Abraham und Sarai von Gott ein Sohn versprochen, doch Sarai bleibt kinderlos. Kinder waren wichtige Arbeitskräfte und gleichzeitig eine Art „Altersvorsorge“. Das Leben einer Frau war nur dadurch „vollständig“ und „ganz“, wenn sie als Teil der Familie ihrem Mann ein Kind schenken konnte. Es geht für Sarai also ganz existentiell um den Sinn und die Erfüllung der Bestimmung ihres Lebens als Frau. Kinder werden im Alten Testament immer als „Segensgabe“ Gottes gesehen. Der Umkehrschluss ist unabwendbar: Kinderlosigkeit bleibt ein „Unglück“, das als Entzug des göttlichen Segens gewertet wird. Besonders groß war die Bedeutung des männlichen Nachkommens, der für den Fortbestand der Sippe notwendig war. Wenn ein männlicher Stammhalter ausblieb, konnte die Sklavin der Frau „stellvertretend“ mit dem Sippenoberhaupt ein Kind zeugen. Das war eine legitime Möglichkeit, einen Nachkommen zu bekommen und ist nicht zwingend als Misstrauen gegen Gott zu deuten.
V.3-6: Der Konflikt der beiden Frauen ist ein zentrales Thema der ersten Verse des Textes. Er wird nicht moralisch gewertet, sondern zunächst einfach beschrieben. Die Forderung von Sarai „Der Herr sei Richter zwischen mir und dir“ entspricht einer aus der Rechtsprechung bekannten Formulierung.
V.7-14: Der zweite Teil des Textes beschreibt eine Begegnung an einem Brunnen. Die Anrede mit der eingeschlossenen Frage nach dem Ziel der Reise schließt sich an gängige Begrüßungsformen jener Zeit an. Hagar erschrickt nicht vor der Person, die hier als Engel beschrieben wird. Für sie war es auf den ersten Blick wohl eine ganz normale Begegnung mit einem ganz normalen Menschen. Doch nach und nach wird klar: Hier hat Hagar es nicht mit einem ganz normalen Menschen zu tun, sondern mit einem Boten Gottes. Eine Begegnung, von der Hagar im Nachhinein sagen kann: „Ich bin Gott begegnet, der mich sieht“. Eine Begegnung, die ihr neue Hoffnung gibt.
Die Geschichte spricht viele tiefe Lebenserfahrungen an, die Menschen bis heute machen, auch wenn unsere gesellschaftlichen Rahmenbedingungen andere sind.
Heute gibt es viele unterschiedliche Lebenskonzepte – mit oder ohne Partner und Kindern, ohne Partner, aber mit Kindern. Und nach wie vor hängt für viele der Wunsch nach Partnerschaft und Kindern mit der eigenen Identität zusammen. Doch auch andere Lebensumstände können ein Lebenskonzept auf einmal ins Wanken bringen. Die Ablehnung im Beruf, eine Krankheitsdiagnose, die mit Einschränkungen für das weitere Leben verbunden ist, oder das Erkennen eigener Grenzen kann für Junge Erwachsene das Leben in Frage stellen – und damit auch den Glauben. Auch wir teilen die Erfahrung, dass manche Verheißungen Gottes offen bleiben, dass sein Segen eben nicht immer erlebbar ist. Es ist gut, wenn ich in den Vorbereitungen auf dieses Thema in Kontakt mit meinen eigenen Erfahrungen komme.
Wo im Leben anderer scheinbar unsere Träume verwirklicht werden, kann unser Gegenüber zur Projektionsfläche für unsere eigenen, schmerzlichen Erfahrungen und unerfüllten Wünsche werden. Vielleicht habe ich ähnliche Situationen schon erlebt. Wo ein anderer Mensch fröhlich auslebt, was mir verwehrt bleibt, bin ich schnell innerlich verletzt und neige dazu, Menschen „in die Wüste“ zu schicken. Vielleicht spielt es auch für manche eine Rolle, dass die „Erfolge des Lebens“ heute immer mehr öffentlich über soziale Netzwerke geteilt werden, vom gelungenen Kuchen über den „Abend mit den Besten“ bis hin zu Bildern von der großen Liebe. Das Glück der Anderen steht uns so immer vor Augen.
Wie verhält es sich mit meinem Glauben in solchen Momenten? Was trägt mich in Situationen, in denen meine tiefsten Sehnsüchte enttäuscht werden, in denen ich von anderen verletzt werde? Für Hagar ist es eine ganz einfache, aber tiefe Erkenntnis: „Du bist ein Gott, der mich sieht“. Dieser Satz ist kein Versprechen, dass alles „gut wird“, sondern die Zusage, dass ich Gott nicht gleichgültig bin. Gott nimmt mich wahr mit meinen enttäuschten Hoffnungen, meinem ins Wackeln geratenen Selbstbild und mit allen naiven Unterstellungen und Feindseligkeiten. Ich kann vor ihm sein, wie ich bin. „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ dieser Satz kann auch für uns zum Trost und zur Kraftquelle werden, zu einem „inneren Brunnen“, an den ich immer wieder zurückkehren kann.
Das Lied „I see You“ von Leona Lewis vorspielen und evtl. Text auf Deutsch dazu austeilen. Dieser Song ist die Titelmusik vom Blockbuster „Avatar“ – viele haben ihn bestimmt gesehen. In dem Film hat dieser Satz eine wichtige Bedeutung.
Mögliche Gesprächsimpulse:
Um solche Momente geht es auch in unserem Bibeltext. Wir lesen die Verse 1-6 gemeinsam und kommen darüber ins Gespräch. Hier können Gedanken aus der Vorarbeit mit einfließen.
Mögliche Gesprächsimpulse:
Die Situation scheint ausweglos, der Konflikt nicht zu lösen, die persönlichen Verletzungen zu tief. Aber in dieser Situation kommt es zu einer Begegnung, die alles verändert. Wir lesen gemeinsam die Verse 7-16 und kommen ins Gespräch darüber.
Mögliche Gesprächsimpulse:
Wo stehst du gerade in der Geschichte?
Wer möchte, ist eingeladen, eine Postkarte (z.B. mit einem Brunnen-Motiv) an sich selber zu schreiben oder einen „schriftlichen Energiedrink“ mit Edding zu gestalten:
(Evtl. nebenher noch einmal das Lied „I see You“ laufen lassen.)