Gottesdienst (wo)anders: Spirituelle Impulse im säkularen Raum einspielen

Spiritualität im säkularen Raum fordert heraus – gerade an „Außenstationen der Jugendarbeit bzw. des kirchlichen Lebens“ wie Schule, in den offeneren TRAINEE-Kursen oder beim Schülermentorenprogramm „Soziale Verantwortung lernen“ (SMP). Dort finden sich verstärkt Jugendliche, die erstmal mit „Kirche“ wenig am Hut haben, aber gerne die Jugendleiterqualifizierung erlangen wollen. Wie können spirituelle Impulse und Feiern an jenen offenen Orten gelingen?

„Gebt mir einen Punkt außerhalb der Welt, und ich hebe die Welt aus den Angeln!“ 
So ähnlich formulierte Archimedes seinen Satz zum Hebelgesetz. Nun wollen wir sicherlich nicht die Welt aus den Angeln heben, aber einen Punkt finden, von dem wir die Welt neu und mit anderen Augen betrachten und verstehen können!

Gottesspuren im Alltag entdecken

Auch im Bereich der SMP-Schulungen geht es darum, andere Standpunkte und Sichtweisen, neue Gedanken und Impulse zu erhalten, die Lebens- und Sozialkompetenz vermitteln und untermauern. Der christliche Glaube will hierzu nicht nur fromme Verzierung, sondern wichtiger Ansatzpunkt für ein tieferes Verstehen sein. 
In seinem Buch „Erwachsenwerden ohne Gott?“ zeigt der Theologe Dr. Karl Ernst Nipkow, dass die Frage nach Gott für Jugendliche durchaus relevant ist. „Insgesamt geht es um Gotteserkenntnis und Gottesglaube auf Grund von Gotteserfahrung… Es kommt jedoch darauf an, noch entschiedener die Lebenserfahrung der Schüler mit ihrer Gotteserfahrung zusammen zu sehen. Schüler machen Gotteserfahrungen und suchen sie, nicht außergewöhnliche Erfahrungen, keine mystischen oder ekstatischen, sondern Erfahrungen in ihrem nahen Alltag.“ (ebenda Seite 54)
Es geht also darum, eine Form von Religiosität, nämlich Alltagsreligiosität neu wertzuschätzen und daran sinnvoll anknüpfen zu lernen.

Platzierung / Ritualisierung

Im Rahmen der SMP-Kurs-Ausbildung bieten sich immer wieder Möglichkeiten, Impulse, Gebete und anderes Nachdenkenswertes zu platzieren. Dies kann sowohl ein fester Bestandteil sein oder auch situativ eingestreut werden. Nicht zuletzt ist es eine Frage an die Zusammensetzung der Gruppe. Doch hilfreich ist es allemal, solche Anstöße zu wagen und über den Glauben ins Gespräch zukommen.

Bewährt haben sich oftmals regelmäßige Impulse, die einen festen Platz im Gesamtablauf haben. So kann man dies bewusst als eröffnenden oder abschließenden Impuls einer Schulungseinheit einsetzen. Eine Ritualisierung nimmt die Unsicherheit der Teilnehmer, so dass sie sich schnell gerne darauf einlassen. Warum nicht gleich zu Beginn der Schulung dieses ankündigen und die „Atempause“ oder „Gute-Nacht-Gedanken“ fest platzieren?

Sinnlich überraschen!

Wichtig ist, die jungen Leute durch besondere Einstiege neugierig zu machen, ihre Lebenswelt zum Thema zu machen, ihre Fragen aufzugreifen. Bewährt haben sich u.a.

  • populäre Musikstücke und deren Texte
  • Musikvideos
  • Poetry-Slams
  • Filmausschnitte aus bekannten Kinofilmen
  • Kurzgeschichten
  • Alltags-Gegenstände

die eine biblische Wahrheit verdeutlichen. 

Unterstützend sind u.a. eine gestaltete Raummitte mit Tüchern und Kerzen.

Partizipation!

Hilfreich ist, die Teilnehmer in das Geschehen einzubeziehen. So können sie selber Texte lesen oder Gebete schreiben oder diese in vorgegebener oder freier Form sprechen. Es gilt hier, Freiheit zu wahren und niemals irgendeinen Druck aufbauen! Und natürlich: Weniger ist mehr!

Praxisunterstützende Literaturtipps

„Free at last! Free at last! Thank God Almighty, I’m free at last!“ („Endlich frei! Endlich frei! Dank sei Gott dem Allmächtigen, ich bin endlich frei!“)
Diese Worte zieren das Grabmal eines Träumers, der am Abend des 4. April 1968 in Memphis, Tennessee umgebracht wurde: Martin Luther King. Der Träumer starb vor über 50 Jahren – doch sein Traum lebt weiter! 
Martin Luther King, ein Christ, ein Revolutionär, ein Träumer, ein Befreier, ein Prophet?  Es lohnt sich, über diese faszinierende, beeindruckende Person der Christenheit nachzudenken. Eine Andacht mit vier Symbolen.

Es gibt nur wenige Gestalten der Christenheit, die so nachhaltig in unsere Zeit hineingewirkt haben wie Martin Luther King. Und wie aktuell das Problem von Ausgrenzung und Rassentrennung ist, zeigt die aktuelle Situation in unserer Gesellschaft. Die Diskussion um Flüchtlinge, Fremde, Islam u.a. macht deutlich, wie Angst den Zugang unter Menschen lähmt oder gar verhindert.

Darum ist es gut, wenn man sich mit dem Leben Martin Luther Kings beschäftigt. Vielleicht habt ihr es auch schon im Schulunterricht von ihm gehört – nichtsdestotrotz kann eine persönliche Auseinandersetzung nur hilfreich sein und den eigenen Glauben stärken. 

Symbolorientierte Annäherung

Wir nähern uns Martin Luther Kings Leben und das Anliegen mit 4 Symbolen (als „Bodenbild“ schon die ganze Zeit sichtbar gewesen):

1. Aufstehen (Gegenstand Busticket)  
Eine Welt stand auf, als Rosa Parks sitzen blieb: Die Befreiungsbewegung unter Martin Luther King wurde von einer mutigen Frau ausgelöst. Rosa Parks, eine engagierte Freiheitskämpferin setzte sich 1955 in die vordere Reihe eines Linienbusses. Das war in den 50er Jahren aufgrund der Rassengesetze strikt verboten. Schwarze durften nur im hinteren Bus-Teil Platz nehmen. Doch Rosa Parks widersetzte sich dem Rassengesetz – und landete im Gefängnis. Martin Luther King hörte von dem Vorfall und rief wenig später zum „Busboykott“ auf, der über 1 Jahr anhielt. Am Ende war es den Schwarzen nach entbehrungsreichem Streik erlaubt, auch in den vorderen Reihen eines Linienbusses zu sitzen. Im Internet findet ihr unter dem Stichwort „Rosa Parks“ weitere interessante Hintergründe!

2. „Extremist der Liebe“ (Gegenstand Zeitung und Toilettenpapier)
Bei einem Protestmarsch in Birmingham wurde King am 12. April 1963 inhaftiert. Sein gewaltloser Kampf gegen die Unterdrückung der Schwarzen sorgte mittlerweile in ganz Amerika für Aufruhr und durch die ersten Fernsehgeräte nahm die westliche Welt Notiz von den dramatischen Ereignissen. Weiße Pfarrer reagierten auf die Proteste und schalten King als Extremisten.
Daraufhin verfasste King einen Brief an 8 weiße Geistliche. Da es kein Papier in der Gefängniszelle gab, schrieb er seine Zeilen auf Zeitungsränder und Toilettenpapier. Hier ein Auszug aus dem berühmtgewordenen Brief: „Sie haben unsere Tätigkeit in Birmingham als »extrem« bezeichnet… War nicht Jesus ein Extremist der Liebe, als er forderte: »Liebe deine Feinde; segne die, so euch fluchen; erweise Gutes denen, die dich missachten und verfolgen«? War nicht Amos ein Extremist der Gerechtigkeit, als er ausrief: »Lasset die Gerechtigkeit fließen wie die Gewässer und lasset unser Tun münden in den ewigen Strom der Gerechtigkeit«? War Paulus nicht ein Extremist für das Evangelium Christi, als er ausrief: »Auf meinem Körper trage ich die Zeichen unseres Herrn Jesus«? War nicht Martin Luther ein Extremist, als er erklärte: »Hier stehe – ich kann nicht anders, Gott helfe mir«? – Ich bin ein Extremist der Liebe.“

Der Brief wurde aus dem Gefängnis geschmuggelt und nach wenigen Tagen kursierten fast eine Million Exemplare des Briefes in den USA.

3. „I have a dream“ (Gegenstand kleine Feder oder Seifenblasen)
Träume, so leicht wie eine Feder, so zerbrechlich wie eine Seifenblase? Träume sind keine Schäume, sondern eine Vorwegnahme des Künftigen. Die Rede Martin Luther Kings ist weltberühmt und hat wie keine andere Ansprache die Welt aufgerüttelt. Lasst uns seinen Traum „I have a dream“ hören (zumindest ausschnittsweise vorlesen. Den ganzen Wortlaut von „I have a dream“ findet ihr im Internet).

Ist dieser Traum Wirklichkeit geworden? Vielleicht zum Teil. Doch gilt es weiter, für diesen Traum von Gerechtigkeit zu arbeiten und zu beten – auch in unserem Land, wo Menschen ausgegrenzt und diskriminiert werden.

4. Prophetische Intuition (Gegenstand Fernglas)
Mit einem Fernglas schaut man in die Ferne. Martin Luther King gleicht einem solchen Menschen, als er während des Müllarbeiterstreiks zu den Menschen sprach. Es sollte seine allerletzte Rede sein, die er in Memphis am 3. April 1968 in der Mason Temple Church hielt… In der Vorahnung seines Todes sprach er folgende Worte: „Schwierige Tage liegen vor uns. Aber das macht mir wirklich nichts aus. Denn ich bin auf dem Gipfel des Berges gewesen. Ich mach mir keine Sorgen. Wie jeder andere würde ich gern lange leben. Langlebigkeit hat ihren Wert. Aber darum bin ich jetzt nicht besorgt. Ich möchte nur Gottes Willen tun. Er hat mir erlaubt, auf den Berg zu steigen. Und ich habe hinübergesehen. Ich habe das gelobte Land gesehen. Vielleicht gelange ich nicht mit euch dorthin. Aber ihr sollt heute Abend wissen, dass wir als ein Volk, in das Gelobte Land gelangen werden. Und deshalb bin ich glücklich heute Abend. Ich mache mir keine Sorgen wegen irgendetwas. Ich fürchte niemanden. Meine Augen haben die Herrlichkeit des kommenden Herrn gesehen.“ 

Am nächsten Tag, den 4. April 1968, fielen die tödlichen Schüsse auf Martin Luther King. Der Träumer starb – sein Traum lebt weiter. 

Lassen wir uns inspirieren und wagen es, uns als Christen in der Schule und im privaten Umfeld für Gerechtigkeit einzusetzen? Frage doch, wo gibt es junge Menschen, die deine Hilfe brauchen, die auf dein ermutigendes Wort warten! Der Ausgrenzung und dem Rassismus heute ist die Liebe Jesu entgegenzusetzen. 

Herausforderung für heute

Martin Luther King fordert uns heraus mit seinem Zeugnis und diesen Worten: 

Wenn du nicht fliegen kannst, dann laufe, 
wenn du nicht laufen kannst, dann geh‘,
wenn du nicht gehen kannst, dann krieche, 
aber was immer du tust, bewege dich vorwärts.

Martin Luther King

Lass dich ein auf den edlen Kampf für die Gleichheitsrechte:
Du wirst eine größere Person aus dir machen,
eine größere Nation aus deinem Land
und eine bessere Welt, darin zu leben.

Martin Luther King

Finsternis kann niemals die Finsternis vertreiben:
Nur Licht vermag dies.
Hass kann nicht Hass vertreiben.
Nur die Liebe vermag es.

Martin Luther King

Weitere Tipps

-> Eine ausführliche Biographie von Martin-Luther King findet ihr im Internet bei Wikipedia: Hier gibt eine kurze und aktuelle Zusammenfassung seines Lebens und Wirkens bis heute. 

-> Auch die Biografie aus dem RoRoRo-Reihe „Martin Luther King“ von Gerd Presler ist interessant zu lesen und in jedem Buchhandel für 10,- € erhältlich. 

-> Vielleicht finden sich in den Mediatheken noch Fernsehsendungen, die im April zum 50-jährigen Gedenken an Martin Luther Kings Ermordung ausgestrahlt wurden? Schaut sie euch an. Es lohnt sich.

-> Zum Start in die Andacht könnte auch der Videoclip „Glory“ (aus dem Film „Selma“) gekürzt eingespielt werden: hier auf YT (nur bis 1:46 zu zeigen)
-> Einen ganzen Gottesdienst anhand MLK „I have a dream“ mit Transfer ins Heute samt einer ppt mit 2 Videos findest du ebf. hier auf jugonet. 

Julia Engelmanns Vortrag „One day“ beim Bielefelder Hörsaal-Slam wurde zum Überraschungshit: Die Videoaufzeichnung desselben wurde über 14 Mio. Mal geklickt, geliked und geteilt! Radio Bremen urteilte: „Die Stimme einer ganzen Generation!“ 
Diese Andacht führt den Poetry-Slam-Video mit der Geschichte von der Heilung des Gelähmten aus Johannes 5 zusammen und geht so der Frage „Was wäre, wenn…?!“ nach – und möchte sattes gelebtes Leben befördern.

1. „Was wäre, wenn…?“-Geschichten 

-> Einspielen von Julia Engelmanns Poetry-Slam-Video  „One day“
Julia Engelmann ist 1992 geboren, studierte Psychologie und ist Buchautorin und Schauspielerin.

„Und eines Tages, Baby, werden wir alt sein – und an all die Geschichten denken, die wir hätten erzählen können.“
Das geht unter die Haut. Dieser Poetryslam beschreibt das Leben ehrlich und offen. Habt ihr nicht auch schon gedacht: Das Leben ist ein Wartezimmer? Nichts passiert. Und dann die Frage: Was wäre, wenn …?

„Mein Leben ist ein Wartezimmer, niemand ruft mich auf! Und die Geschichten, die wir dann stattdessen erzählen werden – werden traurige Konjunktive sein!“
Mit diesen gefeilten Worten fängt sie unsere Wirklichkeit ein. 

Das Leben – ein Wartezimmer?

In der Bibel gibt es eine Geschichte, die uns auch in ein Wartezimmer führt (Johannes 5,1-9): Eine große, mächtige Halle, von Säulen getragen, mittendrin das Wasser, einem Teich gleich. Viele Menschen lagen oder saßen dort. Er lag schon längst nicht mehr auf einer Trage, sondern kauerte dort am Teich irgendwo hinten in einer Ecke: Man hatte ihn in den Jahren nach hinten durchgereicht. 
Zusammengekauert starrte er vor sich hin – längst nicht mehr hinüber zum Wasser. Warum sollte er. Der Erste war er nie gewesen, immer der Letzte. 38 Jahre. Die Geduld hatte er verloren mit den Jahren. Nichts war gut geworden. Die Freunde, ja seine Freunde –  wer konnte es ihnen verdenken – die hatten sich nach und nach zurückgezogen. Das Leben ging weiter: Er war übriggeblieben, ein Häufchen Elend in irgendeiner Ecke, notdürftig mit Essen versorgt, die Haare zerzaust, Furchen im Gesicht, ungepflegt, dreckig, verloren, einsam. 

Und er hatte Gott verloren. Warum sollte er noch in ihn vertrauen? Warum noch seine Not vor ihn bringen? Warum ihm sein Innerstes anvertrauen? Hatte sich Gott nicht genauso abgewandt wie seine Freunde? Er brach den Kontakt ab.

Und die Menschen? Die Menschen gingen achtlos an ihm vorüber. Grußlos. Kommentarlos. Manchmal:„Der arme Kerl!“ oder: „Schau mal den Penner an!“ Manche auch brutal: „Der hat nicht mehr lange!“ Er kannte sie alle, jeden einzelnen von ihnen: erkannte sie an ihrer Stimme und an ihren Füßen, die immer wieder an ihm vorbeiliefen. Manche weiter weg, manche näher –  aber: eben vorbei. 
Er kannte sie nicht vom Gesicht her, nicht von ihren Augen, nur die Füße und die Stimmen waren ihm geblieben. Und wenn es doch jemand wagte, sich herabzubeugen und ihm ins Gesicht zu schauen, dann sah er in ein versteinertes leeres Gesicht, in leblose Augen: sah den Tod mitten im Leben. 

Der Nächste bitte

> Witz: Kommt ein Patient zum Arzt und sagt: „Herr Doktor, jeder ignoriert mich!“  Darauf der Arzt: „Der Nächste bitte!“

Auf einmal durchzuckte es seine trüben Augen. Ein paar Füße waren vor ihm stehen geblieben. Fremde, dreckige Füße: Er hatte sie noch nie gesehen. Sie stellten sich genau vor ihm auf, störten seinen toten Alltag, störten seine Hoffnungslosigkeit, störten seinen Tod mitten im Leben. Und da hörte er eine Stimme: „Willst du gesund werden?“ Ganz leise ganz zärtlich hörte er die Stimme. „Willst du gesund werden?“ Er traute seinen Ohren nicht. Da redete jemand mit ihm, sprach ihn an, sagte „du“ zu ihm, zu ihm dem Verlorenen. „Willst du gesund werden?“ Er spürte, wie das Blut langsam in seine Adern schoss, wie die Gedanken anfingen zu kreisen: „Gesund …? Ich …? Niemals!“ 
Aber er konnte sich den Worten nicht entziehen, konnte dieser entscheidenden Lebensfrage nicht davon laufen, spürte, wie er langsam – wie von einer Schnur gezogen – den Kopf nach oben hob, sah in ein lächelndes, warmes Gesicht, in freundliche liebevolle Augen, und dieser eine unsägliche Wunsch drängte wieder aus seiner Seele hervor, ließ ihn ganz langsam den Mund öffnen und hörte sich schreien: „Herr, ich habe keinen Menschen!“ All seine Not schrie er mit diesem einen Satz heraus, all seine Verzweiflung, all seine Einsamkeit, all seine Hoffnungslosigkeit, … seinen … Tod mitten im Leben. 

Jetzt war’s heraus. Das letzte Lebenszeichen: „Ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser sich bewegt! Ich werde immer der Letzte sein!“ 

Doch der Fremde entließ ihn nicht aus seinem Blick. Entließ ihn nicht aus dieser merkwürdig freundlichen  Beziehung, die er eröffnet hatte, in der der Letzte plötzlich der Erste war, entließ ihn nicht wieder zurück in seine Leblosigkeit, lächelte wieder, öffnete langsam den Mund und sprach: „Steh‘ auf, nimm dein Bett und geh‘ hin!“
Und wie er diese Worte sprach, spürte der Gelähmte, wie das Blut zurück in all seine Adern schoss, wie er sich langsam aufrichtete, wie wenn die Schnur, die ihm den Kopf gehoben hatte, nun auch Macht über seinen ganzen Körper einnahm und ihn ins Leben zurückholte. Stand auf. Nahm sein Bett. Ging hin. Drehte sich noch einmal um. Der Fremde war verschwunden. Er aber stand mitten im Leben. 

> Einschub: Man kann an dieser Stelle gerne auf ein Lied von Udo Jürgens verweisen – „Ich war noch niemals in New York“. Es beschreibt einen Mann, der beim Zigarettenkauf überlegt, dem Alltag zu entfliehen. Was wäre es, wenn …? Doch das Lied endet damit, dass dieser Mann letztlich wieder in sein staubiges bürgerliches Zuhause zurückkehrt. Das Wartezimmer hat ihn eingeholt.

Ab ins Leben

Aus dem Letzten war ein Erster geworden, aus dem Totgeweihten ein Lebender. Aus dem Einsamsten einer, der die Liebe Jesu erfahren hatte. Ihm hatte er sein Innerstes anvertraut, seine Verzweiflung herausgeschrien, seine Verlorenheit ins Gesicht geschleudert und damit alles gewonnen: das Leben, die Liebe, die Hoffnung. 

Die Liebe Gottes, die uns ein freundliches „Du“ geschenkt hat, das wir niemals verlieren können. Darauf dürfen wir vertrauen. Wir müssen nicht erst gelähmt werden, um dies zu erfahren. Wir dürfen gerade jetzt vor Ostern hinsehen auf das Kreuz Jesu und am Ostermorgen erfahren: Gottes Freundschaft, seine Liebe bleibt. Auch wenn alles andere zusammenbricht. Wir dürfen nicht nur auf die Füße des Gekreuzigten schauen, sondern auch mitten hinein in sein von Leid zerfurchtes Gesicht. Und darin die liebevollen freundlichen Augen entdecken, mit denen er uns anschaut. 

Dieser Blick Jesu macht mir immer wieder Lust aufs Leben. Dieser Blick Jesu lässt mich erahnen: seine Freundschaft bleibt, bleibt für immer. Nichts kann uns trennen. Ich darf diese Freude mitnehmen in mein Leben. Ich darf mich anstecken lassen von dieser Lebensfreude. Ich darf sie weitergeben, diese Lebensfreude, mit der Gott „Ja“ zu uns sagt. Bedingungslos. Vorbehaltslos.

Lasst uns Geschichten schreiben, die die unseren sind. Oder besser gesagt: Jesus will mit dir Geschichte schreiben, die die deinen sind!
Amen.

-> Hinweis: Die Impulse zu Johannes 5,1-9 sind z.T. der Erzähl-Predigt „Freundschaft“ von Tom Henning – hier auf jugonet – entlehnt.

Unser Alltag kennt Entscheidungen: ganz banale, aber dann auch gewichtige. Wie kann ich dabei der Stimme Gottes Gehör schenken und seinen Weg mit mir entdecken? 
Dieser Artikel spült den Blick klar, um mit Gott unterwegs zu bleiben.

Maria & Marta

Es sind viele Gäste gekommen. Marta hat ein weites Herz. Sie freut sich, wenn das Leben brummt. Das Beste aus Keller und Küche soll auf den Tisch. Darüber muss sie nicht nachdenken. Sie weiß, was sie will und was ihre Rolle ist. Mitten zwischen brodelnden Töpfen fällt ihr dann plötzlich ein, dass sie ihre Schwester, schon länger als gedacht, nicht mehr aus der Stube hat kommen sehen. Sie braucht sie, damit alles pünktlich fertig wird. Minute um Minute vergeht. Marta wird etwas lauter mit ihren Töpfen. Es tut sich nichts. Irgendwann wird es Marta zu bunt. Sie platzt in die Runde, sieht Maria zu Jesu Füßen sitzen und wird augenblicklich etwas lauter: „Meister, interessiert es dich nicht, dass Maria mich allein schuften lässt. Eine kleine Mahnung wäre sehr hilfreich.“
Das Gespräch ist schlagartig verstummt. Alle starren auf Jesus: Wie wird er reagieren? „Marta, ich sehe, du rackerst dich ab! Im Augenblick ist etwas anderes dran. Maria hat sich für das entschieden, was ihr Herz berührt und sie frei macht. Das lass‘ ihr!“ Maria hat sich entschieden. Offensichtlich haben die Worte Jesu so ihr Herz berührt, dass sie nicht anders konnte, als ihm zuzuhören. 

Entscheidungen – allgegenwärtig

Entscheidungen zu treffen ist keine Kleinigkeit, gerade dann, wenn uns viele Optionen offen stehen, wenn wir unsicher sind, was aus einer Entscheidung wird, wenn uns die Klarheit fehlt, wohin uns eine Entscheidung führen wird, wenn wir uns anderen Dingen verpflichtet fühlen.
Aber Entscheidungen gehören auch zum Tagesgeschäft: Stehe ich auf oder bleibe ich liegen? Ziehe ich diese Bluse oder jene Hose an? Trinke ich heute Kaffee oder Tee? Welche Arbeit erledige ich zuerst – was kann warten? Dann geht es weiter: Hat die alte Karre ihren Geist aufgegeben, stehe ich vor der Frage, welches Modell leiste ich mir? Steigende Aktienkurse bedeutet: lassen oder kündigen? Dann sind da noch die Entscheidungen bezüglich des Berufes, eines Stellenwechsels, die Entscheidung für eine Partnerin, einen Partner, den Kauf eines Hauses, der besten Absicherung für das Alter…. Entscheidungen ohne Ende. 

Die Frage ist dann: Wie treffe ich die richtige, die gute, die zukunftsweisende Entscheidung? Je nach Anlass und Folgenabschätzung sieht das anders aus. Als Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu kommt dann noch diese Dimension dazu: Was will Gott? Welches ist der richtige Weg? Was sollen wir tun und was lassen? Es liegt nicht immer eindeutig auf der Hand, was jetzt gut und richtig und heilvoll ist. Die vielen Stimmen in unserem Inneren machen wir bewusst, dass jedes Ja viele Neins bedeutet. Und keine Entscheidung zu treffen, ist auch keine Lösung.

Geistliche Anhaltspunkte für Entscheidungsprozesse

In seinem kleinen Buch „Sich entscheiden“ (s. unten) beschreibt Stefan Kiechle, Provinzial der Deutschen Jesuiten, Faktoren, die unsere Entscheidungen beeinflussen.

Eine Frage des Typs
Bin ich eher ein Kopf- oder eine Gefühlsmensch, ist es das Herz oder der Bauch, der mein Wesen bestimmt? Bin ich eher rasch unterwegs oder gehöre ich zur Abteilung der Zauderer? Jede dieser Seiten hat ihre gleichberechtigte wichtige Bedeutung (gerade in Gremien und Teams, die gemeinsam Entscheidungen treffen müssen). Um zu einer Entscheidung zu kommen, muss aber irgendwann über die Befindlichkeiten hinausgedacht und entschieden werden, welche Aspekt wirklich relevant sind und welche nicht. 

Die innere Freiheit
In Entscheidungsprozessen spielen unsere Prägungen mit. Von welchen inneren Antreibern, Befürchtungen und Unsicherheiten lasse ich mich bestimmen? Wem fühle ich mich verpflichtet? Wer sitzt mit am Tisch meiner inneren Beratungen. Im Prozess der Entscheidung gilt es, diese Stimmen zu identifizieren und dann abzuwägen, welcher Stimme ich mehr Gehör schenke und wie ich diese mit den anderen Stimmen wiederum vermittle. 

Wahlmöglichkeiten bedenken
In den meisten Entscheidungen liegen Spielräume. Diese Alternativen ausführlich bedenken und ihren jeweiligen Wirkungen bzw. Konsequenzen nachzuspüren, kann schon einmal helfen, manche Möglichkeiten auszuschließen. Dann dem nachzugehen, welche Entscheidung zu den Grundhaltungen meiner Gottesbeziehung passen. Was führt zu mehr Glauben, Hoffen und Lieben? In welche Abhängigkeiten würde ich mich begeben, die mir vielleicht gut tun würden – oder auch nicht. 

Auf Jesus schauen
In der Beziehung zu Jesus Christus bekommt unser Leben Klarheit und Tiefgang. Wenn wir in Entscheidungssituationen den Texten nachspüren, die von seinem Leben, Reden und Handeln erzählen, können überraschende Impulse unser Nachdenken beflügeln. Das Nachdenken über sein Erbarmen, seine Treue, seine Wahrhaftigkeit, seinen Mut, seine Großherzigkeit, seine Liebe kann mir Einsichten ermöglichen, die helfen, zu eigener innerer Klarheit zu kommen: was ich will und was ich nicht will. 

Was schenkt mir ein Mehr an Frieden?
Paulus schreibt an die Gemeinde in Kolossä: „Der Friede Gottes regiere in euren Herzen.“ (Kolosser 3,15).Im Nachdenken über diese oder jene Entscheidung gehe ich der Frage nach: Wann erahne ich eine Spur von mehr innerem Frieden? Bei welchen Gedanken werde ich unruhiger? Entscheidungen sind immer Verstandes- und Herzensangelegenheiten. So kann man den Verstandes- und den Herzensargumenten nachspüren. Welcher Alternative ist die erfüllendere? Wo bin ich mehr ich selbst? 

Das Gebet und weitere Methoden des Entscheidens

Das Wort Methode kommt von griechisch meta hodon – „gemäß des Weges“. Die „Methode“ des Glaubens und der Theologie ist das Gebet. 

Beten
Ohne Gebet, ohne diese innige Beziehung zum dreieinigen Gott, bleibt unser Glaube auf der Strecke. Still werden und beten, das Reden beenden und zuhören, in stillen Zeiten Gott erzählen, was mein Herz bewegt – dieses Zwiegespräch ist ein Schutz gegen lähmende Stimmungen in unklaren Situationen. Ich bleibe nicht bei mir selber. Ich wende mich dem zu, mit dem ich direkt, lebendig, streitend, fragend und klagend reden kann. 

In der Krise keine Entscheidung treffen
„Warte, bis es dir besser geht, dann erst triff deine Entscheidung!“, rät Ignatius in seinem Geistlichen Übungsbuch. Wenn es dir schlecht geht, fehlt dir der Blick für Alternativen. Du hast dich vergraben. Deshalb warte, bis sich dein Inneres wieder etwas sortiert hat und du wieder einen klaren Kopf hast. 

Wo es geht: Zeitdruck vermeiden
Entscheidungen unter Druck sind nicht immer glücklich. Man hat keinen Freiraum, dass sich Entscheidungen entwickeln können. Das alte Sprichwort vom „Darüber schlafen“ gilt hier. Wenn ich mir die Zeit nehme, Gedanken sacken zu lassen und neuen Gedanken Raum zu geben, dann besteht die Chance, dass sich plötzlich noch etwas auftut, was ich bisher nicht bedacht habe. 

Mit anderen reden
„Öffne deine Ideen dem kritischen Blick deiner Freunde. Suche den Rat kluger geistlicher Menschen!“, so Stefan Kiechle. In diesen Gesprächen können neue Aspekte auftauchen und das bisher gedachte formuliert und so klarer wahrgenommen werden. 

Sei mutig und geh‘ entschieden los
Wenn Du den Eindruck hast, dass aus jetziger Sicht alle Faktoren bedacht sind, dann triff die Entscheidung und geh‘ mutig Deinen Weg. 

-> Buchempfehlung:
Stefan Kiechle: Sich entscheiden – Ignatianische Impulse. Echter Verlag GmbH, Würzburg, 2004


-> hier zu bestellen

„Oh mein Gott dieser Himmel! Wie komm ich da bloß rein!“ Diese Textzeile stammt aus dem Refrain des Liedes „OMG“ vom Künstler Marteria. Erschienen ist es auf dem Album „Zum Glück in die Zukunft II“ von 2014.

Das Video mit Rapper Marteria in der Hauptrolle spart nicht mit religiös-christlichen Anspielungen: Gleich zu Beginn sind drei Jungen zu sehen, die die offensichtlich auswendig gelernte Erkenntnis wiedergeben, dass der Himmel der schönste Ort der Welt sei und dass man brav sein müsse, um dorthin zu gelangen. Immer wieder finden sich in dem Video kurze religiöse Szenen: Eine Taufe wird gezeigt, eine junge Frau geht wie Jesus übers Wasser (Mt 14,25-33), ein junger Mann spielt die Himmelfahrt Jesu nach, zwei Nonnen im Habit küssen sich, ein Büßer geißelt sich, ein Mann blickt verwundert auf blutige Stigmata in seinen Händen.

Das Video bietet viel Interpretationsfläche, aber die wichtige und zentrale Frage ist: „Wo zur Hölle ist der Himmel? Und wie komme ich da rein“. Was muss ich tun, damit ich gut im Himmel ankomme und noch viel markanter: Wartet Gott im Himmel auf mich?

Schauen wir uns das Video zu Ende an und nehmen uns den Songtext zur Hilfe. Das Video bietet vielfältige Anknüpfungspunkte für die Gruppenstunde. Es regt dazu an, sich gemeinsam mit den Teilnehmer*innen auf religiöse Spurensuche zu begeben und zu fragen, welche Anspielungen an die christliche Religion sie hier entdecken. Ausgehend von der im Refrain immer wieder zu hörenden Frage „O mein Gott, dieser Himmel, wie komm ich da bloß rein?” ließe sich auch die Frage danach stellen, welche religiösen Heilsversprechungen die Teilnehmer*innen kennen und welche Hoffnungen und Erwartungen sie selbst haben: Wem steht der Himmel eigentlich offen? Und unter welchen Bedingungen? Die Antwort, die Marteria hier gibt, polarisiert – und lädt gerade deshalb zum Diskurs ein.

Video: https://www.youtube.com/watch?v=E5qBSvPzga0
Songtext: https://www.songtexte.com/songtext/marteria/omg-b580dae.html

Gegenstandsandacht zu Bleistift, Radiergummi und Permanentmarker

Mist, schon wieder ein Fehler! Bloß gut, dass ich erstmal nur mit Bleistift geschrieben habe – da kann ich den misslungenen Versuch einfach wieder wegradieren und noch mal anfangen. Und noch mal. Und zur Not auch noch mal. Gut, irgendwann wird das Papier dünn oder der Radiergummi fängt an zu schmieren – und dann sieht man doch ziemlich deutlich, dass da was schiefgegangen ist.

Aber erstmal bin ich froh, dass ich nicht gleich mit Tinte rangegangen bin. Viele Stifte lassen sich ja nicht einfach so wieder wegradieren – fast alle, um genau zu sein. Füller kriegt man gerade noch so weg mit Tintenkiller (klingt auch schon gleich viel brutaler als der weiche Radiergummi), aber die Spuren sind nicht zu übersehen. Und bei Kugelschreiber, Filzstift und Co.: keine Chance! Ganz schlimm: Edding! Tolle Stifte, ich male und schreibe total gerne mit ihnen – aber da kann man nichts mehr korrigieren. Rückgängig machen ist unmöglich. Das muss im ersten Anlauf klappen. Was geschrieben ist, das bleibt! Permanent Marker ist für die Ewigkeit – wie der Name schon sagt.

Fast wie im echten Leben.

„Leben ist wie Zeichnen ohne Radiergummi.“

Ein schlauer Satz auf Postkarten und … Radiergummis (na klar). Von wem er nun wirklich stammt, weiß man nicht so genau, aber etwas Wahres ist schon dran: Ich kann nicht immer alles rückgängig machen, auch wenn ich es mir manchmal wünsche.

  • Dieser blöde Satz, der mir da einfach so rausgerutscht ist, mit dem ich aber jemandem echt weh getan habe – wie gerne würde ich den nachträglich wegradieren. Geht aber nicht. Jetzt ist erstmal Funkstille zwischen uns.
  • Diese schreckliche Angewohnheit, dieser Strudel, in den ich mich immer wieder reinziehen lasse – wie gerne würde ich das alles einfach löschen und bei Null anfangen. Aber ich bin nun mal kein unbeschriebenes Blatt, und das klebt manchmal an mir und zieht mich noch tiefer runter.
  • Oder diese Sache, wo jemand anderes mir mal ziemlich zugesetzt hat, mir das Leben damit schwer gemacht hat – das hängt wie ein dunkler Fleck in meinem Leben. Wie gerne würde ich das einfach loswerden und die Erinnerung daran ausradieren!

Manches wäre wohl wirklich leichter, wenn wir unser Leben mit Bleistift und Radiergummi gestalten könnten – wenn wir schlechte Entscheidungen rückgängig machen und Fehler einfach wegradieren könnten. Oder wenn wir das, was andere uns antun, einfach löschen und ungeschehen machen könnten. Wenn das Böse, das sich eingenistet hat, wieder wegradiert werden könnte. Aber wir schreiben unser Leben mit Tinte. Und oft genug richtig fett mit Edding. Nicht mehr wegzuwischen. Für die Ewigkeit.

Oder?

Nein, die Ewigkeit steht noch mal auf einem anderen Blatt. Wie gut, dass da noch jemand an meiner Lebensgeschichte mitschreibt! Nicht mit Bleistift und Radiergummi, sondern mit liebevoller Handschrift schreibt Gott in mein Leben hinein.

Mit meinen Entscheidungen – den guten und schlechten – kann ich zu ihm kommen, mit den Flüchtigkeitsfehlern und den richtig dicken Brocken, mit den schlimmen Erinnerungen und den verpatzten Situationen. Nicht, um sie rückgängig zu machen – und ich muss mich vielleicht wirklich bei jemandem entschuldigen oder eine Verhaltensweise ändern oder eine Sache klären. Dass das Böse, das Schlimme, das Dunkle, das Ungerechte sich nie wieder bei mir breitmacht, dafür kann ich nicht garantieren – und ich kann mich nicht an meinem eigenen Haarschopf aus dem Sumpf ziehen wie der Baron Münchhausen im Märchen. Ich kann mich nicht selbst erlösen.

Aber was für die Ewigkeit gilt und über meinem Leben steht, das bestimmt Gott, und das schreibt er selbst in großen Buchstaben lesbar und für alle Zeiten wasserfest hinein. Nicht wegzuradieren. Nicht wegzuwischen. Nicht auszulöschen.

„Du bist mein geliebtes Kind.“ So geht Erlösung!

Ja, der Herr wird wieder Erbarmen mit uns haben und unsere Schuld auslöschen. Er wirft alle unsere Sünden ins tiefste Meer.

Micha 7, 19

Aufgabe: Erzähle deinem Sitznachbarn eine Begebenheit von deiner vergangenen Woche. 

Frage in die Runde: Wer hat eine lustige Begebenheit erzählt? Wer hat etwas erzählt, was ihn oder sie die Woche aufgeregt hat? Wer hat etwas erzählt, was normalerweise nicht passiert? Und wer hatte nichts zu erzählen? 

Wenn wir aus unserem Leben erzählen, dann sind dies meistens die Dinge, die spannend sind, die wir anderen erzählen. Ich erzähle nicht unbedingt, dass ich heute Morgen meine Zähne geputzt habe. Das interessiert doch keinen. Dieses Schema spiegelt sich auch auf den Social-Media-Plattformen wider. Es wird nur das Beste und Spannendste gezeigt. Es werden die verrücktesten Situationen gefilmt und hochgeladen. Die „for-you-page“ ist voll mit spannenden Geschichten, Fails oder den schönsten Outfits, Autos oder Urlaubsbildern. Dagegen scheint das eigene Leben sehr langweilig zu sein mit dem Schul- oder Arbeitsalltag, in dem selten mal was Spannendes passiert. 

Doch genau dieses Alltägliche wird bei BeReal festgehalten. Eine App, die zu einem beliebigen Zeitpunkt des Tages eine Benachrichtigung sendet: „Zeit für BeReal. Du hast zwei Minuten Zeit, um dein BeReal zu posten und zu sehen, was deine Freunde machen.“ Nun muss jeder von dem aktuellen Moment ein Bild mit der Außen- und Innenkamera machen und dieses Foto hochladen. Das Ziel dabei ist, dass jeder seinen Alltag zeigt und dabei authentisch ist. Dort sind dann unaufgeräumte Schreibtische, leere Teller und viele verwackelte Bilder zu sehen. Ohne Filter, mitten aus dem Alltag und 100% authentisch …, oder? 

Wenn wir mal ehrlich sind, dann zeigen wir doch auch bei BeReal möglichst die schönsten Seiten des Alltags, oder? Gibt es eine aufgeräumte Ecke im Zimmer? Perfekt – dann wird diese fotografiert und hinter der Kamera häufen sich die Klamottenberge. Dieses Chaos muss ja wirklich keiner sehen! Bestimmt überlegen einige von euch: „Vielleicht warte ich noch 10 Minuten, bevor ich mein BeReal-Foto mache. Bis dahin passiert möglicherweise etwas Spannenderes, was ich fotografieren kann.“ Sind wir durch BeReal wirklich authentischer geworden, oder wirkt es nur so?  Versuchen wir weiterhin das Beste und Spannendste aus unserem Alltag rauszuholen oder teilen wir auch die traurigen und schweren Zeiten unseres Lebens? 

Das Ganze muss sich natürlich nicht auf Social-Media abspielen. Aber gibt es einen Ort in deinem Leben, bei dem du ganz authentisch sein kannst? Wo du dich nicht verstellen musst und auch mal zeigen darfst, dass du schwach bist und nicht mehr weiterkommst? Wo du ganz ehrlich sein darfst? 

Im Johannesevangelium gibt es eine Erzählung, die von dieser Ehrlichkeit und Authentizität handelt. 

Johannes 11,32-37 (BASISBIBEL)

32Maria kam dorthin, wo Jesus  war. Als sie ihn sah, fiel sie vor ihm auf die Knie und sagte: „Herr, wenn du hier gewesen wärst, dann wäre mein Bruder nicht gestorben.“33Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Leute weinten, die sie begleiteten. Da war er im Innersten zornig und tief erschüttert.34Er fragte: „Wo ist sein Grab?“ Sie antworteten: „Herr, komm und sieh selbst!“35Da brach Jesus in Tränen aus.36Die Leute sagten: „Seht doch, wie sehr er ihn geliebt hat!“37Aber einige von ihnen meinten: „Dem Blinden hat er die Augen geöffnet. Konnte er nicht verhindern, dass Lazarus stirbt?“ 

Was für eine emotionale Szene! Welche Emotionen könnt ihr hier erkennen? 

In der Erzählung finden wir direkt am Anfang einen Vorwurf. „Wenn du hier gewesen wärst, dann …“ Maria wirft Jesus vor, dass er nicht zu Ort und Stelle war, als Lazarus verstarb. 

Jesus wird zornig und tief erschüttert. Worüber ist er zornig? Über Marias Verhalten? Über den Tod von Lazarus? Wir können nicht genau wissen, worüber Jesus in dem Moment zornig ist, aber an seiner Handlung im Anschluss können wir sein Herz entdecken. Jesus bricht in Tränen aus und zeigt dadurch sein Mitgefühl und seine eigene Trauer über den Tod eines guten Freundes. Jesus zeigt sich in dem Moment von seiner verletzlichen Seite und ist in der Reaktion authentisch. Durch seine Tränen erkennen die Leute um ihn, dass er viel Liebe für Lazarus empfunden hat. Aber nicht alle können diese Liebe von Jesus erkennen. So gibt es eine Fraktion unter den Zuschauern, die Jesus vorwerfen: Warum hat er den Tod von Lazarus nicht verhindert?? 

Die ganze Situation ist sehr emotionsgeladen, zeigt aber das auf, was uns ganz oft begegnet: Zorn, Liebe, Verachtung, Trauer, Wut und viele weitere Gefühle sind Teil unseres Lebens. Es ist etwas Großartiges, dass wir als Menschen etwas fühlen können. Aber manchmal nehmen uns die Gefühle so ein, dass wir nicht mehr wissen, wo wir damit hinkommen können. Maria geht damit zu Jesus und sie erlebt, wie Jesus ihre Trauer fühlt und mit ihr gemeinsam trauert. 

Wer die Geschichte kennt, der weiß, dass Jesus direkt im Anschluss Lazarus wieder lebendig macht. Es gibt also ein Happy End. Aber ist das nicht etwas widersprüchlich? Warum weint Jesus, wenn er doch weiß, dass er Lazarus keine 5min später wieder im Arm halten kann? 

Jesus trauert, weil er Mensch ist. Er lebt und er fühlt. Die Trauer gehört zum Leben genauso dazu, wie die Freude. Deshalb lässt der Autor, also Johannes, den Teil der Trauer, der Verachtung und des Zorns nicht weg. Denn diese Gefühle zeigen, wie Jesus im Herzen ehrlich und authentisch ist. Er ist kein Superheld, dem alles egal ist. Er fühlt genauso mit, wenn wir traurig sind. Und er freut sich mit uns mit, wenn wir etwas Schönes erleben. 

Und mit all dem können wir zu Jesus kommen. Es passiert nicht alle Tage, dass jemand wieder von den Toten aufersteht. Aber vermutlich wäre die Szene auch ohne das Wunder eine wichtige Szene gewesen. Weil Jesus eben mitfühlt und sich schwach zeigt. Daran können wir uns ein Vorbild nehmen. 

BeReal – wie real bist du wirklich? Wir müssen nicht perfekt sein, wir dürfen unsere Gefühle zulassen und wir können damit zu Jesus kommen. Und er geht auf uns ein und weiß, wie wir uns fühlen. Denn er hat all das selbst auch schon gefühlt. 

An dieser Stelle kann ein MA auch gerne ein Zeugnis erzählen, wie er / sie ehrlich vor Gott war und sich gesehen gefühlt hat. 

GEBET: Danke Gott, dass du uns kennst. Du bist bei jedem Schritt an unserer Seite. Danke, dass wir uns bei dir nicht verstellen müssen, sondern so zu dir kommen können, wie wir sind. Ich bitte dich, dass ich in manchen Momenten meines Lebens authentischer sein kann. So oft versuche ich mich von meiner besten Seite zu zeigen, aber ich schaffe das nicht immer. Danke, dass du mich so liebst wie ich bin. Hilf mir, das auch für mich selbst anzunehmen und mich selbst mit deinen Augen zu sehen. 

Spielidee für den Teenkreis: „BeReal-BeFake“: Teilt euch auf in Teams von 2-3 Personen. Macht innerhalb von 2 Minuten ein Foto von … (… einem Kunststück, … einem 30-Zonen-Schild, … dir, wie du einen Baum umarmst, …) Das kreativste Bild kann jeweils einen Extrapunkt bekommen. 

Ihr sucht Clips und Filme zu und über Weihnachten? – Matthias Rumm, Medienreferent des Ökumenischen Medienladens Stuttgart und Landesjugendpfarrer im EJW, nennt jede Menge YouTube-Clips, die als Impulse für Andachten, Illustration oder alternative Schriftlesung eingesetzt werden können.

1. The digital story of nativity
Der Klassiker unter den Clips zur Weihnachtsgeschichte in den digitalen Medien. Moderne Kommunikationsformen, inklusive Routenplanung und Autovermietung für den Weg nach Bethlehem. Gut gemachter englischsprachiger Clip aus dem Jahr 2012, der noch gut anzusehen ist. 

2. Die Weihnachtsgeschichte – heute (Kanal Mitternachtsmesse)
Weihnachtsgeschichte in den sozialen Medien nacherzählt. Der Clip ist auf deutsch und im Prinzip ein Remake von „The digital story of nativity“. 

3. Die Weihnachtsgeschichte überraschend erzählt (Migros Klubschule)
Neuster Clip zur Weihnachtsgeschichte in den digitalen Medien mit allen modernen Kommunikationsformen (deutschsprachig, aus der Schweiz). 

4. „The Christmas story“ (Kinder der St Paul’s Church, Auckland, Neuseeland)
Die Weihnachtsgeschichte wird von Kindern nachgespielt. Dazu wird von einem Kind die Weihnachtsgeschichte erzählt (englisch). Schön gemachter Clip. 

5. Punchinello der Wemmick,

Animationsfilm zur Geschichte „Du bist einmalig“ von Max Lucado.
Eine schöne Geschichte, die nicht nur in der Weihnachtszeit erzählt und angeschaut werden kann, ist die Erzählung von Max Lucado „Du bist einmalig“. Sie handelt von den Wemmicks, das sind Holzpuppen, die sich gegenseitig den ganzen Tag Sticker geben. Die schönen und talentierten Wemmicks bekommen goldene Sterne, die tollpatschigen, hässlichen und weniger erfolgreichen bekommen graue Punkte. Punchinello, einer der Holzpuppen, erhält immer nur Punkte. Darüber ist er traurig und niedergeschlagen. Eines Tages trifft er Lucia, die weder Sternchen noch Punkte hat… Ein schöner Film zur Geschichte von Max Lucado (erschienen auch als illustriertes Buch im Hänssler-Verlag: Max Lucado, Du bist einmalig, 2013, ISBN 978-3-7751-4285-4, zu beziehen z.B. über Buch+Musik. 

6. Die Weihnachtsgeschichte nach Udo Lindenberg (gelesen von Pfarrer Peter Paul Gregor (Katholische Pfarrgemeinde »Heilige Familie«, Hoyerswerda)
In der für ihn typischen Art und Weise erzählt Udo Lindenberg die Weihnachtsgeschichte nach und interpretiert sie unverwechselbar. – Sie ist erschienen als Buch: „Udo Lindenberg liest die Weihnachtsgeschichte nach Udo“ (Text mit CD und Lesung von Udo  Lindenberg), hrsg. Norbert Wieh, Gütersloh 2011, ISBN 978-3579072258. Zu beziehen z.B. über Buch+Musik. 

Und Udo Lindenberg selbst im Interview über seine ganz besondere Weihnachtsgeschichte (MDR Jump) findet sich hier.

7. Weihnachten in Stenkelfeld (Hörspiel NDR2)
Eine herrlich überzogene Weihnachtsidylle wird in diesem Hörspiel geschildert. Es dauert insgesamt über eine Stunde. Einzelne Titel können über die Medientheken der ARD und des SWR Rheinland-Pfalz angehört werden (Suchbegriff „Stenkelfeld“). Es ist auch eine CD zu dieser Comedy-Serie erschienen; reinhören und zu beziehen über iTunes.

8. Vortrag: „Der Stern von Bethlehem aus wissenschaftlicher Sicht“
Prof. Dr. Dieter B. Herrmann, Direktor der Archenhold-Sternwarte und des Zeiss-Großplanetariums i.R. und Präsident der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, mit seinem Vortrag „Der Stern von Bethlehem. Die Wissenschaft auf den Spuren des Weihnachtssterns, oder: Von Ufo bis Supernova – Wie sich Forscher am Weihnachtsstern die Zähne ausbeißen“, Teil 1: „Die Weihnachtsgeschichte“. 

9. Trickfilm „Der vierte König“(Szenenausschnitt)
Witziger Zeichentrickfilm (27 Min.), der die Legende vom vierten König erzählt. Dieser ist auf dem Weg zum Kind in der Krippe. Den Ort, an dem er die anderen Könige treffen möchte, erreicht er zu spät. Und auf seinem Weg wird er immer wieder aufgehalten, um Menschen in Not zu helfen. Die Geschichte wird sehr humorvoll durch das Kamel erzählt. 

Der Film kann beim Ökumenischen Medienladen in Stuttgart ausgeliehen werden (DVK337, VC3121, auch Online abrufbar im Medienportal des ÖML).

10. Playmobil -Film zur Weihnachtsgeschichte 
(Klasse 4c, Grundschule am Storchennest in Hänigsen)
Nett gemachter Stopmotion-Film zur Weihnachtsgeschichte mit Playmobil-Figuren. Von Kindern im Rahmen eines Medienprojektes an einer Grundschule erstellt und gesprochen. 

11. A Christmas Carol (Eine Weihnachtsgeschichte)
Deutsche Spielfilmversion des Weihnachtsklassikers von Charles Dickens aus dem Jahr 1951 in schwarz-weiß (vgl. auch Baustein-Geschichte dazu auf jugonet).

Vielen ist das Lied bekannt, populär in Jugend- und Gemeindearbeit ist es ohnehin: „Wohin sonst“ der Gruppe Layna dreht sich ins Gehör und „lässt Herzblut fühlen“ (z.B. in DAS LIEDERBUCH 12). Ein Lied mit ergreifender Trost-Kraft. Nicht ohne Grund: Diese Andacht mit kurzen YouTube-Einspielungen erzählt auch die Geschichten hinter dem Song, die zu seiner Entstehung führten. In getrösteten Menschen bricht österliche Lebenslust auf.

Trostlos

Es gibt Situationen im Leben, da scheinen wir untröstlich zu sein. Alles ist trostlos. Gerade ging es uns noch gut – dann aber kam …
(wenn man nicht selbst ein paar Situationen benennt, können an dieser Stelle auch kurz kleine Murmelgruppen gebildet werden, die solche typischen Situationen benennen („Krankheit, Mobbing, …“) Dann weiter: „Gerade habt ihr davon in den Kleingruppen gehört oder vielleicht sogar selbst davon erzählt.“)

Ich weiß ja nicht, was euch in diesen trostlosen Situationen hilft? – Doch es gibt sie. Sie tauchen auf, ohne dass man etwas dafür oder dagegen getan hat:

  • Es ist doch trostlos, was an manchen Orten in diesem Land den Menschen an Anfeindung entgegenkommt, die gerade alles aufgegeben haben, nach Deutschland geflüchtet sind – aus einer trostlosen Lage. Da frage ich mich schon: Sind diese Leute, die so menschenfeindlich gegenüber Menschen sind, die man eigentlich trösten müsste, noch „ganz bei Trost“? – Das ist nicht nur trostlos, sondern menschenverachtend; und ich schäme mich für meine Mitbürger.
  • Trostlos ist auch, wenn einer mit Mitte 50 seinen Job verliert und für die ganze Familie ein Einkommen wegfällt. 
  • Es ist trostlos, wenn Menschen nach einem arbeitsreichen Leben aufs Abstellgleis gestellt und „abgewrackt“ werden: „Sorry, keine Verwendung mehr für sie …“
  • Genauso trostlos ist es, wenn Jugendliche keine Lehrstelle finden, weil Betriebe die Ausbildungskosten nicht ausgeben wollen. 
  • Trostlos ist auch, wenn einer seit Monaten von seinen Klassenkameraden gehänselt wird, und sie hören einfach nicht auf. 
  • Trostlos ist, wenn durch die Krise der Banken Rentner wie in Griechenland ihr Erspartes verlieren und verarmen.
  • Trostlos ist, dass es Menschen gibt, die im Namen der Religion andere Menschen ermorden, weil diese einfach anders leben.
  • Trostlos ist, wenn die Mutter eine schlimme Krankheitsdiagnose mit noch schlechterer Prognose bekommt.
  • Trostlos ist, wenn wir die Bilder sterbender oder toter Menschen sehen, die verhungern oder im Mittelmeer ertrinken.
  • Trostlos ist, wenn Menschen bei einem Erdbeben unter den Schuttmassen ihrer Häuser sterben. 

Ich könnte diese Reihe der Trostlosigkeiten noch weiter fortsetzen. Und euch würde bestimmt auch noch manches einfallen. Ja, und dann suchen wir Trost – in unserer trostlosen Lage. Doch was tun?  Schreien und klagen? – Das ist gut. Weinen? Aber irgendwann gehen die Tränen aus. Und dann? Wie komme ich raus aus der Achterbahnfahrt? Wie finde ich einen Weg? Wie finde ich aus dem Labyrinth?

Eine persönliche Hiobsbotschaft

Ich möchte euch einen kurzen Video-Ausschnitt zeigen: Wir sehen ein Interview mit zwei Menschen. Sie sind ein Ehepaar und Mitglieder der Band Layna. Die Frau heißt Thea Eichholz und ihr Mann Bernd Martin Müller. Wir erfahren gleich etwas über einen Abschnitt aus ihrem Leben. Darüber hat sie ein Lied geschrieben. Es heißt „Wohin sonst“. Dazu hat Thea Eichholz einmal selbst gesagt: „Wohin sonst“: Ein Lied, das von mir ursprünglich zur Hochzeit lieber Freunde geschrieben wurde. Persönlich steckte ich zu dem Zeitpunkt in einer Sinn-Krise, was Beziehungen unter Menschen anging. Die einzige Beziehung, die unauflöslich, unzerbrechlich, belastbar und lebenslang beständig ist, ist die Beziehung von Gott zu uns Menschen. Das wurde mir in dieser Zeit besonders deutlich. Nicht der Lebenspartner, der Freund oder die Freundin, sondern Gott ist es, der unsere tiefsten Bedürfnisse stillen kann und will. An seinem Tisch wird mein Hunger gestillt.“ (Quelle: http://de.ccli.com/top25/)
Diese Sätze haben einen dramatischen Untergrund: Schauen wir mal rein in den Filmausschnitt (hier) (ab 1.44 bis 4:07, Filmausschnitt bis Diagnose und Lebensfrust). 

Wenn man so etwas hört, dann denkt man doch: Was soll da noch trösten? Das ist doch so trostlos. Was kann da noch helfen? Ich hoffe nicht, dass es euch mal so ging oder gehen wird. Aber vielleicht kennt ihr das Gefühl ja. Es gibt Tage, da würde man am liebsten hinschmeißen. Aufgeben. Das hat doch alles keinen Sinn. Da schieben wir Frust vor uns her. Nicht nur, weil uns das Leben hart mitspielt, sondern weil uns etwas nervt, oder weil wir frustriert sind. (kurzes In-Erinnerung-Rufen der oben angedeuteten Dinge)

Jesus und der Trost des Petrus

So ging es auch den Jüngern Jesu. Sie waren gefrustet. Manche hatten das Gefühl, nie das zu erreichen, wovon Jesus sprach, an dem zu scheitern, was er von ihnen wollte. Da kehrten einige Jünger Jesus den Rücken und gingen weg von ihm.
„Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt ihr auch weggehen? Da antwortete ihm Simon Petrus: Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“ (Johannes 6,66-68)

Jesus fragt die Jünger also danach, ob sie, wie viele andere es getan haben, auch weggehen wollen. Ob sie sich auch über ihn und seine Worte ärgern und nicht mehr hören können, was er von Gottes neuer Welt erzählt – und dabei die Realität ganz anders aussieht? Er fragt sie damit auch, ob sie das Leben mit ihm, mit allen Beschwernissen und Härten leid sind und gehen wollen.
Petrus gibt stellvertretend für die anderen, die bei Jesus geblieben sind, die Antwort: „Wohin anders als zu dir, Herr, sollten wir gehen? Wer könnte uns denn helfen mit all unseren Zweifeln und Fragen, mit dem Frust und der Enttäuschung über das Leben und die Mitmenschen, mit allem Ärger und Wut, mit Leid und Schmerz, mit der Sehnsucht danach, dass es besser wird?“

Herr, wohin sonst sollten wir gehen? Herr, du nimmst mir nicht alle Fragen, aber in deiner Nähe und auf dem Weg mit dir komme ich Schritt für Schritt weiter, Tag für Tag, immer weiter. Denn du bist der Weg und das Ziel.  Deine Worte geben mir Trost, Orientierung, Halt und Geborgenheit. Ich will dir folgen. 
Und so geht es weiter für Petrus, für die Jünger. Und für uns. Mit IHM, mit Jesus, mit Gott, dem Vater, der tröstet, wie eine Mutter tröstet, mit seinem Geist, der uns leitet und tröstet, der uns Mut macht und begleitet.

Widerstandskraft

Wir schauen nochmals rein in das Interview. -> Fortsetzung mit Filmausschnitt 4:07-6:10 (oder – falls man es im Anschluss nicht selbst singt – bis Ende und Fade out)

Einige Monate später ist Bernd Martin Müller gestorben. Aber: Es geht weiter … Auch nach der schlimmsten Zeit. Thea Eichholz singt noch immer. Sie hat sich trösten lassen. Und sie bezieht ihr Lebensglück von Gott. Gut so. Und gesegnet sind alle, denen das gelingt. Ich bewundere diese Menschen, die bei allem „ Aber“, das das Leben einem gegenüberstellen kann, bei allem Zweifel auch gegenüber Gott trotzdem sagen können: ER hat das letzte Wort. Und das soll keine billige Antwort auf all das Leid sein, das uns manchmal untröstlich zu machen scheint. Dennoch: Trotz allem gibt es Gott. Und er trotzt dem allen. ER spricht ein viel größeres Aber, als wir es je haben könnten gegen alles, was das Leben stört und beschränkt. Jesus selbst hat gesagt: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“ (Joh 14,19) Das glaube ich zutiefst, dass Gott für uns das Beste, das Leben will und nicht Leid und Tod. 

Ostern: das Leben feiern

Ostern macht das deutlich: An Karfreitag – da war für die Freunde Jesu auch alles vorbei. Jesus war tot. Endstation. Ausgeträumt der Traum von der besseren Welt. Sie waren niedergeschlagen und frustriert. Sie fühlten sich von Jesus im Stich gelassen. Was sollten sie nun tun? Wohin sollten sie gehen? 
Dann aber bricht der Ostermorgen an. Und die Kraft des Lebens mit ihm: Jesus lebt! Er ist auferstanden! Was keinem Sterblichen, keinem Menschen möglich erschien, geschieht: Gott siegt über den Tod, über das Leid, über alles, was uns untröstlich macht. Gott hatte es immer wieder angekündigt und versprochen. Es geht weiter. Nach aller Trauer und Leid steht wieder das Aufleben und Lachen. Auf Frust folgt Freude. Nach dem Tod kommt das Leben, auch das ewige Leben – wie auf den Karfreitag, auf den Tod die Auferstehung an Ostern folgt. 
Und so glaube ich, dass für jeden von uns  immer wieder Auferstehung möglich ist, auch im Kleinen. Es geht weiter! Und auf dem Weg vom Frust zur Freude, von der Niedergeschlagenheit zu neuer Kraft, da begleitet und tröstet uns Gott und macht uns stark. Halte dich bereit für neue Lust am Leben und aufs Leben.
Amen.

„Mach dein Ding!“ Klingt das nicht wie der reinste Egotrip? Gerade, wenn man so einen Exzentriker wie Johnny Cash in den Blick nimmt? – Muss aber gar nicht. Und diese Songandacht zeigt dir deutlich warum.

„I walk the line“

„I walk the line“ singt Johnny Cash in einem seiner bekanntesten Songs. Und sein erster großer Hit. Er klingt so stampfend wie ein Güterzug. Dieser Stil wurde prägend für weitere Songs. Dabei war der schnarrende Ton durch Zufall entstanden. Cash mochte den Klang der Snaredrum, die Band hatte aber keinen Schlagzeuger – deshalb klemmte er sich ein Papier in die Saiten, was zu dem Sound führte (s. YouTube hier)

„I walk the line“ – das heißt auf Deutsch nicht etwa „Ich laufe auf der Linie“ oder „Ich laufe eine Linie“, sondern es bedeutet: „Ich gehe den geraden Weg“. Im übertragenen Sinne könnte man darunter verstehen: „Ich geh’ meinen Weg“ – „Ich mache mein Ding“. 

Ist das egoistisch zu verstehen, so im Sinne von „sein Ding machen und dabei nicht an die anderen denken“? Wenn der Satz als Werbebotschaft verwendet wird, suggeriert er das. Kauf‘ dies, versichere dich gegen jenes, dann bist du frei und kannst dein Ding machen. Doch im Grunde ist man dann nicht frei, sondern von den Dingen abhängig, die man kauft, oder man wird von der Angst beherrscht, sich gegen noch mehr versichern zu müssen.
Doch dieser Satz kann auch als ein Ausdruck des Selbstbewusstseins ausgelegt werden: Ich weiß, was ich kann, und mache deswegen mein Ding. Ich ziehe es durch für mich – und: für andere. Denn was ich kann, das nützt auch anderen etwas. 

Biographische Ermutigung

Das hatte Johnny Cash früh gemerkt. Er war musikalisch. Und obwohl sein Vater ihm die Musik austreiben wollte, verfolgt er das Ziel, eine Karriere als Musiker zu machen. Cash stammt aus einfachen Verhältnissen in Arkansas. Seine Eltern arbeiten hart auf der Farm. Er und sein älterer Bruder Jack, den er immer bewundert, helfen fleißig mit. Eines Tages kommt es zu einem tragischen Unfall, an dessen Folgen sein Bruder stirbt. Johnnys Vater gibt ihm die Schuld dafür und lässt ihn spüren, dass er den verstorbenen Sohn viel mehr geliebt hat als ihn. Anders die tiefgläubige Mutter, die mit ihren Söhnen bei der Ernte immer christliche Lieder und Gospels singt. Sie hält zu Johnny und baut ihn auf. Sie macht ihm Mut, seine musikalische Gabe weiter auszubauen. Carrie Cash hat zu ihrem Jungen gesagt: „Gott hat seine Hand auf dir, mein Sohn.“ Und Johnny zieht aus. In Memphis / Tennessee, das gerade durch Elvis Presley zum Musik-Mekka geworden war, nimmt er im Studio von „Sun records“ auf: Lieder wie „I walk the line“ oder „Get the rythm“. 

Auf dem Gipfel – und im Keller

Johnny Cash wird berühmt. Er hat viele Auftritte. Um sich aufzuputschen schluckt er Tabletten. Er wird süchtig und kommt Zeit seines Lebens nicht mehr ganz davon weg. Später braucht er die Tabletten, um die Nachwirkungen seiner Sucht zu ertragen. Johnny Cash ist ganz oben, seine erste Ehe scheitert. Dann ist er ganz unten. Seine große Liebe ist die Countrysängerin June Carter. Sie glaubt auch an ihn, wie einst seine Mutter. Johnny Cash kommt immer wieder an Tiefpunkte in seinem Leben, aber er macht immer sein Ding. Er bleibt sich und seinem Musikstil treu. 

Rückrat durch das Evangelium

Und irgendwann ist er wieder „in“. In den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nimmt er mit Rick Rubin, der eigentlich nur Bands wie die Red Hot Chili Peppers produziert, seine berühmten „American Recordings“ auf. Diese Lieder, fast alles Cover-Versionen berühmter Pop- und Rocksongs sowie alter Gospels, sind ein eindrückliches musikalisches Zeugnis seines tiefen Glaubens. Die Lieder haben fast alle eines gemeinsam: Es geht in ihnen um den Zusammenhang von Schuld und Erlösung. Tief sitzen bei Johnny Cash Erlebnisse wie der Unfalltod seines Bruders, für den er sich mitschuldig fühlt. Und doch geht er immer seinen Weg. „I walk the line“ – Johnny Cash macht sein Ding. Man nimmt ihm ab, wovon er singt. In Liedern wie „Hurts“ (ursprünglich von den Nine Inch Nails) hört man, wie er den Ton anschlägt, der ihn immer wieder nach unten gezogen hat. Er hat wirklich erlebt, was in diesen Liedern besungen wird.
Es lohnt sich wirklich, diese „American Recordings“, die kurz vor seinem Tod im Jahr 2003 aufgenommen wurden, anzuhören.  Sie sind so authentisch, so echt, so treu zu dem, an dem Cash sein Leben lang festgehalten hat: sein unverwechselbarer Stil, der irgendwann „out“ war und ihn tief fallen ließ. Und eben seine Einstellung, sich nicht zu verbiegen, sondern auf seine Gaben und sein Talent zu vertrauen. Er hatte wohl immer den Satz seiner Mutter im Ohr: „John, Gott hat seine Hand auf dir.“ 

Johnny Cash ist bewundernswert, weil er eben nicht nur eine schillernde Persönlichkeit ist, sondern wirklich auch Fehler hat und gemacht hat. Und: weil er immer zu seinem Glauben stand. Er sprach immer ein Tischgebet. Auch als er mit Rick Rubin und anderen mal zu Abend gegessen hat und die krassesten Rocker darunter saßen. Es waren laut Rick Rubin sogar bekennende Atheisten am Tisch. Doch das war Johnny Cash egal. Er bat alle, sich an den Händen zu fassen, dann sprach er ein Gebet und las aus der Bibel vor. Das ist nicht nur mutig, sondern authentisch. Johnny Cash machte sein Ding. Sein Glaube gab ihm immer wieder Kraft und Halt.

Und der Glaube half ihm, sein Talent für andere einzusetzen, sein Ding für andere zu machen. Er spielte mehrfach in Gefängnissen Konzerte (z.B. den „Folsom Prison Blues“). Und er setzte sich für benachteiligte Menschen ein. So ist „sein Ding zu machen“ recht verstanden. Für andere und für sich selbst, etwas aus den eigenen Gaben zu machen. Da ist umgesetzt, was Jesus gemeint hat mit „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. 

120%ig geliebt – und frei 

Johnny Cash hat damit auch immer wieder gerungen. Denn bevor ich die anderen lieben kann, muss ich mich erst selbst lieben, mich so annehmen wie ich bin, mit allen Macken und Fehlern, die ich immer wieder mache. Meine Schuld erkennen und mir von Gott Vergebung gefallen lassen. Mir auch gefallen lassen, dass ich so bin wie ich bin. Dann kann ich mein Ding machen. Ich finde den Weg zu mir selbst. Und dann ist mir das auch egal, was die anderen über mich sagen, ob ich gerade „in“ oder „out“ bin, angesagt oder links liegen gelassen. In meinem tiefsten Inneren weiß ich – wie Johnny Cash: Ich bin von Gott so angenommen, wie ich bin und ich kann es nie allen recht machen, ich kann auch nie allen Anforderungen an mich gerecht werden. Ich kann mir nur selbst, meinen Fähigkeiten und meiner Person gerecht werden. Und Gott macht mich gerecht. Er rückt zurecht, was ich verbockt habe und nimmt mich an, wie ich bin. Das tut gut, zu wissen.

Warum es nicht mit Johnny Cash halten? – Der sich immer wieder treu geblieben ist: Du musst dir selbst treu bleiben, sonst kannst du anderen nicht treu sein; du musst dich selbst lieben, sonst hast du keine Kraft, andere zu lieben.
Also: Mach‘ dein Ding – jede und jeder! Mach‘ was, aus den Gaben, die Gott dir schenkt – für dich und andere! Jeder ist einmalig und wichtig für uns alle. Mach‘ etwas daraus. Mach‘ Dein Ding! Geh‘ deinen Weg! Jeder Weg ist einzigartig und unverwechselbar, deiner und meiner. Und du und ich hinterlassen unsere Spuren. Ja: Geh‘ weiter! Gott geht mit! Mach‘ Dein Ding! „Walk your line!“ Gott geht mit!
Amen

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