Gib den Löffel ab! – Mini-Erzählung zum Unterschied zw. Himmel & Hölle

Das russische Märchen „Himmel und Hölle“ geht in überraschender Weise an die Frage nach dem Unterschied zwischen Himmel und Hölle heran. Es kann als Hinführung zur bzw. Ausgangspunkt für die Wortverkündigung im Gottesdienst aufgenommen werden. Ebenso illustriert es diese womöglich am Ende und fasst sie nochmals zusammen.

Ein Rabbi kommt zu Gott: „Herr, ich möchte die Hölle sehen und auch den Himmel.“ – „Nimm Elia als Führer“, spricht der Schöpfer, „er wird dir beides zeigen.“ Der Prophet nimmt den Rabbi bei der Hand.

Er führt ihn in einen großen Raum. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf Aber die Menschen sehen mager aus, blass, elend. Kein Wunder: Ihre Löffel sind zu lang. Sie können sie nicht zum Munde führen. Das herrliche Essen ist nicht zu genießen.

Die beiden gehen hinaus: „Welch seltsamer Raum war das?“ fragt der Rabbi den Propheten. „Die Hölle“, lautet die Antwort.

Sie betreten einen zweiten Raum. Alles genau wie im ersten. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf.

Aber – ein Unterschied zu dem ersten Raum: Diese Menschen sehen gesund aus, gut genährt, glücklich. „Wie kommt das?“ Der Rabbi schaut genau hin. Da sieht er den Grund: Diese Menschen schieben sich die Löffel gegenseitig in den Mund. Sie geben einander zu essen.

Da weiß der Rabbi, wo er ist.

-> Zur Autorschaft: Die Geschichte liegt in verschiedenen Varianten und ohne Autorenangabe im Internet vor.

Markus 2, 1-12

Also Sachen gibt’s, die gibt’s ja überhaupt nicht. Wenn ich das irgendeinem erzähle, das glaubt mir keiner. Dass da ein paar Typen ein Haus fast total zerstörten und alle freuen sich hinterher, das klingt schon äußerst merkwürdig. Aber man besten erzähle ich euch die Geschichte mal von Anfang an.

Ich war schon eine ganze Weile in Kapernaum, das war ein kleines Kaff und lag am nördlichen Ufer des Sees Genezareth. Das tolle hier war, dass Jesus öfter mal vorbeischaute. Und immer, wenn er da war, passierten echt Wahnsinns Sachen. Ich war also in meinem Nest damit beschäftigt mein Mittagsschläfchen zu halten, als das ganze Kaff in helle Aufregung geriet. Jesus war doch tatsächlich wieder da. Und ihr könnt es euch nicht vorstellen: Alle wollten ihn sehen. Das Haus in dem Jesus sich aufhielt war total überfüllt. Da ging nicht mal mehr ´ne Maus rein. Und vor dem Haus sah es genauso aus. Alle wollten hören, was Jesus diesmal über Gott erzählen würde. Hätte mich auch tierisch interessiert. Doch da hatte auch ich keine Chance. Aber so hab ich genau mitbekommen, was da draußen auf der Straße passiert:

Plötzlich kamen vier Typen an, die schleppten einen kranken Mann auf einer Trage herbei. Der war gelähmt und konnte nicht gehen. Die wollten den Kranken zu Jesus bringen. Das war sonnenklar! Doch auch die scheiterten bei ihrem Versuch kläglich. Da war einfach kein Durchkommen. Doch wenn ihr jetzt denkt, dass sie aufgegeben hätten, da liegt ihr aber voll daneben. Ihr stellt euch nicht vor, was die vier Typen gemacht haben. Als erstes stiegen sie auf das flache Dach des Hauses in dem Jesus war. Anschließend bugsierten sie ihren kranken Freund auf der Trage auch noch auf das Dach. Und jetzt schnallt euch an. Dann fingen sie an ein fettes Loch in das Dach zu machen. Das gab aber jede Menge Staub und Dreck, könnt ihr euch vorstellen. Und wie erst die Leute im Haus aus der Wäsche geschaut haben. Zu komisch, sag´ ich euch. Doch das Beste war, dass ich jetzt 1A Sicht auf das ganze Geschehen hatte.

Die vier Typen nahmen die Trage und ließen so ihren Freund nach unten in das Haus herunter. Genau vor die Füße von Jesus. Als Jesus sah, was für ein Zinnober die Vier für ihren Freund veranstaltet hatten, sagte er dem kranken Mann, dass er sich keine Sorgen machen müsse. Seine Sünden wären ihm vergeben.

Ihr könnt euch die komischen Gesichter nicht vorstellen, die ich anschließend durch das Loch im Dach gesehen habe. Man konnte das, was die Leute dachten, förmlich spüren. Die einen hielten es für ungeheuerlich, dass Jesus einem Menschen die Sünden vergibt. Das konnte doch nur Gott, dachten sie. Ich hab´ mich da was ganz anderes gefragt: der arme kranke Mann wollte doch bestimmt auch gesund werden, oder?

Doch Jesus war noch nicht fertig. Er wusste genau, was die Leute in dem Haus dachten. Und so sagte er zu dem Kranken, dass er aufstehen solle und nach Hause gehen könne. Und jetzt kam der Hammer. Der kranke Mann stand tatsächlich auf und konnte laufen. Na da war aber Freude in der Hütte, kann ich euch sagen. Und das nur, weil die vier Freunde sich nicht lange damit aufhielten blöde Sprüche zu klopfen, sondern alles Unmögliche möglich machten, um ihren Freund zu Jesus zu bringen.

Wer solche Freunde hat, der braucht sich in keinen Schwierigkeiten zu fürchten, hab ich mir da gedacht.

Also Sachen gibt’s, die gibt’s ja überhaupt nicht. Wenn ich das irgendeinem erzähle, das glaubt mir keiner. Dass sich da eine den ganzen Tag abrackert und arbeitet und schafft und die andere macht überhaupt nix und sitzt nur da so rum, das ist schon der Hammer. Aber dass diejenige, die nix macht auch noch gelobt wird, das ist wohl der Oberhammer. Aber am besten erzähle ich euch die Geschichte mal von Anfang an.

Ich war mal wieder auf einem meiner Rundflüge in Bethanien. Das ist ein ganz kleines Nest in der Nähe von Jerusalem. Und wie ich so da über Bethanien fliege, sehe ich auf einmal, dass Jesus mit seinen Kumpels unterwegs war. Der wollte nämlich seinen Freund Lazarus besuchen und die beiden Schwestern Maria und Marta. Da war was los in dem Haus, kann ich euch sagen. Über den Besuch haben sich alle gefreut, wie die Schneekönige.

Doch jetzt war jede Menge zu tun: Es mussten Getränke auf den Tisch gestellt werden, das Fleisch musste zubereitet werden für das leckere Mittagessen, Gemüse musste geputzt werden, und natürlich musste auch noch Brot gebacken werden. Ganz zu schweigen von dem leckeren Nachtisch. Das war ganz schön viel Arbeit.

Marta machte sich sofort ans Werk, während alle anderen es sich im Wohnzimmer bequem machten und Jesus zuhörten. Jesus erzählte den Menschen vom Himmel, und das war sau interessant, kann ich euch sagen. Maria wurde immer neugieriger, sie setzte sich auch mit ins Wohnzimmer und hörte zu, was Jesus zu erzählen hatte.

Irgendwann merke Marta, dass Maria ihr überhaupt nicht mehr in der Küche half. Also ging sie ins Wohnzimmer und stellte fest, dass Maria da saß und Jesus zuhörte. Das fand die natürlich total blöd. Sie sagte zu Jesus, ob das in Ordnung wäre, dass sie am Arbeiten wäre und Maria überhaupt nix tun würde. Sie hätten ja schließlich Hunger, also Jesus und seine Freunde, und das Essen machte sich ja schließlich nicht von alleine. Und er, also Jesus, solle der Maria doch mal sagen, dass sie mit anpacken sollte, dann würde das alles schneller gehen. Doch Jesus schaute Marta nur an und sagte, dass Marta das echt toll macht und dass das auch gut und wertvoll ist. Aber Maria hätte im Moment das Wichtigere gemacht.

He, was war denn wichtiger als leckeres Essen zu kochen? Doch wie ich da noch so ein wenig drüber nachgedacht habe, hab´ ich´s dann kapiert: Es ist wohl wichtiger, erst Mal auf Jesus zu hören, anstatt sich hektisch in die Arbeit zu stürzen. Denn bei Jesus gibt’s, glaube ich, jede Menge guter Tipps, wie das Leben wohl am besten gelingt. Und wenn man das so sieht, hat die Maria echt das Richtige gemacht. Wenn das doch mir auch mal so gelingen würde, auf Jesus zu hören, meine ich.

Also Sachen gibt’s, die gibt’s ja gar nicht. Wenn ich dass irgendeinem erzähle, der hält mich für nicht ganz dicht im Oberstübchen. Dass einer alles macht was er nachts im Schlaf träumt, ist schon ziemlich abgefahren, aber dass er und seine Familie genau dadurch vor zwei wirklich widerlichen Königen gerettet werden, ist der Oberhammer. Aber am besten erzähle ich die Geschichte mal von Anfang an.

Ich war in einem kleinen Nest gelandet, in Bethlehem. Kaum war ich angekommen passierten auch schon einige spannende Dinge. Alles fing damit an, dass eine junge Frau ein Kind zu Welt brachte. Das war noch nix Besonderes. Aber dann ging´s los. Hirten kamen und wollten das Kind sehen. Anschließend kamen auch noch ganz schlaue Leute aus einem ganz fernen Land, die auch unbedingt das Kind sehen wollten. Tolle und total kostbare Geschenke brachten sie dem kleinen Baby mit. Und anschließend verschwanden sie spurlos und waren weg. Da musste ich natürlich am Ball bleiben, und schauen was da noch so alles passiert.

Und tatsächlich, ihr werdet es nicht glauben, nicht lange nachdem die schlauen Leute mit den tollen Geschenken verschwunden waren,  träumte der Vater des kleinen Babys was sehr Merkwürdiges: Er sah einen Typen, der aussah wie ein Engel. Und dieser Engel sagte unserem Träumer, dass er sofort aufstehen sollte, und mit Sack und Pack und seiner Familie sich vom Acker machen sollte. Und den Grund für diese Flucht bekam unser Träumer auch sofort gesagt: In Jerusalem war ein ganz fieser König. Der wollte das kleine Baby umbringen. Im selben Moment wachte unser Träumer auf, weckte seine Frau, packte alles zusammen und verschwand mitten in der Nacht über die Grenze ins Nachbarland Ägypten. Da konnte dieser fiese König dem kleinen Baby nix machen. Ich natürlich hinterher, wollte doch wissen wie die Sache weiterging. Aber ihr werdet es nicht glauben. Kaum war die Familie in Ägypten, passierte überhaupt nix mehr. Gähnende Langeweile breitete sich aus.

Es vergingen Wochen, Monate, und sogar Jahre. Bis unser Träumer wieder im Traum den Engel sah, der ihm jetzt sagte, dass er wieder nach Israel ziehen könnte, denn der fiese König wäre jetzt tot. Natürlich machte er sich sofort mit seiner Familie auf den Weg. Aber unterwegs machte er sich doch so seine Gedanken. Denn nun war ein anderer König in Jerusalem an der Macht. Und der war noch grausamer wie der alte König. Und ihr stellt es euch nicht vor: wieder träumte unser Träumer was er tun sollte. Diesmal sagte ihm der Engel, er sollte sich nach Nazareth machen. Da konnte ihm der neue König nix anhaben.

Natürlich kamen alle diese Träume von Gott  persönlich. Und warum?, fragt ihr euch. Das kann ich euch sagen: Das kleine Baby war Jesus. Und Gott selbst sorgte dafür, dass dem Kleinen nix passierte. Sogar durch Träume. Toll, hab´ ich mir da gedacht. Wie Gott zu den Menschen redet. Wenn nur ich mal so ´nen tollen Traum hätte, in dem mir Gott glasklar sagen würde, was ich tun sollte.

Eine Gute-Nacht-Geschichte

In einem dichten Nadelwald, gleich neben dem großen Schwanenfluss, über den alle Schwäne der Welt nach Schwanenhausen schwimmen, lebte vor langer Zeit eine kleine Fuchsfamilie in ihrem unterirdischen Bau. Vater Fuchs hatte ihn in wochenlanger Nachtarbeit eigenpfotig in den feuchten Waldboden gegraben, gleich nachdem er Mutter Fuchs geheiratet hatte.

Einige Wochen nach der Hochzeit hatte die Füchsin zwei Mädchen und einen Jungen auf die Welt gebracht. Seitdem war einiges los im Hause Fuchs…. Die Eltern kümmerten sich liebevoll um den Nachwuchs, der sich prächtig entwickelte. Schon bald tollten die jungen Füchse übermütig im Freien herum, balgten miteinander und versuchten, sich gegenseitig in den Schweif zu zwicken. Während Vater Fuchs sich im Schutz der nächtlichen Dunkelheit auf die Suche nach etwas Essbarem für die hungrigen Mäuler machte, versuchte die Mutter, ihre wilden Sprösslinge im Auge zu behalten. Wenn diese sich endlich ausgetobt hatten, suchten sie sich einen gemütlichen Platz in der Nähe des Baus und dösten, während die aufgehende Morgensonne ihr Fell erwärmte.

Da Füchse vor allem in der Dämmerung und in der Nacht aktiv sind, verbrachte die ganze Familie einen Großteil des Tages mit Schlafen. Dabei musste die Füchsin ihre Jungen immer wieder daran erinnern, sich gut zu verstecken. Sie warnte sie vor Wölfen, großen Greifvögeln und vor allem vor einer seltsamen Tierart, die sich in aufrechtem Gang fortbewegte und Ähnlichkeit mit den Affen hatte.

Manchmal, wenn das Wetter sehr ungemütlich war, traf sich die ganze Fuchsfamilie in ihrer Wohnhöhle und kuschelte sich eng aneinander. Während draußen der Regel prasselte oder der Donner grollte erzählte der Vater seinen Kindern gerne etwas von dem Schöpfer, der alle Tiere gemacht hat. Der Fuchsjunge – nennen wir ihn Toni – wollte immer wieder die Geschichte von dem Esel und dem Rind hören, die dabei waren, als der Sohn dieses Tierschöpfers in einem speziellen Bau geboren und dann in eine Futterkrippe gelegt wurde. Dabei stellte er sich vor, dass er selbst in der warmen Höhle stehen und an dem auf Heu und Stroh liegenden Schöpferkind schnuppern würde. Toni wusste, dass der Schöpfer alle seine Tiere liebhat, egal wie sie aussehen oder was sie machen.

Nach einigen Monaten unbeschwerter Kindheit waren Toni und seine Geschwister alt genug, um ihr Elternhaus zu verlassen und auf eigenen Beinen zu stehen. Toni war kein Freund von langen Abschieden. Er sagte seinen Eltern und den beiden Schwestern Lebewohl und verschwand dann zwischen den Tannen, ohne sich noch einmal umzusehen.

In den nächsten Nächten streifte er auf der Suche nach einem geeigneten Unterschlupf durch den Wald. Tagsüber schlief er unter den tiefhängenden Zweigen eines Nadelbaumes oder zwischen dichtem Gestrüpp. Wenn sich die Sonne hinter dem Wald niedersenkte und der Dunkelheit Patz machte, schüttelte er sich die Müdigkeit aus dem Fell und machte sich daran, den Wald zu erforschen.

Eines nachts hörte er bei einer seiner Erkundungstouren ein lautes Schmatzen. Er folgte dem Geräusch und entdeckte schließlich einen Dachs, der gerade auf einer kleinen Lichtung hockte und genüsslich einige rote Beeren verspeiste. Er war so in seine Mahlzeit vertieft, dass er Toni erst bemerkte, als dieser direkt neben ihm stand. Vor Schreck riss er sein Maul weit auf, so dass eine ganze Ladung angeknabberter Beeren herausfiel und über den Boden kullerte, auf dem der rote Saft lustige Spuren hinterließ. Das sah so komisch aus, dass Toni laut losprusten musste. Auch der Dachs, der zunächst wie erstarrt wirkte, begann kurz darauf zu lachen. Nachdem sich beide wieder beruhigt hatten, half Toni dem Dachs, die verstreuten Beeren einzusammeln. Zum Dank durfte er die Hälfte der süßen Früchte behalten. Als er sie dankbar verschlang, merkte er, wie ausgehungert er war. In den letzten Tagen hatte er kaum etwas gefressen. Deshalb sagte er dem freundlichen Gefährten bald wieder Lebewohl und machte sich auf den Weg zum Fluss. Vielleicht gab es an dessen dichtbewachsenen und feuchten Ufer etwas, mit dem er seinen leeren Bauch füllen konnte.

Mit knurrendem Magen und müde vom langen Umherstreifen wanderte Toni bis zum Waldrand. Er bestaunte den Mond, der hell am wolkenlosen Himmel stand und sich im Wasser des Schwanenflusses spiegelte. Plötzlich nahm er im hohen Gras des Flussufers eine Bewegung wahr. Er pirschte sich näher heran, hielt dann inne und erkannte zwei lange Hasenohren, die zwischen den Grashalmen hindurchlugten. Ein Feldhase! Toni war nun hellwach. Wenn er diesen Leckerbissen schnappen würde und sein zartes Fleisch verzehren könnte, wäre sein Hunger gestillt! Auf leisen Pfoten schlich er geduckt weiter, bis er nur noch einen Sprung weit von seiner Beute entfernt war. Gerade als er sich auf den Hasen stürzen wollte, machte dieser einen Satz nach vorne, sprang aus dem Gras und flitzte in Windeseile auf den Wald zu. Nach einer Schrecksekunde nahm Toni die Verfolgung auf und jagte dem flinken Hasen, den inzwischen die Dunkelheit der Tannen verschluckt hatte, hinterher.

Zunächst folgte er nur dem Geräusch der raschelnden Zweige, die sich dem flüchtenden Häschen in den Weg stellten. Kurz darauf hatten sich seine Augen wieder an die Schwärze des nächtlichen Waldes gewöhnt und er sah ihn vor sich durch ein Brennnesselfeld springen. Obwohl sich Toni die Beine an den spitzen Härchen der Pflanzen verbrannte, lief er ohne Pause weiter. Er musste diesen Hasen einfach kriegen! Sie befanden sich jetzt in der Nähe der Lichtung, in der er vorhin dem freundlichen Dachs begegnet war. Da zerriss auf einmal ein durchdringend hoher Schrei die Stille der Nacht. Toni sah, wie sich der Hase einmal in der Luft überschlug und dann in einem Dornbusch landete. Anscheinend war er über einen umgefallenen Baumstamm gestolpert, der in der Dunkelheit kaum zu sehen war. Das konnte Toni nur recht sein! Nach wenigen Schritten hatte er das junge Tier erreicht, dessen Fell sich unglücklich in den spitzen Dornen verfangen hatte. Nun hing es nach Luft japsend im Busch fest und starrte seinen Verfolger mit vor Angst weit aufgerissenen Augen an.

Toni, der sich bei der wilden Jagd völlig verausgabt hatte, konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten. Sein Magen brummte wütend und verlangte nach Futter, aber ihm war der Appetit auf Hasenfleisch bei dem traurigen Anblick auf einen Schlag vergangen. „Tu mir bitte nichts!“, flehte der Hase mit zitternder Stimme. „Keine Sorge“, erwiderte Toni. „Ich habe es mir anders überlegt.“ Dann half er dem bedauerlichen Gesellen, sich aus dem Gestrüpp zu befreien. Als sie es gemeinsam geschafft hatten, blickte ihn der Hase unsicher an, nahm all seinen Mut zusammen und flüsterte: „Du kannst mich Langohr nennen. Als Dank dafür, dass du mich verschont und mir geholfen hast, möchte ich dir ein geheimes Versteck am Fluss zeigen. Dort befinden sich meine Fressvorräte. Ich würde dich gerne zum Abendfressen einladen.“ Das ließ sich der ausgehungerte Toni nicht zweimal sagen.

Langohr führte ihn zu einer Tanne am Flussufer, bog die untersten Zweige auseinander und zeigte ihm stolz die breite Mulde, die er in den Boden gegraben hatte. Darin lagen knusprige Möhren, angefaulte Äpfel und saftige Blattriebe. Auf einen einladenden Wink des Hasen hin machte sich Toni über die Leckereien her und fraß sich so voll, dass sein Bäuchlein richtig spannte. In den nächsten Stunden unterhielten sich die beiden jungen Tiere angeregt über das Leben im Wald und auf dem Feld, ihre Erlebnisse mit anderen Tieren und über ihre Zukunftsträume. Dabei hatten beide den Eindruck, als würden sie sich schon ewig kennen. Erst im Morgengrauen verabschiedete sich Toni von seinem neuen Freund, um sich auf die Suche nach einem sicheren Schlafplatz zu machen. Bevor er aufbrach, hatten sie noch vereinbart, sich bei der Abenddämmerung am Waldrand wiederzutreffen.

In den folgenden Wochen verbrachten die beiden Freunde viel Zeit miteinander. Sie suchten gemeinsam nach Nahrung, rannten um die Wette und bauten aus Ästen und Zweigen ein sicheres Versteck für Toni. In warmen Nächten badeten sie im Fluss und wenn es viel geregnet hatte, rutschten sie vergnügt den kleinen Abhang am Flussufer auf dem Bauch herunter. Bei ungemütlichem Wetter verkrochen sie sich meistens unter den schützenden Zweigen eines Baumes und kuschelten sich aneinander. Dann erzählte Toni dem Hasen von dem, der alle Tiere gemacht hat.

Eines Abends drehten sie gemeinsam ihre Waldrunde und überlegten, was sie unternehmen wollten. Plötzlich blieb Langohr stehen, richtete seine Löffel auf und lauschte angestrengt in die Nacht. „Ich kann das Bellen von Hunden hören!“, flüsterte er ängstlich. „Und wenn die wilden Hunde im Wald unterwegs sind, kommen meistens auch die affenähnlichen Tiere mit langen Ästen, die laut knallen und kleine Steine auf uns spucken!“ Nun war auch Toni etwas mulmig zumute. Deutlich konnte er jetzt das Hundegebell hören, das immer näherkam.

Die beiden Freunde beschlossen, sich außerhalb des Waldes in Sicherheit zu bringen. Mit großen Sprüngen machten sie sich auf den Weg in Richtung Fluss. Doch auf einmal drang auch aus dieser Richtung das heißere, aufgeregte Bellen. „Falls wir uns verlieren, treffen wir uns irgendwann in deiner Mulde“, krächzte Toni. Im nächsten Moment sah er aus den Augenwinkeln, wie zwei dunkle Schatten aus dem Gebüsch sprangen und direkt auf sie zustürzten. Die Hunde waren da! Er stob so schnell ihn seine Beine trugen davon und schlug sich durchs Unterholz. Hinter sich hörte er den hechelnden Atem der Jagdhunde. Sie hatten die Verfolgung aufgenommen! Er rannte weiter, immer weiter, änderte irgendwann die Richtung, kämpfte sich durch mehrere Büsche, sprang über einen Graben, erreichte den Waldrand, kam dort irgendwie ins Stolpern und rollte den Abhang zum Fluss hinunter. Mit einem lauten Platschen landete er im Wasser, tauchte unter und schwamm mit letzter Kraft ans andere Ufer.

Er kroch aus dem Fluss und legte sich erschöpft ins hohe Gras. Sein Atem ging schnell und sein Herz klopfte ihm bis zum Hals. Er blickte um sich und lauschte in die Dunkelheit. Die Hunde schienen die Verfolgung aufgegeben zu haben – er konnte sie weder hören noch riechen oder sehen.

Als er sich wieder einigermaßen erholt hatte, rappelte er sich auf und schwamm auf die gegenüberliegende Seite. Vorsichtig schlich er zu Langohrs Versteck. Keine Spur von seinem Freund! Toni kauerte sich in die Mulde und spähte sorgenvoll durch die Zweige. Hoffentlich hatten sie den Hasen nicht erwischt! Da – ein ohrenbetäubender Knall! Toni fuhr vor Schreck zusammen. Und wieder ertönte das Knallen. Es kam aus dem Wald! Waren das die Geräusche der gefährlichen Steine aus den Ästen der aufrechten Gestalten? Toni zitterte vor Angst. Er dachte an den Schöpfer der Tiere und bat ihn verzweifelt, auf seinen kleinen Freund aufzupassen.

Dann war es still – unheimlich still. Nur das aufgeregte Rufen eines Käuzchens drang durch die Nacht. Toni wollte noch ein bisschen warten und sich dann auf die Suche nach dem Hasen machen. Er war jedoch so müde, dass er nach einer Weile die Augen nicht mehr offenhalten konnte und in einen unruhigen Schlaf fiel. Er träumte davon, dass er von einem Hund geschnappt wird, der seine feuchte Nase an sein Gesicht drückt, bevor er sein Maul mit den spitzen Zähnen aufreißt. In diesem Augenblick wachte er schweißgebadet auf. Er blinzelte in die Dunkelheit und stellte voller Entsetzten fest, dass es kein Traum war: Eine feuchte Nase stupste ihn an! Als er gerade aufschreien wollte, erkannte er das Gesicht und die langen Ohren, die zu der Nase gehörten. Es war sein Freund Langohr! Überglücklich lagen sie sich in den Armen. Nachdem er Toni versichert hatte, dass er unverletzt war, erzählte der Hase, wie er den Hunden und den lauten Steinchen entkommen war. Es war eine spannende Geschichte, der Toni mit großen Augen und spitzen Ohren lauschte.

Dann bedankten sie sich gemeinsam bei dem Schöpfer der Tiere, dass sie das Abenteuer unversehrt überstanden hatten. Bevor sie einschliefen, gaben sie sich gegenseitig noch ein Versprechen: Sie würden immer Freunde bleiben und viel Zeit miteinander verbringen. Wenn sie an einmal nichts miteinander unternehmen konnten, wollten sie sich zumindest vor dem Schlafengehen kurz treffen, um sich eine gute Nacht zu wünschen. Seit diesem Tag treffen sich Fuchs und Hase immer in der Dämmerung am Waldrand, um sich gute Nacht zu sagen.

Gott spricht zu uns auf ganz unterschiedliche Weise. Mal durch Bibelworte oder im Gebet, mal durch Menschen oder die Wunder der Natur, mal in der Forschung, durch die Kunst oder: in Träumen. Träume können dabei ganz unterschiedlich aussehen. In der Bibel spricht Gott im Schlaf oder über Bildern und Visionen.

In dieser Themenreihe haben wir uns mit „Traum-Geschichten“ beschäftigt. Im Traum hat König Salomo einen Wunsch bei Gott frei, bekommt Josef klare Ansagen, werden die drei Weisen gewarnt. Martin Luther King träumt von einer besseren Welt. I have a dream…

Mit den Kindern gehen wir diesen und eigenen Träumen nach. Außerdem gibt es eine anschauliche Andacht zur Jahreslosung aus Joh. 6,37: „Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ Und wie immer findet ihr hier weitere Ideen zur Gestaltung eurer Gruppenstunden für die letzten drei Monate des Jahres. Eine Geschenkidee für Eltern zu Weihnachten ist auch dabei.

Viel Spaß beim Stöbern, Entdecken und Umsetzen und eine gesegnete Herbst- und Adventszeit,

euer Redaktionsteam Jungscharleiter online

Eine spannende Geschichte über einen mutigen Jungen

Als die Schulglocke das lang ersehnte Ende des Schulvormittags und das bevorstehende Wochenende ankündigte, packten alle Kinder der Klasse 4b ihre Sachen zusammen und stürmten ausgelassen aus dem Klassenzimmer. Nur Tom saß immer noch wie angewurzelt an seinem Platz und starrte auf das Papier, das vor ihm auf dem Tisch lag. Es war der Mathetest, den ihre Klassenlehrerin Frau Fischer am Ende der Stunde zurückgegeben hatte. Unten auf dem Blatt, rechts neben der roten 5, verkündeten zwei kleine bunte Aufkleber die Botschaften „Kopf hoch!“ und „Weiter üben!“ Einzelne Wasserflecken, die sich langsam auf der Mitte des Papiers ausbreiteten, lösten schon die ersten mit Tinte geschriebenen Zahlen in feine Fäden auf, die so aussahen, als würden sie in verschiedene Richtungen flüchten. Es waren die Tränen der Enttäuschung und der Wut, die Tom übers Gesicht liefen und auf den Mathetest tropften. Wenn es nach ihm ging, sollten ruhig alle Zahlen vom Blatt verschwinden – besonders die dicke rote Zahl neben den bescheuerten Aufklebern! Von wegen „Kopf hoch“ und „Weiter üben“! Tom hatte langsam keine Lust mehr! Mehr als zwei Wochen hatte er jeden Tag auf den Test geübt. Und trotzdem hat es wieder mal nur zu einer 5 gereicht! Nachdem er ein paar Minuten so dagesessen hatte, wischte er sich mit dem Handrücken über die nassen Augen, faltete den Test zusammen und stopfte ihn in seinen Schulranzen. Dann stand er abrupt auf, warf den Ranzen auf seinen Rücken und schlich aus dem Klassenzimmer. Frau Fischer, die gerade in ein angeregtes Gespräch mit einer Kollegin vertieft war, bemerkte ihn gar nicht.

Tom machte sich auf den Weg nach Hause. Als er eine Weile an der frischen Luft unterwegs war, wichen seine Wut und die Enttäuschung über das schlechte Ergebnis allmählich der Sorge um die Reaktion seiner Mutter. Sicher würde sie sehr traurig sein, wenn sie schon wieder eine schlechte Klassenarbeit unterschreiben musste. Schimpfen würde sie nicht, das tat sie nie. Aber es war schon vorgekommen, dass sie geweint hatte und verzweifelt fragte, wie sie ihm denn noch helfen könnte. Tom wusste es selbst nicht. Er lernte wie verrückt, hatte dreimal in der Woche Nachhilfe in Mathe und Deutsch und versuchte, in der Schule gut aufzupassen. Aber es fiel ihm trotzdem sehr schwer, den Unterrichtsstoff zu verstehen. Er konnte ihr den Test erst heute Abend zeigen, wenn sie von der Arbeit nach Hause kam. Und sein Vater? Den interessierte die Schule gar nicht. Toms Eltern hatten sich vor drei Jahren getrennt, und sein Vater wohnte einige Kilometer entfernt in der nächsten Stadt. Er sah ihn nur unregelmäßig, weil er oft beruflich unterwegs war oder lieber Zeit allein mit seiner neuen Freundin verbringen wollte. Einmal hatte er ihm erzählt, dass ihn ein paar Jungs aus seiner Klasse „Dummi“ genannt und ausgelacht hatten. Daraufhin hatte sein Vater gemeint, er soll ihnen einfach mal eine reinhauen. Aber Tom wusste, dass das nichts brachte – außer weiteren Schwierigkeiten. Vor längerer Zeit hatte ihn Paul, der stärkste Junge und so etwas wie der „Anführer“ der Klasse, wegen einer 6 im Diktat in der großen Pause geärgert. Das hatte er so lange gemacht, bis Tom ihm kräftig mit der Faust in den Magen geboxt hatte. Zur „Belohnung“ wurden seine Eltern von der strengen Rektorin Frau Graf zu einem Gespräch eingeladen und er musste Paul einen Entschuldigungsbrief schreiben. Das Leben war eben ungerecht!

In der Klasse hatte Tom keine Freunde – bis auf seinen Nebensitzer Jens. Der war einer der wenigen, die nicht die Augen verdrehten, wenn er wieder mal länger brauchte, um etwas zu verstehen oder mehrmals hintereinander keine Antworten auf die Fragen der Lehrer wusste. Jens behandelte ihn immer fair und spielte als einziger Junge auch in der großen Pause mit ihm. Er war echt froh, dass es ihn gab.

Tom war so in seine Gedanken versunken, dass er kaum etwas von seinem Schulweg mitbekam. Und so war er ganz überrascht, als er plötzlich vor seiner Haustür stand. Er schloss sie auf, betrat den Flur, streifte sich die Schuhe ab, zog seine Jacke aus und pfefferte den Ranzen in die Ecke. Nachdem er sich mit einem Wurstbrot und einem Apfel gestärkt hatte, erledigte er seine Hausaufgaben. Gegen halb Drei machte er sich auf den Weg zum Gemeindehaus. Seit kurzem ging Tom freitags nämlich in die Jungschar. Letzten Monat hatte seine Mutter eine Einladung im Briefkasten gefunden und gemeint, er soll ruhig mal hingehen, um neue Freunde kennenzulernen. Und nach einigem Zögern hatte er sich am letzten Freitag tatsächlich getraut. Wider Erwarten hatte es ihm in der Jungschar gut gefallen. Die Leute waren nett, man machte lustige Spiele, sang fröhliche Lieder und hörte spannende Geschichten. Heute erzählte Jungscharleiter Peter von einem unscheinbaren Hirtenjungen namens David, der mit Gottes Hilfe den mächtigen Riese Goliath besiegte. Das gefiel Tom: Ein kleiner Schwacher bekommt den Mut, die Kraft und die Ideen, um etwas zu schaffen, das eigentlich unmöglich ist! Als Erinnerung an diese Geschichte bekamen alle Jungs ein blaues Armband mit der Aufschrift „Sei mutig und stark! Gott ist bei dir.“ geschenkt.

Später beim Abendessen zeigte er seiner Mutter stolz das Armband und erzählte ihr die ungewöhnliche Geschichte, die er am Nachmittag gehört hatte. Sie hörte ihm interessiert zu und nickte lächelnd, als er fragte, ob er das Armband auch nachts anbehalten darf. Dann fiel ihm plötzlich sein Test wieder ein – den hatte er ganz vergessen! Er las noch einmal den Spruch auf dem blauen Band, holte tief Luft und holte dann den zerknitterten Test, der noch zwischen Büchern und Heften in seinem Ranzen steckte. Seine Mutter warf nur einen kurzen Blick darauf, dann stand sie auf und nahm ihn in die Arme. „Das tut mir sehr leid. Du hast dich so angestrengt!“, flüsterte sie und drückte ihn fest.

Eine Stunde später lag Tom in seinem Bett und kuschelte sich müde in seine Decke. Er war sehr erleichtert, dass seine Mutter so verständnisvoll auf die dumme Klassenarbeit reagiert hatte. Der Tag hatte zwar denkbar schlecht angefangen, aber der Mittag und der Abend hatten ihm wirklich gefallen. Und er freute sich jetzt auch auf die nächste Woche. Von Mittwoch bis Freitag würde er mit seiner Klasse nämlich ins Schullandheim gehen! Er berührte das Band an seinem linken Handgelenk und grinste. „Ich bin mutig und stark. Gott ist bei mir“, dachte er. Kurz darauf schlief er ein.

Toms Vorfreude auf das anstehende Schullandheim wurde auch nicht dadurch getrübt, dass Paul ihn verspottete, als er am Montag das blaue Armband entdeckte und die Aufschrift gelesen hatte. „Gott ist also was für Schwächlinge!“, sagte er höhnisch. „Dann passt er ja gut zu dir!“ Tom nickte nur und meinte: „Da hast du ausnahmsweise mal recht.“ Paul schaute erst etwas verdutzt, dann prustete er los und rief: „Sieh mal an, der Kleine wird frech! Es scheint tatsächlich zu wirken!“ Lachend boxte er Tom auf den Arm und ging dann weiter, um anderen Kindern der Klasse seine „Entdeckung“ weiterzuerzählen. Wahrscheinlich wäre Paul das Lachen vergangen, wenn er gewusst hätte, dass auch sein Mut bald auf eine harte Probe gestellt werden würde….

Am Mittwoch war es endlich soweit – gegen Mittag erreichte die Klasse 4b mit der Klassenlehrerin Frau Fischer nach zweistündiger Busfahrt ihr Domizil für die nächsten Tage: Das Haus Waldeck in Berghausen, einer kleinen Stadt in Süddeutschland. Das Freizeitheim lag direkt am Rande eines dichten Waldes und bot ausreichend Platz für die ganze Klasse. Nachdem Frau Berger, die Haushälterin, sie freundlich begrüßt und die wichtigsten Regeln für den Schullandheimaufenthalt erklärt hatte, bezogen alle ihre Zimmer. Anschließend gab es ein leckeres Mittagessen. Nach einer kurzen Mittagspause trafen sich die Kinder mit Frau Fischer vor dem Haus – auf dem Programm stand nämlich ein spannendes Geländespiel. Die Lehrerin hatte an verschiedenen Stellen im Wald kleine Döschen versteckt. Wurde eine Dose entdeckt, sollten die Gruppenmitglieder ihre Namen auf den Zettel schreiben, der zusammengerollt in jeder Dose steckte. Als Spielgebietsbegrenzung dienten vier Waldwege. Die Klasse wurde in Dreiergruppen eingeteilt. Paul verzog das Gesicht, als Frau Fischer sagte, dass er mit Tom und Jens eine Gruppe bilden sollte. Ausgerechnet mit denen! Er wäre tausendmal lieber mit anderen Jungs losgezogen als mit diesen Pfeifen! Und so war die Stimmung zunächst sehr angespannt, als sich die Drei auf den Weg in den Wald machten. Paul starrte mürrisch vor sich hin und sagte kein Wort. Das zog er so lange durch, bis er zufällig eine Dose entdeckte, die mit einer Schnur an einem niedrigen Ast einer jungen Buche befestigt war und sanft im Wind hin- und herschwang. Das verbesserte seine Laune etwas. Und nachdem ihm Jens begeistert auf die Schultern geklopft und ihn zu seinem Fund beglückwünscht hatte, huschte sogar ein kleines Lächeln über sein Gesicht. Nach einiger Zeit hatten alle drei Jungs richtig Spaß an dem Geländespiel. Mit Tom sprach Paul zwar kein Wort, aber immerhin ließ er ihn in Ruhe.

Jens, Paul und Tom suchten gerade eine kleine Waldlichtung ab, als es plötzlich im Gebüsch raschelte und fiepte. Erschrocken drehten sie sich um. Nicht weit weg von ihnen entfernt stolperte ein kleiner Fuchs aus einem Haselnussstrauch, blieb dann in sicherer Entfernung stehen und schaute sie unsicher an. Die drei Buben atmeten erleichtert aus. „Er sieht echt süß aus“, sagte Tom leise, um das Tier nicht zu verjagen. Jens nickte zustimmend: „Der ist sicher erst wenige Monate alt und hat sich verlaufen“, flüsterte er. Sie standen bewegungslos da und beobachteten, wie der Fuchs verspielt einem gelben Schmetterling hinterherhüpfte und erfolglos versuchte, ihn mit seiner Schnauze zu fangen. Danach fiepte er noch einmal und trottete dann tollpatschig in die Richtung, aus der er gekommen war. Kurz darauf war er wieder im Unterholz verschwunden. „Los, hinterher!“, rief Paul. „Vielleicht bringt er uns zum Fuchsbau und wir können seine Mutter und seine Geschwister beobachten. Es ist selten, dass man Füchse tagsüber zu Gesicht bekommt.“ Tom und Jens waren einverstanden. Auch sie waren neugierig darauf, wohin der kleine Fuchs gehen würde. Und so nahmen sie eifrig die Verfolgung auf.

Anfangs war das ein leichtes Unterfangen: Sie hörten das Knacken der Äste und sahen immer wieder das rötliche Fell durch die Blätter der Bäume leuchten, während sie dem Jungtier in sicherer Entfernung folgten. Bald hatten sie den Waldweg, der das Spielfeld begrenzte, überquert und gerieten, ohne es selbst wirklich zu merken, immer tiefer in den dichten Wald, der nun hauptsächlich aus hohen Tannen und wild wuchernden Büschen bestand. Und dann tauchte plötzlich wie aus dem Nichts ein Bretterzaun vor ihnen auf und versperrte ihnen den Weg. Ihr kleiner Freund, der Fuchs, war verschwunden. Sie beschlossen, rechter Hand am Zaun entlangzugehen. An den Holzlatten waren in Abständen von wenigen Metern gelbe Warnschilder mit der Aufschrift „Betreten streng verboten!“ angebracht. Nach kurzer Zeit entdeckte Tom eine schmale Öffnung zwischen den Brettern. Direkt unter einem der gelben Warnschilder war der untere Teil einer Holzlatte abgebrochen. „Bestimmt ist der Fuchs hier durchgeschlüpft!“ rief er. Neugierig spähten die Jungen durch die Zaunlücke. Sie sahen ein kleines verwildertes Grundstück, auf dem zwischen hohem Gras und dichtem Gestrüpp einzelne Laubbäume wuchsen. Etwa in der Mitte der eingezäunten Fläche standen eng nebeneinandergereiht einige junge Fichten mit spitzen Wipfeln, die eine Art Kreis bildeten. Jens sagte: „Bestimmt befindet sich der Fuchsbau hinter den Nadelbäumen.“ Paul nickte. „Du hast recht“, meinte er und schaute dann seine Klassenkameraden erwartungsvoll an: „Sollen wir mal nachschauen?“ Tom wiegte den Kopf hin und her. „Ich weiß nicht“, antwortete er zögernd. „Es scheint alles sehr privat zu sein hier.“ Er erwartete einen bissigen Kommentar von Paul und wunderte sich fast, als dieser mit den Schultern zuckte und zugab, dass er auch ein bisschen Bammel hätte, einfach so das Grundstück zu betreten. Vielleicht war er doch nicht so hart und gefühllos, wie er sich immer gab…. Schließlich machten sich die Drei auf den Weg zurück zum Freizeitheim. Die Zeit für das Geländespiel war fast abgelaufen, und es lohnte sich jetzt nicht mehr, weiter nach Dosen zu suchen. Während sie hintereinander durch den Wald stapften, unterhielten sie sich angeregt über den kleinen Fuchs, aber vor allem über das seltsame Gelände hinter dem Bretterzaun. Das geheimnisvolle Grundstück interessierte sie mehr, als sie vorher gedacht hatten. Paul war so aufgeregt, dass er sogar direkt mit Tom sprach, ohne es zu merken. Bevor die drei Jungen das Haus Waldeck erreichten, waren sie sich einig, dass sie ihre Entdeckung für sich behalten und so bald wie möglich noch einmal zum Holzzaun zurückkehren wollten, um das Gebiet dahinter genauer unter die Lupe zu nehmen. Als Zeichen für ihre Abmachung reichten sie sich feierlich die Hände. Es war schon lange her, dass Tom sich so glücklich gefühlt hatte wie in diesem Augenblick.

Am nächsten Tag warteten sie ungeduldig auf die Gelegenheit, sich unbemerkt davonzuschleichen. Aber bis zum späten Nachmittag gab es dauernd irgendein Programm, an dem alle Kinder teilnehmen mussten. Als Frau Fischer nach dem Abendessen endlich verkündete, dass man sich bis zum gemeinsamen Spieleabend frei beschäftigen und auch zusammen mit mindestens zwei anderen Kindern ein Stück in den Wald gehen durfte, sahen sich Paul, Jens und Tom verstohlen an. Gleich konnte ihr Abenteuer also losgehen!

Nachdem sie sich lange Sachen angezogen hatten, trafen sie sich direkt am Waldrand. Tom hatte vorsichtshalber noch seine Taschenlampe eingesteckt. Sie machten sich aufgekratzt und fröhlich plaudernd auf den Weg. Aber je näher sie dem Grundstück kamen, desto stiller wurden sie. Jetzt, wo es ernst wurde, wuchs ihre Anspannung mit jedem Schritt. Was erwartete sie wohl hinter dem Bretterzaun? Würden sie dort den Fuchsbau entdecken? Was, wenn sie jemand bei ihrem Einbruch erwischte? Nach etwa 20 Minuten Fußmarsch hatten sie das Grundstück erreicht und schlichen so leise wie möglich bis zu der Stelle mit der abgebrochenen Holzleiste. Sie gingen in die Knie und spähten vorsichtig durch die Öffnung. Alles sah noch so aus wie gestern. Jens blickte seine Kameraden an. „Los geht’s!“, sagte er und versuchte, dabei mutig zu klingen. Aber das leichte Zittern in seiner Stimme war nicht zu überhören. Er zwängte sich seitlich durch die schmale Öffnung. Paul folgte ihm nach kurzem Zögern. Dann war Tom an der Reihe. Er hatte sich auf ihre Erkundungstour gefreut, aber jetzt fühlte er sich gar nicht wohl in seiner Haut. Schließlich wiesen die gelben Schilder unübersehbar darauf hin, dass das Betreten des Grundstücks verboten war… Aber er wollte vor den anderen auch nicht wieder wie ein Feigling oder Schwächling dastehen. Er fasste sich ein Herz und schlüpfte schnell durch den Spalt, bevor er es sich doch noch anders überlegen würde. Als er auf der anderen Seite ankam, machte Paul das Daumen-nach-oben-Zeichen. Tom lächelte und fühlte sich schon wieder besser. Jens zeigte auf den Kreis der Fichten in der Mitte des Grundstücks. „Mir hinterher!“, befahl er flüsternd und setzte sich dann in gebückter Haltung in Bewegung. Paul und Tom folgten ihm in kurzen Abständen durch das hohe Gras. Unterwegs mussten sie sich zwischen den störrischen Zweigen verschiedener Büsche ihren Weg bahnen, unter wilden Brombeersträuchern durchkriechen und schließlich durch ein Meer von Brennnesseln waten. Zum Glück hatten sie vor ihrem Ausflug lange Kleidung angezogen! Endlich hatten sie die dichtstehenden Nadelbäume erreicht. Im Gras hockend steckten sie die Köpfe zusammen. „Sollen wir schauen, was dahinter ist?“, fragte Jens unsicher. „Ich hab ein bisschen Schiss.“ „Ich auch!“, entgegneten Paul und Tom wie aus einem Munde. Sie grinsten sich an. „Aber wenn wir schon mal hier sind, können wir auch ganz kurz nachsehen und dann wieder abhauen“, meinte Paul. Die anderen nickten zustimmend. Ihre Neugier war jetzt doch größer als ihre Angst. Sie drückten die Zweige mit den spitzen Nadeln zur Seite und krochen durch die Bäume. Sobald sie die Baumgrenze überwunden und wieder freie Sicht hatten, erkannten sie, was die Fichten bisher verdeckt hatten: Es war ein alter, unscheinbarer Holzschuppen. „Vielleicht leben die Füchse in dem Haus“, flüsterte Paul. „Lasst uns mal nachschauen!“. Bevor Tom ihn fragen konnte, wie er denn ins Haus kommen wollte, hatte Paul schon begonnen, um das Gebäude zu laufen. Jens zuckte mit den Schultern und folgte ihm. Tom, der nicht alleine bleiben wollte, ging hinterher. Der Holzschuppen hatte keine Fenster, aber auf einer der beiden schmalen Seiten befand sich eine Tür. Paul überlegte kurz und drückte dann die Türklinke ganz langsam nach unten. Jens und Tom hielten den Atem an. Paul zog vorsichtig am Griff, aber die Tür bewegte sich nicht. Sie war verschlossen. Fast erleichtert stießen die beiden anderen die angehaltene Luft wieder aus ihren Lungen. Die Füchse würden sie sowieso nicht im Schuppen finden. Es sei denn, sie hätten einen eigenen Türschlüssel….

Sie beschlossen, noch einmal um das Haus zu gehen, dabei nach Ritzen oder losen Brettern zu schauen, die ihnen einen Blick ins Innere ermöglichen würden, und sich dann wieder auf den Heimweg zu machen. Die Drei umrundeten also das Gebäude noch einmal und begutachteten es dabei aufmerksam. Sie tasteten verschiedene Stellen ab und suchten erfolglos nach lockeren Holzplanken. Fast waren sie wieder am Ausgangspunkt angekommen, als Tom plötzlich in einem der Bretter ein Astloch entdeckte. Aufgeregt drückte er sein Gesicht gegen die Wand und schaute mit einem Auge durch die kleine Öffnung. Es dauerte eine Weile, bis es sich an die Dunkelheit im Inneren der Hütte gewöhnt hatte, denn lediglich durch einige Ritzen im Holz fiel etwas Tageslicht. Was er dann erkannte, machte ihn zunächst sprachlos: Der Boden und die Decke des alten Holzschuppens war komplett mit einer Art Metall ausgekleidet. In der Mitte des Raumes befand sich ein langer Stahltisch, auf dem eine Kiste mit irgendwelchen Werkzeugen stand. Auf einem anderen Tisch, direkt neben der Tür, lag ein hoher Stapel aus verschiedenen Tierfellen. Von der Decke hingen an spitzen Haken große Fleischstücke.

Als Tom seine Sprache wiedergefunden hatte, rief er seine Kameraden her, die nacheinander durch das Astloch spähten. Danach schauten sich die drei Jungen ungläubig an. „I- ich glaube, wir ha- haben das Lager von Wilderern entdeckt!“, stotterte Paul aufgewühlt. Jens nickte. „Die fangen illegal Tiere und verkaufen dann das Fleisch und die Felle“, meinte er, als er Toms fragenden Blick sah. „In einer Ecke habe ich seltsame gezahnte Gebilde aus Eisen gesehen“, fuhr er fort. „Das könnten Tierfallen sein und ich glaube, dass….“ Mitten im Satz brach er ab und starrte in die Richtung, aus der sie vor einer Weile durch den Zaun gekrochen waren. „Was ist?“, fragte Tom ängstlich. „Ich habe Männerstimmen gehört“, flüsterte Jens. Tatsächlich! Jetzt konnten auch Jens und Tom deutlich Stimmen hören, die immer näher kamen. „Schnell, wir müssen und verstecken!“, krächzte Paul. Mit schlotternden Knien krochen die drei Kameraden unter die tiefhängenden Zweige der nächstgelegenen Fichte. Gerade noch rechtzeitig, denn kurz darauf tauchten drei Gestalten vor der Hütte auf. In der beginnenden Dämmerung konnten die Jungen, die sich so tief wie möglich unter die schützenden Zweige kauernten, drei Männer erkennen. Einer der Kerle, der eine Art Tarnanzug trug, steckte einen großen Schlüssel ins Schloss, drehte ihn zweimal um und öffnete die Tür. Dabei lachte er leise über irgendeinen Witz, den der Mann mit dem schwarzen Bart erzählt hatte. Dann waren die beiden im Holzschuppen verschwunden und hatten die Tür hinter sich zugezogen. Den Schlüssel ließen sie im Schloss stecken. Der dritte Mann setzte sich auf einen Steinhaufen neben der Tür, zündete sich eine Zigarette an und schaute aufmerksam in die Gegend. Das schien der „Aufpasser“ zu sein. Im Schuppen hörte man es ab und zu rumoren, ansonsten wurde die Abendstille nur durch das unermüdliche Zirpen der Grillen unterbrochen. Ratlos schauten sich die Jungen in ihrem Versteck an. Was sollten sie tun? Mit Zeichensprache verständigten sie sich, dass sie erst abhauen konnten, wenn der rauchende Kerl seinen Wachposten verlassen hatte. Aber er machte zunächst keine Anstalten dazu. Stattdessen zündete er sich eine Zigarette nach der anderen an. In der anbrechenden Dunkelheit konnte man seine sitzende Gestalt bald nur noch schemenhaft erkennen. Während Tom auf den glühenden Punkt der Zigarette starrte, dachte er an ihre missliche Lage. Sie hatten wahrscheinlich das Versteck von Wilderern gefunden. Das mussten sie unbedingt der Polizei melden. Aber sie konnten nicht aus dem unbemerkt aus dem Grundstück entkommen. Wären sie doch im Freizeitheim geblieben! Dort würden sich die anderen bestimmt schon große Sorgen um sie machen, weil sie nicht zum Spieleabend erschienen waren. Da fiel Tom plötzlich wieder der Spruch auf seinem Armband ein: „Sei mutig und stark! Gott ist bei dir.“ Verzweifelt schickte er ein Stoßgebet zum Himmel: „Bitte hilf uns, Gott!“  Inzwischen war die Sonne untergegangen und die Nacht umhüllte den Wald mit ihrem dunklen Schleier. Auf einmal stand die Gestalt vor der Hütte auf und öffnete die Tür. Für kurze Zeit erhellte ein schmaler Lichtschein die Dunkelheit, der wieder verschwand, als der Mann die Tür hinter sich schloss. Die Jungen sahen sich an. Der Aufpasser war nun im Holzschuppen! „Los, lasst uns abhauen! Wir schlüpfen am besten wieder durch die Lücke im Zaun. Wir haben keine Zeit, um nach einem Eingangstor zu suchen!“ , hauchte Paul und machte sich daran, aus dem Gebüsch zu kriechen. Tom hielt ihn am Arm fest. „Warte“, flüsterte er. „Ich werde die Typen erst in der Hütte einschließen und komme dann nach.“ Paul sah ihn mit großen Augen an. „Das traust du dich?“, fragte er bewundernd. Tom winkte ab. „Eigentlich nicht“, antwortete er. „Aber ich tu es trotzdem.“ Jens klopfte ihm auf die Schulter. „Ich komme mit dir“, sagte Jens. Paul und zählte leise bis drei. Dann huschten sie aus ihrem Unterschlupf. Paul lief geduckt am Holzschuppen vorbei und wurde dann von den dunklen Nadelbäumen verschluckt. Tom und Jens schlichen zur Tür. Durch die Tür konnten sie die gedämpften Stimmen der Wilderer hören. Tom holte tief Luft, ergriff vorsichtig den Schlüssel und drehte ihn langsam und so leise wie möglich um. Die Männer schienen nichts bemerkt zu haben. Die beiden Freunde rannten weg, schlugen sich durch die Zweige der Fichten und preschten durchs Brennnesselfeld und die dornenbehafteten Sträucher bis zur Öffnung im Bretterzaun. Sie gingen in die Hocke und quetschten sich durch die enge Lücke. Auf der anderen Seite zog Paul sie wieder auf die Beine. „Hat es geklappt?“, fragte er mit weit aufgerissenen Augen. „Ja“, flüsterte Jens. „Und jetzt nichts wie los!“ Sie liefen so schnell wie möglich durchs Unterholz in Richtung Freizeitheim. Dabei achteten sie nicht darauf, wo sie hintraten. Ab und zu stolperte einer der Jungen über einen Ast, berappelte sich wieder und folgte seinen rennenden Freunden durch den dunklen Wald.

Als sie fast den ersten Waldweg erreicht hatten, schrie Paul plötzlich laut auf, stürzte auf den Boden und wälzte sich schreiend hin und her. Tom knipste seine Taschenlampe an und eilte zu ihm. Jens hatte sich bereits über den verletzten Kameraden gebeugt und versuchte, ihn zu beruhigen. Was die beiden dann im Schein der Taschenlampe sahen, ließ sie laut aufstöhnen: Pauls rechter Fuß steckte in einer zugeschnappten Tierfalle. Die spitzen Metallzähne hatten sich anscheinend tief in sein Fleisch gebohrt, denn sein weißer Turnschuh färbte sich an mehreren Stellen bereits dunkelrot. Tom leuchtete ihm ins Gesicht. Es war aschfahl und große Tränen rannen ihm über die Wangen. „Mein Fuß, mein Fuß!“, wimmerte Paul. Tom fasste einen Entschluss. „Bleib du bei Paul“, wies er Jens an und drückte ihm die Lampe in die Hand. „Ich renne zum Freizeitheim und hole Hilfe.“ Jens nickte stumm. „Beeil dich!“, murmelte er, aber das hörte Tom gar nicht mehr. Er hatte sich schon auf den Weg gemacht. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Alleine durch den Wald zu laufen war mit das Schlimmste, was er sich vorstellen konnte! Überall sah er Schatten und hörte seltsame Geräusche. Ständig liefen ihm kalte Schauer der Angst über Rücken und Arme. Während er so schnell wie möglich vorwärts stolperte, fiel ihm auf einmal ein, dass er vielleicht doch nicht ganz alleine unterwegs war. „Gott ist bei mir“, sagte er leise vor sich hin, immer wieder. „Gott ist bei mir. Gott ist bei mir….“ Das gab ihm Kraft, weiterzulaufen.

Nach etwa 15 Minuten erreichte er völlig außer Atem und mit brennenden Lungen das Freizeitheim. Auf dem kleinen Parkplatz davor stand ein Polizeiauto. Hatten sie etwa schon nach ihnen gesucht? Als Tom die Eingangstür aufriss, kam ihm schon eine völlig aufgelöste Frau Fischer entgegen. „Tom!“, rief sie mit zitternder Stimme. „Wo warst du? Wo sind die anderen?“  Völlig erschöpft ließ er sich auf den Boden fallen. Es brauchte einige Zeit, bis er genug Luft geschnappt hatte, um wieder sprechen zu können. Jetzt sah er, dass neben Frau Fischer auch zwei Polizisten in Uniform standen und ihn erwartungsvoll ansahen. Er setzte sich auf einen Stuhl und erzählte in stockenden Worten von dem verletzten Paul und ihrer Entdeckung im Wald. Die Polizisten und Frau Fischer hörten mit offenen Mündern zu. Bevor er zu Ende berichtet hatte, zückte einer der Beamten sein Funkgerät und forderte einen Krankenwagen und weitere Verstärkung an. „Kannst du uns zu deinem verletzten Kameraden und zu der Hütte bringen?“, fragte der zweite Polizist. Tom nickte. Das würde er gerade noch schaffen.

Es dauerte keine zehn Minuten, bis der Krankenwagen und ein weiteres Polizeifahrzeug eingetroffen waren. Tom durfte in einem der Polizeiautos mitfahren und zeigte den uniformierten Männern die Stelle, an der man in den Wald abbiegen musste. Die beiden anderen Fahrzeuge waren ihnen gefolgt. Nun stiegen die Sanitäter und die Polizisten aus und setzten den Weg zu Fuß fort. Tom führte sie zu dem immer noch am Boden liegenden Paul, der vor Schmerzen wimmerte. Jens leuchtete ihnen mit der Taschenlampe entgegen und war sichtlich erleichtert, als er die Sanitäter erkannte und ihnen die Versorgung seines Kameraden überlassen konnte. Die vier Polizeibeamte gingen mit Tom weiter. Er lotste sie bis zu dem umzäunten Grundstück. Mit ihren starken Lampen leuchteten sie den Zaun ab, fanden ein verschlossenes Tor und brachen es auf. Dann schickten sie Tom mit einem der Polizisten wieder zurück. Er sollte die Festnahme nicht miterleben, denn das könnte unter Umständen auch gefährlich werden, erklärten ihm die Beamten. Als Tom und sein Begleiter wieder bei den abgestellten Fahrzeugen ankamen, wurde Paul gerade auf einer Trage liegend in den Krankenwagen geschoben. Er hatte ein Mittel gegen die Schmerzen bekommen und wirkte nun ganz ruhig. Einer der Sanitäter sah Tom und fragte: „Würdest du mit uns ins Krankenhaus fahren? Dein Freund Paul hat es sich gewünscht.“ Tom war einverstanden. Und so saß er kurz darauf neben seinem Klassenkameraden, der ihn dankbar anschaute, während der Kastenwagen den Waldweg entlanghoppelte. „Ich wollte dir noch was sagen“, flüsterte Paul so leise, dass Tom sich zu ihm herabbeugen musste, um ihn zu verstehen. „Ich werde dich nie wieder auslachen“, fuhr er mit schwacher Stimme fort. „Du bist kein Schwächling, du hast Mut bewiesen. Und ich wollte dich fragen…“, lächelte er etwas verlegen, „…ob du mir auch so ein blaues Armband besorgen kannst.“ Obwohl sich Tom nach den Strapazen des Tages kaum mehr auf den Beinen halten konnte, fühlte er sich in diesem Moment so lebendig und fröhlich wie nie zuvor. „Klar doch!“, erwiderte er erfreut. Dann streifte er sich das Armband über die Hand und zog es seinem neuen Freund an. „Du bekommst meines. Ich besorg mir ein neues.“

Auf dem Rest der Fahrt sprachen sie kein weiteres Wort. Aber das war auch nicht nötig. Wenig später erreichten sie das Krankenhaus. Paul wurde noch in der Nacht operiert. Der Polizist, der Tom im Wald zurückbegleitet hatte, holte ihn vom Krankenhaus ab und brachte ihn zum Freizeitheim. Unterwegs erzählte er ihm, was in der Zwischenzeit passiert war: Seine Kollegen hatten die drei Männer in der Hütte überrascht, als sie gerade abgehangenes Fleisch in Tüten abpackten und Tierfallen reparierten. Sie hatten noch gar nicht bemerkt, dass die Tür verschlossen war. Die Männer gestanden noch vor Ort, dass sie heimlich Tiere mit verbotenen Fallen jagten, um das Fleisch und die Felle zu verkaufen. Sie wurden festgenommen und sollten gleich morgen dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden. Frau Fischer und die anderen Kinder seiner Klasse würden alle noch nicht schlafen. Sie warteten auf seine Ankunft, denn sein Klassenkamerad Jens hatte gesagt, dass er ihnen erst von ihrem Abenteuer erzählen würde, wenn sein Freund Tom wieder da wäre. Als sich Tom wenig später von dem freundlichen Beamten verabschiedete und auf das hell erleuchtete Freizeitheim zuging, glaubte er, vor Glück fast zu platzen. So musste sich der Hirtenjunge David damals gefühlt haben, als er den Riesen Goliath besiegte. „Danke Gott!“, dachte Tom. Dann öffnete er die Eingangstür zum Freizeitheim.

Was ist eigentlich stark? Was schwach? In dieser Themenreihe geht es darum, mit den Kindern darüber ins Gespräch zu kommen, bzw. sich spielerisch diesen Fragen zu nähern. Gleichzeitig haben wir uns Gedanken gemacht, was Kinder stark macht. Was können wir Mitarbeitenden dazu beitragen, Kinder zu selbstbewussten Persönlichkeiten heranreifen zu lassen? Und welche Rolle spielt Gott und der Glaube an ihn dabei? Besonders gut finden wir, dass Gott ganz normalen Typen begegnet und mit ihnen Geschichte schreibt. Und gerade in ihrer Schwachheit ist Gottes Kraft besonders gut zur Geltung gekommen.

Wer ist stark? Wer ist schwach? Komm, lies selbst und finde es für dich heraus! Viel Spaß beim Entdecken, Ausprobieren und Umsetzen,

Dein Jungscharleiter- Online-Redaktionsteam

Also Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht! Da sagt Gott zu Josua, er soll mal eben ein ganzes Volk über den Jordan führen und das ganze Land dort einnehmen. Ich hätte bestimmt nicht so ruhig dagestanden und auch noch gesagt: „Na gut, ich mache den Job.“ So eine große Aufgabe für einen einzigen Mann! Auf Hilfe vom Volk Israel konnte der doch bestimmt nicht hoffen. Aber am besten erzähle ich die ganze Geschichte von Anfang an:

Josua hatte von Gott den Job aufs Auge gedrückt bekommen, mit dem ganzen Volk Israel über den Jordan zu gehen und ins Land Kanaan einzuziehen. Das letzte Mal, als Josua den Vorschlag gemacht hatte über den Jordan ins gelobte Land Kanaan zu ziehen, wurde er fast mit Steinen tot geworfen. Und jetzt nimmt er trotzdem so mir nichts dir nichts das Himmelfahrtskommando über dieses bockige und störrische Volk an. Er hatte doch 40 Jahre lang miterlebt, wozu es imstande war: Erst wollten alle aus Ägypten raus, dann motzten sie, als sie draußen waren, dass es in Ägypten doch nicht so schlecht gewesen war und sie mal besser da geblieben wären. Dann war das Wasser nicht gut genug, anschließend wurde über das Essen gemeckert. Und der Gipfel der Frechheit war wohl, als sie ein Rindvieh anbeteten und meinten, das wäre Gott. Und mit so einem Haufen sollte Josua jetzt ein ganzes Land erobern. Ist doch lachhaft, habe ich mir da gedacht. Wie kommt der bloß auf das schmale Brett, dass das gut gehen könnte?

Aber wie ich mir da so meine Gedanken mache, fällt mir auf einmal ein, was Gott so alles zu Josua gesagt hatte in der letzten Zeit. Ich habe das mit angehört, weil ich oft im Lager rumgeflogen bin:

„Sei mutig und entschlossen!“

„Befolge meine Gesetze und denke jeden Tag über sie nach!“

„Richte dein ganzes Tun an meinen Geboten aus, dann wirst du Erfolg haben und alles was du beginnst, wird dir gelingen!“

Und das Schärfste, was Gott zu Josua sagte: „Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht!“

Na, wenn das nicht Motivation genug ist! Jetzt kapier ich auch, warum Josua sich auf den Job eingelassen hat. Wenn Gott etwas verspricht, dann kann man sich darauf 100%ig verlassen. Und das sahen sogar die Israeliten ein, denn sie versprachen Josua zu tun, was er ihnen sagte.

Wir holen alle(s) raus

Der Frühling ist da. Die Temperaturen steigen. Zeit, rauszugehen!

Aufgrund der Pandemie verlegen wir unsere Angebote in die Natur oder auf größere Plätze. Gleichzeitig beachten wir natürlich die vorgegebenen Regeln des Landes. Unser Redaktionsteam hat für Euch und eure Kinder einige gut umsetzbare Ideen in konkrete Entwürfe umgesetzt, damit Ihr mit Euren Kindern in Kontakt bleiben könnt. Wie wäre es mit einem Treffen am Lagerfeuer, dazu Stockbrot und eine gute Geschichte? Vielleicht verteilt Ihr auch lieber Päckchen mit Briefen, Rätsel und Aktionen? Oder Ihr bereitet mehrere Stationen in eurer Ortschaft vor und lasst die Kinder von Station zu Station gehen? Vielleicht macht Ihr auch lieber ein Fitnessangebot live aus dem Garten wie die „Highland-Games“ hier aus dem Artikel „Kräftemessen im Schottenrock“?

Gerade jetzt brauchen Euch die Kinder. Sie sind die, die mit am meisten in dieser Zeit unter der Kontaktlosigkeit leiden. Hier ist es wichtig, ihnen ein guter Wegbegleiter/ eine gute Wegbegleiterin zu sein, vielleicht auch mal anzurufen oder eine Messanger-Nachricht zu schicken. Kinder merken, dass man an sie denkt. Danke für alle Zeit und Liebe, die Ihr in die Jüngsten steckt! Gott segne Euch!

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