Die Delegiertenversammlung des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg hat am 16. Mai 2009 eine Selbstverpflichtung von Mitarbeitenden zur Prävention sexualisierter Gewalt verabschiedet. Am 8. Juni 2024 wurde diese von der Delegiertenversammlung überarbeitet und auf dieser Grundlage vom Vorstand des EJW am 3. Juli 2024 beschlossen.
Die Selbstverpflichtung ist verbindliche Handlungsmaxime für die Evangelische Jugendarbeit in Württemberg und ist als Verhaltenskodex in allen Bereichen umzusetzen.
Evangelische Jugendarbeit wird durch das Miteinander von Menschen und ihrer Beziehung zu Gott lebendig. Dieses Miteinander soll von gegenseitigem Vertrauen geprägt sein. Vertrauensvolle Beziehungen geben Mädchen und Jungen Sicherheit und stärken sie als selbstbestimmte Persönlichkeiten, um dadurch Gestalterinnen und Gestalter ihres Lebens sein zu können. Darum ist dieser verletzliche Raum persönlicher Vertrauensbeziehungen zwischen Mitarbeitenden und Teilnehmenden von Angeboten und im Miteinander von jungen Menschen besonders zu schützen. Die Menschenskinder-Selbstverpflichtung bildet den Rahmen für das Miteinander innerhalb der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit in Württemberg.
Text und Musik: Hans-Joachim
Eißler, Gottfried Heinzmann
© Praxisverlag buch+musik
bm gGmbH, Stuttgart
Wer will schon gern ermahnt werden? Vielleicht noch mit erhobenem Zeigefinger und vorwurfsvoller Stimme? Wer will schon gern Befehle empfangen? In bestimmten Zusammenhängen ist es notwendig, aber im Alltag? Und dann auch noch im Glauben? Nun haben wir als Jahreslosung einen Vers, der als Imperativ, grammatikalisch „Befehlsform“, daherkommt. Und dieser Vers steht unter der Überschrift „Ermahnungen“.
Zum Abschluss seiner Briefe schreibt Paulus Ermahnungen und Grüße. Das griechische Wort, das er verwendet, um diese Passagen einzuleiten, hat viele Bedeutungen. „Parakaleo“ bedeutet zum einen „trösten“. Menschen in sehr bedrängenden Situationen sollen getröstet werden. „Parakaleo“ heißt aber auch „bitten“. Menschen tragen ihre Anliegen mit großer Dringlichkeit vor. „Parakaleo“ wird auch im Sinne von „ermutigen“ verwendet, zum Beispiel von Staatsmännern, die andere anspornen wollen. Auch von Soldaten und Schiffsleuten, die sich gegenseitig Mut machen. Bei der Bedeutung „ermahnen“ ist keine scharfe Zurechtweisung gemeint. Eher eine ermunternde Ermahnung. Trösten, bitten, ermutigen, ermahnen – all das steckt in diesem einen Wort.
Mich fasziniert die Vielfalt der Bedeutungen. Denn genau diese Vielfalt in der Anrede nehme ich als hilfreich für mich und andere in unterschiedlichen Situationen wahr.
Methodischer Hinweis: Persönliche Frage und Austausch in der Gruppe: Was hilft mir? Was hilft mir in welcher Situation? Trösten, bitten, ermutigen, ermahnen? Wie höre ich auf diesem Hintergrund die Jahreslosung?
Beim Jahreslosungslied haben wir uns für die Ermutigung entschieden: „Es gibt so viel Gutes, lasst es uns entdecken!“ Im persönlichen Leben, in Gesellschaft, Politik und Weltgeschehen begegnen uns sehr viele Krisen. Die schlechten Nachrichten, die kritischen Entwicklungen, die schlechten Hochrechnungen und Prognosen können sich wie ein dunkler Schleier auf unser Leben legen. Die negative Sicht auf die Menschen und die Zukunft dominiert oft die Gedanken und lastet schwer auf der Seele. Die Jahreslosung richtet unseren Blick auf das Gute. „Prüft alles und behaltet das Gute.“ Das verstärkt der Refrain: „Es gibt so viel Gutes!“ Im ersten Teil wird das Prüfen im Sinne von Entdecken des Guten in den Blick genommen: „Es gibt so viel Gutes! Lasst es uns entdecken. In allen Dingen kann es sich verstecken.“ Im zweiten Teil liegt dann der Schwerpunkt auf dem Behalten. Bei allen schlechten Nachrichten, bei allem, was uns niederdrückt und belastet: „Lasst uns doch das Gute dankbar sehen und behalten. Gottes guter Segen wird sich mehr und mehr entfalten.“
Methodischer Hinweis: Das Lied „So viel Gutes“ vorsingen oder vorspielen. (Noten, Begleitsätze, Audio-Datei und Video unter www.jahreslosung.net). Im Anschluss persönliche Reflexion und Austausch: Wo kann ich das Gute in meinem Leben entdecken und behalten?
Über diese Frage lässt sich trefflich streiten und man kann ausführliche Abhandlungen dazu schreiben. In der Bibel wird allein Gott als vollkommen gut bezeichnet. Deshalb ist das Gute immer von Gott abgeleitet. Von dem Guten, das Gott für uns tut, erzählt das Evangelium von Jesus Christus („eu-angélion“ bedeutet „gute Nachricht“). Paulus leitet aus der vertrauensvollen Glaubensbeziehung zu Jesus Christus Erwartungen an ein christliches Leben ab. Diese Ermutigungen bzw. Ermahnungen haben wir in den Strophen aufgenommen. Ebenso kurz und knapp wie Paulus. Zum Beispiel in Strophe 1: „Alles prüfen, Gutes finden. Böses meiden, Trägheit überwinden. Fröhlich bleiben, dankbar leben. Und an allen Tagen unserm Gott die Ehre geben.“
Methodischer Hinweis: Strophen singen oder lesen, gern auch parallel zu 1. Thessalonicher 5,12-22. Persönliche Reflexion und Austausch über die Frage: Welche Ermutigung bzw. Ermahnung nehme ich für mich für die nächste Zeit mit?
(Beitrag aus: Andachten 2025. Das Andachtsbuch rund um die Jahreslosung © Praxisverlag buch+musik bm gGmbH, Stuttgart.)
Textbeitrag
Dieser Artikel berichtet aus der Arbeit mit Mädchen in der Jugendkirche Choy in Althengstett. Dort macht Pfarrerin Christiane Lehmann immer wieder die Erfahrung, dass Mädchen einen sehr kritischen und prüfenden Blick auf sich selbst haben. Im Angebot „Mädelszeit“ bietet sie jungen Mädchen einen Raum, um sich über ihre Gefühle und Fragen auszutauschen. Allem Hinterfragen und Zweifeln stellt sie dabei die Zusagen Gottes entgegen, die Annahme und Selbstwert geben können.
„Warum hat sie so tolle Locken?“ „Wieso kann ich mir nicht so viel merken?“ „Warum werden immer nur die anderen von Jungs angesprochen?“ „Und warum bin ich überhaupt so wie ich bin?“
„Prüft alles und behaltet das Gute.“ Die Jahreslosung fordert uns auf, Dinge auf den Prüfstand zu stellen. Auch uns selbst. Das fällt mir persönlich gar nicht so schwer, denn ich bin selbst meine größte Kritikerin. Ist das dann überhaupt ein guter Ratschlag, „alles zu prüfen“? Ich merke, dass es mir manchmal guttun würde, nicht alles an mir zu hinterfragen. Weil mich die ständige Selbstprüfung oft gar nicht weiterbringt, sondern eher frustriert und daran hindert, Dinge anzupacken.
So geht es nicht nur mir, sondern vielen jungen Menschen. Die neuste Trendstudie „Jugend in Deutschland“ (Schnetzer, Simon / Hampel, Kilian / Hurrelmann Klaus: Trendstudie „Jugend in Deutschland 2024: Verantwortung für die Zukunft? Ja, aber“, Datajockey Verlag, Kempten 2024, S. 13 f.) hat gezeigt, dass bei 14–29-Jährigen Selbstzweifel auf Platz drei der größten Belastungsfaktoren liegen. Nach meinen Erfahrungen aus der Jugendarbeit trifft das besonders auf Teenagerinnen zu.
In der Jugendkirche Choy (Calw) haben wir deshalb das Format „Mädelszeit“ gestartet. An einem Sonntagabend im Monat öffnen wir den Raum, Selbstzweifel aufzuspüren und uns gegenseitig zu Selbstliebe bzw. Selbstannahme zu ermutigen. Dabei machen wir uns bewusst, dass Gott uns wunderbar gemacht hat – genau so, wie wir sind. Bei der „Mädelszeit“ stehen Themen im Vordergrund, die für junge Frauen zwischen 14 und 17 Jahren im Alltag obenauf liegen: Was macht mich aus? Was mag ich an mir? Worin bin ich stark? Welche Träume und Wünsche habe ich für meine Zukunft? Und wer ist eigentlich die / der Richtige für mich? Gibt es „die Richtige / den Richtigen“ überhaupt?
Wichtig ist uns dabei, das Thema nicht nur biblisch-theologisch zu referieren oder bei einem reinen Gespräch über Texte zu bleiben, sondern wir üben gemeinsam Selbstliebe und -annahme ein. Das geschieht zunächst schon einmal dadurch, dass unsere Abende immer mit einem guten, hübsch angerichteten Essen in gemütlicher Atmosphäre beginnen. Aber auch bei der inhaltlich-thematischen Gestaltung der „Mädelszeit“ lassen wir uns von verschiedenen Methoden inspirieren – auch wenn diese nicht typisch für die christliche Bubble sind: Persönlichkeitstests helfen bspw. herauszufinden, wie man selbst eigentlich tickt und wie wichtig es ist, dass wir verschieden sind. Affirmationskarten unterstützen uns dabei, positive Formulierungen für uns selbst und für andere zu finden und auszusprechen, ohne dass es komisch wirkt. Ganz bewusst sprechen wir auch anderen zu, was wir an ihnen schätzen und feiern.
Am Ende jeder „Mädelszeit“ beten wir gemeinsam. Wir sagen Gott alles, was uns im Alltag nervt und herausfordert. Aber vor allem danken wir Gott füreinander. Denn das soll am Ende stehen: Gott findet uns klasse! Bei ihm stehen wir nicht ständig auf dem Prüfstand, sondern er hat uns großartig gemacht.
Textbeitrag
Im Jahr 2009 trat die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft. Seither wird vor allem im Blick auf Behinderung von Inklusion gesprochen. Dabei ist Inklusion ein weiter Begriff und meint so viel mehr. Neben einer Behinderung gibt es andere Eigenschaften von uns Menschen, die unter diesen Begriff fallen: Wen wir begehren (sexuelle Orientierung), wo wir herkommen (Herkunft), wie wir aussehen, welches Geschlecht wir haben und wie viel Geld wir haben (Klassismus). Alle Menschen sind unterschiedlich und haben daher auch unterschiedliche Merkmale. Nichtsdestotrotz sollen alle Menschen die gleichen Rechte und Chancen haben und bekommen. Wenn von Inklusion gesprochen wird, geht es also um das selbstverständliche Zusammensein von Menschen und Teilhabe von Anfang an. Niemand soll ausgeschlossen werden.
„Zu uns kann jede und jeder kommen!“ Dieser Satz ist in der Kirche weit verbreitet. Es ist allerdings Schweigen angesagt, wenn Nachfragen kommen wie: „Kann auch ein Kind mit Rollstuhl ins Zeltlager mitfahren?“ „Kann eine Jugendliche mit einer Sehbehinderung an der Konfi-Zeit teilnehmen?“ „Wie ist die Zimmereinteilung geplant, wenn sich eine jugendliche Trans-Person anmeldet?“ Kirchengemeinden sind häufig tendenziell exklusiv und sprechen nur bestimmte Zielgruppen oder Personen mit einer bestimmten theologischen Prägung an. Inklusion heißt aber nun mal, dass alle teilhaben und mitgestalten. Wer sich vor Ort in der Kirchengemeinde auf den Weg zu Inklusion macht, prüft einmal: Was haben wir schon? Was geht gut? Und an anderen Stellen wird gecheckt, was es noch braucht. Der nachfolgende Inklusions-Check soll ein paar Anregungen geben, sich mit der Konfi-Gruppe auf den Weg zu machen.
Methode: Kugellager
Ablauf: Die Konfi-Gruppe verteilt sich im Raum und bildet zwei Kreise, einen Innen- und einen Außenkreis, sodass alle Jugendlichen ein Gegenüberhaben. Die Gruppenleitung stellt eine Frage und sobald sie das Gespräch freigibt, tauschen sich die beiden Gegenüber über das Thema aus.
Nach einigen Minuten gibt die Gruppenleitung ein akustisches Signal, woraufhin die Jugendlichen im Innenkreis im Uhrzeigersinn weiterrücken. Mit dem neuen Gegenüber beginnt das Gespräch zu einer weiteren Frage. Jede Gesprächsphase dauert etwa 3–5 Minuten.
Fragen für die Gesprächsphasen:
Impuls zur Reflexion / zum Austausch: „Behindert“ ist in erster Linie eine Selbstbezeichnung. Viele möchten als „Mensch mit Behinderung“ bezeichnet werden, da bei dieser Bezeichnung der Mensch im Vordergrund steht. Andere wählen für sich „behinderter Mensch“, da in dieser Bezeichnung zum Ausdruck kommt, dass der Mensch von der Gesellschaft behindert wird. Das Wort „behindert“ sollte auf keinen Fall als Schimpfwort verwendet werden.
Tipp für die Gesprächsleitung: Die Gesprächsleitung sollte sich vor dem Gespräch selbst die Fragen gestellt und für sich beantwortet haben. Vor allem sollte sie darauf achten, keine Euphemismen für Behinderung wie „besondere Bedürfnisse“, „Handicap“ oder „Beeinträchtigung“ zu verwenden. Die Verwendung von Euphemismen impliziert nämlich, dass eine Behinderung etwas Negatives ist, was aus diesem Grund beschönigt werden muss. Im Gespräch kann herausgearbeitet werden, dass Menschen unterschiedliche Empfindungen haben und diese sich im Lauf der Zeit verändern können, weshalb sich dann auch die Selbstbezeichnung verändern kann. Wichtig ist, zu betonen, dass Bezeichnungen andere Menschen verletzen und diskriminieren können.
Tipp für die Gesprächsleitung: Über das Thema „Behinderung“ zu sprechen ist wichtig, aber leider nicht selbstverständlich. Aus Unsicherheit und aus Sorge, Menschen mit Behinderung zu stigmatisieren, wird häufig gar nicht darüber gesprochen. Wertschätzend über Behinderung zu sprechen, heißt, die individuelle Situation und bestehende Teilhabe des Menschen zu thematisieren, anstatt nur die körperlichen Defizite in den Vordergrund zu stellen. Behinderung sollte beispielsweise nicht als Krankheit erklärt werden. Mit den Konfis kann folgender Textauszug gelesen werden, um darüber ins Gespräch zu kommen, dass Behinderung ein medizinisches und ein soziales Modell hat:
„Behindert“ ist ein Wort, das wir manchmal hören.
Aber was bedeutet das eigentlich?
Es gibt verschieden Sichtweisen auf Behinderung.
Manche Menschen sagen: „Die Behinderung liegt in der Person selbst.“
Zum Beispiel, weil ihr Körper nicht so funktioniert wie bei anderen Menschen. In der Fachsprache sagt man dazu: Das ist das medizinische Modell der Behinderung.
Andere Menschen sagen:
„Die Behinderung entsteht durch die Umwelt.“ Die Umwelt ist nicht an die Bedürfnisse von behinderten Menschen angepasst. Zum Beispiel, wenn es viele Treppen gibt, aber keine Rampe. Dann ist das eine Barriere. Dann werden Menschen im Rollstuhl behindert. In der Fachsprache sagt man dazu: Das ist das soziale Modell der Behinderung.
Viele Menschen haben Angst, das Wort „behindert“ zu benutzen. Sie haben Angst, behinderte Menschen zu beleidigen. Aber: „Behindert“ drückt aus, dass Menschen durch das Umfeld behindert werden. Deshalb ist es eigentlich gut. Alle müssen lernen: „Behindert“ soll nie als Schimpfwort benutzt werden! (Maskos, Rebecca / Kaiser Mareice: „Bist du behindert, oder was?“ Kinder inklusiv stärken und ableismussensibel begleiten, Familiar Faces Verlag, Berlin 2023, S. 20–21. Mit freundlicher Genehmigung des Familiar Faces Verlags.)
Barrierefreiheit ist ein wichtiges Wort auf dem Weg zu einem inklusiven Angebot. Barrieren gibt es im täglichen Leben viele: in den Köpfen, in Gebäuden, in der Sprache, in Zugängen zu Angeboten. Sie zu erkennen und abzubauen, ist das Ziel von Inklusion.
Aufgabe: Geht durch die Räume im Gemeindehaus und in der Kirche. Achtet einmal darauf:
Angebote für Jugendliche sollen sich an alle jungen Menschen richten. Damit dies gelingt, wird mit Werbung für die Angebote eingeladen. Diese sollte alle Jugendlichen erreichen. Hat dich schon einmal Werbung aus der Kirchengemeinde erreicht?
Aufgabe: Nehmt die ausliegende Werbung im Gemeindehaus und in der Kirche wahr. Schaut auch – wenn vorhanden – den Schaukasten an. Beantwortet folgende Fragen:
Inklusion heißt Teilhabe und Teilhabe entsteht durch Teilhabe, d. h. mitmachen, dabei sein und mitgestalten. In der Konfi-Zeit steht ihr Konfirmandinnen und Konfirmanden im Mittelpunkt. An euren Interessen sollte sich die Konfi-Zeit ausrichten.
Nachdem alle Checks durchgeführt wurden, lohnt es sich noch einmal festzuhalten:
Inklusion ist ein Prozess, d. h. immer wieder wird nach Wegen gesucht. Auch wenn beim Inklusions-Check rauskam, dass manches (noch) nicht geht, ist vieles möglich. Inklusion wird nur dann möglich, wenn Kirchengemeinden anfangen, ihre Haltung zu verändern und etwas Neues zu wagen.
Text- und Bildbeitrag
Wer erwachsen wird, trifft Entscheidungen. Wer oder was bin ich? Wie lange wohne ich zu Hause? Mit wem will ich zusammenleben? Welcher Beruf, welches Praktikum, welcher Weg?
Gerade junge Erwachsene stehen vor einer Vielzahl von Entscheidungen. Einige kommen dabei auch in Kontakt zu diakonischen Beratungsstellen.
Da ist die junge Frau, die, kurz bevor sie von zu Hause auszieht, nochmals mit der Trennung der Eltern in eine Krise gerät. Sie muss für sich klären, wer sie ist und wo „ihr Hafen“ ist. Sie prüft für sich verschiedene Wohnorte und die unterschiedliche Nähe zu ihren Elternteilen. In der psychologischen Beratung schauen wir meist systemisch auf die Ressourcen von Lebenssituationen.
Ein junger Mann, Mitte 20, sucht die psychologische Beratung auf, als er kurz davor ist, sein Studium abzuschließen. In allem Studieren hat er sein Ziel aus den Augen verloren. Was will er eigentlich? Ist Lehrer wirklich seins? Gemeinsam mit der Beraterin wägt er ab, was in ihm für Gefühle sind, was für Hintergründe und Motivationen und was ihm zur Entscheidung helfen kann. Wie gut, in einer Entscheidungsphase nicht allein zu sein.
Besonders deutlich wird dies vielleicht im größten Dilemma, das in diakonischer Beratung eine Entscheidung um Leben und Tod mit sich bringt: im Schwangerschaftskonflikt. In unserer Beratungsstelle arbeiten zwei Fachkräfte mit langjähriger Erfahrung. Sie hören aktiv zu, fragen empathisch nach und haben dabei einen klaren Wertehorizont: Sie lieben das Leben und Gottes Zusage fürs Leben. Aus aller Erfahrung heraus wissen sie aber auch, dass Leben manchmal Leben entgegensteht. Es sind ganz selten die 15- bis 18-Jährigen, die schwanger werden und ihren Konflikt bearbeiten müssen. Die meisten Frauen sind zwischen 25 und 35 Jahren, meist schon Mütter und eigentlich fertig mit der Familienplanung. Und dann ist doch alles anders. Wie will ich in dieser Situation angemessen prüfen? Wenn Hormone durch den Körper jagen und unendliche viele Fragen, Ängste und Sorgen im Raum sind. Da braucht es ein Gegenüber, das gut zuhört und nachfragt. Das beim Prüfen hilft, und nicht schon immer die Antwort eindeutig weiß.
Drei unterschiedliche Situationen von jungen Erwachsenen, die uns in der Diakonie begegnen. Im Nacherzählen wurden Details anonymisiert.
Im Folgenden berichten zwei junge Erwachsene von ihren Entscheidungswegen mit neuen beruflichen Situationen:
Mein Name ist Bianca Nabholz und ich bin 26 Jahre jung. Mit der Frage, was ich einmal sein möchte – gerade auf meine berufliche Laufbahn bezogen – habe ich mich intensiv auseinandergesetzt und gelernt, dass es oft Zeit braucht, das Richtige zu finden, aber dass man seinem Bauchgefühl folgen sollte und neugierig bleiben darf!
Schon immer bin ich ein kreativer Mensch, aber auch gesellig, extrovertiert und zielstrebig. Ich wollte viel von der Welt sehen und war schon mit 15 Jahren in Kolumbien zum Schüleraustausch. Auch sonst war ich immer unterwegs, sofern das möglich war.
Nach dem Abitur durfte ich eine unvergessliche Reise mit meiner Oma machen, auf der ich zufällig meinen zukünftigen Chef kennenlernte und kurzer Hand noch in Südafrika meine Ausbildungsstelle zur Tourismuskauffrau fixierte. Die Arbeit hatte mir anfangs viel Spaß gemacht. Ich hatte tolle Kollegen, lernte viel und schnell – sowohl über den Umgang mit Kundinnen und Kunden, als auch über neue Destinationen … Doch im Laufe des letzten Lehrjahres begann ich zu grübeln: „War das jetzt alles? Werde ich den Rest meines Lebens Reisen verkaufen?“ Und da war mir eigentlich schon klar, dass es das nicht gewesen sein kann. Mir fehlte es, etwas eigenhändig zu schaffen, einen Fortschritt zu sehen und nicht nur vor dem PC zu sitzen.
Schon nach dem Abi spielte ich kurz mit dem Gedanken einer handwerklichen Ausbildung. Und dieser Gedanke ploppte immer wieder auf. Dann kam alles recht spontan. Ich sagte beim Essen ganz unerwartet zu meinen Eltern: „Was, wenn ich im Reisebüro kündige und Schreinerin werde?“
Es war so eine Schnapsidee, die ich dann schneller umgesetzt habe als gedacht. Meine kaufmännische Ausbildung war erfolgreich abgeschlossen und ich dachte, wenn ich jetzt nicht kündige und neu starte, dann mach ich’s gar nicht mehr.
Für mich stand fest: Wenn ich Tischlerin werde, dann möchte ich nach Vorarlberg. Hier hat das Handwerk einen höheren Stellenwert und gerade in der Region um den Bregenzer Wald lag aus meiner Sicht ein so hoher Fokus im Holz-Handwerk.
Ich suchte nach geeigneten Betrieben und schnupperte bei sechs verschiedenen Tischlereien, bis ich mich entschieden habe. So startete ich meinen neuen Lebensabschnitt im schönen „Ländle“. Im Grunde kann man sagen, dass dieser anfangs leichtsinnige Gedanke, nochmals völlig von vorn anzufangen, im Nachhinein die beste Entscheidung für meinen Weg war! Mein Prüfen lag darin, den für mich passenden Betrieb zu finden. Ein freundliches Umfeld, kreative Arbeit und vor allem abwechslungsreiche Aufträge. Eine große Unterstützung in meinen Entscheidungen waren natürlich meine Familie und meine Freunde. Die Idee wurde überall bestaunt, alle sagten „Ja, Bianca, mach das!“ Und doch hatte ich natürlich auch Ängste. „Was, wenn das doch nicht das ist, was ich mir vorstelle? Was, wenn ich das nicht kann? Eine junge, zierliche Frau im Handwerk?“ Außerdem stand der finanzielle Rückschritt vom sicheren Job zu einer neuen Ausbildung im Raum.
Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt – ein so schlauer Satz von meinem Papa, den ich heute allen mit auf den Weg geben würde, die unsicher in ihren Entscheidungen sind.
Klar gibt es täglich neue Herausforderungen, aber ohne die wäre der Alltag doch langweilig, nicht? Mittlerweile bin ich Tischlereitechnikerin und bestand all meine Prüfungen mit gutem Erfolg. Schon während der Ausbildung erhielt ich Preise bei verschiedenen Lehrlingswettbewerben und auch mein Gesellenstück wurde prämiert. All das zeigt mir, dass ich hier schon richtig bin bei dem, was ich mache. Ich glaube, es ist wichtig, dass man dranbleibt und dass man an sich glaubt. Wenn man Spaß an etwas hat, ist man auch gut darin.
Im September starte ich nun meinen Meister in Hallstatt und bin neugierig auf das, was da noch kommt!
Inmitten eines Ozeans voller Möglichkeiten glaubt man manchmal unterzugehen. Da ist so vieles, was einen fasziniert, inspiriert und die innere Neugierde weckt. Ich kann verstehen, dass dies total überfordernd sein kann und bei der Entscheidungsfindung immer wieder Fragen aufwirft. Sicher haben sich viele von euch schon gefragt: Was will ich werden / was will ich sein?
Nach meinem Abitur habe ich mit voller Freude und Überzeugung das Studium für Medien- und Kommunikationsdesign begonnen in dem Glauben, meine wahre Erfüllung und Leidenschaft darin zu finden. Denn kreativ zu arbeiten sowie die bunte Medienwelt zu erkunden, haben mich von Anfang an begeistert. Ich hatte Freude daran, doch als ich einen Job im Community Management beim Kinderhilfswerk Deutschland annahm, änderte sich meine Einstellung sehr schnell. Die Tage waren nicht mehr erfüllt von dem Erschaffen von ansprechenden Grafiken oder dem Produzieren unterhaltsamer Videos. Stattdessen war ich mit Beiträgen von Kriegs- und Krisengebieten sowie der hasserfüllten Welt der Kommentarspalten konfrontiert. Das Leid der Kinder berührte mich zutiefst und ich begann, meine Berufswahl zu hinterfragen.
Nach und nach wurden die Zweifel immer lauter und ich begann zu straucheln. Gedanken brachen wie Wellen über mir zusammen: Ist die Medienwelt noch das Richtige für mich? Erfüllt es mich, Beiträge zu erstellen und täglich meine Zeit auf Social Media zu verbringen? Habe ich die richtige Wahl getroffen? War es nicht auch immer mein Traum, mit Kindern zu arbeiten? Bin ich vielleicht schon zu weit gegangen, um nochmal von vorn anzufangen?
Ich begann, in mich zu gehen, zu beten sowie meine Gedanken zu sortieren und aufzuschreiben. Der Gedanke, dass Gott keine Fehler macht und alle von uns einen einzigartigen Lebensweg haben, half mir damals sehr. Langsam fing ich an zu verstehen, dass es den einen Weg nicht gibt. Gott gibt uns die Freiheit, verschiedene Dinge auszuprobieren, weshalb ich mich dazu entschied, mir selbst die Erlaubnis zu geben, diese Freiheit zu leben, meine Entscheidungen zu durchdenken und aufs Neue zu betrachten. Daraufhin fing ich an, mit Freunden und Familie über meine Sehnsüchte zu sprechen und erzählte ihnen von meiner Entscheidung, einen Berufswechsel in den sozialen Bereich zu machen.
Ich verließ Köln, zog zurück in meine Heimatstadt und begann, an einer Schule für Menschen mit Beeinträchtigung als Schulbegleiterin zu arbeiten. Schnell wurde mir bewusst, dass ich unglaublich viel Freude bei der Arbeit empfand und entschied daraufhin, eine Ausbildung als Erzieherin zu machen. Nun, im ersten Ausbildungsjahr, bin ich voller Freude darüber, den Mut gehabt zu haben, eine neue Richtung einzuschlagen. Wohin dieser Weg mich letztendlich führen wird, bleibt ungewiss, doch spüre ich, dass er mich näher zu Gott und zu meinem wahren Selbst bringt.
Wenn ich in dieser Zeit etwas ganz Besonders gelernt habe, dann ist es, darauf zu vertrauen, dass die Wellen des Lebens mich tragen, und festzuhalten an dem Guten, das mein Herz erhellt.
Wie geht es für dich nach der Schule weiter? Entscheidest du dich für eine Ausbildung oder für ein Studium? Oder schiebst du ein Jahr ein, das „für dich. für andere.“ ein Gewinn ist? Im EJW gibt es dafür viele Möglichkeiten in Bezirks- und Stadtjugendwerken, CVJM, Kirchengemeinden, Kindergärten, Freizeitheimen und einzelnen Schulen.
Ein Freiwilligendienst lohnt sich, weil er dir die Chance bietet, zu prüfen, was du als nächstes machen willst. Außerdem kannst du anderen etwas Gutes tun und dich mit dem Glauben an Gott auseinandersetzen.
Ein Freiwilligendienst bietet dir die Möglichkeit, deine Stärken einzusetzen, Neues zu wagen und über dich hinauszuwachsen. Du hast Zeit, dich auszuprobieren, dich noch besser kennenzulernen und berufliche Orientierung zu finden. Du kannst in deiner Persönlichkeit wachsen und wirst dabei gut begleitet.
Du arbeitest im Team mit ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden.
Du entdeckst, dass es guttut, dich für Kinder und Jugendliche zu engagieren. Die Begegnung mit anderen bereichert dein Leben. Und andere spüren dein Engagement und deine Motivation.
Die Zeit im Freiwilligendienst des EJW bietet dir verschiedene Möglichkeiten, Gott zu begegnen. Du bist mit deinen Erfahrungen, Fragen und Zweifeln willkommen. Du kannst dich mit dem Glauben an Gott auseinandersetzen und eine eigene Haltung dazu finden.
Michael Lendle erzählt von seinem Freiwilligendienst
Ich habe mein FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) 2022 / 23 im Evangelischen Bezirksjugendwerk Weinsberg absolviert, wo ich auch zuvor schon als ehrenamtlicher Mitarbeiter tätig war. Diese Zeit war für mich eine sehr wertvolle Zeit voller Begegnungen, neuer Erfahrungen und Aufgaben, an denen ich wachsen konnte.
Für mich stand vor meinem Freiwilligendienst fest, welchen beruflichen Weg ich einschlagen möchte und welchen Studiengang ich dazu studieren möchte. Nach kurzer Zeit im Studium stellte ich fest, dass ich nicht wirklich sicher bin, ob dieser Weg der richtige für mich ist. Umso dankbarer war und bin ich, dass sich mir an dieser Stelle eine Möglichkeit aufgetan hat, ein FSJ anzufangen und dabei meine Entscheidung zu überprüfen.
Es ist doch erstaunlich, was in einem Jahr alles passieren und was man alles erleben kann: Egal ob Jugendgottesdienst, Jungschar, Kinder- und Teeniefreizeit, Konfi-Camp, Kinderbibeltage, Schulungen usw.; die Möglichkeiten, selbst Spuren zu hinterlassen, sind enorm. Besonders hervorheben möchte ich die scheinbar grenzenlose Unterstützung, die ich sowohl in der Einsatzstelle in Weinsberg sowie im Evangelischen Jugendwerk in Württemberg und den dazugehörenden Seminaren erfahren konnte. Mit dieser Hilfe und einigen wertvollen Gesprächen konnte ich so meine Stärken und Interessen entdecken und letztlich eine gute Entscheidung treffen, dass ich mich auch beruflich in diesem Bereich bewegen möchte.
Ein Jahr Freiwilligendienst – für mich ein Jahr in allen Punkten sinnvoll investierte Zeit: Für mich, für andere, für Gott.
Auch in der Diakonie kann in vielen verschiedenen Bereichen ein Freiwilligendienst gemacht werden.
Du bist bald mit der Schule fertig? Steckst mitten in der Ausbildung oder einem Studium, bist aber nicht ganz sicher, was als nächstes kommen soll? Du hast Fragen über Fragen? Damit lassen wir dich nicht allein.
Wir wollen dich ermutigen, dich selbst zu finden – und deinen eigenen Weg. Probier dich aus. Entdecke deine Stärken. Bekomm ein Gefühl für die Sache, die dich antreibt. Erst dann wirst du wissen, was du wirklich machen willst. Wir begleiten dich auf diesem Weg.
Egal ob ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), ein Bundesfreiwilligendienst (BFD) oder ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ). Ein Freiwilligendienst bei der Diakonie Württemberg hilft dir, herauszufinden, was deine Talente sind und was dich begeistert. Du kannst dich ausprobieren, lernst, dich besser einzuschätzen und bekommst so Vertrauen in deine Fähigkeiten.
Schulabschluss, Noten oder Konfession spielen bei uns keine Rolle – ebenso wenig spezielle Vorerfahrungen oder Praktika. Nur mindestens 16 Jahre alt solltest du zu Beginn deines Freiwilligendienstes sein.
Entscheide du, wann du starten willst und wie lange dein Freiwilligendienst dauert (6–18 Monate).
Erhalte 500 € monatlich als Taschengeld, für Verpflegung und Fahrtkosten.
Profitiere von einer persönlichen Ansprechperson für alle deine Anliegen und von Bildungstagen gemeinsam mit anderen Freiwilligen: sich miteinander über die Arbeit austauschen, sich mit fachlichen Themen beschäftigen, Zukunftspläne schmieden, Spaß haben und die kleinen Auszeiten gemeinsam genießen.
Wähle zwischen ganz unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten: von Tätigkeiten in den verschiedensten sozialen Arbeitsfeldern, in Kirche und Gemeinde, über „irgendwas mit Medien“ bis hin zum Umweltschutz.
Kein Problem, bewirb dich einfach ganz unverbindlich. Bei einem Online-Termin finden wir gemeinsam Antworten auf alle deine Fragen.
Diakonisches Werk Württemberg,
Heilbronner Str. 180, 70191 Stuttgart
www.ran-ans-leben-diakonie.de
freiwillig@diakonie-wue.de, 0711 1656-600
WhatsApp: 01607698831
Instagram: @ranansleben_diakonie
Ich bin Hanna, 19 Jahre alt und mache meinen Freiwilligendienst in einer Suchtberatungsstelle.
Nach der Schule wollte ich nicht direkt in eine Ausbildung oder ein Studium starten – deshalb erst mal ein Freiwilligendienst!
Besonders gut gefällt mir, dass meine Einsatzstelle abwechslungsreich ist. Ich komme in Kontakt mit verschiedensten Menschen und höre ihre Geschichten. Das beeindruckt mich jedes Mal!
Natürlich gibt es schwere Schicksale, die mich länger beschäftigen. Mit der Zeit findet man aber Wege, damit umzugehen. Meine Kolleginnen und Kollegen und andere Freiwillige aus den Seminaren unterstützen mich dabei. Mir gefällt außerdem, dass ich sehr selbständig arbeiten darf und mir viel zugetraut wird.
Ich habe gelernt, dass die meisten Klischees keinen wahren Kern haben. Vorurteile halten sich leider sehr hartnäckig, da den meisten Menschen der wirkliche Kontakt zu Betroffenen fehlt. Der Freiwilligendienst ist eine gute Möglichkeit, um Vorurteile zu überwinden. Ich kann allen empfehlen, den Schritt aus der eigenen Komfortzone zu wagen
Mein Name ist Tony. lch bin 20 Jahre alt und mache mein FSJ in der Offenen Hilfe Heilbronn. In meiner Einsatzstelle geht es um die Alltagsbegleitung von Seniorinnen und Senioren mit einer geistigen Behinderung.
Ich bin täglich im Austausch mit unseren Klientinnen und Klienten. Nach einer gewissen Zeit ist durch verschiedene gemeinsame Freizeitaktivitäten (wie Spiele spielen, Stadtbummel und gemeinsam Fahrrad fahren) ein gegenseitiges Vertrauen entstanden. Die Seniorinnen und Senioren erzählen von ihrem Leben, von schönen und traurigen Erfahrungen und teilen ihre Ängste, Sorgen und Herausforderungen. Manche ihrer Alltagstipps sind inzwischen zur Routine in meinem Alltag geworden.
Durch meine Freiwilligendienst habe ich begonnen, die Menschen und die Umgebung anders wahrzunehmen. In vielen Situationen fallen mir Dinge neu auf: Ist dieser Einkaufsladen barrierefrei? Kommt die Person mit Rollator selbstständig in den Bus? Ich habe gelernt, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen.
„Prüft alles und behaltet das Gute!“ Die Jahreslosung 2025 spricht mir direkt aus dem Herz – warum? Na, weil es vermutlich kaum eine andere Bibelstelle gibt, die besser zu dem passt, was ich als Medien-Fuzzi angehenden Jugendreferentinnen / Jugendreferenten, Bundesfreiwilligendienstleistenden und Kolleginnen und Kollegenseit Jahren versuche zu vermitteln.
In den zahllosen Workshops, Dozenturen und Seminaren zum Thema „Medienpädagogik“ oder auch „Medienkompetenz“ geht es häufig – geplant oder spontan – auch um das Thema „Fake News“ und darum, wie wir junge Menschen fit machen können, damit sie Falschmeldungen und Hetze nicht auf den Leim gehen. Letzthin habe ich im SPIEGEL einen Satz von Autor Maik Großekathöfer gelesen, der mir im Gedächtnis geblieben ist: „Wenn Wissen Macht ist, dann ist Desinformation eine Waffe.“
Wer Desinformation betreibt, also Unwahres verbreitet, die oder der richtet also eine Waffe auf ihre / seine Umwelt. Im Falle des Rechtspopulismus in Deutschland, Europa und der ganzen Welt nehmen Politikerinnen und Politiker ganz gezielt junge Menschen ins Visier, die gerade noch dabei sind, ihren Platz in unserer Welt zu suchen. Leichte Beute! Ein paar einfache, verkürzte „alternative Fakten“ und Versprechen hier, ein paar klare Sündenböcke dort – Stichwort „Geflüchtete“ oder „elendige Gutmenschen“ – und schon folgen einem viele Menschen auf der Suche nach dem, für was sie stehen möchten.
Ich finde, wenn wir, die wir als Christinnen und Christen mit jungen Menschen arbeiten und ein Interesse daran haben, dass diese Menschen die nötige Ausrüstung für ein selbstbestimmtes, glückliches Leben erhalten, da tatenlos zusehen, müssen wir uns fragen, ob wir im diakonischen Sinn richtig und verantwortungsvoll handeln.
Vertreterinnen und Vertreter der Kirche nehmen schon immer Aufgaben wahr, die von unserer Gesellschaft unzureichend erledigt werden: Hungernde speisen, Kranke pflegen, Hilfesuchenden beistehen. Da ist es in meinen Augen nur folgerichtig, wenn wir junge Menschen begleiten, die in unserem Bildungssystem nach wie vor viel zu wenig darüber lernen, was dieses kleine Gerät, auf das sie im Schnitt 224 Minuten am Tag schauen, da mit ihnen macht. Diese Zahl stammt übrigens aus der „JIM-Studie 2023“, die jährlich erscheint und ausgeschrieben „Jugend, Information & (Multi-) Media-Studie“ heißt. Es gibt sie kostenfrei im Netz oder sogar gedruckt zum Durchblättern – wer sich also näher mit dem Thema befassen möchte, findet hier einen guten Startpunkt.
Aber was war jetzt eigentlich mit dem Bibelvers vom Anfang? „Prüft alles und behaltet das Gute!“ Na, ihr könnt es euch vielleicht schon denken: Ein möglicher Ausweg aus der misslichen Lage, dass es immer mehr fehlgeleitete junge Menschen gibt, ist Aufklärung. Wir müssen Kindern und Jugendlichen die Ressourcen bereitstellen, die sie brauchen, um Informationen zu prüfen, Lügen zu entlarven und die guten – weil korrekten – Inhalte zu behalten. Dafür braucht es ein Problembewusstsein, geschärfte Sinne und Hilfestellungen dabei, Meldungen und Inhalte als gesichert falsch zu identifizieren.
Ein toller Ort, an dem wir, als diejenigen, die Kindern und Jugendlichen Bildungsangebote unterbreiten und ihnen beistehen, Infos finden und uns fortbilden können, ist „Klicksafe“ (www.klicksafe.de). KlickSafe ist Teil eines EU-Programms, das zum Ziel hat, die Medienkompetenz junger Menschen zu fördern. Auf der Website finden sich auch Links zu anderen großartigen Angeboten wie den Fact-Checkerinnen und -Checkern von „Mimikama“ (www.mimikama.at). Wer sich umfangreicher fortbilden möchte, wird vielleicht beim Evangelischen Medienhaus in Stuttgart fündig. Dort gibt es beispielsweise Grundkurse für die Medienarbeit mit Kindern (www.evmedienhaus.de/fortbildungen). Und für den ganz großen Wurf wäre dann da noch der Zertifikatskurs Medienpädagogische Praxis, kurz „mepps“. Die einjährige „Blended-Learning“-Weiterbildung zum Thema „Medienpädagogik“ wird von der „Clearingstelle Medienkompetenz“ der Deutschen Bischofskonferenz in Kooperation mit anderen kirchlichen und säkularen Trägern angeboten. (medienkompetenz.katholisch.de).
Wie auch immer ihr handelt, ob ihr euch selbst fortbildet oder Menschen einladet, die Ahnung haben: Ihr tut den jungen Menschen, die euch am Herzen liegen, und auch unserer Gesellschaft etwas Gutes, weil ihr dazu beitragt, dass wir eine Gemeinschaft mündiger Menschen sind und bleiben. Ich finde, jeder kleine Schritt auf dem Weg dorthin lohnt sich.
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Simon Denda, Deutschland 2020 | 29 Min., f., Kurzspielfilm
Nach einer wahren Begebenheit – Kenia, Afrika. Susanne, Chefdiplomatin und Repräsentantin der EU, besucht ein abgelegenes Dorf an der somalischen Grenze, das Opfer eines Terroranschlages wurde. Während die Hinterbliebenen alle Hoffnung in sie setzen, sind der Termin und die gemachten Versprechungen für Susanne reine realpolitische Routine. Doch nach einem schrecklichen Unfall, der durch ihre Anwesenheit ausgelöst wurde, wird sie gezwungen, ihre Komfortzone zu verlassen und sich gegen die etablierten Verhaltensmuster Europas zu stellen.
Gewalt, Afrika, Menschenrechte, Terrorismus, Menschenwürde
ab 14 Jahren
Johannes Bachmann, Schweiz 2019 | 25 Min., f., Kurzspielfilm
Sybille ist Schulleiterin, Politikerin und alleinerziehende Mutter eines jugendlichen Sohnes. Sie steht kurz davor, die Wahl zur Gemeinderatspräsidentin zu gewinnen, weil ihre rechtspopulistische Politik gut ankommt in der kleinen ländlichen Schweizer Gemeinde. Auch ihr geliebter Sohn Luca wird von ihr eingebunden, soll die Online-Aktivitäten der Wahlkampagne unterstützen. Entsprechend sieht seine Einstellung zu Ausländern aus. Aber erst, als eine albanische Mitschülerin behauptet, Luca hätte sie sexuell misshandelt, wird Sybilles klar, welche Werte sie vorlebt. Glaubt sie dem Mädchen oder ihrem Sohn? Wofür sie sich entscheidet, wird maßgeblich ihre politische Karriere bestimmen. Sybilles Leben und ihre Werte geraten ins Wanken.
Rechtsradikalismus, Werte, Lüge, Wahrheit, Politik, Moral
ab 14 Jahren
Rainer Fromm, Deutschland 2015 | 30 Min., f / sw., Dokumentarfilm
Der Film hat viele Facetten des Bösen, wie es sich in der Vergangenheit und in unserer Zeit in seinen drastischsten Formen zeigte und zeigt: Fundamentalistische Selbstmordattentäter, grausame Kriege, extremistische Terrorgruppen, Amokläufe – die Medien sind voll von Nachrichten dieser Art. Aber was genau ist das Böse und woher kommt es? Ist das Böse in der menschlichen Natur angelegt oder gibt es teuflische Mächte? Diese Frage wird anhand von Beispielen erörtert. Weiterhin wird das Phänomen aus neurobiologischer, theologischer, forensischer, philosophischer und filmwissenschaftlicher Sicht beleuchtet.
Gewalt, Rechtsradikalismus, Sünde, Böses, Teufel, Fundamentalismus, Recht
ab 14 Jahren
Rainer Fromm, Deutschland 2023 | 32 Min., f.,
Dokumentarfilm
Viele Menschen aus der bürgerlichen Mitte fühlen sich in Deutschland von der Regierung nicht mehr repräsentiert. Die Zuwanderungsdebatte, die Corona-Pandemie, die Debatte über den menschengemachten Klimawandel und die Konsequenzen für die privaten Haushalte haben Deutschland verändert. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger suchen nach einfachen Lösungsansätzen oder Sündenbockmechanismen, um der gefühlten Hilflosigkeit zu entgehen. Für Reichsbürgergruppen oder rechtsradikale Parteien wie die „Alternative für Deutschland (AfD)“ ist ein riesiges Reservoir an Interessierten gewachsen. Die Dokumentation von Rainer Fromm gibt tiefe Einblicke in die verschiedenen rechtsextremistischen Bewegungen und lässt deren führende Köpfe aber auch Mitläufer zu Wort kommen.
Identität, Zukunft, Vorurteile, Gesellschaft, Rechtsradikalismus, Vorbilder, Politik
ab 14 Jahren
Maximilian Damm / Julia Knopp, Deutschland 2018 | 60 Min., f., Dokumentarfilm
Sie waren jahrelang gefangen in einer Ideologie. Sie haben ihr komplettes Leben und sich selbst dafür aufgegeben. Sie waren Extremisten: ein Ex-Salafist und ein ehemaliger Neo-Nazi reisen zurück in ihre Vergangenheit. Zwei Jugendliche, die in der Pubertät zu Extremisten wurden. In völlig unterschiedlichen Gruppierungen und doch so ähnlich in der Biographie. Anhand ihrer Erfahrungsberichte stellt der Film eine der wohl brennendsten Fragen unserer Zeit: Warum radikalisieren sich Menschen? Was führt dazu, dass Hass entsteht? Dabei versucht die Dokumentation nicht anzuprangern, sondern zu verstehen.
Gewalt, Religion, Rechtsradikalismus, Hass
ab 14 Jahren
Alexander Spöri / Luca Zug, Deutschland 2023 | 25 Min., f., Dokumentarfilm
David S. ermordet in einem Einkaufszentrum neun Menschen mit Migrationshintergrund. Dann tötet er sich selbst. Seine rechtsextreme Radikalisierung fand auch auf Gaming-Portalen statt. Wie und warum werden Jugendliche zu Tätern und wo kann Prävention ansetzen? Die Konzeption zum Einsatz im Unterricht wurde von Violence Prevention Network erstellt und enthält wichtige Hinweise, die vor Zeigen des Films Beachtung finden sollten.
Gewalt, Rechtsradikalismus, Amok, Gewaltprävention
Rainer Fromm, Deutschland 2015 | 25 Min., f., Dokumentarfilm
Eine wirkungsvolle Extremismusprävention ist nicht nur Erziehungsziel der Schule, sondern steht auch immer wieder im Fokus der gesellschaftlichen Diskussion. Der Film und das ergänzende Arbeitsmaterial ermöglichen einen kritischen Blick auf Parolen des Rechtspopulismus. Inhalte der Dokumentation sind Definition, Feindbilder, Argumentationsmuster und die Darstellung von einschlägigen Gruppierungen in Deutschland und Europa. Dabei werden die Abgrenzung, aber auch die fließenden Übergänge zwischen Populismus und Extremismus deutlich.
Flüchtlinge, Rechtsradikalismus, Demokratie, Asyl, Rassismus, Politik, Fremdenhass
ab 14 Jahren
Didactmedia, Konstanz 2018 | 21 Min., f., Dokumentarfilm
Im Internet und in sozialen Netzwerken treten Rechtsextreme meist scheinbar harmlos auf – modern und jugendlich. Zu ihrer Strategie gehört es, unverfängliche Profile anzulegen, in denen es auch um Hobbys gehen könnte. Sie verbergen sich z. B. hinter Fanseiten von Fußballclubs, Tierschutzaktivisten oder Street-Art-Künstlern. Sie greifen aber auch politische Themen auf, wie Arbeitslosigkeit, Umweltschutz, Politikverdrossenheit und vermitteln diese Themen zeitgemäß. Es ist schwer, das auf den ersten Blick zu durchschauen. Die didaktische DVD zeigt anhand von konkreten Beispielen wie diese Strategien entlarvt werden können.
Nationalsozialismus, Rechtsradikalismus, Ideologie, Rassismus, Manipulation, Internet
ab 14 Jahren
Rainer Fromm, Deutschland 2020 | 24 Min., f., Dokumentarfilm
Der Film gibt einen Einblick in die aktuelle rechtsextremistische Szene in Deutschland. Neben den Gruppierungen, Strukturen und Wirkmechanismen, die gezeigt werden, thematisiert der Film beispielsweise Gruppierungen wie die Identitäre Bewegung, aber auch rechtsextremistische Attentate und rechtsterroristische Netzwerke. Dabei liegt ein Fokus auch auf der digitalen Welt des Rechtsextremismus: (weltweite) Vernetzung, Verunsicherung, Verbreitung.
Antisemitismus, Nationalsozialismus, Rechtsradikalismus, Ideologie, Rassismus
ab 14 Jahren
Daniel Che Hermann / Karla Stindt, Deutschland 2018 | 103 / 92 Min., f., Dokumentarfilm, 2 DVDs
In dieser Filmreihe beschäftigen sich junge Menschen mit Rechtspopulismus und dessen Auswirkungen auf eine Gesellschaft, in der rechtes Gedankengut zunehmend politisch und sozial etabliert wird. In den sieben Kurzfilmen untersuchen die jungen Filmemacherinnen und Filmemacher den aktuellen Rechtspopulismus, sein Auftreten, seine Argumentationsmuster und seine Verbindungen zur rechtsextremistischen Szene und verdeutlichen aktuelle politische und soziale Tendenzen. Außerdem zeigen die Filme Möglichkeiten auf, sich dem zu widersetzen und sich für ein solidarisches, demokratisches Miteinander einzusetzen.
Gesellschaft, Rechtsradikalismus, Widerstand, Rassismus, Fremdenhass
ab 16 Jahren
Christopher Dillig, Deutschland 2021 | 21 Min., f., Dokumentarfilm
Besonders in Krisenzeiten haben Verschwörungserzählungen Hochkonjunktur. Der Film zeigt auf, was Verschwörungserzählungen sind, wie sie entstehen und welches Verbreitungspotenzial ihnen die digitale Welt bietet. Warum sind Verschwörungserzählungen eine Gefahr für Demokratie und Gesellschaft und wie kann man ihnen wirksam begegnen?
Kommunikation, Antisemitismus, Gesellschaft, Rechtsradikalismus, Demokratie, Wahrheit, Wirklichkeit, Hexen, Soziale Medien
ab 14 Jahren
Martin Viktor-Nudow, Deutschland 2020 | 23 Min., f., Dokumentarfilm
Vorbilder – so vielfältig wie das Leben. Der Film porträtiert vier unterschiedliche Personen, die sich allesamt durch ihr besonderes Engagement auszeichnen: Norman Stoffregen setzt sich als „stinknormaler Superheld“ für Umwelt- und Tierschutz ein, Mirko Drotschmann vermittelt auf seinem YouTube-Kanal Wissen über Politik und Geschichte, Kadir geht verschiedenen ehrenamtlichen Tätigkeiten nach und Sawsan Chebli kämpft als Politikerin gegen Hass und Rassismus. Der Film zeigt: Jede / Jeder kann ein Vorbild sein! Die Produktion ist sequenziert in 5 Kapitel: Vorbilder – so vielfältig wie das Leben (2:40 min.); Norman Stoffregen – ein stinknormaler Superheld (6:00 min.); Mirko Drotschmann – MrWissen2go (2:30 min.); Kadir Güzel – Engagement im Alltag (4:10 min.); Sawsan Chebli – Einsatz gegen Hass und Diskriminierung (7:10 min.).
Umwelt, Normen, Identität, Rechtsradikalismus, Klimawandel, Werte, Rassismus, Hass, Diskriminierung, Soziale Medien
ab 12 Jahren
Lucas Belvaux, Frankreich / Belgien 2017 | 115 Min., f., Spielfilm
Zur Image-Aufbesserung will eine rechtspopulistische französische Partei eine beliebte Krankenschwester als Kandidatin in die Kommunalwahlen schicken. Die bis dahin unpolitische Frau lässt sich nach anfänglichem Zögern überreden und nimmt Konflikte mit Patienten, Freunden und Familie in Kauf, bis sie die wahre Natur ihrer Förderer zu durchschauen beginnt.
Gewalt, Rechtsradikalismus, Demokratie, Werte, Lüge, Rassismus, Politik, Fremdenhass
ab 14 Jahren
Eric Toledano / Olivier Nakache, Frankreich 2019 | 110 Min., f., Spielfilm
„Ich finde eine Lösung“: Was wie eine Floskel klingt, ist für den Sozialarbeiter Bruno und seinen Kollegen Malik gelebte Wirklichkeit. Und das, obwohl der Alltag mit einem wilden Haufen Azubis und autistischen Jugendlichen einige Herausforderungen birgt. Das ewig klingelnde Notrufhandy lässt jedes Date platzen, und wenn Brunos Schützling Joseph mal wieder die Notbremse zieht, ist das Chaos perfekt. Mit zupackendem Engagement und unverwüstlichem Humor nehmen Bruno und Malik immer wieder den Kampf mit den Behörden auf und schaffen eine Gemeinschaft, in der jeder die Chance bekommt, über sich hinaus zu wachsen. Der Film beruht auf einer wahren Geschichte.
Konflikte, Behinderte Menschen, Gesellschaft, Sozialarbeit, Vorbilder, Autismus
ab 14 Jahren
Julia von Heinz, Deutschland 2021 | 107 Min., f., Spielfilm
Lisa ist eine junge Mannheimer Jurastudentin aus einer wohlhabenden Familie. In Deutschland kommt es zu einem Rechtsruck, es finden Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und gewaltsame Übergriffe statt. Rechte Parteien, wie die „Liste 14“ (deren Polit-Design eine Anspielung auf die AfD darstellt), finden zunehmend Akzeptanz in der Bevölkerung. Luisa will dabei nicht tatenlos zusehen, sondern etwas dagegen unternehmen. Daher schließt sie sich einer Antifa-Gruppe an, in der sich ihre Freundin Batte engagiert. Zu den Mitgliedern der Gruppe gehören auch Alfa und Lenor. Sie möchten militant gegen Rechtsextreme vorgehen und deren Aufmärsche verhindern. Auch für Luisa wird Gewalt zunehmend ein akzeptables Mittel.
Konflikte, Gewalt, Gesellschaft, Rechtsradikalismus, Demokratie, Widerstand
ab 14 Jahren
Christian Schwochow, Deutschland / Tschechien 2021 | 121 Min., f., Spielfilm
In einem Berliner Wohnhaus explodiert eine Paketbombe. Von Maxis Familie überleben nur sie und ihr Vater Alex. Während Alex durch den Verlust den Halt verliert und sich in eine eigene Welt zurückzieht, wird Maxi in ihrer Trauer immer aggressiver – zumal der Verdacht, der Anschlag könne einen islamistischen Hintergrund haben, in ihr einfache Schlussfolgerungen auslösen: Tragen nicht die Migrationspolitik der Regierung und das linke Milieu, aus dem sie stammt, die Verantwortung an dem Verbrechen? Bald taucht der Student Karl auf und bringt sie mit der neurechten Bewegung „Re / Generation“ in Kontakt. Fasziniert von deren Dynamik und zum Teil äußerst charismatischen Mitgliedern, lässt sich Maxi auf die Gruppe ein. Mit ihrer tragischen Geschichte und ihren diffusen Ängsten wird sie schnell zu einem Sprachrohr der fremdenfeindlichen Bewegung.
Rechtsradikalismus, Demokratie, Fremdenhass
ab 14 Jahren
Auslegung
πάντα δὲ δοκιμάζετε, τὸ καλὸν κατέχετε (Novum Testamentum Graece)
Prüft alles und behaltet das Gute (Einheitsübersetzung)!
Prüft aber alles und das Gute behaltet (Luther 2017).
Omnia autem probate quod bonum est tenete (Biblia Sacra Vulgata).
Prüft aber alles, das Gute haltet fest (Elberfelder).
Prüft jedoch alles und behaltet das Gute (Hoffnung für Alle).
But test everything; hold fast what is good (English Standard Version).
„Prüft alles!“ Na, das ist ja mal ne Ansage! Die Jahreslosung für 2025 ist ein Imperativ! Der Apostel Paulus, der den 1. Thessalonicherbrief geschrieben hat, formuliert also eine konkrete Aufforderung – fast schon eine zurechtweisende Ermahnung – an die Gemeinde. Die Jahreslosung fordert also nicht nur heraus, sondern sie fordert uns zum Prüfen auf: Zum genauen Hinschauen, zum Hinterfragen, vielleicht sogar zum Kritisieren. Ein großer Tag für alle Skeptikerinnen / Skeptiker und Nörglerinnen / Nörgler? Nein, bei weitem nicht! Die Jahreslosung bleibt nämlich nicht beim Kritisieren stehen, sondern sie geht weiter.
„ … und behaltet das Gute!“ Das Ziel des Prüfens ist nicht die Kritik, sondern es geht darum, das Gute in unserem Leben zu finden und es in unseren Gemeinden, in unserem Umfeld, in unseren Gruppen und in unserem Leben zu fördern.
Klingt ganz einfach: Checkt einfach mal, was gut ist, und den Rest könnt ihr rausschmeißen … jedenfalls fast. Denn: Wie geht Prüfen? Und was ist das Gute? Und überhaupt, wer soll entscheiden? Denn verschiedene Menschen kommen ja gewöhnlich zu ganz anderen Ergebnissen, was denn jetzt gut sei. Also doch nicht so leicht. Und trotzdem steht es halt so da: „Prüft alles und behaltet das Gute!“
Die Jahreslosung steht im 1. Thessalonicherbrief. Dieser Brief ist ein ganz besonderer, denn es handelt sich dabei um den ältesten Brief, der uns von Paulus überliefert ist. Er wurde ca. 50 n. Chr. von Paulus an die Gemeinde in Thessalonich (Griechenland) geschrieben, die Paulus auf seiner zweiten Missionsreise gegründet hatte. Also ein Dokument, das nicht einmal zwanzig Jahre nach Tod und Auferstehung Jesu geschrieben wurde. Der 1. Thessalonicherbrief ist somit eines der ältesten schriftlichen Dokumente der Christenheit und mit großer Wahrscheinlichkeit ist er der älteste neutestamentliche Text im biblischen Kanon. Näher kommen wir an den Anfang des Christentums nicht ran!
Dabei war es in Thessalonich für Paulus gar nicht so gut gelaufen. In Apostelgeschichte 17,1-9 wird davon berichtet: Paulus predigt in der Synagoge Thessalonichs und einige der Anwesenden kommen zum Glauben an Jesus Christus. Soweit, so gut. Aber ein wütender Mob macht Stimmung gegen Paulus, so sehr, dass er bereits nach kurzer Zeit heimlich aus der Stadt flüchten muss, um sein Leben zu retten. Als er in Sicherheit ist, schreibt er eben diesen 1. Thessalonicherbrief, weil er in Sorge ist. Die Gemeindesituation ist schwierig, denn die Bewohnerinnen und Bewohner von Thessalonich sind nicht besonders gut auf die Christinnen und Christen vor Ort zu sprechen. Das weiß auch Paulus. Deshalb möchte er seinen Glaubensgeschwistern Mut machen.
Er erinnert sie daran, wie sie zum Glauben an Jesus Christus gekommen waren und dass sie daraufhin mit Freude erfüllt wurden (1. Thess 1,6), obwohl sie aufgrund ihres Glaubens bedrängt wurden und unter Druck geraten sind. Er erinnert die Menschen vor Ort an die gemeinsame Zeit, in denen sie viel durchgestanden hatten. Paulus bezeichnet die Gemeinde als „Vorbild“ für viele andere Christinnen und Christen, bei denen sich der feste Glaube der Menschen in Thessalonich schnell herumgesprochen hatte.
Dennoch bleibt Paulus nicht bei der Vergangenheit stehen, sondern er richtet den Blick der Gemeinde auf die Zukunft: Jesus wird wiederkommen und alle, die an ihn glauben, werden dann in ewiger Gemeinschaft mit ihm leben. Daran sollen die Menschen in Thessalonich denken und darauf sollen sie sich vorbereiten und ihr Leben entsprechend darauf ausrichten.
Der 1. Thessalonicherbrief ist Zeuge dafür, dass die Christenheit in den ersten Jahren mit der baldigen Wiederkunft Jesu gerechnet hat; womöglich noch zu Lebzeiten der lebenden Generation. Wir heute wissen, dass Jesus noch nicht wiedergekommen ist …
Schon in den Briefen von Paulus kann man hier eine Entwicklung erkennen, die womöglich die Haltung der frühen Gemeinden widerspiegelt. Während Paulus im 1. Thessalonicherbrief noch damit rechnet, die Wiederkunft Jesu zu erleben, erwartet er in einem seiner letzten Briefe, dem Philipperbrief, noch vor der Wiederkunft Jesu zu sterben.
Kurze Zwischenfrage: Wie ist das bei dir? Rechnest du ernsthaft damit, dass Jesus einmal wiederkommen könnte? Ich glaube, dass sich die Erwartungshaltung komplett umgekehrt hat. Nur ganz wenige Christinnen und Christen rechnen doch damit, dass Jesus eigentlich jederzeit wiederkommen könnte, oder?
Paulus macht den Menschen in Thessalonich jedenfalls Hoffnung, dass Jesus bald wiederkommt und sie sich darauf vorbereiten sollen.
Im letzten Kapitel seines Briefs hat er dann noch eine Reihe guter Tipps für das Zusammenleben in der Gemeinde. Diese so genannten „Ermahnungen“ sollen die Gemeinde nicht tadeln oder zurechtweisen, sondern sie sind als Ermutigung zu verstehen: Paulus ermutigt die Gemeinde dranzubleiben, nicht nachzulassen, sich nicht von dem Druck von außen einlullen zu lassen, sondern mutig zu bleiben und am Glauben an Jesus festzuhalten.
Und wie dieses „Dranbleiben“ aussehen sollte, das beschreibt Paulus mit eben diesen Tipps: Gebet, Dankbarkeit, Ermutigung von Schwachen, füreinander da sein, das Böse meiden, fröhlich sein usw. (lies gern selbst nach in 1. Thess 5,1-22).
Und eine dieser Ermahnungen von Paulus ist nun – fast 2.000 Jahre später – zur Jahreslosung gewählt worden: „Prüft alles und behaltet das Gute.“
Wenn man diesen Satz hört, dann stellt sich unter anderem die Frage: „Was hat das mit dem christlichen Glauben zu tun?“ Denn das könnte auch ein guter Rat eines alten Philosophen oder einer anderen weisen Person sein. Vielleicht hast du auf Instagram oder Pinterest auch schon ähnliche Lebensweisheiten entdeckt, z. B.: „Eines Tages wirst du aufwachen und keine Zeit mehr haben für die guten Dinge, die du immer wolltest. Tue sie jetzt.“
Auch der Philosoph Sokrates hat angeblich eine Geschichte vom Prüfen erzählt, die relativ ähnlich klingt: Da will ein Mann einem Weisen ganz aufgeregt eine Geschichte erzählen. Da unterbricht ihn der Weise und fragt: „Hast du das, was du mir erzählen willst, schon durch die drei Siebe gesiebt?“ Als der Mann nicht versteht, was der Weise meint, erklärt es der Weise: „Das erste Sieb ist das Sieb der Wahrheit. Ist das, was du zu sagen hast, wahr? Das zweite Sieb ist das Sieb der Güte. Ist das, was du zu sagen hast, denn wenigstens gut? Und das dritte Sieb: Ist es wichtig oder notwendig, was du zu sagen hast?“ Als der Mann bei allen Sieben verlegen den Kopf schüttelt, sagt der Weise: „Wenn also das, was du mir erzählen willst, weder wahr noch gut noch notwendig ist, dann lass es lieber bleiben.“
Also wenn es doch ähnliche Tipps auch außerhalb der Christenheit gibt, hat der Rat von Paulus dann überhaupt etwas Christliches an sich oder schreibt er der Gemeinde nur eine allgemeine Lebensweisheit, die sich ja auf viele Bereiche übertragen lässt? Denn zu checken, was gut ist und das zu behalten, das kann ja für fast alles gelten.
Paulus schreibt den Brief ja eigentlich nicht in dem Wissen, dass wir ihn auch in zweitausend Jahren noch lesen, sondern er hat die konkrete Situation der Gemeinde in Thessalonich vor Augen. Und dabei denkt er in Kapitel 5 auch an den Gottesdienst und wie das dort so abläuft. Dabei bezieht sich die Jahreslosung zunächst auf den unmittelbaren Vers davor: „Missachtet die prophetisch Rede nicht.“
Was heißt das? Liefen in Thessalonich etwa lauter Propheten herum, wie man das aus Apokalypse-Hollywood-Blockbustern kennt, und sagten voraus, was die Zukunft bringt? Nein, darum geht es nicht.
Prophetische Rede im Neuen Testament ist eine Art der Verkündigung im Gottesdienst. Die Gemeinden damals hatten ja noch kein schriftliches Neues Testament, über das eine Pfarrperson predigen konnte, sondern lediglich die mündlichen Berichte von Jesus und die Schriften des Alten Testaments. Es gab anfangs auch überhaupt keine Hierarchie, im Gegenteil, das Besondere in der christlichen Gemeinde war ja eben, dass der die Herrin und die Sklavin bzw. der Herr und der Sklave am selben Tisch saßen und sich als Schwestern und Brüder bezeichneten. Alle waren völlig gleich. Es gab auch noch kein Theologie-Studium in dem Sinne, wie wir es heute haben, deshalb wurden im Gottesdienst die Geschichten von Jesus erzählt, ein Brief von Paulus gelesen (weil er ein Apostel war, dem Jesus selbst erschienen ist) oder die Gemeinde betete.
Die prophetische Rede ist nun eine besondere Gabe des Heiligen Geistes, wie die Gemeinden den Willen Gottes für ihre Situation erkennen können. Eine Person im Raum bekommt einen Gedanken vom Heiligen Geist, der die Gemeinde erbaut. Das kann sein, dass die Person eine Wahrheit ausspricht, die Hoffnung schenkt oder jemanden tröstet. Es kann auch sein, dass die Person eine Vorstellung von der Zukunft hat, die die Gemeinde ermutigt. Oder es ist einfach das passende Wort für die passende Zeit, z. B. ein Wort, das die Liebe untereinander und zu anderen Menschen fördert.
Prophetische Rede bedeutet also zusammengefasst, dass eine Person im Gottesdienst sich plötzlich meldet und sagt: „Ich glaube, Gott sagt mir gerade durch seinen Heiligen Geist etwas. Das möchte ich euch weitergeben.“ In manchen christlichen Gemeinden und Gemeinschaften wird diese Praxis auch heute noch so gehandhabt.
Das klingt in der Theorie schön und gut, aber ganz ehrlich … wie vertrauenswürdig sind diese Aussagen denn. Jedenfalls bei mir zieht sich da ein bisschen die Magengrube zusammen. Da kann ja jede / jeder kommen und sagen, was für sie / ihn jetzt „richtig“ ist. Und wir wissen doch, wie viele verschiedene Ansichten und scheinbar gute Ideen in Gemeinden den Ton angeben. Soll jetzt plötzlich jede verrückte Idee von Gott sein? Woher wissen wir, dass es Gottes Gedanken sind und nicht menschliche Ideen und Gedanken?
Genau darum geht es Paulus, wenn er sagt: „Prüft alles und behaltet das Gute!“ Die Jahreslosung bezieht sich zuallererst auf diese konkrete Situation im Gottesdienst. Paulus sagt: Nicht alles, was mit „Gott hat mir gesagt … “ eingeleitet wird, muss von der Gemeinde akzeptiert werden.
Nicht alles, was schön klingt oder auch faszinierend ist, ist auch wirklich vom Heiligen Geist. Nicht jede Idee, nicht jeder Gedanke in der Kirche ist automatisch gut. Gleichzeitig sollen wir diese Aussagen nicht belächeln, sondern sie ernst nehmen. Und das tun wir auch, indem wir prüfen, ob sie „gut“ sind – für uns und die Gemeinde.
Ach wie schön ist das Prüfen …
Und ganz ehrlich: Das Prüfen liegt uns Menschen. Wir prüfen so gern, alles und jede / jeden. Was bleibt uns auch anderes übrig, wir müssen ja Dinge überprüfen, weil wir aus so vielen Dingen auswählen können: Was soll ich wählen? Welchen Streaming-Dienst will ich mir leisten? Kaufe ich mir ein E-Auto oder doch noch ein gebrauchtes, älteres Modell? Wie viel Zeit verbringe ich täglich auf Social Media? Welche Klamotten kaufe ich? Wie ist mein ökologischer Fußabdruck? Was kann ich tun?
Manchmal lassen wir auch Dinge von anderen prüfen. Überlege dir nur mal kurz, wie viele Prüfsiegel dir auf die Schnelle einfallen: TÜV®, BIO, Umweltplakette, Nutri-Score®, vegan, Prädikat „besonders wertvoll“, aus Altpapier, ohne Massentierhaltung, GEPA-Siegel, Stiftung Warentest-Bericht usw. Sehr oft vertrauen wir dem Urteil von anderen, die für uns prüfen.
Denn Prüfen hat auch mit Verantwortung zu tun. Nur weil ich prüfe, heißt das nicht, dass ich ein verklemmter Erbsenzähler bin, sondern prüfen kann auch bedeuten: Ich nehme Verantwortung für mich und für andere wahr.
Die / der TÜV-Prüfende prüft das Auto ja, damit ich und andere sicher auf den Straßen unterwegs sein können. Der Klettergurt wird deshalb gecheckt, damit die Person, die in schwindelnder Höhe unterwegs ist, gesichert ist. Und zu prüfen, was ich esse und woher es kommt, hat mit Verantwortung gegenüber der Welt und ihren Ressourcen zu tun.
Wenn Paulus die Gemeinde zum Prüfen auffordert, dann ist er der Meinung, dass Gott uns zutraut, zu prüfen. Gott übergibt uns die Verantwortung, auch für die Kirche und die Gemeinde zu prüfen, was gut ist und darin Gottes Reden und seine Führung zu erkennen. Wir können und sollen mit unserem gesunden Menschenverstand, aber auch geistlich und mit unserem Herzen prüfen, was gut ist.
Damit übernehmen wir Verantwortung für Kirche und Gemeinde. Die Dinge, wie sie sind, nicht einfach hinzunehmen, sondern immer wieder zu hinterfragen, bedeutet also: Ich übernehme aktiv Verantwortung.
Das Prüfen und das Einschätzen von Dingen, zu checken, ob sie „gut“ oder „schlecht“ sind, haben wir übrigens von Gott selbst gelernt. Die Bibel beginnt damit, dass Gott immer wieder auf seine Schöpfung schaut und sagt: „Sehr gut!“ Gottes Art ist es auch, immer wieder Dinge zu prüfen. Er prüft seine Schöpfung, er schaut aber auch immer wieder kritisch auf das, was sein Volk Israel macht. Gott ist einer, der immer wieder mal genau hinschaut, weil er interessiert ist an seiner Welt, an seinen Menschen und an dem, was sein Volk und seine Kirche so machen.
Wir sollen also untersuchen, genau hinschauen, ausprobieren und prüfen. Aber nicht, um alles einfach grundsätzlich zu kritisieren. Das Prüfen hat ein Ziel: Wir sollen auf diese Weise herausfinden, was „gut“ ist – und das sollen wir behalten. Paulus hat eine klare Idee davon, was die christliche Gemeinde behalten und ausstrahlen soll: das Gute.
Um zu wissen, nach welchen Kriterien wir denn prüfen sollen, muss erst mal geklärt werden, was denn „das Gute“ ist? Um diese Frage streiten die klügsten Köpfe seit Jahrtausenden: Was ist das Gute? Gibt es das überhaupt? Ist Gott das Gute? Das sind nur ein paar Fragen, die von den Philosophen bis heute heiß diskutiert werden.
Ursprünglich bezeichnet das griechische Wort für „gut“ die Qualität oder Tauglichkeit einer Person: Eine gute Kriegerin oder einen guten Krieger erkennt man z. B. an den besiegten Feindinnen und Feinden, eine gute Diebin oder einen guten Dieb daran, dass sie / er nicht erwischt wird. Erst als sich die Philosophie mit dem Begriff beschäftigte, bekam das Gute eine moralische Wertung. Gutheit bedeutete dann soviel wie „Sittlichkeit“ und „moralisch korrektes Verhalten“.
Die Philosophie wollte insbesondere zwei Dinge klären: Erstens, ob es ein höchstes Gut, oder höchstes (moralisches) Prinzip gibt, das in dieser Welt herrscht und dem es nachzueifern gilt, also ob das Gute objektiv erkannt, festgelegt und bewertet werden kann. Zweitens, wie das Verhältnis von uns Menschen zum Guten ist. Also ob Menschen z. B. das Gute in sich tragen oder das Gute eine Haltung ist, für die sie sich aktiv entscheiden müssen, oder ob es auch völlig subjektiv ist, was gut ist.
Da die gesamte Debatte den Rahmen dieses Heftes sprengen würde, habe ich einfach ChatGPT befragt „Was ist das Gute?“ Und die Antwort fasst die entscheidenden Punkte zusammen:
„Das Gute kann als moralisch richtig, positiv oder wünschenswert betrachtet werden. Es bezieht sich oft auf Handlungen, die anderen helfen, Glück und Wohlbefinden fördern oder ethischen Prinzipien entsprechen. Es ist wichtig zu beachten, dass die Definition von ‚Gut‘ subjektiv sein kann und von verschiedenen Kulturen, Werten und Überzeugungen abhängt.“ (www.chatopenai.de)
In der Bibel gibt es zwar keine philosophische Debatte darüber, was nun „das Gute“ sein soll, dennoch gibt es ein paar prägnante Stellen zum Guten:
Das Gute wird in der Bibel also sowohl im Alten als auch im Neuen Testament mit Gott verbunden. Gott ist gut und das, was er für uns Menschen tut bzw. getan hat, das ist gut. Das ist schön, aber auch sehr unkonkret. Für Paulus ist das Gute ohne Zweifel, was Gott in Jesus Christus für uns getan hat. Das ist die Botschaft, mit der er durch die Welt reist: Das Evangelium von Jesus Christus, dass Jesus für uns gestorben und auferstanden ist – das ist auf jeden Fall gut! Und dementsprechend soll sich das Handeln der Gemeinde auch am Evangelium ausrichten, denn durch das Evangelium wirkt Gott in der Welt und somit kommt Gutes in die Welt.
Wie das konkret aussehen kann, beschreibt der Theologe David Bosch so: „Dort wo Menschen Gerechtigkeit, Frieden, Gemeinschaft, Versöhnung, Einheit und Wahrheit in einem Geist der Liebe und Selbstlosigkeit erfahren und dafür arbeiten, dort dürfen wir es wagen, Gott am Werk zu sehen.“ (David J. Bosch: Mission im Wandel. Paradigmenwechsel in der Missionstheologie, Brunnen Verlag, Gießen 2012, S. 507.)
Das wäre doch genial, wenn unsere Gemeinden so aussehen würden.
Die Jahreslosung beinhaltet wie im letzten Jahr auch wieder das Wörtchen „alles“. Wir sollen alles einer grundlegenden Prüfung unterziehen, ob es dem Guten dient. Das bedeutet nicht, mit einer grundlegenden Skepsis zu leben und alles ständig zu hinterfragen, sondern es geht wohl eher um eine Ermutigung, immer wieder Gewohnheiten, Programme und Formate zu hinterfragen. Und das immer unter der Prämisse: Erfüllen sie noch den Zweck, dem Guten zu dienen? Also dem, was Gott sich für die Welt wünscht? Entsprechen sie dem, was er für uns getan hat? Erreichen wir noch Menschen damit? Denn wenn nicht, können sie auch nichts Gutes von uns erfahren, oder Gott kennenlernen, der gut ist.
Für mich steckt in der Jahreslosung eine große Chance, gerade in der aktuellen Zeit, in der in unserer Kirche viele Umbrüche stattfinden, in der sich Dinge verändern, in der weniger Menschen zur Kirche gehören, in der weniger Geld vorhanden ist usw. Gerade jetzt wäre es doch gut, wenn sich christliche Gemeinden und Gruppen sagen: „Lasst uns mal alle unsere Angebote auf den Prüfstand stellen – und das, was gut klappt, wozu die personellen und finanziellen Ressourcen vorhanden sind, das, was uns als Gemeinde erbaut und womit wir Menschen erreichen, das behalten wir. Den Rest nicht. Und dann schauen wir, welche neuen Ressourcen und Kräfte dadurch freigesetzt werden.“
Die Jahreslosung macht uns Mut, keine Angst vorm Prüfen zu haben; selbstbewusst Dinge zu hinterfragen, auch wenn es sie schon lange gibt. Gott traut uns das zu, dass wir das prüfen können.
Diese Fragen darf ich auch an mein eigenes Leben stellen: Was ist gut für mich, was will ich auf jeden Fall behalten? Welche Gewohnheit hat sich aber vielleicht auch in meinen Alltag eingeschlichen, die ich wieder ändern möchte? Und wie trage ich dazu bei, dass Menschen Gutes erfahren?
Nicht nur die anderen, nicht nur die Gemeinde soll und darf sich hinterfragen, sondern auch jede und jeder einzelne.
Aber was, wenn das Falsche aussortiert wird? Was, wenn das neue Angebot noch viel schlechter läuft? Manchmal erkennen wir ja vielleicht erst hinterher, was das Gute war. Hier ist es wichtig, dass wir uns nicht in der Illusion verlieren, dass es eine „vollkommen gute“ christliche Gemeinschaft, Gruppe oder Gemeinde gibt. Niemand von uns Menschen ist perfekt und daher ist auch keine Gemeinde perfekt. Müssen wir auch nicht sein, denn wir leben alle aus und von Gottes Gnade. Wenn wir uns das bewusst machen, soll das nicht zum Nichts-Tun verleiten, sondern uns die Sicherheit geben, dass wir ruhig mal mutig aussortieren dürfen.
Und wer darf alles aussortieren? Darf das nur die Pfarrperson oder auch die Jugendreferentin / der Jugendreferent und die Kinderkirchmitarbeitenden? Paulus schreibt „prüfet“, also Plural! Es soll nicht nur eine Person entscheiden, was gut ist, sondern er ermutigt dazu, gemeinsam im Gespräch und im Dialog darüber zu beraten, was behalten werden soll. Als Christinnen und Christen sind wir niemals allein unterwegs, sondern Gott hat uns viele Geschwister an die Seite gestellt. Somit werden verschiedene Stimmen und Meinungen gehört. Das kann natürlich auch zu Konflikten führen. Aber somit wird gewährleistet, dass Menschen und ihre Meinungen ernstgenommen und gehört werden und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt. In der Gemeinde sollen Menschen ermutigt werden, miteinander ins Gespräch zu gehen und gemeinsam gute Wege zu finden. Das ist eine Art und Weise, wie Paulus sich das Prüfen wünscht: In liebevoller Wertschätzung, miteinander im Gespräch.
Paulus ermutigt die Gemeinde, aber auch uns, stetig zu fragen, wie wir „dem Guten“, also wie wir Gott und seiner Sache dienen können. Prüfen ist nichts Schlechtes oder gar Böses, sondern sogar notwendig, um neue Impulse zu bekommen und wichtige Veränderungen und Neuausrichtungen in der Gemeinde zu ermöglichen.
„Ecclesia semper reformanda! – Die Kirche muss beständig reformiert werden“, so lautet ein Motto aus der Zeit der Reformation. Kirche sollte sich beständig hinterfragen und erneuern. Nicht, weil sich alles verändert, nicht, um sich dem Zeitgeist anzupassen, sondern damit Menschen in der heutigen Zeit Gutes erfahren und darin Gott erkennen können, der vollkommen gut ist!
Dazu könnten ruhig ein paar Dinge aussortiert werden …
Vielleicht bin ich einfach zu alt, aber kennst du noch die Werbung mit dem Duracell-Häschen? Schon damals passierte es: „irgendwas stimmt mit Hasi nicht!“. Denn wenn Hasi nicht mit der richtigen Energie versorgt wurde, gingen bei ihm schnell die Lampen aus.
Dass es nur auf die richtige Energie ankommt, um im Leben immer optimal performen zu können, glauben heute auch noch viele Leute. Während die einen auf ausgewogene Ernährung mit komplexen Kohlehydraten schwören, setzen die anderen auf bunte Energydrinks, um wach und konzentriert zu bleiben. So verrät uns ein Blick auf die Homepage der Bundeszentrale für Ernährung (www.bzfe.de), dass der Absatz von Energydrinks in den letzten Jahren immer weiter gestiegen ist: von 6,2 l auf 8,8 l pro Kopf in den letzten fünf Jahren – in den kommenden Jahren soll sich der Konsum weiter erhöhen. Laut Statista konsumierten im vergangenen Jahr 15% (ca. 10,5 Millionen) der Menschen ab 14 Jahren Energydrinks, davon 2 Millionen täglich, weitere 3,5 Millionen 2–3-mal pro Woche. Damit wird deutlich: Egal, was man selbst davon hält, es ist ein Thema für unsere Jugendlichen.
Aus medizinischer Sicht wird der Konsum dieser Energydrinks nicht nur positiv bewertet, wobei auch in diesem Fall die Dosis das Gift macht. Aber gerade junge Menschen fallen dabei auf, dass sie Energydrinks häufiger trinken bzw. über einen Liter bei einer Gelegenheit, zum Teil dann auch mit Alkohol. Auf der Homepage von foodwatch (www.foodwatch.org) findet sich eine wissenschaftliche Untersuchung der Uniklinik in München („Educate“), die sich mit den Auswirkungen von Energydrinks auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen befasst. Das ist auch nötig, denn obwohl die namenhaften Hersteller der bunten Brause betonen, dass sie sich nur an Erwachsene als Konsumenten richten (wollen), sprechen die Werbekooperationen mit bekannten Influencern, das Sponsoring bei Gaming- und Sport-Events und die eigens für Kinder erdachten Merch-Angebote eine etwas andere Sprache und führen zu einem Einstiegsalter von ca. 9 Jahren.
Die Ergebnisse der Münchener Untersuchung machen hellhörig und Sorgen: Bereits eine einzelne Dose Energydrinks am Vormittag bewirkt einen Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdrucks, kann das Auftreten von Herzrhythmusstörungen begünstigen und die Schlafdauer verringern. Ein erhöhter Konsum kann neben den Herzrhythmusstörungen auch Angstzustände und Konzentrationsbeschwerden hervorrufen. Gleichzeitiger Alkoholkonsum verschärft die Problematik.
Den Befürwortern einer Altersgrenze für den Verkauf von Energydrinks, die in anderen europäischen Ländern schon eingeführt wurde, steht in Deutschland eine starke Lobby gegenüber – und so gibt es bisher nur freiwillige Einschränkungen, die der Handel selbst vornimmt.
Für uns als Verantwortliche von Jugendgruppen, auf Freizeiten und Wochenendfahrten sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir uns als Team kritisch mit dem Konsum von Energydrinks auseinandersetzen und hierbei, wie beim Thema Alkohol, eine Vorbildfunktion übernehmen. Das heißt nicht, dass man selber auf der Freizeit nicht auch mal zu einer Dose Energy greifen darf (bei Alkohol sehe ich das gänzlich anders!), sondern dass man den Konsum mit den Teilnehmenden thematisiert, nicht immer vor der Gruppe Energydrinks trinkt, etc.
Bei manchen Maßnahmen (z. B. Kinderfreizeiten) kann es auch eine durchaus sinnvolle Maßnahme sein, Energydrinks grundsätzlich als „No-Go“ zu bezeichnen und sie zu verbieten. Gerade, weil sie u. a. auch die Schlafdauer verringern und damit noch stärker in den Tag-/Nachtrhythmus eingreifen, als es das aufregende Leben einer Freizeit ohnehin schon macht. Schlaf ist wichtig – nicht nur für die Teilnehmenden einer Freizeit, sondern auch für das Team. Die in der Regel kurzen Nächte sind schon belastend genug. Wer dann, weil die letzte Dose Energy zu spät „genossen“ wurde, wach und mit Herzklopfen im Bett liegt, verringert seinen Schlaf unnötig und steht einer ausgeruhten und weitestgehend fitten Mitarbeit selbst im Wege.
Wie wichtig Schlaf für den menschlichen Organismus ist, sieht man schon alleine daran, dass andauernder Schlafentzug als Foltermethode gilt, verboten ist und letztendlich zum Tod führen kann. Aber schon vorher machen sich Auswirkungen bemerkbar: Wer zu wenig schläft, wird reizbarer, ist in seiner kognitiven Leistungsfähigkeit beeinträchtigt (daher kommt wohl auch der Spruch „nach müde kommt dumm“), verlängert seine Reaktionszeit, schwächt sein Immunsystem und kann auf lange Sicht eher unter Wachstumsstörungen, Adipositas oder Diabetes Typ 2 leiden. Auch unter diesem Aspekt ist es eine wichtige Aufgabe, für ausreichend Schlaf und Regenartionsmöglichkeiten auf einer Freizeit zu sorgen und so dem Miteinander der Gruppe und der Leistungsfähigkeit des Einzelnen positiv Rechnung zu tragen. Und statt als Team immer nur zu Kaffee oder Energydrinks zu greifen, könnte man ja nochmal schauen, was für ein »Energie-Futter« man als gesunden Snack bei den Team-Sitzungen auf den Tisch stellen könnte
Pausen-Los! Die neue KON-Einheit möchte Mut machen, immer wieder die Pausentaste zu drücken in einer Zeit, in der man pausenlos unterwegs ist – online und offline – und nichts verpassen will.
Selbst Jesus brauchte Pausen und hat wirksame Tipps, energiegeladen und mit ausreichend Power die Herausforderungen des Lebens zu meistern – ganz ohne Energy-Drinks.
Themenartikel, Stundenentwurf und interaktive Bibelarbeiten zeigen Lösungen, wie es gelingen kann, dranzubleiben und durchzuhalten und im »Digital Detox« bei Micro-Abenteuern richtig Spaß zu haben.
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