Vom guten Umgang mit schlechten Zeiten

1. Erklärungen zum Text

Ca. 585 v.Chr.: Der Prophet Jeremia befindet sich in einer schweren Lage: Er sitzt als Gefangener im Hof des Jerusalemer Königspalastes und gleichzeitig ist die Stadt selbst umzingelt von feindlichen Truppen des babylonischen Königs, Nebukadnezar II. Immer wieder hat er sein Volk – im Gegensatz zu „falschen“ Propheten – mit der brutalen Wahrheit konfrontiert, dass Jerusalem zerstört werden wird und dazu geraten, sich den Feinden auszuliefern. Das war den Oberen, die nicht aufgeben, sondern weiter Krieg führen wollten, ein Dorn im Auge, sodass sie ihn – vom König gebilligt – in einer alten Zisterne im Haus des Stadtschreibers Jonatans gefangen setzen ließen und damit auch seinen Tod in Kauf genommen hätten. Durch den Palastdiener Ebed-Melech konnte er – wieder mit Erlaubnis des Königs – gerettet werden und wird seitdem im Wachhof des Palastes gefangen gehalten.

V.14-18: König Zedekia hat bereits zweimal das Gespräch mit Jeremia gesucht und beides mal die klare Antwort erhalten, dass Jerusalem zerstört werden wird. Doch er will den Untergang nicht sehen. Der König erscheint als willensschwach und unsicher, verhält sich passiv, duckt sich vor seinen Oberen und ist inkonsequent in allen seinen Handlungen. Diese Unruhe treibt ihn heimlich ein drittes Mal zu Jeremia. Doch Gott lässt sich nicht durch die Zeit beeinflussen, allerdings verbindet sich dieses Mal das Gerichtswort mit einer Verheißung: Wenn er sich und seine Familie ausliefert, werden sowohl sie als auch die Stadt verschont bleiben.

V.19-23: Die Sorge des Königs, in die Hände der bereits übergelaufenen Judäer zu fallen, zeigt einmal mehr, wie unsicher er selbst dem eigenen Volk gegenüber ist.

V.24-27: Aus Angst vor seinen Oberen nimmt Zedekia Jeremia das Versprechen ab, ihnen nichts von ihrem Gespräch zu erzählen, sondern für ihn zu lügen, was Jeremia tut.

V.28: So bleibt Jeremia im Wachhof gefangen, bis seine Prophezeiungen eintreffen und Jerusalem eingenommen wird. Zedekia hat seinen Rat erneut nicht befolgt und zahlt nun den Preis: Das letzte, was er sieht, ist das Köpfen seiner Söhne, bevor ihm die Augen ausgestochen werden und er als Gefangener Nebukadnezars nach Babylonien verschleppt wird. Jerusalem wird zerstört.

2. Bedeutung für heute

Unser Text handelt von hochdramatischen Zeiten. Was passiert, wenn alles, woran man glaubt und worauf man hofft, bedroht ist bzw. zerstört wird? Die Heimat, der Glaube, die Menschen. Führen die Katastrophen unseres Lebens dazu, dass wir den Glauben an Gott verlieren? Oder zeigen sie uns eine ganz neue Seite von Gott, wie er wirklich ist und nicht, wie wir ihn sehen wollen? Stelle ich mich der Wahrheit über mich, mein Leben und meinen Glauben? Traue ich mich, ehrlich hinzusehen oder versuche ich verbissen, die Augen davor zu verschließen und immer wieder zu hoffen, dass einfach alles auf einmal (wieder) so ist, wie ich es gerne hätte? Die „falschen“ Propheten versprechen, dass einfach alles wieder gut wird und wie vorher.

Jeremia hält Gottes „ferne Seite“ aus und redet nichts schön. Er gibt keine leeren Versprechen, er stellt sich der Wahrheit um jeden Preis. Und er lädt Zedekia ein zu vertrauen, sich auszuliefern. Doch Zedekia will nicht sehen, wird dadurch unsicher, verdrängt und sieht am Ende tatsächlich nichts mehr.

In schweren Zeiten stehen wir vor der Herausforderung, uns der Wahrheit über uns und unser Leben zu stellen. Vielleicht fühlen wir uns in solchen Momenten sogar an unsere größten Ängste ausgeliefert und alleine gelassen. Gott scheint weit weg und ist nicht zu sehen. Diese Zeiten sind schwer auszuhalten und wir versuchen automatisch, ihnen zu entkommen. Wo versuchen wir, unsere schweren Momente vorschnell aufzulösen oder mit „Schönreden“ zu verdrängen?

Der Text lädt dazu ein, sich der Wahrheit zu stellen. Und manchmal sind auch die gutgemeinten Bibelworte und Vertröstungen netter Mitchristen keine Hilfe, sondern halten uns davon ab, wirklich ehrlich zu werden, wahrzunehmen und Gott Gott sein zu lassen, manchmal fern und voller Geheimnisse.

Zum Weiterdenken: Was würde mir helfen, schwere Situationen auszuhalten, mich der Wahrheit zu stellen und nicht vorschnell wegzudrücken?

3. Methodik für die Gruppe

3.1 Einstieg

Jeder bekommt das Bild eines Baumstammquerschnittes (die Jahresringe sollten deutlich zu erkennen sein, am besten mind. 20 Ringe). Richtig anschaulich wäre natürlich auch noch eine echte Baumscheibe in der Mitte.

Brainstorming in der Runde: Was löst die Scheibe bei euch aus? Welche Assoziationen, Gefühle …?

Wir sehen anhand der Jahresringe: Es gab dürre, harte Zeiten und es gab fruchtbare, saftige Zeiten des Wachsens. Der Baum liefert sich dem Leben aus, er bringt sich nicht in Sicherheit, er geht damit um, stellt seinen Stoffwechsel darauf ein, macht sich nichts vor, hält aus.

3.2 Bibeltext lesen

Einleitende Worte: Unser Text handelt von einer harten Zeit und wie man damit umgehen kann. Wir befinden uns ungefähr im Jahr 585 v.Chr. Jerusalem ist belagert vom babylonischen König Nebukadnezar II. Die Lage ist schwierig, aber die obersten Berater des Königs Zedekia wollen der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen und um jeden Preis weiter Krieg führen. „Falsche“ Propheten reden ihnen nach dem Mund und prophezeien, dass alles wieder gut werden wird. Dass Jeremia im Namen Gottes lautstark fordert, aufzugeben und sich auszuliefern, ist in ihren Augen „Wehrkraftzersetzung“. Etliche Judäer sind schon übergelaufen. Zedekia ist unsicher.

Gemeinsam Jeremia 38,14-28 lesen, evtl. in verteilten Rollen: Erzähler, Zedekia, Jeremia.

Kurze Zeit der Stille, damit alle den Text noch einmal für sich lesen können.

3.3 Fragen zum Text

Zusammentragen: Was für ein Mann ist König Zedekia? Wie trifft er Entscheidungen? Siehe auch die Erklärungen zu den Versen 14-18.

Jetzt ist Zeit, um persönlich, evtl. mit Hilfe des Baumscheiben-Bildes über folgende Fragen nachzudenken. Ideal wäre es, wenn die Fragen auf der Rückseite des Bildes abgedruckt sind.

  • Wie ist das in meinen harten Zeiten? Wie gehe ich damit um?
  • Was hilft mir, schlimme Verhältnisse klar zu erkennen und dennoch die Zukunft mit Vertrauen anzugehen?
  • Wie gehe ich damit um, dass Gott manchmal so fremd und fern zu sein scheint oder ich mir vielleicht nicht einmal mehr sicher bin, ob es ihn überhaupt gibt?
  • Was sind meine „ersten“ harten Jahresringe gewesen?
  • Bei welchem Jahresring spürte ich erstmals: Ich bin erwachsen?
  • Welcher Bereich in meinen Jahresringen ist der bisher „dunkelste“?

3.4 Gespräch

Wenn möglich, kann sich an dieser Stelle eine kleine Austauschrunde (bei größeren Gruppen immer zu zweit oder dritt) anschließen. Eine Hilfe könnte auch sein, anhand der Jahresringe eine Situation aus dem eigenen Leben herauszugreifen und mit der Gruppe zu teilen. Wenn das zu persönlich ist, kann hier gerne auch das Rilke-Gedicht „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen“ gelesen und interpretiert werden.

3.5 Mut zur Wahrheit und zum Leben

Die schweren Zeiten im Leben sucht man sich nicht aus, den Umgang damit aber schon. Wie schnell hängen wir in solchen Momenten alten Erinnerungen, Sehnsüchten und Wunschvorstellungen nach oder sind versucht, alles aufzugeben oder zu verdrängen.

Jeremia macht uns Mut, dass es sich lohnt, die Wahrheit auszuhalten, sich seinen „Feinden“ auszuliefern und zu leben. Für Zedekia wäre es die einzige Möglichkeit gewesen, seine Seele, seine Familie und seine Stadt zu retten. Er will die Wahrheit nicht sehen und wird dadurch unsicher, rückgratlos und schließlich blind und gefangen.

Der damalige König der Juden erinnert an den ganz anderen, späteren König der Juden, Jesus, der sich vor den Oberen nicht weggeduckt, sondern der Wahrheit gestellt und sich aus Liebe für sein Volk ausgeliefert und hingegeben hat, um unser Überleben zu sichern. Das gibt uns Kraft, auszuhalten und uns liebevoll der Wahrheit zu stellen.

Zum Mitgeben: Für jeden eine kleine Astscheibe. Sie kann daran erinnern und dazu ermutigen, sich dem Leben und der eigenen Wahrheit zu stellen und hinzugeben.

Weitere Fragen

  • Wie und wo kann ich mich der Wahrheit stellen? Wer kann mir dabei helfen, sie zu sehen?
  • Was sind meine schlimmsten „Feinde“? Und was würde es bedeuten, sich ihnen auszuliefern?

3.6 Lieder

Aus: Feiert Jesus! 4

  • Nr. 96 Gnade und Wahrheit
  • Nr. 85 Praise you in this storm
  • Nr. 53 Blessed be your name
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