Unfall in der Chemiefabrik – Eine erlebnispädagogische Aktion zur Teamstärkung

Diese erlebnispädagogische Übung ist eine gute Möglichkeit, um Gruppenzusammenhalt und Miteinander zu stärken. Beim EC ist sie ein fester Bestandteil der Freiwilligendienst-Seminare.

Im Folgenden soll nun diese Übung vorgestellt werden, wobei bewusst keine Lösung der Aufgabe präsentiert wird. Dafür aber einige Hinweise auf die möglichen gruppendynamischen Effekte.

Die Geschichte zur erlebnispädagogischen Übung:

Herzlich Willkommen in New Orleans. Klasse, dass Sie sich aus Deutschland aufgemacht haben, um uns hier bei der Verhinderung einer Katastrophe ungeahnten Ausmaßes zu unterstützen. Durch den Hurrikane, der in den letzten Tagen hier durchgezogen ist, ist eine örtliche Chemiefabrik derartig beschädigt worden, dass uns nun eine Katastrophe mit Auswirkungen für die ganze Region, wenn nicht sogar für die ganzen Welt droht. Umso besser, dass Sie so schnell auf die dringende Bitte aus dem Weißen Haus reagiert haben und nun hier sind. Ein besseres Expertenteam als Sie haben wir nicht finden können. Wenn Sie die Katastrophe nicht verhindern können, dann schafft es niemand und viele Menschenleben wären dann verloren. Also: Retten Sie die Welt! Doch seien Sie vorsichtig. Sicherlich wollen Sie auch keine Ihrer wertvollen Teammitglieder verlieren.

Auf den Punkt gebracht:

  • Ihre Aufgabe: Retten Sie die Welt!
  • Ihr Ziel: Als Team unbeschadet die Aufgabe lösen.

Die Aufgabe oder: Wie rette ich die Welt?

Die Chemiefabrik besteht aus zwei Reaktoren. Zwischen den Reaktoren besteht mindestens 2 m Abstand. Jeder Reaktor ist kreisrund und besteht aus einer inneren Zone von ca. 4 m Durchmesser und einer äußeren Zone von weiteren 25 cm. In der inneren Zone befindet sich der Reaktorkern mit jeweils einem Behältnis mit toxischer Flüssigkeit sowie einem keinen Behältnis zur Aufnahme toxischer Flüssigkeiten. Um die Sicherheit der Fabrik wieder herzustellen, muss Flüssigkeit aus dem einen Reaktor in den Behälter des anderen gelangen und umgekehrt. Nur so kann eine chemische Reaktion und damit eine Katastrophe verhindert werden. Doch bedenken Sie, dass die Zeit drängt und der Kontakt mit der Flüssigkeit zu Verätzungen des Körpers führen kann. Da es sich um zwei Reaktoren handelt, teilen Sie sich gleich in zwei Teams auf, damit jedes Team an einem Reaktor arbeiten kann. Zur Verfügung stehen jedem Team ausschließlich die mitgebrachten Spezialwerkzeuge: Zwei Kordeln, eine Büroklammer und eine Glasmurmel.

Doch nun genug der Worte, die Zeit drängt! In 45 Minuten können wir für nichts mehr garantieren. Doch nutzen Sie die erste Viertelstunde für eine ausführliche Planung – es soll ja nichts schief gehen und kein Teammitglied verätzt werden.

Die Welt ist gerettet, wenn innerhalb des Zeitlimits die Flüssigkeiten umgefüllt und alle Materialien (Flaschen, Kordeln usw.) wieder in Ausgangsposition sind.

Wichtig: Nachdem die Übung vorgestellt und erläutert wurde, sollte gefragt werden, ob jemand die Übung kennt. Diese Personen machen die Übung dann nicht mit und fungieren als Beobachter, die der Gruppe in der anschließenden Auswertung Feedback geben können.

Die Regeln im Überblick:

  • Reaktorenzonen-Grenze (Seil) darf nicht berührt werden (Innenkreis ca. 4 m, Außenkreis ca. 4,5 m Durchmesser).
  • Flasche, Becher, Wasser nicht berühren.
  • Keine Flüssigkeit außerhalb des Reaktorkern verschütten (Wasser darf nur Flasche, Becher und Tablett berühren).
  • Nicht in die innere Zone treten, die äußere Zone darf mit max. einem Körperteil pro Person betreten werden.
  • Verstöße gegen diese (Schutz-)Regeln: Verätzungen aller betroffenen Teammitglieder (Augen verbunden, Mund verbunden, Hände auf Rücken gebunden, Beine zusammengebunden. Diese Körperteile dürfen nicht mehr genutzt werden) => Wenn beispielsweise mehrere Teammitglieder ein Seil berühren und einer davon betritt die innere Zone, sind damit alle Teammitglieder, die mit diesem Teammitglied durch das Seil in Kontakt stehen, verätzt!
  • Maximal 45 Minuten Zeit.

Aufgaben der Mitarbeiter während der Übung:

  • Fragen werden mit dem Start der Übung (Zeitpunkt, ab dem die Zeit läuft) nicht mehr beantwortet.

  • Zwischendurch Zeit nehmen und notieren! Aber keine Zeit verraten!
  • Bei Regelverstoß Verätzungen vornehmen. Dabei die Verätzungen an die Rolle der Teammitglieder und/ oder die Verätzungsursache anpassen (bei Übertritt Beine zusammenbinden, dem Leiter die Augen verbinden).
  • Variation: Nach der Besprechungszeit: Ein Sturm hat bereits Leute verletzt – Verletzungen vornehmen.

Auswertung (ca.15 Minuten):

Erlebnispädagogische Übungen sind keine Spiele, sondern bewusst genutzte pädagogische Handwerkszeuge, um bestimmte Lernziele zu erreichen. In dieser Übung liegt der Schwerpunkt auf der Kommunikation miteinander, die Verantwortung füreinander und natürlich Kompetenzen im zielgerichteten Lösen von Aufgaben im Team. Daher ist eine Auswertung von großer Bedeutung – nun darf gerne auch wieder „Du“ statt „Sie“ gesagt werden.

In der Regel wird die Gruppe die Übung im ersten Anlauf nicht schaffen oder nur mit sehr vielen Verletzten. Beides muss in der Auswertung thematisiert werden. Für die Auswertung sollten alle Beteiligten in einem großen Kreis sitzen, so dass jeder jeden sehen kann. Gegebenenfalls sollten nochmal die Feedback-Regeln genannt werden (Ich-Botschaften, Ausreden lassen usw.).

Zum Einstieg könnten einige Einschätzungen auf einer Skala von 1 (nicht erreicht/ schlecht) bis 10 (voll erreicht/ sehr gut) per Handzeichen gemacht werden:

  1. Hat die Gruppe die Aufgabe gelöst? (Welt retten)
  2. Ist das Ziel erreicht? (Ohne Verätzungen Welt retten)
  3. Wie war die Qualität der Aufgabenlösung?
  4. Wie war die Zeitplanung?
  5. Mit Blick auf deine Rolle im Team: Wie stark hast du dich im Gruppenprozess beteiligt gefühlt?

Im nächsten Schritt können einzelne Teilnehmer um Begründungen für ihre Bewertungen gebeten werden. Sinnvoll können hier gegensätzliche Bewertungen sein.

Ziel ist es, die Gruppe dazu zu bringen, sich miteinander zu unterhalten, zueinander zu reden und nicht nur über den Mitarbeiter.

Nun hat der Mitarbeiter und ggf. vorhandene Beobachter die Möglichkeit, der Gruppe Feedback zu einzelnen Beobachtungen zu geben. Je konkreter, umso besser. Bedenke, dass immer das letztgesagte besonders in Erinnerung bleibt.

Nun sollte der Blick nach vorne gewandt werden: Was kann man beim nächsten Mal besser machen? Manche Dinge werden bereits genannt worden sein. Nun gilt es, die Ergebnisse zu bündeln (z.B. auf Flipchart sammeln lassen).

Mögliche Ergebnisse:

  • Auch wenn wir zwei Teams sind, arbeiten wir zusammen.
  • Wir nehmen uns die Zeit zur Beratung und diskutieren auch verschiedene Ansätze.
  • Wir achten mehr aufeinander und warnen uns gegenseitig bei Gefahr.
  • Nur ein Leiter koordiniert das Vorgehen und gibt die Anweisungen an die Gruppe.
  • Es wird jemand festgelegt, der die Zeit im Auge behält.
  • Es gibt jemanden, der sich um die Verätzten kümmert und beispielsweise Erblindete über den Fortschritt informiert.
  • Auch Verätzte beteiligen sich am Geschehen (auch ohne Arme kann ich schauen, dass keiner in den Reaktor tritt).

Mit Abschluss der Auswertung sollte nun die Gruppe zu einer erneuten und höchstwahrscheinlich erfolgreichen Durchführung motiviert werden. Gerne auch nach einer kurzen Pause. Zu Beginn der erneuten Durchführung sollten die Regeln noch einmal erklärt und ggf. Fragen beantwortet werden. Für die Durchführung selbst gibt es keine Änderungen. Bei der abschließenden Auswertung sollten die Fortschritte besonders betont werden, aber auch die weiteren Entwicklungspotentiale dürfen noch einmal genannt werden. Wichtig ist, dass die Gruppe am Ende das Gefühl hat, dass sie gemeinsam auf einem guten Weg ist. Ein Scheitern auch im zweiten Durchlauf kann nicht ausgeschlossen werden, sollte dann aber in der Auswertung durch Betonung der Stärken aufgefangen werden.

„Eine“ Lösung der Aufgabe gibt es übrigens nicht. Verschiedene Ansätze sind hier denkbar. Allerdings ist eine Lösung, bei der beide Teams getrennt voneinander arbeiten, nahezu unmöglich.

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