Skandal!

1. Erklärungen zum Text

Es war eine schaurige Nacht. Ein Skandal nach dem anderen stellt uns das Matthäus-Evangelium vor Augen. Eigentlich war Festtagsstimmung in Jerusalem. Das Passafest wurde gefeiert, bei dem sich Israel an den Auszug aus Ägypten und an die Befreiung von der Sklaverei erinnerte (2. Mose 1-20). Zahlreiche Besucher kamen nach Jerusalem, um dort das Passafest zu feiern. Und mittendrin war Jesus mit seinen Jüngern. Am Abend – alle sitzen zusammen, jeder kennt jeden, die traditionelle Feier ist in vollem Gange – wirft Jesus in die Runde: »Einer von euch wird mich verraten.« (Mt 26,21) Erster Skandal! Verunsicherung macht sich in der Runde breit. »Ich etwa?«, fragt sich jeder.

Die Feier geht weiter. Jesus teilt seinen Jüngern Brot und Wein aus und spricht dazu die Worte: »Nehmt, esst; das ist mein Leib«, »Trinkt alle daraus; das ist mein Blut…« (Mt 26,26-28). Zum Abschluss der Feier wird ein Gesang angestimmt, um Gott mit den Psalmen 115-118 zu loben. Danach verlässt die ganze Mannschaft die Jerusalemer Innenstadt und geht zu einem Garten, der nicht weit entfernt am Fuße des Ölbergs liegt.

Jesus wirft erneut etwas in die Runde: »In dieser Nacht, werdet ihr alle an mir Anstoß nehmen.« (Mt 26,31) Zweiter Skandal! Der Hirte wird geschlagen und die Herde wird zerstreut (vgl. Sach 13,7). Der lange Weg, den die Jünger mit Jesus gegangen sind, kommt hier scheinbar an sein Ende. Es bahnt sich an, dass Jesus getötet werden soll. Und wie werden sich die Jünger dazu verhalten? Kommt es jetzt nicht darauf an, standhaft und tapfer zu sein?

Klar, dass sich jetzt Widerspruch regen muss. Petrus ergreift das Wort und versichert Jesus seine Treue. Doch Jesus erwidert und wird konkret: »Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.« Petrus kann noch nicht absehen, was auf ihn zukommen wird – Jesus dagegen schätzt die Situation realistisch ein. Es wird so kommen, dass Jesus von allen verlassen wird, dass alle an ihm Anstoß nehmen werden, dass alle den Mut verlieren und vielleicht auch den Glauben (vgl. Lk 22,32). Skandal um Skandal!

Petrus will dies aber nicht das letzte Wort sein lassen und sagt: »Und wenn es auch sein muss, dass ich mit dir sterbe, werde ich dich nicht verleugnen.« ‚Das darf doch alles nicht mit einer Niederlage enden‘, könnte Petrus dabei gedacht haben. Doch Jesus sieht, was jetzt wirklich sein muss: Alle werden ihn verlassen und so wird er sterben. Dass es nicht bei einer Niederlage bleiben wird, hat Jesus den Jüngern zwar in Aussicht gestellt: »Nach meiner Auferweckung werde ich euch nach Galiläa vorangehen«. Aber diese Vorstellung übersteigt in diesem Moment ihr Vorstellungsvermögen.  

Das Unvermeidliche wird zum Ereignis. Ausgerechnet ein Jünger, Judas Iskariot, verrät Jesus. Nach der Verhaftung fliehen alle Jünger – auch Petrus, den dann sein Gewissen plagt. Hat er doch Jesus die Treue geschworen! Deshalb sucht er den Ort auf, an dem Jesus verhört wird. Ein Zornesrausch prägt die Atmosphäre dort. Im Hof des Gebäudes wird Petrus angesprochen: »Du bist auch einer von denen!« Petrus leugnet es. Skandal!

2. Bedeutung für heute

Es ist skandalös, wenn offenbar wird, dass Politiker ihre Versprechen nicht einhalten, oder wenn Stars Drogenprobleme haben. Ebenso skandalös ist es, wenn von einem großen Apostel der ersten Christen berichtet wird, dass er Jesus in den letzten Stunden die Treue gebrochen hat. Harmloser kann man das leider nicht sagen. Doch das Neue Testament scheut sich nicht davor. Man ist vielleicht geneigt Petrus einen Feigling zu nennen und ihm vorzuhalten, dass er eine ganz schön große Klappe gehabt hat. Doch wer auch nur halbwegs ehrlich zu sich selbst ist, der wird seinen Blick schnell vom „Splitter“ in Petrus‘ Auge abwenden und den „Balken“ in seinem eigenen Auge bemerken (vgl. Mt 7,3-5). Große Klappe und nichts dahinter – wenn das rauskommt, dass das bei mir so ist, dann ist das ein Skandal!

An Petrus und den anderen Jüngern wird etwas deutlich, was im Leben eines jeden Christen eine Rolle spielt: Der Zwiespalt zwischen Entschlossenheit und Versagen. Auf der einen Seite wollen wir uns für Gott einsetzen und ihm dienen, ja, wir wollen ihn lieben von ganzem Herzen (Mt 22,37). Bis in den Tod wollte Petrus treu bleiben. Dann aber wird unsere Liebe getrübt, wir fühlen uns ernüchtert durch unser Versagen bis hin zur Unwürdigkeit. Manchmal denken wir dann, dass wir uns nur richtig anstrengen müssen, um dem Zwiespalt zu entkommen – eventuell klappt das auch eine Zeit lang. Doch mit Blick auf unsere Anstrengung und unser Versagen bleiben wir letztlich nur an uns selbst haften und drehen uns im Kreis.

Wie geht eigentlich Jesus mit den Schwächen seiner Jünger um? Offen! Es ist im ersten Moment vielleicht erschreckend, dass Jesus seinen Jüngern ihr Versagen voraussagt. Doch es ist ebenso heilsam. Jesus weiß von unseren Schwächen und er liebt uns dennoch. Diese schlichte Einsicht ist so groß, dass wir wohl nie mit ihr fertig werden. Sie erlaubt uns, dass auch wir mit unseren eigenen Schwächen und denen der anderen besser umgehen können. In Jesu Barmherzigkeit sind unsere menschlichen Schwächen gut aufgehoben. Seine Barmherzigkeit überwindet das, was uns von ihm zu trennen scheint.

Mit unserer Entschlossenheit und unserem Versagen dürfen wir in Beziehung zu Jesus treten und beides soll von Jesus her verstanden sein. Unsere Entschlossenheit ist wichtig, aber nicht der Garant für unseren Glauben. Unser Versagen stellt uns in Frage, aber es hat nicht das letzte Wort. Das letzte Wort behält Jesus, der uns Mut macht und uns vergibt, der uns kennt und trotzdem liebt. Diese Liebe ist auf eine gewisse Weise auch skandalös. Sie ist nämlich fast zu schön, um wahr zu sein. Doch diese Liebe darf uns zur Lebensperspektive werden – an jedem Tag.

3. Methodik für die Gruppe

Ein Abend zu dieser Bibelgeschichte eignet sich besonders, um über Gottes uneingeschränkte Liebe nachzudenken, die unsere Stärken und Schwächen ins rechte Licht rückt.

Das Ziel des Abends könnte sein, dass die Teilnehmer merken, vor Gott weder ihre Schwächen verstecken, noch ihre Stärken überhöhen zu müssen. Sie sind geliebt und zwar genau so, wie sie sind.

Schwächen zeigen ist skandalös. Zum Einstieg könnt ihr Skandalmeldungen aus den Medien sammeln, auslegen und besprechen. Lasst die Teilnehmer intuitiv auf die Meldungen reagieren ohne viel anzuleiten. Die verschiedenen Reaktionen (Verachtung, Verurteilung, Mitleid, Ärger etc.) könnt ihr vielleicht später im Gespräch wieder aufnehmen.

Danach könnt ihr mit der Erarbeitung beginnen, indem ihr zunächst den Bibeltext miteinander lest.

Fragen zum Text könnten sein:

  • Ist das skandalös, was hier berichtet wird? Weshalb?
  • Welche Stimmung herrscht in der Situation?
  • Wie wirkt der Text auf mich? Welches Gefühl löst er bei mir aus?
  • Wie geht Jesus mit seinen Jüngern um?

Ihr könnt euch auch etwas kreativer mit dem Text beschäftigen, z.B. indem ihr in zwei Gruppen zwei Standbilder stellt. Das erste Standbild soll die Entschlossenheit ausdrücken, Jesus bis in den Tod zu folgen, das Zweite soll das Versagen hervorheben. Lasst dann je die eine Gruppe das Standbild der anderen deuten.

Dann könnt ihr mit einer zweiten Gesprächsrunde starten, bei der ihr versucht die Geschichte auf die Gegenwart anzuwenden.

Folgende Fragen wären denkbar:

  • Wo habe ich mich schon einmal selbst überschätzt?
  • War ich schon einmal von mir selbst enttäuscht?
  • Kann ich das glauben, dass Gott mich liebt, so wie ich bin? Welche Gedanken widersprechen dem?

Am Ende könnt ihr das Besprochene in einem geistlichen Teil aufnehmen mit Liedern und (Fürbitte-) Gebeten. Gestaltet eine Zeit der Stille, in der jeder für sich ehrlich werden kann vor Gott. Dass wir in allem von Gott her leben, kommt am dichtesten im Segen zum Ausdruck. Daher sollte der Segen Gottes das letzte Wort des Abends behalten.

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