Die KON-Themenreihe 2023 »Wie geht eigentlich…? startet mit »Wie geht eigentlich … glauben?«.
In den Stundenentwürfen, Themenartikeln und Bibelarbeiten wird das Thema am Vaterunser entfaltet. So geht es um das Vaterverhältnis genauso wie um den Himmel – Begriffe wie »heilig«, »Reich«, »Schuld und Vergebung«, »Erlösung« … geben Impulse für biblische und auch spielerische Gruppenstunden. Die Themenartikel sind ein wertvolles Angebot für Mitarbeiterinnen (und Mitarbeiter) zur persönlichen Reflexion.
Das Vaterunser ist das Gebet, das wir wohl am häufigsten beten und das wohl die meisten Menschen auswendig kennen. Viele Menschen berichten, dass sie dieses besondere Gebet dann sprechen, wenn ihnen die Worte für eigens formulierte Gebete fehlen. Wenn sie selbst nicht mehr ausdrücken können, wie es ihnen gerade geht und wofür konkret sie beten möchten, dann sprechen sie das Vaterunser, denn es enthält alles. In diesem Gebet kommt so viel zur Sprache – mehr dazu später. Laut Bibel kennen wir dieses Gebet von Jesus selbst (Mt 6). Die Jünger*innen wollten von Jesus wissen, wie man denn beten soll, was man sagen soll, wenn man mit Gott* spricht. Und Jesus antwortete ihnen mit dem Vaterunser.
Dieses Gebet ist so bekannt, wird so oft gesprochen – aber hast du dir schon mal klar gemacht, was es eigentlich über Gott* aussagt? Dafür soll diese Bibelarbeit Raum bieten.
Das Vaterunser besteht aus verschiedenen Teilen oder auch Bitten – zu jedem Teil gibt es eine Station, die deine Gruppe gemeinsam und in chronologischer Reihenfolge „ablaufen“ kann. Es ist aber auch möglich, die Stationen einzeln und in flexibler Reihenfolge zu begehen.
An jeder Station gibt es Fragen, Denkanstöße und kleine Aufgaben für euch. Diese müsst ihr in der Vorbereitung auf die Bibelarbeit lediglich ausdrucken und bereitlegen. Außerdem benötigt ihr Bibeln an den Stationen. Druckt am besten auch das Vaterunser aus, damit ihr zu jeder Station auch die entsprechenden Worte des Gebets legen könnt.
Die meisten Aufgaben und Fragen könnt ihr entweder schriftlich beantworten oder (wenn ihr die Stationen als Gruppe besucht) auch gern im Gespräch gemeinsam erörtern und euch austauschen.
Das Gebet beginnt mit der direkten Ansprache an Gott* – er wird Vater genannt. Was bedeutet das?
Hinter dem Bild von Gott als Vater steckt die Idealvorstellung eines Vaters, der sich gewissenhaft um seine Familie kümmert. Der da ist; der zuhört; der sinnvolle Ratschläge gibt; der sich sorgt und der eingreift, wenn jemand aus seiner Familie Hilfe braucht. Ein Vater, der den Lebensunterhalt seiner Familie sichert, der alles besorgt und ermöglicht, was nötig ist (Haus, Lebensmittel, Spielzeug …). Dieses Ideal trifft leider heutzutage, und sicher auch schon zu Jesu Zeiten und überhaupt in der Menschheitsgeschichte, nicht auf jeden Vater zu. Heute und wahrscheinlich schon immer gab und gibt es auch Väter, die diesem Anspruch nicht mal in Ansätzen gerecht werden. Das soll hier nicht verschwiegen werden. Es ist sehr verständlich, wenn wir nicht alle etwas mit der Vorstellung von Gott* als Vater anfangen können, weil das Vaterbild nicht bei jedem Menschen ein positives ist.
Wir können uns Gott* genauso gut als Mutter oder als besten Freund oder Freundin vorstellen. Deswegen nutze ich in diesem Artikel auch immer die Schreibweise „Gott*“. Das * soll alle Geschlechter mit einschließen, denn es ist nicht wichtig, ob Gott* männlich, weiblich oder vielleicht auch ganz anders in deiner Vorstellung ist. Wichtig ist nicht die konkrete Bezeichnung, wichtig ist nicht, welches Geschlecht du Gott* zuschreibst, sondern die Eigenschaften, die dahinter stehen und Gott* damit zugeschrieben werden. Jesus möchte uns Gott* nicht zwingend als Vater oder als Mutter … näher bringen. Er möchte, dass wir wissen, dass Gott* – ganz gleich, wie wir ihn auch nennen – immer für uns da ist. Dass Gott* ansprechbar ist; sich für uns und unser Leben interessiert; uns helfen möchte usw.
Für die Menschen zur Zeit Jesu war diese Vorstellung etwas ganz Neues. Es war völlig ungewöhnlich, ja unvorstellbar, eine Gottheit als Vater (oder Mutter oder …) anzureden. Denn solch eine Anrede macht die Gottheit doch auf einmal so nahbar. Gott* als eine*r von uns.
Mach dir nun zunächst darüber Gedanken, schreib diese gerne auf oder tausch dich mit den anderen, die mit dir an dieser Station sind, darüber aus.
Anschließend öffnet den beiliegenden Briefumschlag und lest weiter.
Bevor ihr dann zur nächsten Station geht, steckt den Zettel bitte zurück in den Briefumschlag und legt diesen wieder für die nächste Gruppe bereit.
Legt folgenden kurzen Text bei der Vorbereitung in einen Briefumschlag, so dass er nicht direkt an der Station gelesen werden kann:
Gott* ist uns ganz nah – das zeigt die vertraute Anrede (Station 1). Aber Gott* ist auch „im Himmel“ – also irgendwo da oben, weit weg von uns, distanziert. Was vielleicht zuerst negativ klingt, ist eigentlich positiv gemeint. Das Bild von Gott* im Himmel soll Gottes* Macht verdeutlichen. Zeigen, dass Gott* kein gewöhnlicher Vater bzw. keine gewöhnliche Mutter … ist, sondern über deutlich mehr Macht verfügt. Über himmlische Macht. Macht, die nicht von dieser Welt ist.
An dieser Station kannst du auswählen, mit welcher Aufgabe du dich beschäftigen möchtest. Wenn du genug Zeit hast, kannst du aber natürlich auch alle Aufgaben machen.
Überlege dir Situationen (vielleicht fallen dir ja sogar welche ein, die du mal erlebt hast), von denen du glaubst, dass dort Gottes Reich ein Stück weit anbricht.
Male ein Bild, das Gottes* Willen (deiner Ansicht nach) ausdrückt.
Der Anfang des Vaterunser (Station 1–3) zeigt, dass Gott* mächtig und uns liebevoll zugewandt ist. Er hat die Macht und den Willen, uns zu geben, was wir zum Leben brauchen.
Schreibe oder male auf, was dir in deinem Leben nicht fehlen sollte.
Vielleicht die schwierigsten Zeilen in diesem kurzen Gebet – für mich auf jeden Fall. Für die Zeit Jesu waren sie das allerdings nicht. Jesus selbst war Jude, die meisten seiner Jünger*innen und Menschen, zu denen er gesprochen hat auch. Und in vielen jüdischen Gebeten finden sich Bitten um Vergebung. Gott* wird dort immer die Macht zugeschrieben, Schuld vergeben zu können. Und die Vorstellung war sehr weit verbreitet, dass Gott* dies auch tut, wenn wir Menschen selbst auch unseren Schuldigern vergeben. So entstand ein enger Zusammenhang zwischen der Vergebung, die wir für uns Menschen erbitten und unserer Bereitschaft, auch anderen Menschen zu vergeben – für den jüdischen Glauben eine ganz normaler Verbindung.
Für mich – und vielleicht ja auch für dich – ist das heute schwierig. Ich glaube auch, dass Gott* vergibt; dass er das kann und dass er das auch sofort tut, wenn er darum gebeten wird, wenn wir etwas ehrlich bereuen. Womit ich mich allerdings sehr schwer tue, ist diese Vorstellung, dass Gottes* Vergebung von meiner Bereitschaft, anderen zu vergeben, abhängig ist. Ich glaube, Gott* vergibt – mir und dir und allen Menschen, denen etwas leid tut. Und ich glaube, dass Gott* sich wünscht, dass auch wir Menschen so barmherzig miteinander umgehen würden.
Aber ich weiß auch, dass es mir (je nachdem, was passiert ist) auch sehr schwer fallen kann, anderen Menschen zu vergeben. Sogar mehr noch: Manche Vorfälle möchte ich gar nicht vergeben – zumindest zurzeit noch nicht. Vielleicht ist das nicht gut – für mich und für die anderen. Vielleicht ist es den anderen aber auch ganz egal, weil sie oft auch nichts davon wissen. Vielleicht möchte und kann ich ihnen irgendwann später noch vergeben. Vielleicht geht es anderen Menschen umgekehrt genauso – vielleicht gibt es auch Menschen, die mir bestimmtes Verhalten (noch) nicht vergeben haben. Wie auch immer – ich glaube in jedem Fall nicht, dass Gottes* Vergebung davon abhängt.
Vielleicht möchtest du das ja tun – das kannst du jederzeit!
Falls du es jetzt machen möchtest, sprich doch ein kurzes Gebet (leise für dich) und zünde eine Kerze (oder ein Teelicht) an.
Vielleicht möchtest oder kannst du das aber auch (noch) nicht – das ist okay. Gott* liebt dich, so wie du bist! Du musst nichts tun, um Gott* irgendetwas zu beweisen oder besonders zu gefallen!
Diese Bitte geht davon aus, das wir alle mal in Versuchung kommen. Das gehört zum Leben dazu. Ich bin sicher, du kennst das auch: Du weißt eigentlich, was das Richtige ist und was du tun solltest, aber du tust es trotzdem nicht. Du weißt, dass es blöd ist, über andere Menschen zu lästern. Mit deinen Freund*innen tust du es manchmal trotzdem. Du weißt, dass man helfen sollte, wenn jemand anderes gemobbt oder geärgert wird. Aber du tust es nicht. Vielleicht aus Angst, weil du nicht willst, dass dir dasselbe widerfährt … Gründe finden sich meistens. Wir wissen, was gut und richtig ist, aber wir tun das einfach nicht. In solchen Situationen sind wir alle in Versuchung – wofür entscheiden wir uns: für das Gute oder das Böse?
Gott* wird hier wieder als besonders mächtig dargestellt: Gott* kann uns nämlich davor schützen. Gott* kann dafür sorgen, dass wir das Richtige und Gute tun oder am besten gar nicht erst in solche Versuchungs-Situationen geraten.
Diese Bitte ist umstritten und war das wohl auch schon immer. In der Version des Vaterunser aus dem Lukasevangelium kommt sie gar nicht vor. Nur im Matthäusevangelium wird sie erwähnt. Papst Franziskus hat aktuell vorgeschlagen, sie nun aber auch bei Matthäus abzuändern. Warum? Weil es hier um die grundlegende Frage geht, ob Gott* auch Schuld am Bösen in der Welt sein kann. Hat Gott* nicht nur das Gute geschaffen? Ist das Schlechte und Böse nicht erst durch den Menschen in die Welt gekommen? Mit der Geschichte von Adam und Eva, die sich im Paradies nicht an Gottes* Regeln gehalten haben?
Gott* ist mächtig wie ein König oder eine Königin mit einem riesigen Reich. Gott* ist kraftvoll und kann alles. Gott* ist herrlich, weil Gott* ist wie Gott* eben ist: mächtig, stark, kraftvoll, aber auch vergebend, liebend, wohlwollend, uns zugewandt und ganz nah. Das Vaterunser wäre als Gebet wohl relativ sinnlos, wenn wir nicht davon ausgehen würden, dass Gott* eine gewissen Macht und Kraft und Herrlichkeit hätte. Denn warum sollten wir sonst zu Gott* beten, wenn Gott* eh nichts bewirken kann? So schließt dieses Gebet also, in dem es das nochmal deutlich macht und gleichzeitig ausdrückt, dass sich daran auch nichts ändern wird: Gott* ist und bleibt Gott* für immer.
An dieser Stelle soll Zeit sein für Gebet – Zeit, um selbst zu beten und mit Gott* zu sprechen, nachdem du dich nun so ausführlich mit diesem Vaterunser-Gebet beschäftigt hast.
Wenn ihr als Gruppe alle Stationen der Reihe nach gemeinsam absolviert habt, dann betet nun zum Abschluss doch auch gemeinsam (laut – leise – ganz wie ihr mögt).Wenn ihr die Stationen anders angegangen seid (das hier vielleicht auch noch gar nicht deine letzte Station ist), dann nimm dir doch trotzdem jetzt ein paar Minuten Zeit, um mit Gott* zu sprechen – über was auch immer du möchtest.
„Amen“ – mit diesem Wort beenden wir meistens unsere Gebete – unsere Gespräche mit Gott. „Amen“ bedeutet „so soll es sein“ oder auch „es geschehe“. Ein guter Abschluss für ein Gebet, wenn wir uns wünschen, dass passiert, wofür wir gebetet haben. Dass eintritt, worum wir Gott bitten. „Amen“ drückt Zuversicht aus, festen Glauben und Überzeugung.
Manchmal nutzen wir das Wort auch außerhalb vom Gebet. Wenn jemand etwas sagt, dem wir voll und ganz zustimmen, rufen wir: „Amen dazu!“
In diesem Stundenentwurf geht es um beides: Um Dinge, die nicht so sind, wie sie sein sollten und auch um eure Vorstellungen und Überzeugungen. Dabei wird es kreativ, nachdenklich und sicher auch lustig.
Zum Einstieg in eure Gruppenstunde ein Spiel: Amen dazu!
Setzt euch zusammen und bestimmt eine Person aus euer Runde, die beginnt. Sie nennt dann eine Sache, die sie gut findet. Das kann z. B. ein Hobby sein, das ihr Spaß macht oder ein Verein, den sie mag. Es kann auch eine Erfindung sein, die sie sinnvoll findet. Seid einfach kreativ und spontan. Wenn die Person ihre Sache genannt hat, antworten alle anderen aus eurer Runde, die diese Meinung teilen mit einem lauten und überzeugten „Amen dazu!“
Leider gibt es nicht nur Dinge und Momente, die uns gefallen. Im Leben passiert auch immer wieder etwas, das wir nicht mögen, das wir uns anders vorstellen und wünschen. Was fällt euch da alles ein? Gestaltet dazu gemeinsam ein großes Dystopie-Plakat. Rollt dazu am besten eine Rolle Tapete aus und setzt euch alle drumherum. Verteilt Stifte oder Farbe und Pinsel und malt und schreibt drauf los. Alles, was euch einfällt und was nicht gut ist, so wie es gerade ist. Ihr dürft dabei auch Bilder der anderen ergänzen.
Hört oder singt gemeinsam das Lied „So soll es sein, so kann es bleiben“ der Gruppe Ich + Ich. Das Lied erzählt von Momenten des Wartens und vom Suchen. Vom Warten und vom Suchen nach dem, was fehlt. Von der Sehnsucht nach dem Gefühl: So soll es bleiben – so hab ich es mir gewünscht!
Solche Zeiten kennen wir sicher alle: wenn wir das Gefühl haben, dass gerade etwas nicht stimmt, (noch) nicht richtig ist. Wenn wir versuchen, Dinge zu ändern. Für uns und für andere. Damit es besser wird und sich auch besser anfühlt.
Und vielleicht ist damit ja auch die Suche nach Gott gemeint. Wenn wir mal in die 3. Strophe im Liedtext schauen. Dort heißt es „Ich weiß nicht, wo du bist oder wo du wohnst. Aber eins ist sicher, dass es sich lohnt. Ich bete jede Nacht, dass ich dich finde.“
Vielleicht ist Gott mit diesen Worten gemeint. Und der Wunsch, die Sehnsucht, die Überzeugung, dass alles stimmt, wenn wir mit Gott tief verbunden sind. Dass es sich dann perfekt anfühlt, wenn wir Gott spüren.
Wenn ihr mögt, tauscht euch gerne über eine oder mehrere der folgenden Fragen aus.
Wichtig dabei ist: Es sind persönliche Fragen – niemand muss dazu etwas sagen. Und jedes Gefühl und jeder Moment, von dem ihr hier vielleicht erzählen möchtet, ist richtig und wertvoll. Wenn ihr nicht in der Runde darüber sprechen möchtet, dann könnt ihr die Fragen auch schweigend für euch allein durchdenken.
• Hattest du schon mal einen Moment, in dem du Gott spüren konntest?
• Wie hat sich das für dich angefühlt?
• Gibt es etwas, das du tun kannst, um solche Momente zu erleben?
Schließt eure Andacht danach mit einem Gebet. Ihr könnt dabei frei beten, laut oder leise, jede*r für sich oder alle zusammen. Ganz so wie ihr mögt.
Ihr könnt euch bei Gott bedanken für die Momente, die ihr mit ihm erleben durftet. Ihr könnt ihm für den Abend danken; dafür, dass er da ist. Oder was euch sonst noch einfällt.
Gern könnt ihr auch das Lied zum Abschluss der Andacht – nicht der Gruppenstunde – noch einmal hören oder zusammen singen.
Nun bekommen alle einen (Schuh-)Karton. Diesen könnt ihr gestalten mit allem, was euch zur Verfügung steht.
Ihr könnt in eurem Karton eine kleine perfekte Welt zusammenbauen. Vielleicht eine Welt ohne Klimakrise oder ohne Kriege. Wir schön könnte unsere Welt dann aussehen? Oder ihr versucht in eurem Karton einen Moment mit Gott darzustellen. Das geht vielleicht mit Farben, die ausdrücken können, wie sich so ein Moment für euch anfühlt. Oder mit Symbolen? Oder indem ihr den Ort zeigt, an dem ihr euch Gott besonders nah fühlt?
Stellt euch zum Ende eurer Gruppenstunde eure Kartons vor. Vielleicht mögt ihr die ja sogar in Kirche oder Gemeindehaus ausstellen, damit auch andere sie bewundern können.
Ich weiß nicht, wie es dir mit deinem Vater geht. Ob er noch lebt, ob ihr noch Kontakt zueinander habt oder du ihn überhaupt kennst. Ob du für dich sagen würdest, dass dein Vater dir eine gute Kindheit ermöglicht hat. Eine Kindheit, an die du dich heute noch gerne erinnerst – mit Momenten voller Freude, die dich heute noch zum Lachen bringen. Oder ob genau das Gegenteil der Fall ist. Ich weiß nicht, ob dein Vater dich lieb hat oder ob du ihn lieb hast. Aber ich weiß, dass es Menschen gibt, die ein eher gestörtes Verhältnis zu ihrem Vater haben und dass dieses gestörte Verhältnis auch ihre Beziehung zu Gott stören, verändern, erschweren oder sogar verhindern kann. Weil diese Menschen nie erfahren durften, wie es ist, mit einem liebenden Vater aufzuwachsen. Ich gehöre dazu. Und es ist nicht selbstverständlich, dass ich heute für mich sagen kann, dass ich eine positive Einstellung zu dem Gottesbild „Gott als der gute Vater“ entwickeln konnte. Und das, was ich erlebt habe, ist für das eine oder andere Mädchen in deiner Gruppe vielleicht vergleichbar mit dem, was sie selbst erleben.
Meine Eltern trennten sich, als ich ca. 8 Jahre alt war. Mein Vater war Alkoholiker und er hat es nicht aus diesem Sumpf geschafft. Ich weiß, dass Alkoholismus eine Krankheit ist – aber für mich ist es der Grund, dass ich tatsächlich keine einzige schöne Erinnerung an meine Kindheit oder Jugendzeit ohne ein „aber“ hatte. Denn bei jedem kleinen Zipfel an „das war doch eigentlich ganz schön“-Erinnerung kommen sofort viel stärkere und größere „aber“-Erinnerungen dazu, die einfach nur traurig sind.
Dass es meinem Vater auf diese Weise gelang, nicht nur die Kindheit sondern auch meine Jugend negativ zu beeinflussen lag zum einen daran, dass es auch nach der Trennung meiner Eltern immer wieder mal Phasen gab, in denen ich Kontakt zu meinem Vater hatte – und zum anderen waren er und der Alkohol irgendwie immer in der Familie präsent.
Als ich nach dem Tod meiner Oma mit ca. 19 oder 20 Jahren mal wieder versucht habe, einen regelmäßigen Kontakt zu meinem Vater aufzubauen, habe ich in dem Moment aufgegeben, als er wieder einmal völlig betrunken die Tür geöffnet hat. Es fielen viele böse Worte – auch von mir – und ich bin gegangen. Das war das letzte Mal, dass ich ihn lebend gesehen habe.
Bei seiner Beerdigung habe ich mich von ihm verabschiedet. Ich habe einen Brief geschrieben und alles formuliert, was ich ihm übelnehme: die traurigen Erinnerungen an früher, die zerplatzten Träume, die enttäuschten Hoffnungen … einfach alles. Und ich habe ihm verziehen. Ich habe akzeptiert, dass er krank war und den Kampf nicht gewinnen konnte. Und ich habe erkannt, dass ich ihn niemals hätte retten können.
Ich habe mittlerweile meinen Frieden damit gefunden – und dabei hat mir mein Glaube geholfen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir dabei eine eindrückliche Erfahrung, die mich fast 10 Jahre nach der Beerdigung meines Vaters sehr bewegt hat. Darüber findest du im Stundenentwurf „Schuld und Vergebung“ noch etwas mehr.
Aus so einer schwierigen Ausgangssituation heraus zu einem positiven „Gott als Vater“-Bild durchzudringen, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn viele Menschen, deren Vater-Erfahrungen ähnlich negativ oder sogar noch traumatischer sind, haben eine große Distanz zu dem Gott, von dem wir gemeinhin als unserm Vater im Himmel sprechen – dem wir liebevolle Eigenschaften zusprechen, von dem wir sagen, dass wir ihm vertrauen dürfen, dass er uns in Liebe begegnet und uns treu zur Seite steht. Weil sie all diese Dinge niemals erleben konnten.
Was hat mir damals geholfen, den eigenen Blickwinkel zu verändern bzw. zu weiten? Zum einen kann ich rückblickend erkennen, dass dieser Fokus auf „Gott als Vater“ bei mir nie die tragende Rolle gespielt hat – für mich waren andere Gottesbilder von größerer Bedeutung. Darin liegt meiner Meinung nach auch ein großer Schatz. Denn wer sich mit der Bibel beschäftigt, findet so viele verschiedene Bezeichnungen und Bilder, wie andere Menschen Gott erlebt haben, dass im Grunde für alle ein passender Vergleich bzw. ein gutes Bild gefunden werden kann. Für mich war es lange dies, dass Jesus mir als Freund zur Seite stehen möchte.
Die vielen Geschichten der Bibel haben mir dann gezeigt, dass dieser Jesus jemand ist, dem ich vertrauen kann. Ich habe Geschichten gefunden, wie er die Menschen in seinem Umfeld behandelt hat – und dabei nicht nur nett und freundlich zu denen war, die ihm nachfolgten oder zuhörten, sondern auch den anderen gegenüber. Dass er sich bei Menschen wie Zachäus einlud, ließ in mir die Hoffnung wachsen, dass er auch mich nicht wegschicken würde. Je mehr ich mich auf die Geschichten Jesu im neuen Testament einlassen konnte, desto stärker wurde das gemeinsame Fundament.
Und dann kam ich irgendwann an den Punkt, dass ich auch die Worte Jesu aus Johhannes 14, 9 für mich ganz neu lesen konnte: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen!“ Ich habe erkannt, dass wir in dem Leben von Jesus erkennen können, wie Gott sich um uns als unser Vater eigentlich kümmern möchte. Das es also gar nicht darum geht, dass mein Vater wie Gott ist – sondern dass ich in Gott all das finden kann, was ich von meinem Vater nicht bekommen habe: bedingungslose Liebe, Treue, Verbindlichkeit, erfüllte Hoffnung und erlebte Träume.
Und ich bin mir sicher, dass Gott sich in dieser Form allen gegenüber zeigen möchte, die von ihrem irdischen Vater enttäuscht, verletzt oder missbraucht wurden. Was ihnen zu dieser Erfahrung verhelfen kann, sind Menschen, die ihnen nachgehen. Die sich von den erlittenen Verletzungen und all dem Misstrauen nicht abschrecken lassen, sondern dranbleiben und durch ihr eigenes Leben erfahrbar machen, was es bedeuten kann, sich von Gott lieben zu lassen.
Mal ganz ehrlich: wenn du Schokoschmiere für dein Frühstücksbrötchen kaufst – greifst du dann zum Markenglas oder darf es auch die billigere Alternative aus dem Discounter sein? Oder bestehst du darauf, dass es die fair gehandelte ist? Und ist es dir wichtig, ob auf deiner neuen Jeans ein bestimmtes Label aufgenäht ist? Sind No-Name-Produkte besser oder schlechter als bekannte Markenartikel? Spricht der Name automatisch für Qualität?
80% aller Konsumgüter in Deutschland sind Markenprodukte (Quelle: markenverband.de). Viele Namen gehören ganz selbstverständlich zu unserem täglichen Leben dazu und haben sich so sehr eingeprägt, dass wir sie ganz selbstverständlich gebrauchen: Bei Tests wurde wohl festgestellt, dass manche Grundschulkinder in Diktaten das Wort „Taschentuch“ automatisch durch „Tempo“ ersetzten. Die meisten von uns sprechen von Tesa und nicht von einem Stück Klarsichtklebestreifen, auch wenn es von einem anderen Hersteller ist.
Auch wer keinen besonderen Wert auf Markenprodukte legt oder sogar bewusst nicht nach den großen Namen guckt, hat die Markennamen dennoch im Kopf – weil sie uns überall begegnen und zum Teil schon zum Synonym für den Gegenstand an sich geworden sind.
Ein Markenname ist ein rechtlich geschützter Name, der zu einem bestimmten Produkt gehört und von niemand anderem verwendet werden darf. Das soll das Produkt unverwechselbar in der großen Masse und es identifizierbar machen und sein Profil zum Ausdruck bringen. Produkte kann man nachmachen – eine Marke bleibt einmalig. „Markennamen sind die Leuchttürme im endlosen Meer der Produkte.“ (Karsten Kilian, markenlexikon.com).
Mehr noch als früher soll ein Markenname heutzutage ein Image vermitteln, ein bestimmtes Lebensgefühl, das man mit dem jeweiligen Artikel verbindet: „Zoooom zoooom“ (Mazda) – das ist eben mehr als nur mit dem Auto von A nach B fahren, und „Ich bin so frei!“ (Nescafé) geht weit über das bloße Produkt eines löslichen Kaffeegranulats hinaus.
Ein guter Markenname schafft also Identität in zwei Richtungen:
Dadurch entsteht das, was man „Markenbindung“ nennt: Man verbindet einen Markennamen so sehr mit dem eigenen Lebensgefühl oder (im besten Fall) mit den guten Erfahrungen, die man mit dem Produkt gemacht hat, dass man immer wieder darauf zurückgreift und seiner Marke treu bleibt. „Eine Marke ist eine mit Vertrauen gefüllte Schatztruhe, die immer wichtiger wird, je mehr Auswahl die Konsumenten haben.“ (Niall Fitzgerald). Auf den Punkt bringt das der frühere Werbeslogan von Persil: „Da weiß man, was man hat!“
Den Mädchen in unseren Gruppen geht es wie den meisten von uns: Sie wachsen mit Werbung auf, kennen die Slogans alle in- und auswendig, haben bestimmte Markennamen verinnerlicht und werden zuhause entweder zu bestimmten Marken hin erzogen oder bewusst von ihnen ferngehalten.
Auf jeden Fall ist der Druck in der Schule und im Freundeskreis groß, wo bestimmte Marken angesagt sind: Man kann nicht mit einem x-beliebigen Rucksack aufkreuzen, wenn man dazugehören möchte. Es reicht inzwischen längst nicht, sich zum Geburtstag IRGENDEIN Smartphone zu wünschen, sondern es muss schon ein möglichst aktuelles iPhone sein. Mit bestimmten Schuhen hat man beim Sport schon verloren, bevor es überhaupt losgeht.
Andererseits kann die Alternative auch nicht sein, nur den billigsten Schrott zu kaufen, der oft entweder qualitativ einfach schlecht ist oder teilweise unter fragwürdigen Bedingungen hergestellt wurde (z. B. durch Kinderarbeit oder bei absolut unfairer Bezahlung oder mit umweltschädlichen Verfahren). Geiz ist eben nicht geil (wobei ein bekannter Name leider auch noch lange nicht für eine einwandfreie Herstellung garantiert! Oft ist das Gegenteil der Fall).
Im Internet gibt es eine Reihe interessanter Seiten mit Informationen zum Thema – einige davon habe ich selbst genutzt. Ihr könnt sie auf jeden Fall in der Vorbereitung gebrauchen. Wenn ihr die Möglichkeit habt, stöbert doch auch mal gemeinsam mit den Mädchen in alten Werbeslogans oder seht einmal nach, wie sich ein Logo im Laufe der Jahre entwickelt hat – z. T. ist das echt interessant!
Man kommt manchmal zu überraschenden Ergebnissen, wenn man einmal genauer hinsieht, wie die Namen großer Marken entstanden sind.
Beispiele für die Wahl eines Markennamens:
Von den 100 größten Marken der Welt tragen 40% den Namen ihres Erfinders oder Gründers – entweder eindeutig, oder abgekürzt bzw. verändert:
Hat euer Mädchenkreis oder eure Jugendgruppe einen Namen? Wenn ja: Wisst ihr, wie er entstanden ist? Was drückt er aus? Passt er (noch) zu euch? Gibt es ein Logo dazu?
Wenn nein: warum eigentlich nicht? Überlegt euch doch mal einen Namen (s.o.: Phantasiename, Abkürzung, geographisch, symbolisch …). Findet ihr einen Namen, der einprägsam ist, vielleicht witzig oder verrückt, der aber auch etwas über euch aussagt?
Vielleicht findet ihr auch online ein bisschen Inspiration: Sucht mal nach „Markennamen Generator kostenlos“, da gibt es wohl einige (die ich allerdings noch nicht ausprobiert habe).
Ein Werbespruch, ein Slogan soll ein Produkt genauer beschreiben und betont seinen Anspruch, warum dies unbedingt das Beste, Traditionsreichste, einzig Wahre … ist (wobei sich der Spruch „Deutschlands meiste Kreditkarte“ diesbezüglich selbst auf die Schippe nimmt).
Ein witziger Reim, ein gutes Wortspiel, oder einfach ein markiger Spruch – ganz simple Sätze überleben oft jahrelang in unserem Gedächtnis, vor allem, wenn sie auch noch mit einer eingängigen Melodie verbunden sind.
(lasst die Teilnehmerinnen doch mal versuchen, sie zeitlich in die richtige Reihenfolge zu bringen: Jahreszahlen auf einen Zeitstrahl schreiben, die Sprüche auf kleine Kärtchen, und dann zusortieren…)
Ihr spielt gegeneinander in Teams: Schreibt die Werbeslogans jeweils einzeln auf ein DIN-A4-Blatt, mischt sie ordentlich und lasst die Teilnehmerinnen sie zuordnen. Manches wissen sicher nur die Oldies. Geht auch in der Gesamtgruppe, dann reicht einfach Vorlesen. Sonderpunkte gibt’s, wenn jemand auch die entsprechende Melodie des Slogans vorsingen kann.)
Entwickelt doch mal einen knackigen Werbeslogan für eure Mädchengruppe, euren Jugendkreis oder euren CVJM – einen Spruch, der euch beschreibt, der vielleicht ein bisschen provoziert oder überrascht, der einladend wirkt oder neugierig macht.
Zum Üben könnt ihr auch mal bei den „Großen“ klauen und bekannte Werbeslogans umformulieren – so kommt man manchmal auf ganz neue Ideen. Was macht euch besonders? Was macht die „Marke Mädchentreff“ aus? Was soll jede von euch wissen? Woran soll jede beim Stichwort Mädchenkreis sofort denken?
Kriterien für gute Slogans sind z. B.: kurz und bündig, interessant, treffend, cool, einprägsam, verständlich, wortspielerisch, assoziativ, markenbezogen, witzig, überraschend, originell…
Auf einer Stoffbahn, einem großen Plakat oder auf Lackfolie könnt ihr euer „Label“ vergrößern, den eigenen Slogan darunter setzen – für euren Gruppenraum, für den Stand beim Gemeindefest, für die Werbeaktion in der Schule … Lasst die Welt sehen, dass es euch gibt und was euch ausmacht!
„Na, du bist mir ne Marke…!“ – sagte meine Omi früher immer. Wenn ich z. B. frech war oder etwas Schlitzohriges gesagt oder etwas Ungewöhnliches angestellt hatte. Aber es klang immer liebevoll, und im Grunde ist das doch eine Auszeichnung: „Du bist eine Marke!“ – das heißt, du bist nicht 08/15, nicht einfach wie alle anderen, kein No-Name, keine Billig-Massenware – nein, du bist etwas Besonderes! Dich gibt es so nicht noch mal auf der Welt.
Und – vielleicht wie bei einem Markenartikel: Bei dir weiß man, was man hat. Da weiß man, woran man ist. Auf dich ist Verlass.
Das wäre doch super: wenn mein Name für Qualität steht. Wenn man meinen Namen in Verbindung bringt mit einer positiven Eigenschaft: Jenny – die steht für Ehrlichkeit. Lara – die lässt dich nicht hängen, auf die kannst du dich verlassen. Janina? Klar, die erzählt völlig ungeniert und mutig von Jesus. Und Lena diskutiert knallhart, aber immer fair.
Wofür soll dein Name stehen? Wofür könnte er ein Markenname werden?
Egal, was andere mit deinem Namen in Verbindung bringen, mit welchem Image du vielleicht auch zu kämpfen hast: das entscheidende Qualitätssiegel verleiht dir ein anderer. Für Gott hast du Markenqualität. Einmalig. Besonders. Exklusiv. Weil er dich einmalig und besonders geschaffen hat – und nicht, weil du immer alle Erwartungen erfüllst. Wenn du nicht halten kannst, was dein Image verspricht, oder wenn du bei allen anderen gerade wirklich nicht angesagt bist – das Qualitätssiegel, das Gott mit deinem Namen verbunden hat, als er dich geschaffen hat, gilt: sehr gut! Du bist eine Marke, nicht Massenware! Jemanden wie dich gibt es nicht ein zweites Mal. Und deinen Wert verleihen dir nicht andere, auch nicht du selber durch das, was du tust oder schaffst. Deinen Wert verleiht dir der Schöpfer. Du bist ne Marke …
„Oh mein Gott dieser Himmel! Wie komm ich da bloß rein!“ Diese Textzeile stammt aus dem Refrain des Liedes „OMG“ vom Künstler Marteria. Erschienen ist es auf dem Album „Zum Glück in die Zukunft II“ von 2014.
Das Video mit Rapper Marteria in der Hauptrolle spart nicht mit religiös-christlichen Anspielungen: Gleich zu Beginn sind drei Jungen zu sehen, die die offensichtlich auswendig gelernte Erkenntnis wiedergeben, dass der Himmel der schönste Ort der Welt sei und dass man brav sein müsse, um dorthin zu gelangen. Immer wieder finden sich in dem Video kurze religiöse Szenen: Eine Taufe wird gezeigt, eine junge Frau geht wie Jesus übers Wasser (Mt 14,25-33), ein junger Mann spielt die Himmelfahrt Jesu nach, zwei Nonnen im Habit küssen sich, ein Büßer geißelt sich, ein Mann blickt verwundert auf blutige Stigmata in seinen Händen.
Das Video bietet viel Interpretationsfläche, aber die wichtige und zentrale Frage ist: „Wo zur Hölle ist der Himmel? Und wie komme ich da rein“. Was muss ich tun, damit ich gut im Himmel ankomme und noch viel markanter: Wartet Gott im Himmel auf mich?
Schauen wir uns das Video zu Ende an und nehmen uns den Songtext zur Hilfe. Das Video bietet vielfältige Anknüpfungspunkte für die Gruppenstunde. Es regt dazu an, sich gemeinsam mit den Teilnehmer*innen auf religiöse Spurensuche zu begeben und zu fragen, welche Anspielungen an die christliche Religion sie hier entdecken. Ausgehend von der im Refrain immer wieder zu hörenden Frage „O mein Gott, dieser Himmel, wie komm ich da bloß rein?” ließe sich auch die Frage danach stellen, welche religiösen Heilsversprechungen die Teilnehmer*innen kennen und welche Hoffnungen und Erwartungen sie selbst haben: Wem steht der Himmel eigentlich offen? Und unter welchen Bedingungen? Die Antwort, die Marteria hier gibt, polarisiert – und lädt gerade deshalb zum Diskurs ein.
Video: https://www.youtube.com/watch?v=E5qBSvPzga0
Songtext: https://www.songtexte.com/songtext/marteria/omg-b580dae.html
In dieser Gruppenstunde beschäftigen wir uns mit der Frage, was es bedeutet, dass Gott und sein Name heilig sind. Was heißt das? Wie zeigt sich das? Kann ich das vielleicht sogar manchmal spüren? Kann ich Gott spüren?
Mit dieser Frage starten wir. Natürlich könnt ihr zuvor euren gewohnten Ankommens- und Begrüßungsritualen nachgehen und vielleicht auch ein Lied zusammen singen. Dann geht es los und zunächst haben alle Zeit, sich persönlich Gedanken darüber zu machen: Was ist dir heilig? Sind es vielleicht deine Familie und Freunde? Zeit für dich und deine Hobbys? Ein bestimmter Ort, der dir gut tut? etc.
Tauscht euch nach einigen Minuten darüber aus und erzählt euch voneinander. Sprecht dabei auch darüber, was das Wort „heilig“ für euch bedeutet. Wie übersetzt ihr es für euch?
Für mich übersetze ich „heilig“ mit „zu Gott gehörig“. Was und wer zu Gott gehört, ist heilig. Heilig ist etwas Besonderes, etwas, das Gott gefällt. Was Gott gemacht hat, ist heilig und gehört zu ihm. Also auch du und ich und wir alle.
Das, was mir gut, wirklich gut tut, Momente, in denen ich mich glücklich fühle z. B., sind heilig. Orte, an denen ich mich wohl, geborgen und zu Hause fühle, sind für mich vielleicht heilig. Was fällt euch noch ein?
Was euch zur ersten Frage alles eingefallen ist, lässt sich deuten. Gibt es einen Bezug zwischen diesen Dingen, Orten oder Menschen und Gott? Teilt euch in Kleingruppen bzw. Paare (2–3 Personen) auf und versucht, das mal herauszufinden.
Hier ein Beispiel: Meine Familie ist mir heilig.
Warum? Weil die immer für mich da ist, egal, was bei mir los ist und wie es mir geht. Eine Möglichkeit, dieses Beispiel weiter zu deuten, ist: Man könnte sagen, dass die Liebe und der Zusammenhalt die Familie ausmachen. Sie sind in dieser Familie selbstverständlich. So wie man es sich wünscht. Die Familie ist schließlich miteinander verwandt, miteinander verbunden. Und weiterführend in Bezug auf Gott: Vielleicht zeigt diese Familie ein Stück vom Himmel auf Erden. Und das ist dann doch eine Gottes-Erfahrung.
Weiter geht es mit zwei Alternativen. Welche davon ihr für eure Gruppenstunde auswählt, könnt ihr selbst entscheiden. Es hängt von eurer Gruppe ab. Ihr könnt auch Beides parallel anbieten.
Überlegt euch dort, was diesen Ort für euch ausmacht. Wieso spricht er euch so an? Was ist hier so schön? Und wie fühlt er sich an?
Lasst alle ganz in Ruhe, schweigend und der Reihe nach mit Abstand eintreten.
Zum Abschluss könnt ihr euch zusammen vor dem Altar treffen und einen Segen sprechen oder gemeinsam das Vaterunser beten.
… Schöpfer, Erbauer, Gestalter ist. Der Nahrung gibt und Wasser, den Sonnenuntergang und auch die Berge geschaffen hat. Die Vielfalt der Farben stammt aus deiner Feder. Du bist ein Gott, der Künstler ist!
Trotz der stetig zunehmenden und nahezu greifbaren Anspannung, die ihn seine ganze Reise lang schon umgab, zuckten auf einmal seine Mundwinkel, als er am Garten seines alten Nachbarn vorbeilief. Nach all den Jahren konnte man immer noch die Stelle erkennen, an der sein großer Bruder und er eines Tages, aufgrund unerwarteter Komplikationen, mit rasender Geschwindigkeit in ihrer selbstgebauten Seifenkiste wortwörtlich durch die Wand vom Hühnerstall gebrettert waren. Dabei hatten sich ihre Nachbarn nicht nur über den Sachschaden sichtlich unerfreut gezeigt, sondern ebenfalls über die Tatsache, dass ein Teil der Hennen diesen Schock länger als erwartet verarbeiten musste.
Doch die kurze Andeutung des verschmitzten Lächelns erstarb schnell wieder auf seinem Gesicht, als ihn der altvertraute Weg wieder daran erinnerte, wohin ihn seine Reise führte. Nach Hause. Oder besser gesagt hin zu dem, was er früher sein Zuhause genannt hatte, bevor er als junger Mann seine sieben Sachen gepackt hatte und verschwunden war. Was danach folgte, lässt sich wohl am ehesten mit einer dieser traurigen Teeniegeschichten beschreiben, in denen die Hauptperson nach und nach die falschen Leute kennenlernt und sich damit auf dem besten Weg befindet, langsam, aber sicher die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren und völlig leer und ausgebrannt auf dem Boden zu enden. Und genau dort befand er sich auch. Am Boden. Dabei wurde die Leere in seinen Taschen förmlich zum Sinnbild seiner eigenen Mutlosigkeit und Einsamkeit. Ihm war rein gar nichts mehr geblieben. Nichts, außer einem kleinen Funken einer letzten Hoffnung, an die er sich verzweifelt klammerte, wie ein Ertrinkender in Seenot an einen Rettungsring.
Dieser Tag ist nun schon Jahre her, doch wenn er daran zurückdenkt, macht sich immer noch ein Schwall ganz unterschiedlicher Gefühle in ihm breit.
Er weiß noch genau, wie er dem Weg, um die letzte Biegung zum Haus seines Vaters folgte. Doch was sich danach ereignete, überstieg alle seine Erwartungen und kühnsten Träume. Es war alles derart surreal und er kann gar nicht mehr so genau sagen, was in welcher Reihenfolge passiert ist. Er erinnert sich nur noch, wie er sich kurze Zeit später am Tafelende eines überreich gedeckten Tisches im Haus seines Vaters wiederfand und sich alle Verwandten und Bekannten aus vollstem Herzen mitfreuten und feierten. Doch etwas, das er nie vergessen wird und das sich in sein Innerstes für immer eingebrannt hat, war die Art, wie ihn sein Vater den ganzen Abend lang betrachtete. Dieser Blick aus stiller, dankbarer Freude, unbeschreiblicher Wertschätzung, warm umhüllender Wärme und ehrlicher, tiefer Liebe. Dieser Blick – er hofft sehr, dass er diesen Blick nie mehr vergessen und sein Leben lang als ein Zeichen großer Würdigung mit sich tragen wird.
(frei interpretiert nach Lk 15,11-32)
„Ein Blick sagt mehr als tausend Worte.“ Und ein Blick kann Bände sprechen, wie zum Beispiel hier in der Geschichte vom verlorenen Sohn. Aber auch die Jahreslosung („Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Gen 16,13) zeigt, welche Bedeutung das hat, was unsere Augen ausdrücken.
Eine Geschichte, in der sich Gesichtsausdrücke und Blicke vermutlich schneller wandeln als das Wetter dort auf dem See, ist die Geschichte vom Seewandel in Matthäus 14,22-33.
Lest euch den Abschnitt durch und markiert wichtige oder unverständliche Stellen. Tauscht euch im Anschluss über eure Gedanken dazu aus.
Welche Gesichtsausdrücke finden sich bei den verschiedenen Personen in der Erzählung und warum? und welche Blicke werden einander zugeworfen? Welche Sprache sprechen die Gesten und die Körperhaltung? Sammelt sie, indem ihr sie aufschreibt, mit eurer Mimik darstellt oder passende Emojis/Memes sucht oder selbst erstellt.
Es gibt immer einen Moment in dieser Erzählung, bei dem ich mir vorstelle, wie die Zeit anhält und alles in den Hintergrund tritt. Versuche dich in die Situation hineinzuversetzen und beschreibe dann in Schlaglichtern (Sätze ohne Verben / ganz kurze Sätze, z. B. Unaufhaltsam. Bebende Erde unter den Hufen. Grüne Wiesen, soweit das Auge reicht. Grenzenlos. Endloser Horizont. Freiheit.), was Petrus durch den Kopf schießt, als er Jesus in die Augen schaut.
Wasser. Überall war nur Wasser und meterhohe Wellentürme. Panisch versuchte er dagegen anzukämpfen, doch er war bereits völlig durchnässt und in seinem Inneren tobten Gedankenstürme, die dem Orkan oberhalb der sprudelnden Wasseroberfläche in nichts nachstanden. Nur langsam drang die Tatsache in sein Bewusstsein, dass er scheinbar doch nicht ertrunken war und er spürte, wie sich seine Hand krampfhaft an etwas festklammerte. Erstaunt stellte er fest, dass es sich dabei ebenfalls um eine Hand handelte und er ließ seinen Blick von dort ausgehend langsam nach oben gleiten. Eine Welle der Erleichterung und ein Hauch von „Gott sei Dank – wusste ich es doch“ durchströmte ihn, als sein Blick an dem so vertrauten Augenpaar hängen blieb, das ihn jetzt ebenfalls anschaute.
Jesus. Mein …
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Das war nur ein Ausschnitt aus Petrus möglichen Gedanken. Es gab viele Momente, in denen Jesus ihm alles bedeutete. Sogar mehr als sein eigenes Leben. Aber zu anderen Zeitpunkten sah das Ganze auch anders aus. Als er lieber nicht mit Jesus in Verbindung gebracht werden wollte, als Jesus tot war oder als er vielleicht das erste Mal von ihm gehört, aber ihn noch nicht gekannt hatte.
Und wie sieht es bei dir aus? Wer ist Jesus zur Zeit für dich? Finde ein paar Schlaglichter und tauscht euch gerne aus. Vielleicht findet ihr ebenfalls Schlaglichter, Titel und Beschreibungen in der Bibel, wer Jesus für andere Menschen war.
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Sie stehen vornehmlich in Eingangsnähe von Buchhandlungen: in Greifhöhe aufgestellte, flache Verkaufskörbe – besser bekannt als Wühltische. Und sie machen ihrem Namen alle Ehre. Liebesromane stehen – oder besser liegen – neben Thrillern, Reiseführer reihen sich an Gedichtsammlungen und Biographien liegen quer über Wörterbüchern. Eine Ordnung gibt es nicht und die Folie, in der die Bücher zu Beginn ihres Lebens einmal schützend eingeschweißt waren, fehlt ebenfalls. Trotzdem üben sie eine gewisse Anziehungskraft auf mich aus. Kann ich doch hier das ein oder andere Schnäppchen erwerben. Mein besonderes Interesse gilt historischen Romanen, und tatsächlich: Ich werde fündig. Dass sich über das Cover ein sicht- und fühlbarer, tiefer Kratzer zieht, nehme ich erst beim zweiten Blick wahr. Dieser deutliche Mangel ist der Grund, warum das Buch nicht mehr der Buchpreisbindung unterliegt, vom Händler mit dem Stempel „Mängelexemplar“ gekennzeichnet und für einen Bruchteil des ursprünglichen Preises an den Mann oder die Frau gebracht werden darf. Irgendwie geht es da den Büchern wie uns Menschen. Wie oft drücken wir Menschen einen Stempel auf oder stempeln sie sogar ab, weil sie nicht mehr der Norm entsprechen. Verletzungen und Narben kosten sie ihre äußere Schönheit und in anderen Augen auch ihren Wert. Dabei steht in dem Mängelexemplar Buch immer noch derselbe Inhalt wie vor dem Moment, als ihm der Kratzer zugefügt wurde. Während ich mit dem Finger die Kerbe entlangfahre, wird mir bewusst, dass ich hier ein Unikat in Händen halte. Auch wir Mängelexemplare Mensch sind Einzelstücke. Individuen, die durch das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen, Erfolgen und Enttäuschungen, Fortschritten und Rückschlägen zu dem geworden sind, was wir sind.
Auf Jesus übten die Schwachen und von Krankheit und dem Leben gezeichneten Menschen auch eine besondere Anziehungskraft aus. Die, die am Rande der Gesellschaft standen und aufgrund äußerer Mängel gemieden wurden, sah er an. Sah ihren Wert – nicht den sichtbaren und äußerlich schillernden, sondern den verborgenen. Sah tiefer. Sah ihren Glauben und ihre Potenziale. Oft nahm er die Mängel weg, ihre Blindheit, den Aussatz und half ihnen aus der Isolation. Er heilte sie äußerlich, aber – viel wichtiger – innerlich. Manchmal blieben die Mängel aber auch bestehen. Paulus bat dreimal, Gott möge ihm seinen „Stachel“, eine Krankheit oder Behinderung, doch nehmen, ihn sozusagen heilen, doch Gott tat dies nicht.
Hadern wir nicht mit unserer Unvollkommenheit, sondern freuen wir uns an unserer Einzigartigkeit und an Jesus und den Menschen, die unseren Wert unabhängig von Schönheit und Leistung kennen und schätzen. Nicht der von anderen aufgedruckte und reduzierte, sondern der innere und unbezahlbare.
Zu Hause angekommen, beginne ich das Buch zu lesen, versinke schnell in die Handlung und bin fasziniert von den immer neuen Wendungen. Den Mangel nehme ich gar nicht mehr wahr – zu fesselnd und manchmal auch bewegend ist die Geschichte. Ein Bild, wie wir mit der Lebensgeschichte des anderen und unserer eigenen umgehen dürfen. Lassen wir uns doch mehr berühren von dem, was der andere von sich preisgibt, hören wir unvoreingenommen hin, lesen wir zwischen den Zeilen und lassen wir uns überraschen von den Veränderungen, die das Leben schreibt.
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