Das Geschrei ist groß. Spieler rennen aufgebracht auf den Schiri zu. Sie winken wild mit einer imaginären Karte. „Es ist Zeit ein Zeichen zu setzen“, wird lautstark gefordert. Ihr Mitspieler liegt am Boden. Er wurde gefoult. Ein Anlass sich für ihn und die Gerechtigkeit einzusetzen.
Wir kennen die Szenen. Sie gehören zum Sportalltag. Zusammenhalt ist gut. Aber muss dieser Eifer immer nur auf das eigene Recht ausgerichtet sein? Könnte nicht gerade der Sport der Raum sein, wo wir uns für ein wohltuendes und wertvolles Miteinander – auch mit den sogenannten „Gegnern“ einsetzen sollten? Wäre das nicht der wahre Gewinn für uns und unsere Spielpartner?
Klar, zum Sport gehört das Gegenüber. Und man möchte natürlich auch gewinnen. Klar, zum Sport gehören ebenfalls die Regeln. Ansonsten herrscht Chaos. Da ist es gut, wenn man sich einig darüber ist, wie das Spiel läuft. Und wenn sich jemand nicht an die Regeln hält, dann braucht es regulierende Maßnahmen. So kommen die gelben und roten Karten ins Spiel. Soweit so gut.
Es geht aber auch anders. Beim Ultimate Frisbee zum Beispiel. Hier wird ohne Schiedsrichter gespielt. „Ohne Schiedsrichter? Das funktioniert doch nicht“, höre ich immer wieder. Offenbar doch. Beim Ultimate sind alle Spielenden in der Verantwortung. Sie müssen miteinander Regelübertretungen benennen bzw. sich immer wieder darüber einig werden. Klar, kommt es da auch zu Streit. Aber vor allem kommen die Akteure ins direkte Gespräch. Und alle sind gefragt. Und nicht einer der Buhmann.
Es ist Zeit ein Zeichen zu setzen. Im sportlichen Spiel sollten wir das Miteinander neu einüben. Das was im Sport gelingt, strahlt in die Gesellschaft. Und jetzt, wo es auch im Schiedsrichterwesen einen Fachkräftemangel gibt, könnte man sich im Sport – im positiven Sinne – neu „zusammenraufen“. Warum nicht ein Pilotprojekt „Spielen ohne Schiedsrichter“ z.B. im Jugendbereich starten?
Und wenn es nicht gleich ohne eine Schiedsperson gehen kann, dann sollte sie zumindest eine weiße Karte zücken können. „Was soll das?“, denkst du vielleicht. Seit 2015 gibt es in Portugal, in mehreren Sportarten die „weiße Karte“. Dort werden Spieler, Trainer und auch Zuschauer für „ethisch relevantes Verhalten“ öffentlich mit dieser weißen Karte „belohnt“. Eine tolle Initiative, die den Blick für das wirklich Wichtige schärft und die Kultur des Miteinander stärkt. Ich wünsche dir, dass auch du bald mal diese weiße Karte gezeigt bekommst.
„Gott gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid.“ Ein Wunsch aus dem Epheserbrief (1,18) an uns Menschen.
Spiritualität im säkularen Raum fordert heraus – gerade an „Außenstationen der Jugendarbeit bzw. des kirchlichen Lebens“ wie Schule, in den offeneren TRAINEE-Kursen oder beim Schülermentorenprogramm „Soziale Verantwortung lernen“ (SMP). Dort finden sich verstärkt Jugendliche, die erstmal mit „Kirche“ wenig am Hut haben, aber gerne die Jugendleiterqualifizierung erlangen wollen. Wie können spirituelle Impulse und Feiern an jenen offenen Orten gelingen?
„Gebt mir einen Punkt außerhalb der Welt, und ich hebe die Welt aus den Angeln!“
So ähnlich formulierte Archimedes seinen Satz zum Hebelgesetz. Nun wollen wir sicherlich nicht die Welt aus den Angeln heben, aber einen Punkt finden, von dem wir die Welt neu und mit anderen Augen betrachten und verstehen können!
Auch im Bereich der SMP-Schulungen geht es darum, andere Standpunkte und Sichtweisen, neue Gedanken und Impulse zu erhalten, die Lebens- und Sozialkompetenz vermitteln und untermauern. Der christliche Glaube will hierzu nicht nur fromme Verzierung, sondern wichtiger Ansatzpunkt für ein tieferes Verstehen sein.
In seinem Buch „Erwachsenwerden ohne Gott?“ zeigt der Theologe Dr. Karl Ernst Nipkow, dass die Frage nach Gott für Jugendliche durchaus relevant ist. „Insgesamt geht es um Gotteserkenntnis und Gottesglaube auf Grund von Gotteserfahrung… Es kommt jedoch darauf an, noch entschiedener die Lebenserfahrung der Schüler mit ihrer Gotteserfahrung zusammen zu sehen. Schüler machen Gotteserfahrungen und suchen sie, nicht außergewöhnliche Erfahrungen, keine mystischen oder ekstatischen, sondern Erfahrungen in ihrem nahen Alltag.“ (ebenda Seite 54)
Es geht also darum, eine Form von Religiosität, nämlich Alltagsreligiosität neu wertzuschätzen und daran sinnvoll anknüpfen zu lernen.
Im Rahmen der SMP-Kurs-Ausbildung bieten sich immer wieder Möglichkeiten, Impulse, Gebete und anderes Nachdenkenswertes zu platzieren. Dies kann sowohl ein fester Bestandteil sein oder auch situativ eingestreut werden. Nicht zuletzt ist es eine Frage an die Zusammensetzung der Gruppe. Doch hilfreich ist es allemal, solche Anstöße zu wagen und über den Glauben ins Gespräch zukommen.
Bewährt haben sich oftmals regelmäßige Impulse, die einen festen Platz im Gesamtablauf haben. So kann man dies bewusst als eröffnenden oder abschließenden Impuls einer Schulungseinheit einsetzen. Eine Ritualisierung nimmt die Unsicherheit der Teilnehmer, so dass sie sich schnell gerne darauf einlassen. Warum nicht gleich zu Beginn der Schulung dieses ankündigen und die „Atempause“ oder „Gute-Nacht-Gedanken“ fest platzieren?
Wichtig ist, die jungen Leute durch besondere Einstiege neugierig zu machen, ihre Lebenswelt zum Thema zu machen, ihre Fragen aufzugreifen. Bewährt haben sich u.a.
die eine biblische Wahrheit verdeutlichen.
Unterstützend sind u.a. eine gestaltete Raummitte mit Tüchern und Kerzen.
Hilfreich ist, die Teilnehmer in das Geschehen einzubeziehen. So können sie selber Texte lesen oder Gebete schreiben oder diese in vorgegebener oder freier Form sprechen. Es gilt hier, Freiheit zu wahren und niemals irgendeinen Druck aufbauen! Und natürlich: Weniger ist mehr!
„Free at last! Free at last! Thank God Almighty, I’m free at last!“ („Endlich frei! Endlich frei! Dank sei Gott dem Allmächtigen, ich bin endlich frei!“)
Diese Worte zieren das Grabmal eines Träumers, der am Abend des 4. April 1968 in Memphis, Tennessee umgebracht wurde: Martin Luther King. Der Träumer starb vor über 50 Jahren – doch sein Traum lebt weiter!
Martin Luther King, ein Christ, ein Revolutionär, ein Träumer, ein Befreier, ein Prophet? Es lohnt sich, über diese faszinierende, beeindruckende Person der Christenheit nachzudenken. Eine Andacht mit vier Symbolen.
Es gibt nur wenige Gestalten der Christenheit, die so nachhaltig in unsere Zeit hineingewirkt haben wie Martin Luther King. Und wie aktuell das Problem von Ausgrenzung und Rassentrennung ist, zeigt die aktuelle Situation in unserer Gesellschaft. Die Diskussion um Flüchtlinge, Fremde, Islam u.a. macht deutlich, wie Angst den Zugang unter Menschen lähmt oder gar verhindert.
Darum ist es gut, wenn man sich mit dem Leben Martin Luther Kings beschäftigt. Vielleicht habt ihr es auch schon im Schulunterricht von ihm gehört – nichtsdestotrotz kann eine persönliche Auseinandersetzung nur hilfreich sein und den eigenen Glauben stärken.
Wir nähern uns Martin Luther Kings Leben und das Anliegen mit 4 Symbolen (als „Bodenbild“ schon die ganze Zeit sichtbar gewesen):
1. Aufstehen (Gegenstand Busticket)
Eine Welt stand auf, als Rosa Parks sitzen blieb: Die Befreiungsbewegung unter Martin Luther King wurde von einer mutigen Frau ausgelöst. Rosa Parks, eine engagierte Freiheitskämpferin setzte sich 1955 in die vordere Reihe eines Linienbusses. Das war in den 50er Jahren aufgrund der Rassengesetze strikt verboten. Schwarze durften nur im hinteren Bus-Teil Platz nehmen. Doch Rosa Parks widersetzte sich dem Rassengesetz – und landete im Gefängnis. Martin Luther King hörte von dem Vorfall und rief wenig später zum „Busboykott“ auf, der über 1 Jahr anhielt. Am Ende war es den Schwarzen nach entbehrungsreichem Streik erlaubt, auch in den vorderen Reihen eines Linienbusses zu sitzen. Im Internet findet ihr unter dem Stichwort „Rosa Parks“ weitere interessante Hintergründe!
2. „Extremist der Liebe“ (Gegenstand Zeitung und Toilettenpapier)
Bei einem Protestmarsch in Birmingham wurde King am 12. April 1963 inhaftiert. Sein gewaltloser Kampf gegen die Unterdrückung der Schwarzen sorgte mittlerweile in ganz Amerika für Aufruhr und durch die ersten Fernsehgeräte nahm die westliche Welt Notiz von den dramatischen Ereignissen. Weiße Pfarrer reagierten auf die Proteste und schalten King als Extremisten.
Daraufhin verfasste King einen Brief an 8 weiße Geistliche. Da es kein Papier in der Gefängniszelle gab, schrieb er seine Zeilen auf Zeitungsränder und Toilettenpapier. Hier ein Auszug aus dem berühmtgewordenen Brief: „Sie haben unsere Tätigkeit in Birmingham als »extrem« bezeichnet… War nicht Jesus ein Extremist der Liebe, als er forderte: »Liebe deine Feinde; segne die, so euch fluchen; erweise Gutes denen, die dich missachten und verfolgen«? War nicht Amos ein Extremist der Gerechtigkeit, als er ausrief: »Lasset die Gerechtigkeit fließen wie die Gewässer und lasset unser Tun münden in den ewigen Strom der Gerechtigkeit«? War Paulus nicht ein Extremist für das Evangelium Christi, als er ausrief: »Auf meinem Körper trage ich die Zeichen unseres Herrn Jesus«? War nicht Martin Luther ein Extremist, als er erklärte: »Hier stehe – ich kann nicht anders, Gott helfe mir«? – Ich bin ein Extremist der Liebe.“
Der Brief wurde aus dem Gefängnis geschmuggelt und nach wenigen Tagen kursierten fast eine Million Exemplare des Briefes in den USA.
3. „I have a dream“ (Gegenstand kleine Feder oder Seifenblasen)
Träume, so leicht wie eine Feder, so zerbrechlich wie eine Seifenblase? Träume sind keine Schäume, sondern eine Vorwegnahme des Künftigen. Die Rede Martin Luther Kings ist weltberühmt und hat wie keine andere Ansprache die Welt aufgerüttelt. Lasst uns seinen Traum „I have a dream“ hören (zumindest ausschnittsweise vorlesen. Den ganzen Wortlaut von „I have a dream“ findet ihr im Internet).
Ist dieser Traum Wirklichkeit geworden? Vielleicht zum Teil. Doch gilt es weiter, für diesen Traum von Gerechtigkeit zu arbeiten und zu beten – auch in unserem Land, wo Menschen ausgegrenzt und diskriminiert werden.
4. Prophetische Intuition (Gegenstand Fernglas)
Mit einem Fernglas schaut man in die Ferne. Martin Luther King gleicht einem solchen Menschen, als er während des Müllarbeiterstreiks zu den Menschen sprach. Es sollte seine allerletzte Rede sein, die er in Memphis am 3. April 1968 in der Mason Temple Church hielt… In der Vorahnung seines Todes sprach er folgende Worte: „Schwierige Tage liegen vor uns. Aber das macht mir wirklich nichts aus. Denn ich bin auf dem Gipfel des Berges gewesen. Ich mach mir keine Sorgen. Wie jeder andere würde ich gern lange leben. Langlebigkeit hat ihren Wert. Aber darum bin ich jetzt nicht besorgt. Ich möchte nur Gottes Willen tun. Er hat mir erlaubt, auf den Berg zu steigen. Und ich habe hinübergesehen. Ich habe das gelobte Land gesehen. Vielleicht gelange ich nicht mit euch dorthin. Aber ihr sollt heute Abend wissen, dass wir als ein Volk, in das Gelobte Land gelangen werden. Und deshalb bin ich glücklich heute Abend. Ich mache mir keine Sorgen wegen irgendetwas. Ich fürchte niemanden. Meine Augen haben die Herrlichkeit des kommenden Herrn gesehen.“
Am nächsten Tag, den 4. April 1968, fielen die tödlichen Schüsse auf Martin Luther King. Der Träumer starb – sein Traum lebt weiter.
Lassen wir uns inspirieren und wagen es, uns als Christen in der Schule und im privaten Umfeld für Gerechtigkeit einzusetzen? Frage doch, wo gibt es junge Menschen, die deine Hilfe brauchen, die auf dein ermutigendes Wort warten! Der Ausgrenzung und dem Rassismus heute ist die Liebe Jesu entgegenzusetzen.
Martin Luther King fordert uns heraus mit seinem Zeugnis und diesen Worten:
Wenn du nicht fliegen kannst, dann laufe,
wenn du nicht laufen kannst, dann geh‘,
wenn du nicht gehen kannst, dann krieche,
aber was immer du tust, bewege dich vorwärts.
Martin Luther King
Lass dich ein auf den edlen Kampf für die Gleichheitsrechte:
Du wirst eine größere Person aus dir machen,
eine größere Nation aus deinem Land
und eine bessere Welt, darin zu leben.
Martin Luther King
Finsternis kann niemals die Finsternis vertreiben:
Nur Licht vermag dies.
Hass kann nicht Hass vertreiben.
Nur die Liebe vermag es.
Martin Luther King
-> Eine ausführliche Biographie von Martin-Luther King findet ihr im Internet bei Wikipedia: Hier gibt eine kurze und aktuelle Zusammenfassung seines Lebens und Wirkens bis heute.
-> Auch die Biografie aus dem RoRoRo-Reihe „Martin Luther King“ von Gerd Presler ist interessant zu lesen und in jedem Buchhandel für 10,- € erhältlich.
-> Vielleicht finden sich in den Mediatheken noch Fernsehsendungen, die im April zum 50-jährigen Gedenken an Martin Luther Kings Ermordung ausgestrahlt wurden? Schaut sie euch an. Es lohnt sich.
-> Zum Start in die Andacht könnte auch der Videoclip „Glory“ (aus dem Film „Selma“) gekürzt eingespielt werden: hier auf YT (nur bis 1:46 zu zeigen)
-> Einen ganzen Gottesdienst anhand MLK „I have a dream“ mit Transfer ins Heute samt einer ppt mit 2 Videos findest du ebf. hier auf jugonet.
Julia Engelmanns Vortrag „One day“ beim Bielefelder Hörsaal-Slam wurde zum Überraschungshit: Die Videoaufzeichnung desselben wurde über 14 Mio. Mal geklickt, geliked und geteilt! Radio Bremen urteilte: „Die Stimme einer ganzen Generation!“
Diese Andacht führt den Poetry-Slam-Video mit der Geschichte von der Heilung des Gelähmten aus Johannes 5 zusammen und geht so der Frage „Was wäre, wenn…?!“ nach – und möchte sattes gelebtes Leben befördern.
-> Einspielen von Julia Engelmanns Poetry-Slam-Video „One day“
Julia Engelmann ist 1992 geboren, studierte Psychologie und ist Buchautorin und Schauspielerin.
„Und eines Tages, Baby, werden wir alt sein – und an all die Geschichten denken, die wir hätten erzählen können.“
Das geht unter die Haut. Dieser Poetryslam beschreibt das Leben ehrlich und offen. Habt ihr nicht auch schon gedacht: Das Leben ist ein Wartezimmer? Nichts passiert. Und dann die Frage: Was wäre, wenn …?
„Mein Leben ist ein Wartezimmer, niemand ruft mich auf! Und die Geschichten, die wir dann stattdessen erzählen werden – werden traurige Konjunktive sein!“
Mit diesen gefeilten Worten fängt sie unsere Wirklichkeit ein.
In der Bibel gibt es eine Geschichte, die uns auch in ein Wartezimmer führt (Johannes 5,1-9): Eine große, mächtige Halle, von Säulen getragen, mittendrin das Wasser, einem Teich gleich. Viele Menschen lagen oder saßen dort. Er lag schon längst nicht mehr auf einer Trage, sondern kauerte dort am Teich irgendwo hinten in einer Ecke: Man hatte ihn in den Jahren nach hinten durchgereicht.
Zusammengekauert starrte er vor sich hin – längst nicht mehr hinüber zum Wasser. Warum sollte er. Der Erste war er nie gewesen, immer der Letzte. 38 Jahre. Die Geduld hatte er verloren mit den Jahren. Nichts war gut geworden. Die Freunde, ja seine Freunde – wer konnte es ihnen verdenken – die hatten sich nach und nach zurückgezogen. Das Leben ging weiter: Er war übriggeblieben, ein Häufchen Elend in irgendeiner Ecke, notdürftig mit Essen versorgt, die Haare zerzaust, Furchen im Gesicht, ungepflegt, dreckig, verloren, einsam.
Und er hatte Gott verloren. Warum sollte er noch in ihn vertrauen? Warum noch seine Not vor ihn bringen? Warum ihm sein Innerstes anvertrauen? Hatte sich Gott nicht genauso abgewandt wie seine Freunde? Er brach den Kontakt ab.
Und die Menschen? Die Menschen gingen achtlos an ihm vorüber. Grußlos. Kommentarlos. Manchmal:„Der arme Kerl!“ oder: „Schau mal den Penner an!“ Manche auch brutal: „Der hat nicht mehr lange!“ Er kannte sie alle, jeden einzelnen von ihnen: erkannte sie an ihrer Stimme und an ihren Füßen, die immer wieder an ihm vorbeiliefen. Manche weiter weg, manche näher – aber: eben vorbei.
Er kannte sie nicht vom Gesicht her, nicht von ihren Augen, nur die Füße und die Stimmen waren ihm geblieben. Und wenn es doch jemand wagte, sich herabzubeugen und ihm ins Gesicht zu schauen, dann sah er in ein versteinertes leeres Gesicht, in leblose Augen: sah den Tod mitten im Leben.
–> Witz: Kommt ein Patient zum Arzt und sagt: „Herr Doktor, jeder ignoriert mich!“ Darauf der Arzt: „Der Nächste bitte!“
Auf einmal durchzuckte es seine trüben Augen. Ein paar Füße waren vor ihm stehen geblieben. Fremde, dreckige Füße: Er hatte sie noch nie gesehen. Sie stellten sich genau vor ihm auf, störten seinen toten Alltag, störten seine Hoffnungslosigkeit, störten seinen Tod mitten im Leben. Und da hörte er eine Stimme: „Willst du gesund werden?“ Ganz leise ganz zärtlich hörte er die Stimme. „Willst du gesund werden?“ Er traute seinen Ohren nicht. Da redete jemand mit ihm, sprach ihn an, sagte „du“ zu ihm, zu ihm dem Verlorenen. „Willst du gesund werden?“ Er spürte, wie das Blut langsam in seine Adern schoss, wie die Gedanken anfingen zu kreisen: „Gesund …? Ich …? Niemals!“
Aber er konnte sich den Worten nicht entziehen, konnte dieser entscheidenden Lebensfrage nicht davon laufen, spürte, wie er langsam – wie von einer Schnur gezogen – den Kopf nach oben hob, sah in ein lächelndes, warmes Gesicht, in freundliche liebevolle Augen, und dieser eine unsägliche Wunsch drängte wieder aus seiner Seele hervor, ließ ihn ganz langsam den Mund öffnen und hörte sich schreien: „Herr, ich habe keinen Menschen!“ All seine Not schrie er mit diesem einen Satz heraus, all seine Verzweiflung, all seine Einsamkeit, all seine Hoffnungslosigkeit, … seinen … Tod mitten im Leben.
Jetzt war’s heraus. Das letzte Lebenszeichen: „Ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser sich bewegt! Ich werde immer der Letzte sein!“
Doch der Fremde entließ ihn nicht aus seinem Blick. Entließ ihn nicht aus dieser merkwürdig freundlichen Beziehung, die er eröffnet hatte, in der der Letzte plötzlich der Erste war, entließ ihn nicht wieder zurück in seine Leblosigkeit, lächelte wieder, öffnete langsam den Mund und sprach: „Steh‘ auf, nimm dein Bett und geh‘ hin!“
Und wie er diese Worte sprach, spürte der Gelähmte, wie das Blut zurück in all seine Adern schoss, wie er sich langsam aufrichtete, wie wenn die Schnur, die ihm den Kopf gehoben hatte, nun auch Macht über seinen ganzen Körper einnahm und ihn ins Leben zurückholte. Stand auf. Nahm sein Bett. Ging hin. Drehte sich noch einmal um. Der Fremde war verschwunden. Er aber stand mitten im Leben.
–> Einschub: Man kann an dieser Stelle gerne auf ein Lied von Udo Jürgens verweisen – „Ich war noch niemals in New York“. Es beschreibt einen Mann, der beim Zigarettenkauf überlegt, dem Alltag zu entfliehen. Was wäre es, wenn …? Doch das Lied endet damit, dass dieser Mann letztlich wieder in sein staubiges bürgerliches Zuhause zurückkehrt. Das Wartezimmer hat ihn eingeholt.
Aus dem Letzten war ein Erster geworden, aus dem Totgeweihten ein Lebender. Aus dem Einsamsten einer, der die Liebe Jesu erfahren hatte. Ihm hatte er sein Innerstes anvertraut, seine Verzweiflung herausgeschrien, seine Verlorenheit ins Gesicht geschleudert und damit alles gewonnen: das Leben, die Liebe, die Hoffnung.
Die Liebe Gottes, die uns ein freundliches „Du“ geschenkt hat, das wir niemals verlieren können. Darauf dürfen wir vertrauen. Wir müssen nicht erst gelähmt werden, um dies zu erfahren. Wir dürfen gerade jetzt vor Ostern hinsehen auf das Kreuz Jesu und am Ostermorgen erfahren: Gottes Freundschaft, seine Liebe bleibt. Auch wenn alles andere zusammenbricht. Wir dürfen nicht nur auf die Füße des Gekreuzigten schauen, sondern auch mitten hinein in sein von Leid zerfurchtes Gesicht. Und darin die liebevollen freundlichen Augen entdecken, mit denen er uns anschaut.
Dieser Blick Jesu macht mir immer wieder Lust aufs Leben. Dieser Blick Jesu lässt mich erahnen: seine Freundschaft bleibt, bleibt für immer. Nichts kann uns trennen. Ich darf diese Freude mitnehmen in mein Leben. Ich darf mich anstecken lassen von dieser Lebensfreude. Ich darf sie weitergeben, diese Lebensfreude, mit der Gott „Ja“ zu uns sagt. Bedingungslos. Vorbehaltslos.
Lasst uns Geschichten schreiben, die die unseren sind. Oder besser gesagt: Jesus will mit dir Geschichte schreiben, die die deinen sind!
Amen.
-> Hinweis: Die Impulse zu Johannes 5,1-9 sind z.T. der Erzähl-Predigt „Freundschaft“ von Tom Henning – hier auf jugonet – entlehnt.
Unser Alltag kennt Entscheidungen: ganz banale, aber dann auch gewichtige. Wie kann ich dabei der Stimme Gottes Gehör schenken und seinen Weg mit mir entdecken?
Dieser Artikel spült den Blick klar, um mit Gott unterwegs zu bleiben.
Es sind viele Gäste gekommen. Marta hat ein weites Herz. Sie freut sich, wenn das Leben brummt. Das Beste aus Keller und Küche soll auf den Tisch. Darüber muss sie nicht nachdenken. Sie weiß, was sie will und was ihre Rolle ist. Mitten zwischen brodelnden Töpfen fällt ihr dann plötzlich ein, dass sie ihre Schwester, schon länger als gedacht, nicht mehr aus der Stube hat kommen sehen. Sie braucht sie, damit alles pünktlich fertig wird. Minute um Minute vergeht. Marta wird etwas lauter mit ihren Töpfen. Es tut sich nichts. Irgendwann wird es Marta zu bunt. Sie platzt in die Runde, sieht Maria zu Jesu Füßen sitzen und wird augenblicklich etwas lauter: „Meister, interessiert es dich nicht, dass Maria mich allein schuften lässt. Eine kleine Mahnung wäre sehr hilfreich.“
Das Gespräch ist schlagartig verstummt. Alle starren auf Jesus: Wie wird er reagieren? „Marta, ich sehe, du rackerst dich ab! Im Augenblick ist etwas anderes dran. Maria hat sich für das entschieden, was ihr Herz berührt und sie frei macht. Das lass‘ ihr!“ Maria hat sich entschieden. Offensichtlich haben die Worte Jesu so ihr Herz berührt, dass sie nicht anders konnte, als ihm zuzuhören.
Entscheidungen zu treffen ist keine Kleinigkeit, gerade dann, wenn uns viele Optionen offen stehen, wenn wir unsicher sind, was aus einer Entscheidung wird, wenn uns die Klarheit fehlt, wohin uns eine Entscheidung führen wird, wenn wir uns anderen Dingen verpflichtet fühlen.
Aber Entscheidungen gehören auch zum Tagesgeschäft: Stehe ich auf oder bleibe ich liegen? Ziehe ich diese Bluse oder jene Hose an? Trinke ich heute Kaffee oder Tee? Welche Arbeit erledige ich zuerst – was kann warten? Dann geht es weiter: Hat die alte Karre ihren Geist aufgegeben, stehe ich vor der Frage, welches Modell leiste ich mir? Steigende Aktienkurse bedeutet: lassen oder kündigen? Dann sind da noch die Entscheidungen bezüglich des Berufes, eines Stellenwechsels, die Entscheidung für eine Partnerin, einen Partner, den Kauf eines Hauses, der besten Absicherung für das Alter…. Entscheidungen ohne Ende.
Die Frage ist dann: Wie treffe ich die richtige, die gute, die zukunftsweisende Entscheidung? Je nach Anlass und Folgenabschätzung sieht das anders aus. Als Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu kommt dann noch diese Dimension dazu: Was will Gott? Welches ist der richtige Weg? Was sollen wir tun und was lassen? Es liegt nicht immer eindeutig auf der Hand, was jetzt gut und richtig und heilvoll ist. Die vielen Stimmen in unserem Inneren machen wir bewusst, dass jedes Ja viele Neins bedeutet. Und keine Entscheidung zu treffen, ist auch keine Lösung.
In seinem kleinen Buch „Sich entscheiden“ (s. unten) beschreibt Stefan Kiechle, Provinzial der Deutschen Jesuiten, Faktoren, die unsere Entscheidungen beeinflussen.
Eine Frage des Typs
Bin ich eher ein Kopf- oder eine Gefühlsmensch, ist es das Herz oder der Bauch, der mein Wesen bestimmt? Bin ich eher rasch unterwegs oder gehöre ich zur Abteilung der Zauderer? Jede dieser Seiten hat ihre gleichberechtigte wichtige Bedeutung (gerade in Gremien und Teams, die gemeinsam Entscheidungen treffen müssen). Um zu einer Entscheidung zu kommen, muss aber irgendwann über die Befindlichkeiten hinausgedacht und entschieden werden, welche Aspekt wirklich relevant sind und welche nicht.
Die innere Freiheit
In Entscheidungsprozessen spielen unsere Prägungen mit. Von welchen inneren Antreibern, Befürchtungen und Unsicherheiten lasse ich mich bestimmen? Wem fühle ich mich verpflichtet? Wer sitzt mit am Tisch meiner inneren Beratungen. Im Prozess der Entscheidung gilt es, diese Stimmen zu identifizieren und dann abzuwägen, welcher Stimme ich mehr Gehör schenke und wie ich diese mit den anderen Stimmen wiederum vermittle.
Wahlmöglichkeiten bedenken
In den meisten Entscheidungen liegen Spielräume. Diese Alternativen ausführlich bedenken und ihren jeweiligen Wirkungen bzw. Konsequenzen nachzuspüren, kann schon einmal helfen, manche Möglichkeiten auszuschließen. Dann dem nachzugehen, welche Entscheidung zu den Grundhaltungen meiner Gottesbeziehung passen. Was führt zu mehr Glauben, Hoffen und Lieben? In welche Abhängigkeiten würde ich mich begeben, die mir vielleicht gut tun würden – oder auch nicht.
Auf Jesus schauen
In der Beziehung zu Jesus Christus bekommt unser Leben Klarheit und Tiefgang. Wenn wir in Entscheidungssituationen den Texten nachspüren, die von seinem Leben, Reden und Handeln erzählen, können überraschende Impulse unser Nachdenken beflügeln. Das Nachdenken über sein Erbarmen, seine Treue, seine Wahrhaftigkeit, seinen Mut, seine Großherzigkeit, seine Liebe kann mir Einsichten ermöglichen, die helfen, zu eigener innerer Klarheit zu kommen: was ich will und was ich nicht will.
Was schenkt mir ein Mehr an Frieden?
Paulus schreibt an die Gemeinde in Kolossä: „Der Friede Gottes regiere in euren Herzen.“ (Kolosser 3,15).Im Nachdenken über diese oder jene Entscheidung gehe ich der Frage nach: Wann erahne ich eine Spur von mehr innerem Frieden? Bei welchen Gedanken werde ich unruhiger? Entscheidungen sind immer Verstandes- und Herzensangelegenheiten. So kann man den Verstandes- und den Herzensargumenten nachspüren. Welcher Alternative ist die erfüllendere? Wo bin ich mehr ich selbst?
Das Wort Methode kommt von griechisch meta hodon – „gemäß des Weges“. Die „Methode“ des Glaubens und der Theologie ist das Gebet.
Beten
Ohne Gebet, ohne diese innige Beziehung zum dreieinigen Gott, bleibt unser Glaube auf der Strecke. Still werden und beten, das Reden beenden und zuhören, in stillen Zeiten Gott erzählen, was mein Herz bewegt – dieses Zwiegespräch ist ein Schutz gegen lähmende Stimmungen in unklaren Situationen. Ich bleibe nicht bei mir selber. Ich wende mich dem zu, mit dem ich direkt, lebendig, streitend, fragend und klagend reden kann.
In der Krise keine Entscheidung treffen
„Warte, bis es dir besser geht, dann erst triff deine Entscheidung!“, rät Ignatius in seinem Geistlichen Übungsbuch. Wenn es dir schlecht geht, fehlt dir der Blick für Alternativen. Du hast dich vergraben. Deshalb warte, bis sich dein Inneres wieder etwas sortiert hat und du wieder einen klaren Kopf hast.
Wo es geht: Zeitdruck vermeiden
Entscheidungen unter Druck sind nicht immer glücklich. Man hat keinen Freiraum, dass sich Entscheidungen entwickeln können. Das alte Sprichwort vom „Darüber schlafen“ gilt hier. Wenn ich mir die Zeit nehme, Gedanken sacken zu lassen und neuen Gedanken Raum zu geben, dann besteht die Chance, dass sich plötzlich noch etwas auftut, was ich bisher nicht bedacht habe.
Mit anderen reden
„Öffne deine Ideen dem kritischen Blick deiner Freunde. Suche den Rat kluger geistlicher Menschen!“, so Stefan Kiechle. In diesen Gesprächen können neue Aspekte auftauchen und das bisher gedachte formuliert und so klarer wahrgenommen werden.
Sei mutig und geh‘ entschieden los
Wenn Du den Eindruck hast, dass aus jetziger Sicht alle Faktoren bedacht sind, dann triff die Entscheidung und geh‘ mutig Deinen Weg.
-> Buchempfehlung:
Stefan Kiechle: Sich entscheiden – Ignatianische Impulse. Echter Verlag GmbH, Würzburg, 2004
Die Märchen und Geschichten dieser Welt scheinen ziemlich gut zu wissen, was wir Menschen haben und sein wollen: schön, stark und genießen bis zum Umfallen. Dieser Jugendgottesdienst-Komplettentwurf macht sich auf die Suche nach jenen tiefen Wünschen in uns und danach, wie wir mit ihnen gut umgehen können.
Den kompletten Gottesdienstablauf findest du hier in Landesjugendpfarramt in Württemberg (Hrsg.): Jugendgottesdienstmaterial 2018, Stuttgart 2017. Das gesamte Buch mit Materialien um die Jahreslosung 2018 kannst du hier bestellen.
Dieser Entwurf arbeitet mit der Basisbibel und „DAS LIEDERBUCH“.
Vorbereitung: Unter jeden Sitzplatz wird ein Zettel mit Tesafilm oder Kreppband angebracht. In die Taufschale wird Wasser gegossen.
Intro
Lied: Irgendwas bleibt (DAS LIEDERBUCH 58)
Einstieg & Begrüßung
Mehrere Personen (mindestens 2) lesen folgende Zitate vor:
Votum
Liedblock:
Predigt Teil I: „Nicht genug!?“
Wenn man eine Frage hat, dann hört man nicht selten den Satz: „Frag doch mal Mutti.“ Es gibt eine Internetseite, die so heißt: www.frag-mutti.de, es gibt sogar einen Youtube-Kanal mit dem Namen FragMuttiTV. Da kann man dann z.B. lernen, wie man Tomatensoße aus seinen Klamotten kriegt oder wie man eine Mango schält. Wenn du eine Frage hast, frag Mutti. Das war v.a. früher so. Heute höre ich oft: „Frag doch mal Google.“ Ich gehöre zu den Leuten, die ihre Fragen oft erst einmal Google stellen. Meistens finde ich auch irgendetwas, das mir weiterhilft. Scheinbar machen das viele andereb auch so. Es gibt sogar so etwas wie die Top 10 der meist gestellten Fragen an Google.
Ein paar Beispiele habe ich euch mitgebracht. Was Google so alles gefragt wird:
Nun habe ich vor einigen Wochen eine Entdeckung gemacht, die mich sehr beschäftigt. Es gibt eine Frage, die Google rund 10.000-mal am Tag gestellt bekommt. Diese Frage heißt: „Bin ich hässlich?“ 10.000-mal am Tag: „Bin ich hässlich?“ Und was gibt Google als Antwort? Verschiedene Online-Tests.
Es gibt z.B. so Seiten, auf denen man ein Bild von sich hochladen kann und dann wird abgestimmt: 1 – 10 oder auch 1-100. Die anderen User sagen dir, ob du hübsch bist oder eben nicht. Oder so Mittelmaß.
„Spieglein, Spieglein, an der Wand, wer ist die Schönste – oder der Schönste – im ganzen Land?“
Warum fragen das so viele? Was steckt da dahinter? Ich meine, dahinter versteckt sich ein ganz bestimmtes Gefühl; ein Satz, der sagt: Ich bin nicht genug. Ich wäre gerne mehr, ich hätte gerne mehr. „Schöne Haut, so ganz glatt und ohne Pickel z.B. Waschbrettbauch, breitere Schultern und runderen Bizeps, vollere Lippen und längere Beine.“
„Nicht genug.“ Ich kann mir vorstellen, dass viele dieses Gefühl kennen.“
Wer auf jeden Fall davon weiß und das auch ausnutzt, ist die Werbung. Die weiß z.B., dass Mädchen und Frauen schön sein wollen. Deshalb sagt die mir: Wenn du diese Creme kaufst, bekommst du reine Haut. Wenn du dieses Shampoo benutzt, strahlen deine Haare wie die Sonne.
Nahrungsergänzung zum Muskelaufbau. Wenn du diese Produkte kaufst, bist du so glücklich wie das Model auf dem Poster. Die Werbung will genau an dieses ‚nicht-genug-Gefühl‘: Du fühlst dich nicht schön genug? Kauf unsere Beautyprodukte! Stellt euch mal vor, alle würden sagen: Ich bin schön genug, so wie ich bin. Wer kauft denn dann noch das ganze Zeug? Nicht schön genug.
Das ist ja noch bei tausend anderen Dingen genauso. Urlaubsziele, Konzerte, Handys, Klamotten, Zeugnisse, Urlaubsfotos ohne die wir doch nichts sind: Nicht cool genug, nicht reich genug, nicht stark genug, nicht wichtig genug, …
Nicht genug. Ob es wohl jemanden gibt, der das noch nie gefühlt hat?
Aktion Teil I
Bitte schaut mal unter euren Sitz. Dort müsstet ihr alle einen kleinen Zettel finden. Auf diesem Zettel findet ihr genau diesen Satz „Nicht … genug“ und zwischen diesen beiden Wörtern eine Lücke. Ihr bekommt alle einen Stift und habt die Möglichkeit, diese Lücke für euch zu füllen. Mit den Dingen, bei denen ihr das über euch denkt: nicht genug. Jeder und jede ganz für sich allein, ihr müsst das niemandem zeigen oder erzählen:
Stifte gehen durch die Reihen, es kann ganz leise Musik gespielt werden. Sobald die Musik zu Ende ist, werden die Stifte wieder eingesammelt.
Ihr könnt eure Zettel einmal falten und in eure Hosentasche oder eine andere Tasche stecken, wir brauchen sie nachher noch einmal.
Warten, bis wieder einigermaßen Ruhe eingekehrt ist.
Wisst ihr, dass die Bibel das „nicht-genug-Gefühl“ kennt? Dass sie immer wieder davon erzählt?
Dieses Gefühl, dass mir etwas fehlt. Etwas fehlt zum Glücklichsein, zum Zufriedensein. Die Bibel nennt dieses Gefühl manchmal „Durst“. Durst nach Frieden, nach Glück, nach Lachen und Freunden. Durst nach Schutz, Stärke, Gesundheit, Schönheit. Durst danach, dass mir einer meine Frage beantworten kann: „Bin ich genug? Bin ich ok? Bin ich wertvoll? Kann man mich liebhaben?“
Diese großen Fragen stellen die Menschen in der Bibel nicht Mutti und auch nicht Google, sondern Gott.
Gebetszeit I
Geheimnisvoller Gott,
es ist ein ekelhaftes Gefühl, dieses „nicht-genug“, dieser Durst. Die Frage, ob wir ok sind, genug sind.
Dieser Durst macht unser Herz ganz trocken und staubig.
Jeder und jede von uns hat vielleicht einen anderen Durst. Ein anderes „nicht-genug“.
In einem stillen Gebet erzählen wir dir davon: [Stille]
Gott, hast Du etwas für uns? Kannst Du uns das geben, was wir suchen?
Kannst Du uns etwas geben, das diesen Durst stillt? Kannst Du unser Herz mit Wasser versorgen?
Damit aus den trockenen Stellen wieder frische Wiesen werden? Kannst Du uns lebendig machen?
In der Bibel hat jemand ein Gebet zu diesem Durst geschrieben, das wir jetzt gemeinsam sprechen:
Predigt Teil II: „Gott ist für dich!“
Durst kennt jeder. Klein und Groß, Jung und Alt. Durst hört nie auf: Unser ganzes Leben lang müssen wir trinken. Am besten so zwei Liter am Tag oder viel mehr, falls man Sport macht. Genug zu trinken ist wichtig, um gesund zu bleiben, um sich fit zu fühlen und klar zu denken. Das sagen alle Ärzte und alle Ernährungsberater. Wer zu wenig trinkt, kriegt trockene Haut, einen trockenen Mund und auch ein trockenes Gehirn – das Gehirn arbeitet schlechter, wenn man zu wenig getrunken hat.
Damit das nicht passiert, gibt es heute Apps, die einen ständig erinnern, dass man trinken soll.
Durst ist also normal und gehört zum Leben dazu. Ist dann auch unser „nicht-genug-Gefühl“ normal, unser Durst nach mehr, unser Durst nach Leben? Gehört das vielleicht einfach dazu und ist deshalb auch nichts, wofür man sich schämen muss? Denn wenn das jeder kennt, so wie alle Menschen Durst kennen und haben, dann gibt es eigentlich keinen Grund mehr, so zu tun, als kenne ich dieses „nicht-genug-Gefühl“ nicht. Dass ich mich gar nicht schämen muss, dafür wie ich bin, mich nicht verstecken brauch und immer tun muss, als ob? Wenn das so ist, dann sind wir nicht komisch, dann sind wir nicht allein, wenn wir den Eindruck haben, dass unser Herz an manchen Stellen ganz vertrocknet und staubig ist: „nicht genug“.
Wenn also das „nicht-genug-Gefühl“ so etwas Normales wie Durst ist, dann können wir doch alle einmal tief durchatmen. Entspann dich! Alle kennen das. Hab keine Angst. Du gehörst zu uns. Durst gehört zu dir und zu mir. Das muss uns nicht peinlich sein. Vielleicht wäre es ja mal was, das zu akzeptieren. Denn wenn das normal ist, dann muss ich mich nicht dafür schämen und muss meine Zettel nicht vor anderen verstecken. Viel besser: Man kann anfangen, davon zu erzählen. Nicht jedem vielleicht, aber einer Person, der man vertraut.
Im letzten Buch der Bibel, auf den allerletzten Seiten dieses dicken Buches, steht etwas zu diesem Durst: „Wer Durst hat, dem gebe ich umsonst zu trinken. Ich gebe ihm von der Quelle, aus der das Wasser des Lebens fließt.“ (Offb 21,6b)
Auf den letzten Seiten der Bibel geht es um die Welt, die auf uns wartet: Himmel, sagen die einen oder Paradies, Leben nach dem Tod. In dieser neuen Welt wird es keinen Durst mehr geben.
„Himmel“ sagen die Einen oder „Paradies, Leben nach dem Tod“ die Anderen. Kein „nicht-genug-Gefühl“. Da beschäftigt einen die Frage nicht mehr: Bin ich genug? Schön genug, interessant, beliebt, stark, erfolgreich genug? Einmal wird es die Frage für Google gar nicht mehr geben: „Bin ich hässlich?“ Einmal wird da keiner mehr Durst haben, weil Gott dafür sorgt, dass es das nicht mehr gibt.
„Wer Durst hat, dem gebe ich umsonst zu trinken. Ich gebe ihm von der Quelle, aus der das Wasser des Lebens fließt.“ (Offb 21,6b)
Und was mache ich jetzt heute und hier mit diesem Gefühl, mit diesem Durst? Ich lerne aus dem Text Folgendes: Wir Menschen haben Durst, das ist normal in dieser Welt. Dieser Durst wird nie ganz weggehen. Das wird auch nach dem Gottesdienst so sein. Dass wir immer wieder das „nicht-genug-Gefühl“ haben und wir sofort wissen, was wir in die Lücke auf dem Zettel schreiben sollen. Das ist so.
Also entspann dich. Akzeptiere, dass das zu dir gehört, du bist nicht komisch und tickst auch nicht falsch – hab keine Angst.
Dann lerne ich: Gott weiß das. Die Sache mit dem Durst und dem „nicht-genug-Gefühl“. Ich kann ihm alles darüber erzählen. Und es gibt Leute – in der Bibel und bis heute – die behaupten, dass es einen Unterschied macht, wenn man Gott davon erzählt. So wie die Person in unserem Psalm oben.
Warum? Für diese Frage will ich von unserem Bibelvers mit dem Durst und dem lebendigen Wasser einen Sprung machen ganz an den Anfang der Bibel. Da kann man so vieles entdecken über Gott. Auf den ersten Seiten wird erzählt, wie Gott einen Garten anlegt: Wasser, Erde, Wiesen, Sträucher und Bäume. Alles wird vorbereitet, alles soll da sein, wenn die Bewohner kommen, und es ist auch alles da. All inclusive. Es ist alles da für Tiere und Menschen.
So ist Gott, erzählt diese Geschichte. Er gibt alles, was wir zum Leben brauchen. Das ist seine Art, das ist seine DNA, so tickt er.
Könnte es dann sein, dass er noch viel mehr zu geben hat, als ich bisher dachte? Könnte es sein, dass Gott wirklich etwas hat, das meinen Durst stillen kann, etwas, das mein „nicht-genug-Gefühl“ den Stecker ziehen kann? Oder zumindest etwas, das mir hilft, dass ich dieses Gefühl nicht mehr ganz so wichtig nehme?
„Wer Durst hat, dem gebe ich umsonst zu trinken. Ich gebe ihm von der Quelle, aus der das Wasser des Lebens fließt.“
Ich weiß nicht, was ihr für einen Durst habt. Was ihr auf eure Zettel geschrieben habt. Holt ihn doch noch einmal raus und schaut ihn euch an. Vielleicht ist es einen Versuch wert, damit zu rechnen, dass Gott etwas für euch hat.
Die Bibel ist voll von Geschichten, in denen Menschen davon erzählen, was Gott alles sein kann: Vater, Mutter, Burg, Fels, Hirte, Friedensbringer. Vielleicht kann er auch etwas für dich sein.
Mutmacher, Berater, Freund, Gefährte. Vielleicht ist er der Jackpot!
In den Psalmen bekommt man eine Ahnung davon: Da erlebt einer Gott als jemanden, bei dem man alles findet: „Der Herr ist mein Hirte, mir fehlt es an nichts“. (Psalm 23,1) An anderer Stelle ist das Leben im Eimer, kaputt und zerstört. Und Gott ist mitten in diesen Trümmern der Ruhepunkt: „Der Herr ist mein Fels, meine Burg, mein Retter. Mein Gott ist die Festung, die mich schützt“. (Psalm 18,2)
Anderen ist Gott einer, der meine Sorgen kennt und trösten kann: „Als viele Sorgen mich im Inneren bedrückten, hat dein Trost mich wieder froh gemacht“. (Psalm 94,19) Und so geht das immer weiter.
Gott will dein Gott sein. „Wer Durst hat, dem gebe ich umsonst zu trinken. Ich gebe ihm von der Quelle, aus der das Wasser des Lebens fließt“.
Was in dieser Quelle wohl auf dich wartet?
Aktion Teil II
Ihr könnt euren Zettel wieder falten, und dann bitte ich euch, mit eurem gefalteten Zettel zum Taufstein zu kommen. Legt eure Zettel mit euren ganzen „nicht-genug-Gefühlen“ in dieses Wasser und beobachtet, was passiert (Wenn alles klappt, löst sich das Geschriebene auf).
Der Taufstein ist ein besonders schöner Ort. Hier wird nämlich schon seit hunderten von Jahren etwas ganz Großes gefeiert – Dass Gott sagt: „Ich hab‘ dich unglaublich lieb. Und zwar ganz genau so, wie du bist. Wer Durst hat, dem gebe ich umsonst zu trinken. Ich gebe ihm von der Quelle, aus der das Wasser des Lebens fließt“.
Lied: Mit allem, was ich bin (DAS LIEDERBUCH 16)
Gebetszeit II
Wir beten zusammen. Ich leite das Gebet ein und an zwei Stellen mache ich eine Pause, da dürft ihr einfach eure Dinge sagen – laut oder leise.
Vater im Himmel,
alles, was wir zum Leben brauchen, kommt von Dir.
Du hast uns nicht nur Lungen gegeben, sondern auch die Atemluft gemacht.
Du hast uns mit einem Magen geschaffen und dazu so viele leckere
Dinge, die wir essen und trinken können.
Du hast nicht nur Ohren geschaffen, sondern auch Musik, die uns gut tut.
Du hast uns ein Herz gegeben, mit dem wir andere gernhaben können.
Wir danken Dir jetzt für … [Pause]
Wir wollen Dich bitten für … [Pause]
Treuer Gott, vielleicht haben wir keine Ahnung davon, was Du noch alles für uns hast und sein kannst.
Hilf uns, Dir zu vertrauen und Dir etwas zuzutrauen.
Zusammen beten wir das Gebet von Jesus: Vater Unser im Himmel …
Lied: Your love never fails (DAS LIEDERBUCH 230)
Segen
Outro: There’s something in the water (DAS LIEDERBUCH, 176)
Von: Stefanie Kress, Jugendpfarrerin, Heilbronn
Die KON-Themenreihe 2023 »Wie geht eigentlich…? startet mit »Wie geht eigentlich … glauben?«.
In den Stundenentwürfen, Themenartikeln und Bibelarbeiten wird das Thema am Vaterunser entfaltet. So geht es um das Vaterverhältnis genauso wie um den Himmel – Begriffe wie »heilig«, »Reich«, »Schuld und Vergebung«, »Erlösung« … geben Impulse für biblische und auch spielerische Gruppenstunden. Die Themenartikel sind ein wertvolles Angebot für Mitarbeiterinnen (und Mitarbeiter) zur persönlichen Reflexion.
Ich weiß nicht, wie es dir mit deinem Vater geht. Ob er noch lebt, ob ihr noch Kontakt zueinander habt oder du ihn überhaupt kennst. Ob du für dich sagen würdest, dass dein Vater dir eine gute Kindheit ermöglicht hat. Eine Kindheit, an die du dich heute noch gerne erinnerst – mit Momenten voller Freude, die dich heute noch zum Lachen bringen. Oder ob genau das Gegenteil der Fall ist. Ich weiß nicht, ob dein Vater dich lieb hat oder ob du ihn lieb hast. Aber ich weiß, dass es Menschen gibt, die ein eher gestörtes Verhältnis zu ihrem Vater haben und dass dieses gestörte Verhältnis auch ihre Beziehung zu Gott stören, verändern, erschweren oder sogar verhindern kann. Weil diese Menschen nie erfahren durften, wie es ist, mit einem liebenden Vater aufzuwachsen. Ich gehöre dazu. Und es ist nicht selbstverständlich, dass ich heute für mich sagen kann, dass ich eine positive Einstellung zu dem Gottesbild „Gott als der gute Vater“ entwickeln konnte. Und das, was ich erlebt habe, ist für das eine oder andere Mädchen in deiner Gruppe vielleicht vergleichbar mit dem, was sie selbst erleben.
Meine Eltern trennten sich, als ich ca. 8 Jahre alt war. Mein Vater war Alkoholiker und er hat es nicht aus diesem Sumpf geschafft. Ich weiß, dass Alkoholismus eine Krankheit ist – aber für mich ist es der Grund, dass ich tatsächlich keine einzige schöne Erinnerung an meine Kindheit oder Jugendzeit ohne ein „aber“ hatte. Denn bei jedem kleinen Zipfel an „das war doch eigentlich ganz schön“-Erinnerung kommen sofort viel stärkere und größere „aber“-Erinnerungen dazu, die einfach nur traurig sind.
Dass es meinem Vater auf diese Weise gelang, nicht nur die Kindheit sondern auch meine Jugend negativ zu beeinflussen lag zum einen daran, dass es auch nach der Trennung meiner Eltern immer wieder mal Phasen gab, in denen ich Kontakt zu meinem Vater hatte – und zum anderen waren er und der Alkohol irgendwie immer in der Familie präsent.
Als ich nach dem Tod meiner Oma mit ca. 19 oder 20 Jahren mal wieder versucht habe, einen regelmäßigen Kontakt zu meinem Vater aufzubauen, habe ich in dem Moment aufgegeben, als er wieder einmal völlig betrunken die Tür geöffnet hat. Es fielen viele böse Worte – auch von mir – und ich bin gegangen. Das war das letzte Mal, dass ich ihn lebend gesehen habe.
Bei seiner Beerdigung habe ich mich von ihm verabschiedet. Ich habe einen Brief geschrieben und alles formuliert, was ich ihm übelnehme: die traurigen Erinnerungen an früher, die zerplatzten Träume, die enttäuschten Hoffnungen … einfach alles. Und ich habe ihm verziehen. Ich habe akzeptiert, dass er krank war und den Kampf nicht gewinnen konnte. Und ich habe erkannt, dass ich ihn niemals hätte retten können.
Ich habe mittlerweile meinen Frieden damit gefunden – und dabei hat mir mein Glaube geholfen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir dabei eine eindrückliche Erfahrung, die mich fast 10 Jahre nach der Beerdigung meines Vaters sehr bewegt hat. Darüber findest du im Stundenentwurf „Schuld und Vergebung“ noch etwas mehr.
Aus so einer schwierigen Ausgangssituation heraus zu einem positiven „Gott als Vater“-Bild durchzudringen, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn viele Menschen, deren Vater-Erfahrungen ähnlich negativ oder sogar noch traumatischer sind, haben eine große Distanz zu dem Gott, von dem wir gemeinhin als unserm Vater im Himmel sprechen – dem wir liebevolle Eigenschaften zusprechen, von dem wir sagen, dass wir ihm vertrauen dürfen, dass er uns in Liebe begegnet und uns treu zur Seite steht. Weil sie all diese Dinge niemals erleben konnten.
Was hat mir damals geholfen, den eigenen Blickwinkel zu verändern bzw. zu weiten? Zum einen kann ich rückblickend erkennen, dass dieser Fokus auf „Gott als Vater“ bei mir nie die tragende Rolle gespielt hat – für mich waren andere Gottesbilder von größerer Bedeutung. Darin liegt meiner Meinung nach auch ein großer Schatz. Denn wer sich mit der Bibel beschäftigt, findet so viele verschiedene Bezeichnungen und Bilder, wie andere Menschen Gott erlebt haben, dass im Grunde für alle ein passender Vergleich bzw. ein gutes Bild gefunden werden kann. Für mich war es lange dies, dass Jesus mir als Freund zur Seite stehen möchte.
Die vielen Geschichten der Bibel haben mir dann gezeigt, dass dieser Jesus jemand ist, dem ich vertrauen kann. Ich habe Geschichten gefunden, wie er die Menschen in seinem Umfeld behandelt hat – und dabei nicht nur nett und freundlich zu denen war, die ihm nachfolgten oder zuhörten, sondern auch den anderen gegenüber. Dass er sich bei Menschen wie Zachäus einlud, ließ in mir die Hoffnung wachsen, dass er auch mich nicht wegschicken würde. Je mehr ich mich auf die Geschichten Jesu im neuen Testament einlassen konnte, desto stärker wurde das gemeinsame Fundament.
Und dann kam ich irgendwann an den Punkt, dass ich auch die Worte Jesu aus Johhannes 14, 9 für mich ganz neu lesen konnte: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen!“ Ich habe erkannt, dass wir in dem Leben von Jesus erkennen können, wie Gott sich um uns als unser Vater eigentlich kümmern möchte. Das es also gar nicht darum geht, dass mein Vater wie Gott ist – sondern dass ich in Gott all das finden kann, was ich von meinem Vater nicht bekommen habe: bedingungslose Liebe, Treue, Verbindlichkeit, erfüllte Hoffnung und erlebte Träume.
Und ich bin mir sicher, dass Gott sich in dieser Form allen gegenüber zeigen möchte, die von ihrem irdischen Vater enttäuscht, verletzt oder missbraucht wurden. Was ihnen zu dieser Erfahrung verhelfen kann, sind Menschen, die ihnen nachgehen. Die sich von den erlittenen Verletzungen und all dem Misstrauen nicht abschrecken lassen, sondern dranbleiben und durch ihr eigenes Leben erfahrbar machen, was es bedeuten kann, sich von Gott lieben zu lassen.
Hey Sandra,
erinnerst du dich noch an den Gottesdienst in der Freikirche in Hamburg, in dem wir mit unserer Jugendgruppe waren? Ich weiß, das ist schon etwas her, aber ich musste da jetzt nochmal dran denken.
Der Gottesdienst war ja eigentlich ganz cool. Das haben auch die Jugendlichen gesagt. Wir waren da in so einem Industriebunker. Dort gab es eine Bar und Getränke und Salzstangen und kleine Snacks zur Begrüßung. Vorne im Raum war eine Bühne aufgebaut mit DJ-Pult, Keyboard und einigen Scheinwerfern. Vorm Gottesdienst war noch Zeit zu quatschen und die Menschen aus der Gemeinde haben uns gleich angesprochen und wollten uns gern ein wenig kennenlernen und erfahren woher wir kommen und wer wir sind.
Im Gottesdienst gab es dann viel Worship. Und dann kam die Predigt. Davon weiß ich noch recht viel und ich hatte nach dem Gottesdienst auch noch ein paar Gespräche mit den Jugendlichen darüber. Auch die haben sich viel von dem gemerkt, was der Prediger gesagt hat. Sie hatten da einige Fragen.
Es ging in der Predigt um die Frage, wie viel mein eigener Wille eigentlich vor Gott zählt. Weil Gott ja eben Gott ist – der Allmächtige … Spielt vor ihm mein Wille wirklich eine Rolle?
Der Prediger hat damals gesagt – das weiß ich fast noch wörtlich: „Vergiss deine Träume. Wichtig ist nicht, was du willst, sondern nur, was Gottes Wille ist.“ Diese Worte sind bei mir richtig hängen geblieben.
Und bei den Jugendlichen eben auch. Die waren da sehr kritisch und haben mir in unseren Gesprächen dann erzählt, dass sie das so nicht glauben können. Weil Gott uns ja gemacht hat und uns dabei auch unseren eigenen Willen geschenkt hat. Und weil Gott uns ja liebt. Aus diesen beiden Gründen ergibt es für sie keinen Sinn, dass unser Wille vor Gott so gar keine Rolle spielen soll.
Und ehrlich gesagt, ich schließe mich ihnen da an. Ich glaube auch, dass Gott mein Wille nicht egal ist. Ich glaube, dass Gott sich für mich, für meinen Willen, für meine Vorstellungen von meinem Leben, für meine Pläne und Träume interessiert.
Ich habe bestimmt nicht immer die besten Ideen für mein Leben – zumindest nicht im Vergleich mit Gottes Ideen für mich. Gott weiß ja so viel und kennt mich und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er kann natürlich vieles deutlich besser einschätzen als ich das kann. Gott kann Konsequenzen viel besser absehen, klar. Aber das heißt ja noch lange nicht, dass ihn überhaupt nicht kümmert, was ich möchte.
Ich glaube sogar, dass Gott mich meine eigenen Entscheidungen treffen lässt, selbst wenn er weiß, dass die vielleicht nicht ganz so gut für mich sind. Gott lässt mich auch meine Fehler machen und mich ausprobieren – auch wenn er es besser weiß. Ich glaube, so ist Gott. Er ist nicht der, der alles alleine bestimmen will. Sondern er will eine Beziehung mit mir. Er will wissen, was mich bewegt und was ich mir wünsche.
Ich stell es mir etwa so vor wie die Beziehung zu meinen Eltern. Die sind natürlich nicht Gott. Die wissen und können nicht alles. Aber die haben mehr Lebenserfahrung als ich und konnten, gerade als ich noch jünger war, viele Konsequenzen von dem, was ich tue, auch viel besser abschätzen als ich.
Aber deshalb haben sie mir trotzdem nicht einfach alles, was ich gerne wollte, verboten und verhindert. Sie haben versucht, mir Tipps und gut Ratschläge zu geben. Mir Argumente zu nennen, warum etwas nicht gut für mich ist. Aber sie haben mich meistens dann eben trotzdem machen lassen. Haben zugelassen, dass ich mich ausprobiere. Ich durfte meine Fehler machen und wenn ich dann Hilfe gebraucht habe, dann waren sie für mich da.
Wie siehst du das? Glaubst du nicht auch, dass es bei Gott ähnlich ist? Oder kannst du dir vorstellen, dass der Prediger damals Recht hatte?
Liebe Grüße
Almut
Hallo Almut!
Tatsächlich kann ich mich auch noch gut an den Gottesdienst erinnern. Vor allem daran, wie freundlich die Leute dort waren und gleich das Gespräch zu uns gesucht haben. Da dachte ich gleich daran, dass sich so manche Gemeinden bei uns sich da etwas von abschauen können: einfach mal auf die Neuen zugehen und anquatschen, statt immer nur zu den Bekannten zu gehen!
Aber darüber hinaus geht es mir wie dir: Auch die Predigt hat bei mir Eindruck hinterlassen. Ich weiß auch noch, dass ich den Start der Predigt richtig missglückt fand: wie sich der Prediger über den Typen aus dem Haus gegenüber lustig gemacht hat, der volltrunken auf dem Balkon stand und sich über das Balkongeländer übergeben hat. Das fand ich so gar nicht witzig … also die Witze, die darüber gemacht wurden. Doch auch die restlichen Aussagen der Predigt sind mir ähnlich in Erinnerung geblieben.
Ich glaube, bei der Frage nach dem Willen Gottes sollte man zwei Dinge unterscheiden: zum einen das, worum wir im Vaterunser beten, wenn es heißt „dein Wille geschehe […] auf Erden“ – und zum anderen das, was wir uns für unser Leben wünschen, welche Träume wir hegen und wie wir unsere Zukunft träumen.
Wenn ich darum bete, dass Gottes Wille auf der Erde geschieht, dann denke ich vor allem an die „großen Dinge“ auf unserer Welt: dass endlich alle Kriege aufhören, wir die Hungernden satt machen statt trotz Lebensmittelüberschuss sterben zu lassen, dass alle Menschen auf der Welt Zugang zu Bildung und Trinkwasser bekommen, wir die Klimakatastrophe in den Griff bekommen oder sogar überwinden können.
Also bete ich für all die Dinge, die ich alleine niemals in den Griff bekommen, sondern bei denen ich bestenfalls einen kleinen Teil zur Lösung beitragen könnte.
Die Frage nach den eigenen Träumen und Sehnsüchten, dem eigenen Willen für mein Leben steht dabei auf einem ganz anderen Blatt. Ich denke nämlich auch, dass Gott uns einen eigenen Kopf geschenkt hat, damit wir selber denken können. Er zeigt uns immer wieder, was er für unser Leben vorbereitet hat. Aber er liebt uns gleichzeitig auch so sehr, dass er uns die Freiheit schenkt, alleine Entscheidungen zu treffen – also unseren Träumen und Sehnsüchten zu folgen, unseren Willen um- bzw. durchzusetzen. Dabei bringt er die Kraft auf, uns auch mal in die falsche Richtung laufen zu lassen. Nicht seinem Willen zu folgen, sondern den eigenen Ideen. Selbst, wenn wir uns dadurch von ihm entfernen, hält er das aus.
Manchmal merken wir ja recht schnell, dass unsere Ideen nicht so funktionieren wie gedacht – dann kehren wir zurück auf unseren Weg. Manchmal dauert es aber länger, bis wir erkennen, dass unser Wille uns in die Irre geleitet hat. Und selbst dann noch steht Gott in seiner Liebe am Wegesrand, um uns wieder in seine Arme zu schließen.
Ich denke, gerade weil wir so viel Leid und Not auf der Welt erleben, die ihren Ursprung im Handeln des Menschen haben, wird deutlich, dass Gott uns in Freiheit Entscheidungen treffen lässt. Denn dieser Zustand entspricht nicht dem, was Gott sich für uns wünscht – zumindest nicht dem, wie ich die Bibel verstehe.
Doch ich vertraue darauf, dass Gott sich in seiner Allmacht nicht von unseren falschen Entscheidungen abhalten lässt, um seinen guten Plan für die Welt umzusetzen. Und ich kann mich jeden Tag neu dafür entscheiden, Teil seines Plans zu sein und seinem Willen für diese Welt und für mein Leben zu folgen. Aber ich muss es nicht. Ich sollte nur anschließend nicht traurig sein und darüber meckern, wenn das „Leben in Fülle“ an mir vorbeigezogen ist.
Verstehst du, was ich meine? Ich bin gespannt auf deine Antwort.
Viele liebe Grüße
Sandra
Liebe Sandra,
ja, ich verstehe gut, was du meinst und ich glaube, du hast Recht. Ich hab dabei nur noch ein Problem – nämlich die Sache mit Gottes Willen.
Also klar, ich glaube auch, dass Gott eigentlich möchte, dass wir in Frieden zusammenleben und es keine Kriege gibt. Und dass wir uns um einander kümmern, uns unterstützen, wertschätzend und liebevoll mit allen Menschen, aber auch mit den Tieren, mit der ganzen Natur umgehen. Und wenn ich dafür etwas tun kann, dann entspricht das sicher Gottes Willen.
Aber ich finde es manchmal gar nicht so einfach, Gottes Willen für mein Leben zu erkennen. Also, z. B. bei so Fragen wie meiner Berufswahl. Da hat Gott sicher auch seine Vorstellungen für mich. Aber wie krieg ich die raus? Manchmal bete ich dafür, dass Gott mein Leben lenkt und frage ihn nach seinem Plan – aber weiß nicht, ob ich seine Antworten immer gut verstehe. Oder ob er überhaupt darauf antwortet. Geht dir das auch manchmal so?
Hab noch einen schönen Abend,
Almut
Moin Almut,
ich weiß genau, was du meinst. Manchmal wünschte ich mir auch, Gott könnte seinen Willen (oder besser seinen Plan?!) etwas deutlicher ausdrücken, wenn es um mein Leben geht. Als ich z. B. vor der Überlegung stand, ob ich mich auf meine neue Stelle bewerben soll … da habe ich leider keine direkten Hinweise in der Bibel gefunden. Und auch beim Beten ist mir die Antwort nicht wie eine Leuchtreklame präsentiert worden.
Ich habe darum zusätzlich noch die Menschen gefragt, die mich gut kennen – die meisten davon haben auch gute Kontakte zu Gott. Und so kamen dann ganz unterschiedliche Stimmen zum Zug; dieses Mal haben sich sogar alle in die gleiche Richtung ausgesprochen. Und darum habe ich den Schritt gewagt und fühle mich jetzt in meiner neuen Stelle und der neuen Heimat auch von Gott begleitet und geführt.
Das klappt natürlich nicht immer, dass sich alle Freunde so einig sind. Aber im Grunde habe ich gemerkt: Meistens habe ich auch ein ganz gutes Bauchgefühl … als ob Gott ganz leise in mein Leben flüstert und ich einfach nur mal ruhig und still werden muss, um das zu hören. Das erfordert mitunter auch etwas Geduld – was ich ja so gar nicht habe. Aber ich vertraue darauf, dass Gott mir dann zur rechten Zeit antworten wird.
Immerhin kennt er den kosmischen Zeitplan ja ganz genau. Und wenn es mit der Antwort dauert, ist die richtige Zeit eben noch nicht gekommen. In den Psalmen finde ich viele Gebete anderer Menschen, die genau diese Erfahrung auch gemacht haben: Manchmal dauert es etwas länger, bis Gott antwortet. ABER: Er antwortet und handelt und dann ist am Ende auch alles gut!
Liebe Grüße und bis bald, Sandra
„Bedingungslos geliebt“ ist das Thema der Freizeit. Jeden Abend wird wahrscheinlich auf einer Bühne eine Predigt zu diesem Thema gehalten.
Wir beschäftigen uns mit den Teilnehmenden in unseren Bibelarbeiten mit Themen, die auf „–los“ enden oder damit beginnen. Bei jedem Thema steht „bedingungslos geliebt“ im Hintergrund und scheint durch.
Zuerst steigen wir mit vier Themen ein, die Gott, sein Wesen und eine Beziehung zu ihm in den Blick nehmen. In den fünf darauf folgenden Themen schauen wir uns Stationen und Situationen der Lebensgeschichte von Paulus an, denn Paulus ist durch seine Berufung zum Dienst für Jesus, nachdem dieser schon nicht mehr auf der Erde sichtbar ist, nah dran an dem Erleben der Teens.
Die Bibelarbeiten finden morgens im Camp statt. Wir erleben sie gemeinsam als Gruppe. Den Ablauf gestalten wir jeden Morgen ähnlich:
Start in den Tag: Jeden Morgen gibt es freiwilliges Bibellesen (sollte das erste Mal verpflichtend sein?). Ein Start in den Tag beinhaltet jeden Morgen eine Gebets-Session mit verschiedenen Schwerpunkten.
Außerdem gibt es die Möglichkeit bei „frag los“, 4-5x nach dem Mittagessen/Abendessen, aktuelle Themen zu diskutieren (Musik, Pornografie, Leid, Stress, Gerechtigkeit, Umwelt, Beziehung, Sexualität, Drogen, Streit, Schuld, Internet, Abhängigkeit, …). Die Tagesleitung gibt am Anfang des Mittagessens/Abendessens 1-2 Fragen/Thesen in die Runde und die Leute können, wenn sie wollen, anfangen zu diskutieren. Wen es interessiert, der kann nach dem Mittagessen/Abendessen zu „frag los“ zu dem besagtem Thema kommen.
Idee für Abendgebete: Es besteht das Angebot, dass einzelne Teilnehmer oder Gruppen aus TN (eventuell auch mit einem Mitarbeiter) Abendgebete vorbereiten und durchführen können.
Themen:
Grenzenlos
Bibelstellen: Speisung der 5000; Hiob 38; Markus 9,23; Matthäus 17,20; Lukas 18,27; Psalm 103; Exodus 3,14
Gedanken:
Methoden:
Alternativlos
Bibelstellen: 2.Mose 20, 1-3; Johannes 14, 6 und andere „Ich-bin Worte“ aus dem Johannesevangelium, 5.Mose 6, 4+5
Gedanken:
Methoden:
Machtlos
Bibelstellen: Evangelium in Kurzform an diesem Morgen verkündigen: Jesus kommt – Jesus stirbt – Jesus steht wieder auf; Markus 15-16, 8; Johannes 3, 16
Gedanken:
Methoden:
Endlos
Bibelstellen: Matthäus 28, 20; Teile der Offenbarung: 1; 21, 1-7; 22, 6-21; AT-Stellen zum Thema ewiges Leben erforschen; Johannes 14, 1-6, 2.Korinther 5, 1-10
Gedanken:
Methoden:
Ausgelost
Bibelstellen: Apostelgeschichte 9, 1-19; Galater 1, 10-24 (als Hintergrundinfo)
Gedanken:
Methoden:
(Schamlos) + Schwerelos
Bibelstellen: Philipper 1, 12-26; Galater 5, 1
Gedanken:
Methoden:
Furchtlos
Bibelstellen: Römer 1, 16+17; Apostelgeschichte 16; 1.Johannes 4, 18; 2.Timotheus 1, 7
Gedanken:
Methoden:
Schutzlos
Bibelstellen: Epheser 6, 10-18
Gedanken:
Methoden:
Losgeschickt
Bibelstellen: Galater 5, 8-20; Philipper 4, 4-7; 1.Thessalonicher 5, 1-11
Gedanken:
Methoden:
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