Inklusions-Check

Einheit | Hintergrund/ Grundsatz
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Inklusions-Check

Enthalten in:
Materialart: Hintergrund/ Grundsatz
Zielgruppen: Jugendliche (15-19 Jahre), Mitarbeitende
Einsatzgebiet: Schule + Jugendarbeit
Verband: Praxisverlag buch+musik bm gGmbH
Redaktion: Jugendgottesdienstmaterial
Zeitbedarf: - Min.
Bibelstelle: 1. Thessalonicher 5,21 anzeigen
Bibelstelle
1. Thessalonicher 5,21

21Prüft aber alles und das Gute behaltet.

Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

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Wie inklusiv ist (m)eine Kirchengemeinde?

Textbeitrag

Im Jahr 2009 trat die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft. Seither wird vor allem im Blick auf Behinderung von Inklusion gesprochen. Dabei ist Inklusion ein weiter Begriff und meint so viel mehr. Neben einer Behinderung gibt es andere Eigenschaften von uns Menschen, die unter diesen Begriff fallen: Wen wir begehren (sexuelle Orientierung), wo wir herkommen (Herkunft), wie wir aussehen, welches Geschlecht wir haben und wie viel Geld wir haben (Klassismus). Alle Menschen sind unterschiedlich und haben daher auch unterschiedliche Merkmale. Nichtsdestotrotz sollen alle Menschen die gleichen Rechte und Chancen haben und bekommen. Wenn von Inklusion gesprochen wird, geht es also um das selbstverständliche Zusammensein von Menschen und Teilhabe von Anfang an. Niemand soll ausgeschlossen werden.

„Zu uns kann jede und jeder kommen!“ Dieser Satz ist in der Kirche weit verbreitet. Es ist allerdings Schweigen angesagt, wenn Nachfragen kommen wie: „Kann auch ein Kind mit Rollstuhl ins Zeltlager mitfahren?“ „Kann eine Jugendliche mit einer Sehbehinderung an der Konfi-Zeit teilnehmen?“ „Wie ist die Zimmereinteilung geplant, wenn sich eine jugendliche Trans-Person anmeldet?“ Kirchengemeinden sind häufig tendenziell exklusiv und sprechen nur bestimmte Zielgruppen oder Personen mit einer bestimmten theologischen Prägung an. Inklusion heißt aber nun mal, dass alle teilhaben und mitgestalten. Wer sich vor Ort in der Kirchengemeinde auf den Weg zu Inklusion macht, prüft einmal: Was haben wir schon? Was geht gut? Und an anderen Stellen wird gecheckt, was es noch braucht. Der nachfolgende Inklusions-Check soll ein paar Anregungen geben, sich mit der Konfi-Gruppe auf den Weg zu machen.

Check 1: „Behinderter Mensch“ oder „Mensch mit Behinderung“ – was sage ich?

Methode: Kugellager

Ablauf: Die Konfi-Gruppe verteilt sich im Raum und bildet zwei Kreise, einen Innen- und einen Außenkreis, sodass alle Jugendlichen ein Gegenüberhaben. Die Gruppenleitung stellt eine Frage und sobald sie das Gespräch freigibt, tauschen sich die beiden Gegenüber über das Thema aus.
Nach einigen Minuten gibt die Gruppenleitung ein akustisches Signal, woraufhin die Jugendlichen im Innenkreis im Uhrzeigersinn weiterrücken. Mit dem neuen Gegenüber beginnt das Gespräch zu einer weiteren Frage. Jede Gesprächsphase dauert etwa 3–5 Minuten.
Fragen für die Gesprächsphasen:

  • Wie sprichst du über Menschen
  • mit Behinderung?
  • Welche Begriffe verwendest du?
  • Hast du schon einmal einen Menschen
  • mit Behinderung gefragt, welche Bezeichnung
  • sie oder er für sich selbst wählen würde?
  • Hast du schon einmal darüber nachgedacht,
  • wie sich Menschen mit Behinderung fühlen,
  • wenn du ihnen bestimmte Bezeichnungen zuschreibst?

Impuls zur Reflexion / zum Austausch: „Behindert“ ist in erster Linie eine Selbstbezeichnung. Viele möchten als „Mensch mit Behinderung“ bezeichnet werden, da bei dieser Bezeichnung der Mensch im Vordergrund steht. Andere wählen für sich „behinderter Mensch“, da in dieser Bezeichnung zum Ausdruck kommt, dass der Mensch von der Gesellschaft behindert wird. Das Wort „behindert“ sollte auf keinen Fall als Schimpfwort verwendet werden.

Tipp für die Gesprächsleitung: Die Gesprächsleitung sollte sich vor dem Gespräch selbst die Fragen gestellt und für sich beantwortet haben. Vor allem sollte sie darauf achten, keine Euphemismen für Behinderung wie „besondere Bedürfnisse“, „Handicap“ oder „Beeinträchtigung“ zu verwenden. Die Verwendung von Euphemismen impliziert nämlich, dass eine Behinderung etwas Negatives ist, was aus diesem Grund beschönigt werden muss. Im Gespräch kann herausgearbeitet werden, dass Menschen unterschiedliche Empfindungen haben und diese sich im Lauf der Zeit verändern können, weshalb sich dann auch die Selbstbezeichnung verändern kann. Wichtig ist, zu betonen, dass Bezeichnungen andere Menschen verletzen und diskriminieren können.

Check 2: Was ist Behinderung?

Tipp für die Gesprächsleitung: Über das Thema „Behinderung“ zu sprechen ist wichtig, aber leider nicht selbstverständlich. Aus Unsicherheit und aus Sorge, Menschen mit Behinderung zu stigmatisieren, wird häufig gar nicht darüber gesprochen. Wertschätzend über Behinderung zu sprechen, heißt, die individuelle Situation und bestehende Teilhabe des Menschen zu thematisieren, anstatt nur die körperlichen Defizite in den Vordergrund zu stellen. Behinderung sollte beispielsweise nicht als Krankheit erklärt werden. Mit den Konfis kann folgender Textauszug gelesen werden, um darüber ins Gespräch zu kommen, dass Behinderung ein medizinisches und ein soziales Modell hat:

„Behindert“ ist ein Wort, das wir manchmal hören.
Aber was bedeutet das eigentlich?
Es gibt verschieden Sichtweisen auf Behinderung.
Manche Menschen sagen: „Die Behinderung liegt in der Person selbst.“
Zum Beispiel, weil ihr Körper nicht so funktioniert wie bei anderen Menschen. In der Fachsprache sagt man dazu: Das ist das medizinische Modell der Behinderung.

Andere Menschen sagen:
„Die Behinderung entsteht durch die Umwelt.“ Die Umwelt ist nicht an die Bedürfnisse von behinderten Menschen angepasst. Zum Beispiel, wenn es viele Treppen gibt, aber keine Rampe. Dann ist das eine Barriere. Dann werden Menschen im Rollstuhl behindert. In der Fachsprache sagt man dazu: Das ist das soziale Modell der Behinderung.
Viele Menschen haben Angst, das Wort „behindert“ zu benutzen. Sie haben Angst, behinderte Menschen zu beleidigen. Aber: „Behindert“ drückt aus, dass Menschen durch das Umfeld behindert werden. Deshalb ist es eigentlich gut. Alle müssen lernen: „Behindert“ soll nie als Schimpfwort benutzt werden! (Maskos, Rebecca / Kaiser Mareice: „Bist du behindert, oder was?“ Kinder inklusiv stärken und ableismussensibel begleiten, Familiar Faces Verlag, Berlin 2023, S. 20–21. Mit freundlicher Genehmigung des Familiar Faces Verlags.)

Check 3: Wie barrierefrei ist unser Gemeindehaus / unsere Kirche?

Barrierefreiheit ist ein wichtiges Wort auf dem Weg zu einem inklusiven Angebot. Barrieren gibt es im täglichen Leben viele: in den Köpfen, in Gebäuden, in der Sprache, in Zugängen zu Angeboten. Sie zu erkennen und abzubauen, ist das Ziel von Inklusion.

Aufgabe: Geht durch die Räume im Gemeindehaus und in der Kirche. Achtet einmal darauf:

  • Welche Barrieren erkennt ihr? Gibt es z. B. Treppen? Wenn ja, wie viele? Gibt es eine Möglichkeit,
  • die Treppen zu vermeiden? Gibt es eine Rampe,
  • einen Aufzug o. Ä.?
  • Ist unser Gruppenraum für alle zugänglich?
  • Kann man mit dem öffentlichen Nahverkehr
  • gut zu uns kommen?
  • Wie könnten die gefundenen Barrieren
  • abgebaut werden?
  • Was können wir vielleicht ganz einfach
  • selbst ändern?
  • Wo brauchen wir Hilfe und von wem?

Check 4: Wie offen sind die Angebote in (m)einer Kirchengemeinde?

Angebote für Jugendliche sollen sich an alle jungen Menschen richten. Damit dies gelingt, wird mit Werbung für die Angebote eingeladen. Diese sollte alle Jugendlichen erreichen. Hat dich schon einmal Werbung aus der Kirchengemeinde erreicht?

Aufgabe: Nehmt die ausliegende Werbung im Gemeindehaus und in der Kirche wahr. Schaut auch – wenn vorhanden – den Schaukasten an. Beantwortet folgende Fragen:

  • Wie werden Jugendliche auf die Angebote
  • in der Kirchengemeinde aufmerksam? Gibt es
  • Social Media-Accounts, Flyer usw.?
  • Wird in der Werbung sichtbar,
  • dass alle Jugendlichen willkommen sind?
  • Wen erreicht die Werbung nicht? Habt ihr Ideen,
  • wie das geändert werden könnte?
  • Strahlt die Werbung Freundlichkeit und Offenheit aus? Ist z. B. die Sprache verständlich?

Check 5: Wie inklusiv ist unsere Konfi-Zeit?

Inklusion heißt Teilhabe und Teilhabe entsteht durch Teilhabe, d. h. mitmachen, dabei sein und mitgestalten. In der Konfi-Zeit steht ihr Konfirmandinnen und Konfirmanden im Mittelpunkt. An euren Interessen sollte sich die Konfi-Zeit ausrichten.

  • Wie könntet ihr selbst in der Konfi-Zeit mitwirken?
  • Wird auf eure Fragen und Themen in der Konfi-Zeit eingegangen?
  • Wie seid ihr bei der Programmplanung beteiligt?
  • Was könnten Interessen von Jugendlichen sein,
  • die bisher nicht in die Konfi-Zeit kommen?

Check 6: Checkst du noch, was du gecheckt hast?

Nachdem alle Checks durchgeführt wurden, lohnt es sich noch einmal festzuhalten:

  • Was können wir im Blick auf Inklusion
  • schon richtig gut?
  • An welchen Stellen haben wir noch
  • Luft nach oben?
  • Welche konkreten Schritte wollen wir
  • (als Konfi-Gruppe) wagen?

Und zum Schluss …

Inklusion ist ein Prozess, d. h. immer wieder wird nach Wegen gesucht. Auch wenn beim Inklusions-Check rauskam, dass manches (noch) nicht geht, ist vieles möglich. Inklusion wird nur dann möglich, wenn Kirchengemeinden anfangen, ihre Haltung zu verändern und etwas Neues zu wagen.

  • Autor / Autorin: Sylvia Nölke
  • © Dieser Beitrag stammt aus dem Buch/E-Book "Alles kann raus" zur Jahreslosung 2025 - © 2024 Praxisverlag buch+musik bm gGmbH, Stuttgart - mehr Infos unter www.praxisverlag-bm.de/jugendgottesdienstmaterial
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