Jesus und Politik

Weshalb gehe ich (nicht) wählen und wie hängt mein Glaube damit zusammen? Dieser Baustein versucht, verschiedene Impulse zu setzen. Klar ist, es gibt nicht DIE eine christliche Partei und auch (kirchen-)geschichtlich gesehen war nicht immer die Mehrheit auf der politischen Seite, die das Gute für die Menschheit gebracht hat oder die in Gottes Sinne gehandelt hat. Auch Jesus scheint es um mehr oder um etwas anderes als einen politischen Umsturz gegangen zu sein. Warum also kann unser Glaube trotzdem Antrieb zum Wählen sein?

  1. Impuls zu 1. Könige 3:  In der Bibelstelle bittet der junge König Salomo Gott um ein hörendes Herz – damit er besser regieren kann: «Gib mir ein hörendes Herz». Mit den Jugendlichen kann gemeinsam gesammelt werden, worauf sie in ihrem Ort/Gemeinde/Freundesgruppe hören sollten. Welche Stimmen sind ungehört und müssten beachtet werden? Welche Stimmen werden von Parteien nicht gehört? Anschließend können Ideen gesammelt werden, wie die Parteien ungehörten Stimmen Raum geben können.
  2. Diese sieben Thesen könnten im Rahmen eines Jugendkreisabends diskutiert werden oder auch einzelne als Grundlage für eine Andacht oder einen Impuls genutzt werden. Sie erläutern, warum Glaube und Demokratie unbedingt zusammengehören: https://glaube-demokratie.de/thesen/
  3. Impuls zu “Beautiful Noise” – Nutze deine Stimme
    a. Die Jugendlichen sammeln zum Einstieg, wen sie mit ihrer Stimme alles erreichen (entweder jede*r für sich oder als Großgruppe)
    b. Gemeinsam das Lied “Beautiful Noise” anhören: https://www.youtube.com/watch?v=tzYA3V84Sso
    c. Die Jugendlichen lesen Jer 1, 1-9 und erarbeiten die Kernaussage: Gott beruft Jeremia und befähigt ihn, seine Stimme zu erheben (evtl. Mit der 5-Finger-Methode, Farbe bekennen, Black-Out-Paper-Methode,…)
    d. Jugendliche sammeln für sich einen Satz, den sie der Welt gerne sagen möchten (Wofür möchtest du deine Stimme einsetzen? Oder Wofür möchten wir als Gruppe unsere Stimme einsetzen?)

Buchtipp: Demokratie braucht Religion von Hartmut Rosa (ISBN: 9783466373031)

Mit Kindern gemeinsam die Schöpfung entdecken und sie bewahren lernen.

Das Thema Bewahrung der Schöpfung ist gegenwärtig in aller Munde. Medien berichten über den Zustand unserer Erde, Demonstrationen junger Menschen finden in den verschiedensten Städten statt, die dazu mahnen, sich für das Einhalten des 1,5 Grad-Zieles einzusetzen.1 Der „Club of Rome“ veröffentlicht nach vielen Jahrzehnten seinen neusten Bericht, der über die Entwicklung auf der Erde berichtet.2 Hinzu kommen verschiedene Initiativen3, die sich für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Außerdem ist es Thema der schulischen Bildung4 sowie der Politik5 und Kirchen. 

Auch christliche Kinder- und Jugendverbände nehmen sich zunehmenden dieser Aufgabenstellung an. Die Bewahrung der Schöpfung ist ein gesellschaftlich aufgeladener Begriff. Dennoch bleibt zu fragen, warum und wie wir mit Kindern über diesen wichtigen Bereich sprechen? 

1. Bibel und die Bewahrung der Schöpfung – Basics 

Innerhalb der Bibel gibt es zahlreiche Stellen, die die Bewahrung der Schöpfung betreffen. In diesem Beitrag werde ich mich allerdings auf einige der mir relevanten Bibelstellen konzentrieren. 
Einer der zentralen Texte in Bezug auf die Bewahrung der Schöpfung ist die Schöpfungsgeschichte in 1.Mose 1, wo das Wirken Gottes als Schöpfer und die Beziehung zwischen allem Geschaffenen beschrieben wird. In Verse 26-28 heißt es: „Gott sprach: »Lasst uns Menschen machen – unser Ebenbild, uns gleich sollen sie sein! Sie sollen herrschen über die Fische im Meer und die Vögel am Himmel, über das Vieh und die ganze Erde, und über alle Kriechtiere auf dem Boden.« Gott schuf den Menschen nach seinem Bild. Als Gottes Ebenbild schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie. Gott segnete sie und sprach zu ihnen: »Seid fruchtbar und vermehrt euch! Bevölkert die Erde und nehmt sie in Besitz! Herrscht über die Fische im Meer und die Vögel am Himmel und über alle Tiere, die auf dem Boden kriechen!«“ 

Diese Verse machen deutlich, dass der Mensch von Gott das Mandat erhalten hat, über die Schöpfung „zu herrschen“. Diese Herrschaft bedeutet jedoch nicht rücksichtslose Ausbeutung, sondern verantwortungsvollen Umgang mit der Natur, gemeint ist eine „gute Statthalterschaft“ im Sinne Gottes: Der Mensch soll die Schöpfung bewahren und pflegen, anstatt sie zu zerstören.6 Hier wird ein Beziehungsgeschehen zwischen Gott, dem Menschen und der restlichen Schöpfung beschrieben! 

Ein weiterer wichtiger biblischer Text7 ist Psalm 8, in welchem dem Menschen eine wichtige Rolle im Zusammenhang der Schöpfung gegeben wird. Da heißt es in den Versen 4-9: „Schaue ich hinauf zum Himmel, staune ich über das Werk deiner Finger. Betrachte ich den Mond und die Sterne, die du dort oben befestigt hast, so frage ich: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, das Menschenkind, dass du dich seiner annimmst? Kaum geringer als Gott – so hast du den Menschen geschaffen. Du schmückst ihn mit einer Krone – so schenkst du ihm Herrlichkeit und Würde. Die Werke deiner Hände hast du ihm anvertraut. Alles hast du ihm zu Füßen gelegt: Schafe, Ziegen und Rinder – alle zusammen, und dazu die wilden Tiere auf dem Feld, die Vögel am Himmel und die Fische im Wasser und was sonst die Meere durchzieht.“ 

Dieser Psalm betont die Würde und Verantwortung des Menschen als Teil der Schöpfung und stellt die Verbindung zu unserer vorherigen Stelle aus 1. Mose her. Der Mensch wird aufgefordert, die ihm übertragenen Aufgaben als Hüter und Bewahrer der Schöpfung wahrzunehmen und verantwortungsbewusst mit ihr umzugehen. 

Neben diesen Texten gibt es weitere, die die Bewahrung der Schöpfung thematisieren. Zum Beispiel wird in der 1.Mose 2,15 deutlich gemacht, dass der Mensch dazu bestimmt ist, den Garten Eden zu bebauen und zu bewahren. Im Buch Jesaja 24,4-5 wird die Zerstörung der Erde durch die Sündhaftigkeit der Menschen beschrieben. In Offenbarung 11,18 wird Gottes Zorn angekündigt, weil die Menschen die Erde und die Schöpfung zerstören. Deutlich wird, dass das Thema der Schöpfung ein zentrales Thema des Alten und Neuen Testamentes ist. 

2. Warum ist für Jesus die Bewahrung der Schöpfung wichtig? 

Für Jesus ist die Bewahrung der Schöpfung wichtig, weil er die Natur als Gottes Schöpfung betrachtet8 und sie als Ausdruck seiner Liebe und Fürsorge für die Welt ansieht. Jesus lehrt, dass die Erde und alle Geschöpfe darauf von Gott geschaffen wurden und einen eigenen Wert haben.  

Darüber hinaus betont Jesus die enge Verbindung zwischen Menschen und Natur. Er lehrt, dass wir als Teil der Schöpfung in Harmonie mit ihr leben sollen. Dies schließt die Achtung vor der Natur, die Nachhaltigkeit und die Vermeidung von Ausbeutung ein. Jesus ermahnt uns, uns füreinander und für die Natur verantwortlich zu fühlen und unsere Ressourcen sorgfältig zu nutzen.9 

Zudem lehrt er, dass unsere Beziehung zur Natur Auswirkungen auf unsere spirituelle Reife und unser Verhältnis zu Gott hat. Indem wir die Schöpfung bewahren, zeigen wir unsere Liebe zu Gott und sind ihm gehorsam. Die Bewahrung der Schöpfung ist daher auch eine Art des Gottesdienstes und der Hingabe an Gott.10 

Die Bewahrung der Schöpfung ist für Jesus wichtig, weil sie sowohl unsere Beziehung zu Gott als auch unsere Verantwortung für die Welt ausdrückt.11 

3. Warum sind für Jesus Kinder wichtig? 

In der Bibel wird erzählt, wie Jesus die Kinder zu sich gerufen hat und, dass das Reich Gottes denen gehört, die wie Kinder sind.12 Kinder haben eine kindliche Haltung der Offenheit, die für Jesus von großer Bedeutung ist. Sie sind von äußeren Einflüssen und Vorurteilen unvoreingenommen und sehen die Welt vielmehr mit offenen Augen. 

Jesus hebt die Demut der Kinder hervor und forderte seine Jünger auf, so zu werden wie sie: „Ihr müsst euch ändern und wie die Kinder werden. Nur so könnt ihr ins Himmelreich kommen. Wer sich so klein und unbedeutend macht wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich.“ (Matthäus 18,3-4). 

Darüber hinaus lehrt Jesus, dass der Glaube eines Kindes von großer Bedeutung ist. Im Matthäus-Evangelium sagt er: „Ihr müsst euch ändern und wie die Kinder werden. Nur so könnt ihr ins Himmelreich kommen.“ (Matthäus 18,3).  

Für Jesus sind Kinder unheimlich wichtig, da sie Zeichen für Demut, Unscheinbarkeit und bedingungslosen Glauben sind. Sie haben die Fähigkeit, die Welt aus einem offenen und unvoreingenommenen Blickwinkel zu betrachten. Diese Eigenschaften sind mit Blick auf die Verantwortung für die Schöpfung grundlegend und zugleich unabdingbar, da diese Haltung der Kinder wichtig für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung ist. 

4. Warum müssen Kinder schon heute für die Bewahrung der Schöpfung eintreten? 

Kinder müssen heute schon für die Bewahrung der Schöpfung sensibilisiert werden, da sie es sind, die auch in Zukunft auf der Erde leben werden. Sie sind es, die auch in Zukunft die Auswirkungen des Klimawandels, der Umweltverschmutzung und damit verbundener Probleme, die unsere Umwelt betreffen, noch deutlicher spüren werden. 

Indem Kinder sich schon frühzeitig für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen, können sie andere auf einen verantwortlichen Umgang mit der Schöpfung aufmerksam machen und zugleich zum entsprechenden Handeln motivieren. Sie können ihre Stimme erheben und so auf Missstände hinweisen. Außerdem können sie Veränderungen mit herbeizuführen, sei es durch Demonstrationen, politisches Engagement oder das Teilen ihres Wissens mit Gleichaltrigen und Erwachsenen. 

Sie können schon in jungen Jahren Verantwortung für die Schöpfung übernehmen. Indem sie zum Beispiel Müll reduzieren, Energie sparen, umweltfreundliche Produkte verwenden und die Natur schützen. 

Es ist wichtig, dass Kinder frühzeitig den Wert und die Bedeutung der natürlichen Welt erkennen, damit sie als Erwachsene eine nachhaltige und umweltbewusste Lebensweise weiterführen können. Außerdem können sie so dazu beitragen, die Umwelt und die zukünftigen Generationen zu schützen. 

5. Wie mit Kindern über die Bewahrung der Schöpfung reden?

Zunächst muss sichergestellt werden, dass die Kinder verstehen, was mit „Bewahrung der Schöpfung“ gemeint ist. Dabei gilt es zu erklären, warum es wichtig ist, die Umwelt zu schützen und die natürlichen Ressourcen zu erhalten, damit auch zukünftige Generationen sie genießen können.  

Um ihnen die Bedeutung der Bewahrung der Schöpfung näher zu bringen, können praktische Beispiele geben werden: Wie kann Wasser gespart werden, indem beim Zähneputzen der Wasserhahn zugedreht wird. Oder dass Müll recycelt werden kann, um die Umwelt weniger zu belasten oder das Licht, wenn nicht mehr benötigt, ausgeschalten wird. Grundsätzlich ist dabei die Vorbildfunktion der Eltern. Einen verantwortlichen Umgang mit der Schöpfung von Kindern zu fordern und zugleich nicht selbst zu praktizieren, wird nur wenig Wirkung zeigen. 

Es ist auch wichtig, den Kindern die Auswirkungen unser aller Handeln auf die Umwelt13 zu verdeutlichen. So kann den Kindern erklärt werden, wie der Klimawandel die Tier- und Pflanzenwelt bedroht und durch verantwortliches Handeln zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen einen Beitrag zum Schutz der Natur geleistet werden kann.14 Dabei ist es wichtig, die Informationen altersgerecht zu vermitteln und auf ihre Fragen und Bedürfnisse einzugehen: Drohgebärden und Horrorszenarien helfen nicht weiter! 

Eine weitere Möglichkeit, mit Kindern über die Bewahrung der Schöpfung zu sprechen, ist es, mit ihnen Geschichten oder Bücher zum Thema zu lesen. Denn gemeinsam das Thema zu entdecken und gewonnene Erkenntnisse in den Alltag einzusetzen hat einen hohen Mehrwert.15 Es gibt viele kindgerechte Bücher16, die sich mit der Bewahrung der Schöpfung beschäftigen. Durch solche Geschichten können sie entdecken und begreifen, wie entscheidend es ist, verantwortlich und sorgsam mit der Natur umzugehen. Ziel dabei ist es, zu entdecken, wie schön die Schöpfung ist! 

Das gilt es dann in einem weiteren Schritt zu entdecken: Gemeinsame Ausflüge in den nahegelegenen Wald oder Park zeigen noch viel mehr, wie vielfältige und artenreich die Natur ist. 

Dabei kann dann auch erklärt werden, wie entscheidend es ist, diese einzigartige Schönheit zu bewahren und zugleich Gott für dieses wunderbare zu loben. Außerdem kann so ihr Bewusstsein für die Schönheit und die Bedürfnisse der Natur geschärft werden. 

Ebenso ist es möglich den Umgang mit Tier und Natur zu erlernen, indem die Familie Sommerurlaub auf dem Bauernhof macht oder ein Haustier anschafft, für das alle gemeinsam verantwortlich sind. Das kann dazu beitragen, dass die Kindern Empathie für andere Lebewesen entwickeln und zu verstehen, dass alle Lebewesen Teil der Schöpfung sind. 

Ganz grundsätzlich ist es, wie bereits oben erwähnt, die Kinder in alle Entdeckungen rund um das Thema einzubinden, damit sie nachvollziehen können, was ihr Beitrag zur Bewahrung ist. Dabei können die Kinder nach ihrer Meinung oder nach eigenen Ideen gefragt werden, wie die Natur geschützt werden kann.  
Dabei sollen zunächst keine denkerischen Grenzen gesetzt werden: Es kann sein, dass gemeinsam Bäume gepflanzt oder der Wald vom Schmutz befreit werden.17 Genauso sind Patenschaften für Kinder in anderen Teilen der Welt denkbar oder das Spenden von Spielzeug an andere Kinder, die wenig oder keines besitzen. Ebenso ist es möglich, gemeinsam mit den Kindern nachhaltige Lebensmittel einzukaufen oder die den nahegelegenen Bauern durch den Einkauf zu unterstützen. Auch ist es möglich, eine Strecke zu Fuß zu gehen, anstatt das Auto oder Öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, wenn es möglich ist. Dabei gilt es, Kinder allerdings auch nicht zu überfordern, denn kleine Schritte sind entscheidend. 

Grundlegend bei aller Aktion ist nicht die Aktion! Vielmehr ist es das Lernen der Kinder, dass sie die Fähigkeiten haben, etwas zur Bewahrung der Schöpfung beizutragen: Es sind bewusste Entscheidungen und wiederum (kleine) Handlungen des Alltags, die die Schöpfung bewahren. 

6. Bewahrung der Schöpfung und Kinder 

Kinder spielen eine entscheidende Rolle bei der Bewahrung der Schöpfung. Sie sind die Gegenwart und Zukunft der Gesellschaft und haben die Möglichkeit, positive Veränderungen herbeizuführen.  

Jugendarbeit in der Kirche hat zwei Mandate, die es zu fokussieren gilt: Sie soll zum Glauben einladen und zugleich die Verantwortung für alles andere mitgeschaffene stärken. Ersteres funktioniert durch attraktiv-einladende Angebote. Darüber hinaus kann die Jugendarbeit zu Aktivitäten wie Naturerkundungen, Umweltprojekte und Diskussionen über Themen wie Klimawandel und Nachhaltigkeit einladen und so auch dem zweiten Mandat gerecht werden. 

Darüber hinaus haben christliche Kirchen die Aufgabe, religiöse Einrichtungen auch praktische Maßnahmen zu ergreifen, um die Bewahrung der Schöpfung zu fördern. Dies kann beinhalten, erneuerbare Energien zu nutzen, Recyclingprogramme zu implementieren und die Gemeinde zu ermutigen, umweltfreundliche Praktiken in den Alltag zu integrieren. 

Indem Kinder in den unterschiedlichen altersentsprechenden Formaten über die Bewahrung der Schöpfung sensibilisiert werden und praktische Erfahrungen sammeln, können sie zu Botschaftern Jesu und zugleich für das Eintreten für die Natur werden. Indem sie ihr Wissen und ihre Überzeugungen mit anderen teilen, können sie ihre Gemeinschaften und sogar die Welt um sie herum positiv beeinflussen. 

Stundenentwurf: Bewahrung der Schöpfung – Gottes Liebe zu unserer Welt entdecken 

Zielgruppe: christliche Kinder im Alter von 6-8 Jahren 

Zeitrahmen: 60 Minuten 

Ziele: 

  1. Die Kinder verstehen, dass Gott den Menschen die Erde anvertraut hat und sie geschützt werden soll. 
  1. Die Kinder lernen, wie sie sich – auf ihre Weise – für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen können. 
  1. Die Kinder verstehen, was Gottes Liebe zur Schöpfung meint.  

Materialien: 

  • Bibel 
  • Materialien aus der Natur wie bspw. Tannenzapfen und Gräser nutzen, die zur Erzählung der biblischen Geschichte gebraucht werden. 
  • Kamera oder Handy 
1. Begrüßung und Einstieg (5 Minuten) 
  • Treffpunkt ist am Gemeindehaus. Von dort aus findet ein Ausflug in den nahegelegenen Wald oder ins Feld statt. 
  • Begrüßung in der Natur: Erzählung vom letzten Waldspaziergang mit der Familie durch den Wald. Tierspuren wurden entdeckt und Tannenzapfen gesammelt. Die Vögel haben gesungen. Frage: Was habt ihr auf dem Weg gehört oder gesehen? Welche Tiere habt ihr entdeckt?  
  • Mitarbeitende/r erklärt, dass das heutige Thema des heutigen Treffens sind rund um alles Geschaffene dreht und welche Rolle jedes einzelne Kind übernehmen kann. 
2. Bibelerzählung (10 Minuten) 
  • Mitarbeitende/r erzählt die Geschichte von der Erschaffung der Welt aus der Bibel (1.Mose 1,1-25). 
  • Zentrale Aspekte werden mit zuvor gesammelten Materialien auf den Boden vor der Gruppe gelegt. 
3. Gemeinsames Gespräch (10 Minuten) 
  • Mitarbeitend/r führt ein Gespräch über die Geschichte und die Schöpfung. 
  • Fragen wie „Warum hat Gott die Erde erschaffen?“ und „Was denkt ihr, wie Gott sich gefühlt hat, als er die Welt erschaffen hat?“ werden gestellt. Und: „Welche Aufgabe habe ich als Mensch?“ 
  • Die Kinder werden ermutigt, ihre Gedanken und Ideen zu teilen. 
4. Aktivität: Bilder in die Natur malen (20 Minuten) 
  • Die Kinder werden in Gruppen à fünf Personen eingeteilt und aufgefordert, so viele verschiedene Gegenstände wie möglich zu finden. Aus den unterschiedlichen Bestandteilen sollen sie nun einen Menschen und ein Tier auf den Waldboden legen. 
  • Von allen Bildern werden am Ende Fotos gemacht und diese an die Eltern geschickt. 
5. Abschluss (10 Minuten + 5 Minuten Zeitpuffer) 
  • Die Kinder stellen ihre Bilder der Gruppe vor und erzählen, welche Naturgegenstände sie genutzt haben. 
  • Am Ende wird noch einmal erklärt, wie wichtig es ist, unsere Umwelt zu bewahren. 
  • Gemeinsam werden Ideen gesammelt, wie die Kinder im Alltag aktiv an der Bewahrung der Schöpfung teilnehmen können. 
  • Zum Abschluss wird gemeinsam ein Dankgebet gesprochen und der Rückweg angetreten. 
Quellenangaben:

1 https://www.spiegel.de/wissenschaft/klimakrise-globale-temperaturen-ueberschreiten-die-1-5-grad-schwelle-erstmals-im-juni-a-9218ea69-a706-424b-a958-0f8079dd3a81  
2 https://www.oekom.de/buch/earth-for-all-9783962383879  
3 https://www.elk-wue.de/leben/bewahrung-der-schoepfung  
4 https://material.rpi-virtuell.de/themenseite/bewahrung-der-schoepfung/  
5 Geiger, G. und van Saan-Klein (Hgg.): Menschenrechte weltweit – Schöpfung bewahren!: Grundlagen einer ethischen Umweltpolitik, Verlag Barbara Budrich, 2013.  
6 In zurückliegenden Jahrhunderten wurde dieser Vers dazu genutzt, um Länder, Natur und Völker auszubeuten. 
7 Weitere nachlesenswerte Bibelabschnitte sind u.a.: 5.Mose 10,18; Jakobus 5,1-6 (beide unter Überbegriff: Nächstenliebe); Psalm 104,27-28; Römer 8,19-22 (unter Überbegriff: Gleichwertigkeit); Psalm 24,1; Römer 1,20 (unter Überbegriff: Schöpfung, die Gott preist und ihm gehört). 
8 Vgl. Matthäus 6,26. 
9 Siehe Matthäus 13. 
10 Offenbarung 5,13. 
11 Markus 12,29. 
12 Markus 10,14. 
13 https://www.youtube.com/watch?v=RTuGEUh2SSk  
14 https://www.youtube.com/watch?v=E1ZC0FT8z24  
15 „So kannst du die Erde retten“ ist ein Lesetipp zum Thema: https://www.herder.de/kinderbuch/shop/p7/74389-so-kannst-du-die-erde-retten-flexcover/?gad_source=1&gclid=CjwKCAiA7t6sBhAiEiwAsaieYp6HmRD_256TkdULMlHu8ciuuVD2sG9pthefYAC01I6Nj-DV-DrubxoCihYQAvD_BwE  
16 https://www.manufactum.de/natur-tuer-leon-schuetzt-erde-a211426/?gad_source=1&gclid=CjwKCAiA7t6sBhAiEiwAsaieYjx5Uo16hQk_nS4DOmnXzdw9KqOQB-u8X3XEBZV7QkNxyIL0wIBEGRoCW_oQAvD_BwE  
17 Später ist auch ein Engagement für ältere Jugendliche im Bereich Umweltschutz denkbar: https://www.arocha.org/wp-content/uploads/2015/10/Introducing-leaflet-German-for-web.pdf  

Wer kennt es nicht: Da ist man zusammen unterwegs und da kann es durch die Intensität der gemeinsamen Zeit, aufgrund von Streitigkeiten innerhalb der Gruppe oder auch von Heimweh immer mal wieder dazu kommen, dass es jemandem schlecht geht und Tränen fließen. Das ist immer ein heikler Moment. Wie geht man damit am besten um? Ignorieren ist sicherlich keine Option.

Hier ist eine besondere Form der »Ersten Hilfe« vonnöten: Seelsorge. Dieser Beitrag gibt einen kleinen Einblick in eine besondere Form, die Methode der »Peer to Peer«-Seelsorge. Das klingt erst einmal echt hochtrabend und wichtig, auch wenn die wenigsten damit konkret etwas verbinden können – außer vielleicht, dass es in der Regel Pfarrer*innen oder Diakon*innen sind, die Seelsorge anbieten. Aber ist das auch so?

Per Definition ist Seelsorge eine »aus dem christlichen Glauben motivierte und im Bewusstsein der Gegenwart Gottes vollzogene Zuwendung. Sie gilt dem einzelnen Menschen, der Rat, Beistand, Trost in Lebens- und Glaubensfragen in Anspruch nimmt, unabhängig von dessen Religions- bzw. Konfessionszugehörigkeit.«

Da steht jetzt erst mal nicht, dass diese besondere Form der »Ersten Hilfe« nur beruflichen Menschen vorbehalten ist. Das wäre ja auch Unsinn, denn häufig sind die ehrenamtlichen Teamer*innen ja viel näher an den Teilnehmenden der Gruppe dran: in den Kleingruppen, bei der »Gute Nacht«-Runde, beim gemeinsamen Tisch-Dienst … Darum ist es besonders wichtig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen – denn du kannst dich in dem Moment, wenn jemand weinend vor dir steht, nicht einfach wegducken und auf die Beruflichen verweisen. Du kannst direkt helfen und dich als erste*r Gesprächspartner*in anbieten – und danach zusammen mit der Person losgehen und weitere Hilfe suchen, so das denn nötig ist.

Eine sehr gute Methode, sich auf diese Form der Notfälle vorzubereiten, ist eine Schulung im Bereich »Peer-to-Peer«-Seelsorge. Hier geht es darum, sich intensiv mit dem Handlungsfeld auseinanderzusetzen und ein Gefühl für das zu bekommen, was man selbst in dieser Situation leisten kann – und was eben nicht.

In so einer Schulung geht es vor allem darum, eine eigene Haltung zu entwickeln, sich sensibilisieren zu lassen für Momente, in denen ein Gesprächsangebot gut und hilfreich sein kann – denn manchmal kann man beim Gegenüber die »Not« schon fast mit Händen greifen, auch wenn die betroffene Person dazu erst einmal gar nichts sagen kann.

Mit dieser kleinen Ablauf-Skizze wollen wir dich motivieren, eine »Peer-to-Peer«-Schulung bei deinem CVJM, der Kirchengemeinde bzw. dem Kirchenkreis oder an anderer geeigneter Stelle zu besuchen – die Skizze soll keine Schulung ersetzen.

1. Schritt: Gesprächsbedarf und -situationen erkennen

Was für Situationen kennst du, in denen eine Person Hilfe benötigt hat?
-> Dabei kann es um eigene Erfahrungen gehen oder solche, die man bei anderen erlebt hat.

Wie war das zu erkennen?
-> Fragen nach Mimik, Gestik, Sprache, allgemeinem Verhalten, direktes Ansprechen …

2. Schritt: hilfreiche Methoden sammeln

Was für Reaktionen können in so einem Fall hilfreich sein?
-> Erinnere dich an eine Situation, in der du Hilfe gebraucht hast und vervollständige einen Satz: »Damals hat mir geholfen, dass …« bzw. »Nicht geholfen hat mir, dass …«

3. Schritt: persönliche Möglichkeiten und Grenzen meiner Gesprächsführung

Was kann dich bei deinem Wunsch, der betroffenen Person zu helfen, bremsen?
-> Überlege dir, was du für innere »Grenzen« hast (Thema, Person, eigene Ressourcen) oder welche äußeren Begrenzungen (Tagesplan, eigene Termine …) dich behindern

4. Schritt: Gesprächsende markieren

Woran kannst du erkennen, dass das Gespräch zu Ende ist?
-> Was für Signale gibt es, wie kann man ein Gespräch beenden?

5. Schritt: Selbstfürsorge

Was kannst oder solltest du nach einem Gespräch machen, damit es dir gut geht?
Wann musst du mit einem Beruflichen über so ein Gespräch reden?

Am Ende einer solchen Schulung wirst du wissen, dass es gar nicht darum geht bzw. gehen kann, die »Welt zu retten« – aber dass du die Welt der betreffenden Person zumindest etwas besser machst.

In manchen besonderen Gottesdiensten steht der Segen nicht erst am Ende. Er ist vielmehr eines der zentralen Elemente darin und hat eine spezielle Funktion. Zum Beispiel bei Sendungsgottesdiensten für Freizeitenmitarbeitende. Dieser Artikel lässt Wert und Nutzen dieses Gottesdienst-Formats entdecken und führt entscheidende Aspekte aus, deren Beachtung zum Gelingen dieser Feier beitragen.

Segen heißt…

Segen kommt vom lateinischen Wort signum (Zeichen, Kennzeichen) und bezeichnet ein Gebet oder einen Ritus, wodurch Personen oder Sachen Anteil an göttlicher Kraft bzw. Gnade bekommen. Der Begriff Segen entspricht dem lateinischen Wort benedictio, abgeleitet von benedicere aus bene („gut“) und dicere („sagen“), also „Gutes über jemanden sagen“. Ziel des Segens ist die Förderung von Glück und Gedeihen oder die Zusicherung von Schutz und Bewahrung. Der Segen erfolgt mit Worten und Gebärden.
In verkürzter Form ist das der Eintrag bei Wikipedia, den man unter dem Stichwort „Segen“ findet. Der Segen spielt natürlich in jedem Gottesdienst eine tragende Rolle. Er wird den Besuchern normalerweise gegen Ende des Gottesdienstes zugesprochen. 

Demgegenüber sind Sendungsgottesdienste für Freizeitenmitarbeitende besondere Segnungsgottesdienste. In diesen speziellen Gottesdiensten werden die einzelnen Mitarbeitenden bzw. Mitarbeitendenteams von Freizeiten für deren Dienst ausgesandt. Sie bekommen (gemeinschaftlich oder einzeln) Gottes Segen für ihren Dienst zugesprochen. Jedem Mitarbeitenden soll damit klar werden, dass sie oder er mit ihrem bzw. seinem Tun und Handeln Gottes Wort ausbreiten und letztlich an SEINEM Reich bauen.

Sendungsgottesdienste für Freizeitenmitarbeitende

In vielen Bezirksjugendwerken, Kirchengemeinden oder CVJMs sind Sendungsgottesdienste für Freizeitenmitarbeitende zu einer festen Größe im Jahresablauf geworden. Diese Art von Gottesdienst kann ganz unterschiedlich gestaltet sein. Manche Bezirksjugendwerke integrieren die Aussendung in Gottesdienste, die bereits im Jahresverlauf zur Tradition geworden sind. Dazu gehören zum Beispiel Jugendgottesdienste oder Gottesdienste im Grünen. Wieder andere planen weitere Veranstaltungen um einen Sendungsgottesdienst herum, wie zum Beispiel ein Event für Mitarbeitende oder ein gemeinschaftliches Essen. In manchen Kirchenbezirken lässt es sich sogar der Dekan nicht nehmen die Aussendung der Mitarbeitenden selbst vorzunehmen. Gemein haben die meisten Gottesdienste, dass die jeweiligen Freizeiten mit ihren Eckdaten vorgestellt werden und die Teamer als Gruppe einen Segen erhalten. Das kann eher kurz und schlicht, aber auch ausführlicher und zum Beispiel mit der Geste des Handauflegens geschehen. In manchen Jugendwerken ist es zum Beispiel zur Tradition geworden, den Freizeiten eine Losung zuzusprechen, die das Team in der Durchführung ihrer Maßnahme begleitet. 

Den Wert von Sendungsgottesdiensten verstehen

Nun kann man sich fragen: Warum das Ganze? Warum solch ein Aufwand bzw. ein separater Gottesdienst dafür? Brauchen die Mitarbeitenden denn diese Vergewisserung noch einmal? Lohnt sich dieser Aufwand?
Meist sind Mitarbeitende im Freizeitbereich auch in Gruppen und Kreisen vor Ort aktiv bzw. haben eine Schulung zu Beginn ihrer „Mitarbeiter-Karriere“ durchlaufen. Auch hier werden in einzelnen Kirchengemeinden Gottesdienste gefeiert, in denen Mitarbeitende in ihre Aufgabe als Gruppenleiter eingesetzt bzw. verabschiedet werden. In manchen Bezirksjugendwerken werden die Zertifikate in einem Gottesdienst übergeben. Das alles geschieht, um Menschen zu würdigen; ein Zollen von Respekt gegenüber den Menschen, die sich viele Stunden ehrenamtlich für andere engagieren. Ihr Dienst wird dadurch in der Öffentlichkeit bekannt. Daher lohnt es sich immer dreifach solche Gottesdienste zu feiern:

1. Nach innen – da die Mitarbeitenden und Freizeitenteams gestärkt und für ihren Dienst zusätzlich motiviert werden. 
2. nach außen – um einer (breiten) Öffentlichkeit einer Kirchengemeinde bzw. eines Bezirksjugendwerks zu zeigen, welches ehrenamtliche Engagement im Bereich Freizeiten an den Tag gelegt wird. 
3. nach oben – um (sich vielleicht noch einmal daran erinnern zu lassen) die „Dimension Gott“ – Gott und sein Handeln – in die Planung und Durchführung einer Freizeit oder des eigenen Lebens (wieder) entscheidend miteinzubeziehen. Also die Zeit der Freizeiten, als Zeit für und mit Gott zu nutzen. 

Praktische Schritte – Dos & Don‘ts 

Wenn man ein paar grundsätzliche Aspekte bedenkt, lassen sich Sendungsgottesdienste für Freizeitenmitarbeitende ansprechend planen und durchführen: 

1.    Denk’ nicht, dass ein Sendungsgottesdienst nichts bewirkt!
Er dient der Vergewisserung der Freizeitmitarbeitenden und wird diese zusätzlich motivieren. Es lohnt sich also in jedem Fall, solch einen Gottesdienst zu planen und zu feiern. 

2.    Bezieh‘ die Freizeitmitarbeitenden mit ein! 
Sie und ihr Einsatz sind der Grund, warum dieser Gottesdienst stattfindet. Das kann dadurch geschehen, dass sie sich bzw. ihre Freizeit vorstellen und „nach vorne“ kommen und dann für die „Gemeinde“ sichtbar werden. Oder zum Beispiel dadurch, dass sie im Gottesdienst in der Vorbereitung bereits eingebunden sind und einen (kleinen) Teil beitragen. 

3.    Gestalte den Gottesdienst vielfältig und bunt! 
Zugegeben kein ganz neuer Tipp. Trotzdem besitzt er zeitlose Gültigkeit: Musik, die Predigt/ der Impuls, kreative Elemente, die Beteiligten,… Denn das spiegelt die unterschiedlichen Freizeiten wider.

4.    Setze ein Zeichen! 
Gib den Gottesdienstbesuchern etwas mit!Sprich: Ein „Giveaway“ – ein kleines Geschenk, das sie an diesen Tag erinnert. Das hält die Erinnerung an den Gottesdienst wach und kann ggf. auch noch einmal die Kernaussage einer Predigt unterstreichen. 

5.    Mach‘ es öffentlich! 
Wenn möglich, sollte der Gottesdienst nicht ausschließlich von den Freizeitmitarbeitenden, die dort ausgesandt werden, besucht sein, sondern auch von einer Gemeinde. Dadurch bekommt das ganze „Gewicht“ und wird öffentlich. Denn die Jugendarbeit auf Freizeiten ist ein wichtiger Bestandteil der Jugendarbeit an sich. Handle also frei nach Paulus: „Tue Gutes und rede darüber!“ bzw. mache es öffentlich.

6.    Lade breit ein! 
Manchmal hält man es ja selbst nicht für möglich: Da kommt die ältere, alleinstehende Damen zu einem Sendungsgottesdienst. Irgendwie deplatziert, denkt man sich da vielleicht. Wenn man dann aber nach dem Gottesdienst mit ihr ins Gespräch kommt, stellt sich bald heraus, dass auch ihre Jugend von Freizeiten und Fahrten geprägt war und sie ganz viele positive Erinnerungen daran hat. Eine Chance also, um Neues zu entdecken, miteinander ins Gespräch zu kommen und vielleicht auch von einander zu lernen – in einer Gemeinde und darüber hinaus. Und das Ganze funktioniert dann besonders gut, wenn nach dem Gottesdienst nicht alle gleich auseinanderlaufen, sondern es eine zwanglose Möglichkeit zum Austausch gibt wie zum Beispiel ein Stehempfang, ein „Kirchen-Café“, ein kleiner Event oder ähnliches.

Auf jeden Fall haben wir allen Grund dazu! Das wird in den neuen Angeboten der KON-Redaktion zu den »Ich bin« Worten Jesu deutlich – weil ER für uns alles Lebensnotwendige IST.

Neben hilfreichen Themenartikeln für MitarbeiterInnen gibt es interaktive Bibelarbeiten und kreative Stundenentwürfe für die Gruppe, mit Ideen für die Adventszeit und darüber hinaus – zum Guten Hirten, (offenen) Türen, Weinstock und Reben, Brot und Auferstehung und Leben.

Die Ich-bin-Worte

sind zentrale Aussagen des Johannesevangeliums.

Sie lauten:

Joh 6,35Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.
Joh 8,12Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.
Joh 10,7.9Ich bin die Tür zu den Schafen. Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden und wird ein und aus gehen und Weide finden.
Joh 10,11.14Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.
Joh 11,25Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.
Joh 14,6Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.
Joh 15,1.5Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.

Mit diesen sieben Sätzen versucht der Verfasser des Johannesevangeliums zu erklären, wer Jesus Christus ist und was er für die gläubigen Menschen sein kann.

Aufgebaut sind sie alle sehr ähnlich: Sie beginnen mit der klaren Aussage „Ich bin“, gefolgt von einem (für die damalige Zeit) verständlichen Bild aus dem Alltag der Menschen (Brot, Licht …). Anschließend folgt ein Zusatz, eine Ergänzung oder weiterführende Erklärung des Bildes bzw. der Bedeutung Jesu. So verdeutlichen die Ich-bin-Worte die Heilsbedeutung Jesu.

Vom Verfasser des Johannesevangeliums werden diese Worte Jesus in den Mund gelegt, sie müssen historisch-kritisch betrachtet aber nicht unbedingt von Jesus selbst ausgesprochen worden sein. Ob Jesus diese Aussagen wirklich selbst über sich getätigt hat, lässt sich nicht abschließend beantworten. Es spielt aber auch keine entscheidende Rolle. Viele wichtiger ist, was die Ich-bin-Worte über Jesus und seine Bedeutung für uns Menschen aussagen wollen.

Auffällig ist, dass nie formuliert ist: „Ich bin wie das Brot …“ oder „Ich zeige euch den Weg …“. Die Formulierung ist jedes Mal „Ich bin das Brot/der Weg …“. Jesus ist also nicht nur wie das Brot, das Licht usw., Jesus ist es – in seiner Person selbst. Auf diese Weise gibt sich Jesus im Johannesevangelium als Gott selbst zu erkennen.

Gott hat sich im Ersten Testament zuerst mit einem Ich-bin-Wort vorgestellt: „Ich bin, der ich bin“ (Exodus 3,13f). Diese Art der Selbstoffenbarung greift Jesus im Johannesevangelium auf und betont damit seine besondere Verbindung zu Gott als seinem Sohn. Auf diese Weise macht der Verfasser des Evangeliums deutlich, dass Jesus Christus der Einzige ist, der Gott offenbaren kann und an dem die Menschen sich orientieren sollen.

Die »Ich bin«-Worte für Jugendliche erklärt

Wie könnten wir diese Worte heute in unserer Zeit in eine Sprache und Bilder übersetzen, die unsere Kinder und Jugendlichen gut verstehen?

Die Bilder und Symbole der Ich-bin-Worte sind relativ universell und können sicher auch heute noch gut verstanden werden. Es kann jedoch trotzdem sinnvoll sein, sich mit Kindern und Jugendlichen Gedanken über modernere Ausdrücke zu machen, um die biblischen Worte neu mit Leben zu füllen.

Die hier aufgeführten Vorschläge können vielleicht nicht von allen Menschen komplett verstanden werden und sind sicher manches Mal unzureichend. Aber sie können und sollen Anregungen zu weiteren Gesprächen und Diskussionen über die Ich-bin-Worte und ihre Bedeutung geben.

Hier findest du einige Vorschläge und Anregungen, aber frag gerne die Kinder und Jugendlichen in deiner Gemeinde selbst einmal nach ihren Ideen, welche Begriffe sie in der heutigen Zeit verwenden würden.

Ich bin das Brot des Lebens.

Brot als lebenswichtiges Grundnahrungsmittel, überlebenswichtig! In beiden Testamenten wird von Speisungswundern berichtet: Im ersten Testament ist das Volk Israel auf jahrelanger Flucht und Wanderung durch die Wüste. Damit sein Volk nicht verhungert, lässt Gott Manna (ungesäuertes Brot) vom Himmel fallen. Im zweiten Testament speist Jesus mehrere Tausend Menschen mit nur 5 Broten und 2 Fischen. Eine mögliche Übersetzung für Heute: Ich bin dein Geldautomat.

Ich bin das Licht der Welt.

Licht, das auch durch die Dunkelheit scheint, alles hell erleuchtet und damit Ungewissheit und Angst nehmen kann.
Eine mögliche Übersetzung für Heute: Ich bin dein Smartphone (mit Taschenlampe, Suchmaschine, usw.)

Ich bin die Tür.

Einladend, ich darf hindurch gehen und bin dann in Sicherheit an einem guten, friedlichen Ort. Eine mögliche Übersetzung für Heute: Ich bin dein Zuhause/dein SavePlace.

Ich bin der gute Hirte.

Der gute Hirte kümmert sich um seine Schafe, er versorgt sie mit allem, was sie brauchen, beschützt sie, ist immer da. Eine mögliche Übersetzung für Heute: Ich bin dein bester Freunde/deine beste Freundin.

Ich bin die Auferstehung und das Leben.

Der Wunsch und der Glaube, dass unser Leben nach dem Tod nicht zu Ende ist; dass es nicht sinnlos ist; dass wir unsere Angehörigen noch einmal wiedersehen können. Hier wird es schwer ein konkretes Bild zu finden … Eine mögliche Übersetzung für Heute: Ich bin deine Hoffnung. Vielleicht auch: Ich bin dein Herzschrittmacher.

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Weg, Wahrheit und Leben als alles, was nötig ist für ein gelingendes Leben. Eine mögliche Übersetzung für Heute: Ich bin dein Google Maps und zeige Dir, wo es lang geht. Oder auch: Ich bin dein Coach/deine Therapeutin und helfe dir immer weiter.

Ich bin der wahre Weinstock.

In Israel damals ein bekanntes, häufiges Bild: Gott als der Weinbauer und das Volk Israel/die Juden als Weinberg Gottes bzw. hier als die Reben am Weinstock Jesu. Jesus ist in diesem Bild als Weinstock also als eine Art „Verbindung“ zwischen Gott und den Menschen. Eine mögliche Übersetzung für Heute: Ich bin Smartphone/Telefon. Oder auch: Ich bin das Internet, das alle Menschen miteinander verbindet und Kontakt überall hin ermöglicht.

Der Begriff der Willkommenskultur beschäftigt sich eigentlich in erster Linie mit der Frage, auf welche Art und Weise Menschen mit Migrationsbiografie in der Gesellschaft auf- und wahrgenommen werden. Wikipedia beleuchtet drei Aspekte. Dabei geht es um

  1. die positive Einstellung von Gemeinschaft, Bürgern und Institutionen gegenüber den Migrant*innen zu verdeutlichen
  2. den Wunsch, das Migrant*innen sich immer in den Kontakten zu anderen willkommen fühlen
  3. die getroffenen Maßnahmen, die ganz praktisch für eine „erlebbare Willkommenskultur“ umgesetzt werden

In einer Zeit, in der in Deutschland neben Menschen aus den bisher bekannten Krisen- und Kriegsgebieten wie z. B. Syrien, Afghanistan oder Ländern des afrikanischen Kontinents auch zunehmend Menschen aus der Ukraine Asyl suchen und immer mehr Menschen illegal nach Deutschland kommen, in einer Zeit, in der die rechtspopulistischen und -radikalen Stimmen in Deutschland immer lauter werden und deren Vertreter bei den Wahlen immer besser abschneiden, scheint ein Riss durch diese Willkommenskultur zu gehen.

Böse und zugespitzt könnte ich schreiben, dass auf der einen Seite immer noch die Menschen stehen, die nach wie vor gerne und fröhlich auf andere Menschen zugehen und sich dafür einsetzen, dass Migrant*innen hier in Deutschland gut ankommen und eine neue Heimat finden können. Auf der anderen Seite gibt es die Menschen, die hinter allem „Fremden“ etwas Feindliches wittern, die sich abschotten und den Märchen des Faschismus in unserem Land blind Gehör schenken.

Klar, damit mache ich es mir total einfach. Ich weiß, dass es nicht nur „schwarz“ und „weiß“ gibt, sondern auch noch „50 shades of grey“ mit allem, was wir zwischen den beiden extremen Außenpositionen wahrnehmen können und dass die Frage nach der heutigen Willkommenskultur keine einfache Antwort findet.

Doch ich weiß noch etwas anderes: dass wir in unserer kirchlichen „Bubble“ tatsächlich ein Problem mit der Willkommenskultur haben – und zwar ganz losgelöst von der Frage danach, wie wir uns in den Diskussionen rund um die Herausforderungen der deutschen Asyl- und Migrationspolitik positionieren.

Es geht mehr um die Grundsatzfrage, wie wir mit Menschen umgehen, die bei uns auf einmal neu am Horizont auftauchen: in unseren Gottesdiensten, in unseren Gruppen, bei unseren Veranstaltungen – und zwar unabhängig von einer möglichen Migrationsbiografie. Was haben wir in diesem Kontext für eine Willkommenskultur?

Rückblende I:

Gemeinsam mit einigen Jugendlichen meiner damaligen Gemeinde bin ich auf Städtetour in Dresden. Um dabei „über den Tellerrand“ zu gucken, besuchen wir einen Gottesdienst einer lokalen freien Gemeinde. In diesem Fall war es die ICF, die dort erst seit kurzem dabei war, eine Gemeinde aufzubauen.

Gleich nachdem wir angekommen waren, wurden wir von Leuten der Crew wahrgenommen und angesprochen: wer wir denn wären, was wir so machen würden und auch, wie toll es sei, uns im Gottesdienst dabei zu haben. Über diese persönliche Begrüßung hinaus gab es für uns einiges zu entdecken: eine kleine Kaffee-Bar, wo man sich noch ein Heißgetränk besorgen und mit anderen ins Gespräch kommen konnte, eine Möglichkeit, Gebetsanliegen zu notieren, damit die Gemeinde im Gottesdienst für konkrete Dinge beten konnte, ein kleiner Stand mit Büchern und anderen Dingen, die man sich kaufen konnte und noch so einiges mehr – und alles in einem ziemlichen hippen und schicken Style eingerichtet.

Im Laufe des Gottesdienstes gab es dann noch eine ganz besondere Überraschung, als die Gebetsanliegen der Gemeinde vorgelesen wurden: Da hatte jemand uns im Blick und bat darum, dass Gott unsere Gemeinschaft segnen möge und wir viel Spaß in Dresden haben würden. Unsere Jugendlichen waren ganz begeistert – so etwas konnte man bei uns in der Gemeinde ja nicht erleben.

Rückblende II:

Ein anderes Jahr, ein anderes Ziel unserer Städtetour. Dieses Mal sind wir in Hamburg, und wieder besuchen wir einen Gottesdienst einer freien Gemeinde. Wir sind zu Gast in der Elim-Kirche in Hamburg. Anderes Setting, aber viele Parallelen: Wir werden wieder wahrgenommen und fröhlich angesprochen – und zwar nicht nur als Gruppe beim Betreten der Veranstaltungsräume, sondern auch in einzelnen Situationen, z. B. von den Nachbarn in der Stuhlreihe oder beim Getränkestand. Auch hier herrscht eine große Fröhlich- und Lebendigkeit, wird moderne Lobpreis-Musik gespielt und erleben die Jugendlichen eine ganz andere Stimmung, als normalerweise sonntags in der eigenen Gemeinde herrscht. Wir fühlen uns willkommen.

Rückblende III:

Wieder ein anderes Jahr, dieses Mal bin ich allein unterwegs. Allein besuche ich den Gottesdienst meiner „neuen“ Gemeinde, in der ich nach meinem Umzug an die Nordsee gelandet bin. Es ist eine „klassische“ evangelische Gemeinde der Landeskirche, vieles kommt mir bekannt vor und ich kann mich im Gottesdienst schon etwas heimisch fühlen. Und danach? Wird, typisch ostfriesisch, Tee angeboten. Ich bleibe stehen, greife zu … und bleibe allein stehen. Niemand, der mich anspricht, keiner, der auf das unbekannte Gesicht in der Runde zugeht und das Gespräch sucht. Tatsächlich macht sich bei mir etwas Enttäuschung breit, denn ich hätte mich schon sehr über einen ersten Kontakt gefreut.

Natürlich ist mir klar, dass sich aus diesen drei Begebenheiten keine Gesetzmäßigkeit ablesen lässt – vor allem möchte ich damit nicht behaupten, dass es „typische Kennzeichen“ von freien bzw. landeskirchlichen Gemeinden sind. Aber ich weiß jetzt sehr genau, wie es sich anfühlt, irgendwo fremd zu sein und nicht „dazuzugehören“. Und seitdem achte ich noch genauer darauf, wie ich mit Menschen umgehe, die neu in meiner Umgebung auftauchen und auf welche Weise sie von der Gruppe wahrgenommen und integriert werden, mit der ich unterwegs bin.

Und so stelle ich mir aufgrund meiner persönlichen Erfahrung doch einige Fragen. Die eine oder andere Frage ist als Impuls für deine eigene Arbeit vor Ort – unabhängig davon, ob es sich bei den „neuen Leuten“ in der Gruppe um Geflüchtete, Menschen mit Migrationsbiografie oder einfach nur um Zugezogene aus dem Nachbarort oder einem anderen Bundesland handelt – vielleicht ganz gut geeignet.

Impulsfragen

  1. Versteht mein Gegenüber meine Sprache?
    Nicht nur die Frage nach der Muttersprache ist hiermit gemeint, sondern auch die nach so ganz „eigenen Formulierungen«, einem besonderen Dialekt, ungewohnten Insidern… Sprache entscheidet ganz viel darüber, ob ich mich irgendwo wohl fühlen und ankommen kann.
  2. Kennt mein Gegenüber den Ablauf?
    Nicht selten unterscheiden sich die Gottesdienst-Formen der Landeskirchen (oder auch der Gemeinden im gleichen Kirchenkreis) etwas voneinander. Darum: wie kann ich versuchen, den Ablauf eines Gottesdienstes, einer Gruppe oder Veranstaltung deutlich zu machen, ohne den ganzen Prozess zu unterbrechen?
  3. Wie nehme ich mein Gegenüber wahr und wie beziehe ich neue Leute in mein Handeln ein? Biete ich z.B. eine Vorstellungsrunde an, erzähle ich von der Gruppe, erkläre ich mich und mein Handeln, verrate ich „Insider«, bitte ich mein Gegenüber darum, eigene Erfahrungen beizusteuern.
  4. Bin ich bereit, meine bisherigen „Traditionen, Rituale und Glaubenssätze“ zu verändern, um neue Menschen in meine bestehende Arbeit zu integrieren?

Die hier zusammenstellten Fragen erheben nicht den Anspruch, vollständig zu sein oder weitgehend genug. Aber ich denke, sie zeigen den Weg auf, den wir beschreiten sollten, um wirklich für alle Menschen offen sein zu können und eine ernsthafte Willkommenskultur zu leben, die tragfähig ist und von Herzen kommt.

Wenn wir als Kirche, als CVJM, als EC o.a. auch weiterhin zukunftsfähig bleiben, relevant für unsere Mitglieder sein und gerne auch andere Menschen für unsere Arbeit und Jesus gewinnen wollen, müssen wir uns auf den Weg machen sowie Antworten und Raum anbieten für alle, die auf der Suche sind:

  • Die auf der Suche sind nach Gottesdienst- und Gemeinde-Formen, die modern sind, ohne den Schatz der Traditionen aufzugeben.
  • Die auf der Suche sind nach einem SafeSpace, in dem queeres Leben, Lieben und Glauben seinen Platz finden kann.
  • Die auf der Suche sind nach jemandem, der/die ihre Sorgen ernst nimmt, mehr zu bieten hat als Floskeln und stattdessen Nächstenliebe tatsächlich lebt und in verschiedenen not-wendenden Diensten Gestalt gibt.

Auf diese Weise werden wir zu Gemeinden, zu Kreisen und zu Gruppen, die das Evangelium ernst nehmen – und die „alte biblische Worte“ in neues Handeln übersetzen. Auf diese Weise nehmen wir die ernst, die zu uns kommen – und werden selber ernst genommen.

Kurzbeschreibung und Lernziel

Alle Menschen haben verschiedene Bedürfnisse: Sicherheit, Schutz, Vertrauen, Gemeinschaft, Zugehörigkeit, Freiheit, Selbstbestimmung, Mitbestimmung, Leistung, Erfolg, Anerkennung sowie Respekt. Immer dort, wo Bedürfnisse verletzt werden, erleben wir Eingriffe in die freie Entfaltung unserer Persönlichkeit. In diesem Kapitel geht es speziell um verschiedene Formen von Gewalt und Vernachlässigung, die Kinder und Jugendliche in den unterschiedlichsten Systemen (Schule, Familie oder Gruppen) erleben. Dabei muss es sich nicht immer zwangsläufig um körperliche Gewalt handeln. Fast genauso einschneidend, wenn nicht gravierender, ist psychische Gewalt oder sexualisierte Gewalt. Die weite Verbreitung der digitalen Medien und Smartphones spielen dabei eine große Rolle. Gewalt und grenzverletzendes Verhalten sind nicht auf ein soziales Milieu beschränkt, sondern ziehen sich durch alle Schichten. Dies kann dazu führen, dass es unter Umständen schwierig sein kann, gefährdete Kinder und Jugendliche frühzeitig zu erkennen. Bei der Vorbereitung und Durchführung sollte man bedenken, dass Betroffene unter Umständen in der eigenen Trainee-Gruppe sitzen könnten.

Ziel dieser Einheit ist es, die Trainees für das Thema zu sensibilisieren, wo Gewalt in verschiedenster Form, auch im eigenen Alltag, vorkommt. Es ist zeitlich nicht möglich, alle Bereiche detailliert zu betrachten, daher beschränken wir uns nach einer Einführung auf den Bereich Mobbing und sexualisierte Gewalt.

Tabellarischer Ablauf

Nr.InhaltDauerMaterial
1Einstieg ins Thema: #Above the Noise15 minBeamer, Lautsprecher, Laptop (Internetzugang), Papier, Stifte; DIN-A6-Karten
2Bedürfnisse von Menschen und Verletzungen20 minBedürfnisse auf Karten, Kärtchen, Stifte
3Mobbing30 minArbeitsblatt Mobbing, Fallbeispiel für alle ausgedruckt (s. Downloads)
4Energizer „Zahlen“5 min
5Einstieg „Sexualisierte Gewalt“: Nähe und Distanz15 min
6#MeToo30 minBilder
7Abschluss/Kurzimpuls: All that we share10 minBeamer, Lautsprecher, Laptop (Internetzugang)

1. Einstieg ins Thema: #Above the Noise

Der Einstieg in dieses breite Themenfeld geschieht mit Hilfe eines Youtube-Videos:

„#AboveTheNoise feat. Serena Williams, Neymar Jr., Cara Delevingne, Michael K. Williams, and Kris Wu“ (www.youtube.com/watch?v=oWithLP0VlQ, letzter Zugriff am 28.02.2019). Da das Video komplett in englischer Sprache ist, ist es wichtig, bei den Einstellungen darauf zu achten, dass deutsche Untertitel eingestellt sind. Die Einstellungen kann man rechts unten im Videoclipfenster vornehmen.

Die Trainees bearbeiten während des Clips folgende Beobachtungsaufgabe in Einzelarbeit:

Benenne die verschiedenen Situationen und Gewalterfahrungen, die die Hauptpersonen in dem Clip erleben:

  • körperliche Gewalt: Szene auf dem Fußballplatz
  • sexuelle Belästigung: Szene im Restaurant
  • Ausgrenzung / psychische Gewalt: Szene im Club (Mikrofon)
  • Haushalt von Alleinerziehenden und Übernahme von Pflichten: Szene mit dem Mädchen und ihrer Schwester (Diese Szene stellt zwar keine Form von Gewalt dar, aber Jugendliche, die in Haushalten von Alleinerziehenden aufwachsen, haben aufgrund ihrer Situation schwierigere Grundvoraussetzungen, ihr Leben zu gestalten.)

Nach dem Video tauschen die Trainees in Zweierteams ihre Ergebnisse aus. Danach stellen die Zweierteams ihr Ergebnis im Plenum vor.

Alternativ zum Video kann als Einstieg ins Thema mit der Gruppe gesammelt werden, welche Formen von Gewalt bekannt sind. Hierzu eignet sich eine Sammlung auf DIN-A6-Karten. Diese Karten können dann gemeinsam in Kategorien sortiert werden.

2. Bedürfnisse von Menschen und Verletzungen

Gewalt erfahren wir vor allem dort, wo unsere grundlegenden Bedürfnisse verletzt werden. In Anlehnung an die von Abraham Maslow entwickelte Bedürfnishierarchie überlegen sich die Trainees, wodurch die folgenden Bedürfnisse verletzt werden können. Die Ergebnisse werden auf Karten gesammelt und dem jeweiligen Bedürfnis zugeordnet.

Die Jugendlichen dürfen beim Sammeln gern auf persönlich erlebte oder beobachtete Situationen eingehen. Persönliche Erlebnisse sollten vertraulich behandelt werden. Die Gruppe soll darauf hingewiesen werden, dass Erzähltes nicht weitergesagt werden soll.

Bedürfnisse und Verletzungen:

  • Bedürfnisse: Sicherheit, Schutz, Vertrauen, Gerechtigkeit
    • Verletzungen: z. B. beleidigen, beschimpfen, schlagen, treten, Gerüchte verbreiten
  • Bedürfnisse: Freundschaft, Gemeinwesen, Zugehörigkeit
    • Verletzungen: z. B. ausgrenzen, mangelnder Zusammenhalt, nicht unterstützen
  • Bedürfnisse: Freiheit, Selbstbestimmung, Mitbestimmung
    • Verletzungen: z. B. erpressen, zu etwas zwingen, herumkommandieren
  • Bedürfnisse: Spiel und Spaß
    • Verletzungen: z. B. herumkritisieren, nörgeln, schlechte Stimmung verbreiten, Angst machen
  • Bedürfnisse: Leistung, Erfolg, Anerkennung, Respekt
    • Verletzungen: z. B. hänseln, auslachen, demütigen, Neid, Vorurteile, auf Schwächen herumreiten

3. Mobbing

Das Wort Mobbing stammt vom englischen Verb „mob“ (bedrängen, über jemanden herfallen). Das Verhalten, das wir im deutschen Sprachgebrauch „Mobbing“ nennen, wird im englischsprachigen Raum als „bullying“ (schickanieren, tyrannisieren) bezeichnet. Viele Jugendliche kennen Mobbing vor allem aus der Schule, wo sie sich selbst in der Beobachterrolle befinden. Dies bedeutet nicht, dass Mobbing sich auf das System Schule beschränkt. Mobbing kann grundsätzlich in allen Gruppen vorkommen, allerdings sind die meisten Gruppenangebote außerhalb der Schule freiwillig – daher kann sich jemand, der sich in der Opferrolle befindet, leichter einer Situation entziehen. Und trotzdem kann Mobbing natürlich auch in der christlichen Jugendarbeit vorkommen. In den meisten Fällen wird es sich um Mobbing in der Testphase handeln. In dieser Phase können Mitarbeitende gut eingreifen und dafür sorgen, dass alle respektvoll miteinander umgehen.

Einige Kinder und Jugendliche, die unsere Gruppen und Kreise besuchen, haben vermutlich Erfahrungen mit Mobbing gemacht, unter Umständen auch in der Opfer- oder Täterrolle. Es ist daher wichtig, dass die Mitarbeitenden sensibel mit dem Thema umgehen und Mobbingstrukturen benennen können. Nur wenn Übergriffe erkannt und benannt werden, kann auf die Situation und das Opfer eingegangen werden.

Besprecht das Phänomen Mobbing mit der Gruppe anhand des Arbeitsblattes Mobbing (s. Downloads). Bildet Kleingruppen mit ca. drei bis vier Trainees (je nach Gruppengröße). Die Kleingruppen erhalten alle das gleiche Fallbeispiel, das sie anhand der Fragen bearbeiten sollen. Die Ergebnisse werden im Plenum besprochen. Hierbei soll der Schwerpunkt auf möglichen Lösungsansätzen gegen Mobbing liegen.

Ideen für Mitarbeitende

Für Gruppenstunden, für die ich persönlich die Verantwortung habe, können mögliche Vorgehensweisen u. a. folgende sein:

  • Wir haben Verhaltensregeln, die auf gegenseitigem Respekt beruhen, und setzen uns für diese Regeln auch ein bzw. zeigen Grenzen auf.
  • Es gibt Konsequenzen für wiederholt unsoziales Verhalten (Einzelgespräch, um zu reflektieren, evtl. auch ein Gespräch mit den Eltern, sich ordentlich beim anderen entschuldigen).
  • Wir stärken und bestärken Kinder und Jugendliche, die es immer wieder abkriegen, darin, sich selbst auf gute Art zu wehren.
  • Wir vermeiden persönliche Verletzungen (sowohl gegenüber Opfern als auch gegenüber Tätern).

Es gibt letztlich nicht die eine Lösung, die in jedem Mobbingfall funktioniert. Aber durch aufmerksames Beobachten der Gruppe ist es möglich, Machtstrukturen zu erkennen und dann einzugreifen, wenn sichtbar wird, dass sich Teilnehmende nicht allein wehren kön-nen bzw. wenn der Werterahmen, den die Gruppenleitung vorgibt, angegriffen wird.

4. Energizer „Zahlen“

Das Thema ist emotional anstrengend. Folgende Übung dient dazu, die Gruppe nach dem ersten Teil nochmals aufzulockern, bevor es mit dem Themenblock sexualisierte Gewalt weitergeht. Die Trainees bilden Zweierteams. Die erste Aufgabe ist, abwechselnd bis drei zu zählen, wobei die Zahl Eins durch eine gemeinsam beschlossene Geste ersetzt wird. Nach einigen Durchgängen, soll auch die Zahl Drei durch eine Geste ersetzt werden.

5. Einstieg „Sexualisierte Gewalt“: Nähe und Distanz

Bei dieser Übung geht es darum, die persönlichen Grenzen oder auch Distanzzonen, die wir Menschen haben, zu visualisieren.

Distanzzonen lassen sich in drei Bereiche einteilen:

  1. intime Distanzzone, ca. 50 cm um unseren Körper (Familie oder enge Freunde sind hier meistens in Ordnung)
  2. persönliche Distanzzone, ca. 1 m um unseren Körper (persönliche Gespräche finden hier statt)
  3. gesellschaftliche Distanzzone, ca. 1 bis 2 m um unseren Körper

Es gibt bei den Distanzzonen kulturelle Unterschiede. Der Abstand ist in südlichen Ländern oft kürzer. Die Übung erfolgt in zwei Stufen:

Die Trainees finden sich in Zweierteams zusammen. Beide Trainees stellen sich mit etwa 5 Metern Abstand zueinander auf. Ein Trainee geht langsam Schritte auf die andere Person zu, bis sie die Hand als Stoppsignal hochhebt. Das Stoppsignal soll dann gegeben werden, wenn ein angenehmer Abstand erreicht ist. Dann wechseln die Rollen.

Die Trainees mischen sich neu. Im zweiten Durchgang ist es die Aufgabe, sich mit jemandem zusammenzufinden, die/den man nicht gut kennt oder mit der/dem man außerhalb vom Trainee-Programm nicht so viel Kontakt hat. Dann wird die Übung wiederholt.

Im anschließenden Reflexionsgespräch geht es darum, die Distanzzonen zu besprechen. In den meisten Fällen wird hervorstechen, dass die Distanzzone beim zweiten Durchgang größer ist.

6. #MeToo

Die weltweite Twitterbewegung mit dem #MeToo, angestoßen von Schauspielerin Alyssa Milano, richtet sich gegen sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt. Zunächst in der Glitzerwelt Hollywoods, dann aber auch in den verschiedensten Kontexten. Auslöser war der Skandal um Hollywood-Produzent Harvey Weinstein, der im Oktober 2017 von mehr als 70 Frauen der sexuellen Belästigung bezichtigt wurde. Einige Schauspielerinnen haben ihn angezeigt, andere haben sein Verhalten öffentlich gemacht. Die Bewegung hat das Gespräch um das Tabuthema sexualisierte Gewalt auf neue Art und Weise angefacht und in die gesellschaftliche Mitte gerückt.

Der Einstieg in dieses nicht ganz einfache Thema soll über eine Bildbetrachtung erfolgen. Verschiedene Bilder von sexueller Belästigung durch Männer und Frauen sowie Mobbing/Cybermobbing (aus dem Internet – öffentliche Aufführungsrechte beachten! – oder selbst nachgestellt) sollen ohne Kommentar nach und nach in eine Stuhlkreismitte gelegt werden. Wer mit Beamer und Laptop arbeitet, kann die Bilder auch nach und nach einblenden. Die Trainees sollen, nachdem sie Gelegenheit hatten, die Bilder zu betrachten, frei erzählen, was ihnen zu den Bildern einfällt. Falls wenig Reaktion kommt, kann man die Trainees einzelne Bilder beschreiben lassen. Da das Thema nicht einfach ist, kann es sein, dass die Bilder Betroffenheit auslösen.

Wenn die Bilder besprochen sind, geht es in diesem Teil hauptsächlich darum, den Trainees einen kurzen Einblick in das Thema zu geben, denn alle Mitarbeitenden in der Kinder- und Jugendarbeit sollten dafür geschult sein. In Württemberg ist es der Präventionskurs „Menschenskinder“, wo das Thema sexualisierte Gewalt intensiv behandelt wird. Weitere Infos erhält man unter www.ejwue.de/service/praevention-sexuelle-gewalt (letzter Zugriff am 28.02.2019). In anderen Bundesländern gibt es vergleichbare Angebote, über die man sich informieren sollte.

Die sozialwissenschaftliche Definition von sexualisierter Gewalt lautet: „Sexueller Missbrauch oder sexuelle Gewalt an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor Mädchen und Jungen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können. Der Täter oder die Täterin nutzt dabei seine/ihre Macht- und Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen.“ (www.beauftragter-missbrauch.de/praevention/was-ist-sexueller-missbrauch/definition-von-sexuellem-missbrauch (letzter Zugriff am 28.02.2019).)

Das deutsche Strafrecht geht davon aus, dass Kinder unter 14 Jahren grundsätzlich keiner sexuellen Handlung zustimmen können. Sexualisierte Gewalt als Form der Grenzverletzung ist in Deutschland leider nicht die Ausnahme. Genaue Zahlen sind recht schwer zu erheben, da viele Fälle nicht angezeigt oder entdeckt werden. Die polizeiliche Kriminalstatistik gibt Aufschluss über die Zahl der Anzeigen. Für das Jahr 2016 verzeichnet sie

  • 12.019 Anzeigen wegen Kindesmissbrauchs,
  • 1.161 Anzeigen wegen Missbrauchs an Jugendlichen und
  • 447 Anzeigen wegen Missbrauchs an minderjährigen Schutzbefohlenen.

Diese Zahlen sind seit 2010 nahezu gleichgeblieben. Die Betroffenen reagieren unterschiedlich und nicht immer ist von außen erkennbar, dass ein Fall von sexualisierter Gewalt vorliegt. Dadurch kann es beispielsweise zu Verhaltensänderungen kommen – u. a. zu Ängstlichkeit, Aggressivität, Leistungsabfall oder sexualisiertem Verhalten. Auch psychosomatische Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen, Schlafstörungen oder Hauterkrankungen können ebenfalls Anzeichen sein.

Allerdings ist keines dieser Symptome spezifisch für sexuellen Missbrauch! Das bedeutet, dass jede dieser Auffälligkeiten auch andere Ursachen haben kann. Veränderungen bedeuten oft, dass das Kind oder der Jugendliche Probleme hat oder belastende Dinge erlebt und die Unterstützung zugewandter Bezugspersonen benötigt. Als Gruppenleitung in der Jugendarbeit bedeutet dies, dass wir aufmerksam mit unseren Kindern und Jugendlichen umgehen. Wenn sich Teilnehmende vertrauensvoll an uns wenden, ist es wichtig, sich selbst Hilfe zu holen – entweder beim Leitungsgremium der örtlichen Jugendarbeit, einer/einem Hauptamtlichen in der Gemeinde oder beim Bezirks- oder Landesjugendwerk. Darüber hinaus gibt es einige Anlaufstellen, an die man verweisen kann:

  • das örtliche Jugendamt (Ansprechpersonen oder Kontaktnummern finden sich immer auf der Homepage des Landkreises)
  • der Mädchengesundheitsladen Stuttgart (www.maedchengesundheitsladen.de, letzter Zugriff am 28.02.2019)
  • die Beratungsstelle Wildwasser (gibt es in mehreren Städten und Landkreisen)

7. Abschluss/Kurzimpuls: All that we share

Um die Einheit positiv abzuschließen, lohnt es sich, ein weiteres Youtube-Video einzublen-den: „All that we share“ (www.youtube.com/watch?v=i1AjvFjVXUg, letzter Zugriff am 28.02.2019), ein TV-Werbespot des Fernsehsenders TV2 Dänemark. Bei allen Verschiedenheiten und unterschiedlichen Lebenswegen und Entscheidungen, die wir treffen, ist es wichtig, sich nicht nur von Äußerlichkeiten leiten zu lassen. Was wir als Menschen manch-mal von anderen wahrnehmen, entspricht nicht der Wirklichkeit. Andere ver- und beurteilen ist oft leicht und passiert uns immer wieder. Bei Gott gelten andere Maßstäbe – er blickt hinter die Kulissen direkt in unser Herz. Dabei sollten wir folgenden Bibelvers im Auge behalten: „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an“ (1. Sam 16,7b Lu).

Literaturtipps

  • Büchle, Johannes / Ulmer, Alma (Hg.): Menschenskinder, ihr seid stark. Prävention vor sexualisierter Gewalt; die Arbeitshilfe für die Evangelische Kinder- und Jugendarbeit kann kostenlos bestellt werden: www.ejwue.de/service/praevention-sexuelle-gewalt (letzter Zugriff am 28.02.2019)
  • www.beauftragter-missbrauch.de (letzter Zugriff am 28.02.2019)
  • Das Handbuch von Konflikt-KULTUR und klicksafe zur Intervention bei (Cyber-) Mobbing (2. aktualisierte Auflage 2018), kostenloser Download unter www.konflikt- kultur.de/images/Was_tun_bei_Cybermobbing_neu_M%C3%A4rz2018_51f7c.pdf (letzter Zugriff am 28.02.2019)
  • Schäfer, Mechthild / Herpell, Gabriela: Du Opfer! Wenn Kinder fertig machen, Rowohlt, Berlin 22010 (nur noch antiquarisch erhältlich)
  • Grüner, Thomas / Hilt, Franz: Systemische Mobbingprävention und -intervention, in: Anti-Mobbing-Strategien für die Schule, hrsg. v. Anne A. Huber, Link, Köln 32015
  • Olweus, Dan: Täter-Opfer Probleme in der Schule. Erkenntnisstand und Interven- tionsprogramm, in: Forschung über Gewalt an Schulen. Erscheinungsformen und Ursachen, Konzepte und Prävention, hrsg. v. Heinz Günter Holtappels / Wilhelm Heitmeyer / Wolfgang Melzer / Klaus-Jürgen Tillmann, Juventa, Weinheim 52008

oder auch: Es könnte alles so einfach sein

Es hätte damals wirklich alles so einfach sein können – wenn Adam und Eva im Paradies einfach ihr Vertrauen voll auf Gott und sein Wort gesetzt hätten, statt dem Gerede der Schlange auf den Leim zu gehen. Dann wären sie taub gewesen für die Lügenmärchen, die ihnen die Schlange einflößte. Sie wären fein damit geblieben, dass Gott ihnen geboten hatte, weder vom Baum des Lebens noch vom Baum der Erkenntnis Früchte zu essen. Wir säßen alle noch im Paradies, statt uns jetzt mit Krieg, Klima und anderen Katastrophen auseinander zu setzen. Das ist ein zugleich sehr nachvollziehbarer und dennoch etwas weltfremder Gedanke, der sich das Wesen der Menschen schön redet und die Bibel eher wörtlich als ernst nimmt.

Machen wir uns nichts vor – wir Menschen sind einfach nicht dafür geschaffen, uns an alle Regeln und Gesetze zu halten. Moment. Heißt das etwa, der allmächtige Gott hat gerade bei dem Prunkstück seiner Schöpfung, beim krönenden Abschluss, gepatzt und einen Fehler gemacht? Immerhin ist er doch allmächtig … Warum hat Gott uns dann nicht so geschaffen, dass das Einhalten von Regeln und Gesetzen dann quasi zu unserer „Standardausstattung“ gehört, ähnlich einer werkseitig vorinstallierten App, die sich weder deinstallieren noch löschen lässt? Aus einem, zumindest aus meiner Glaubensüberzeugung heraus betrachtet, ganz einfachen Grund: Wenn ich keine Möglichkeit habe, mich gegen etwas zu entscheiden (z. B. „Nein, ich will aber nicht nur 50 km/h innerorts fahren, immerhin habe ich es eilig“), dann ist es auch nicht machbar, mich bewusst für eine Sache zu entscheiden – z. B. dafür, jemand anderes zu lieben. Und dann ist es egal, ob ich von meiner Liebe zu einem anderen Menschen spreche oder von meiner Liebe zu Gott.

Liebe ist immer freiwillig, ist das Resultat einer freien Entscheidung und kann nicht verordnet werden. Wenn ich Liebe erfahren möchte, muss ich das Recht zur falschen bzw. anderen Entscheidung gewähren und möglich machen. Soweit eine persönliche Einschätzung.

Gott kümmert sich um mich

Kommen wir aber nun zu dem, was über die Grenzen des Juden- und des Christentums hinweg bekannt geworden ist und sogar in vielen weltlichen Bereichen Einzug in den Alltag gefunden hat: die 10 Gebote.

In der Geschichte des Volkes Israel werden die 10 Gebote von Gott an Mose diktiert, nachdem er die Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat. Nach dem Bund, den Gott früher mal mit Abraham geschlossen hatte, sollten jetzt die 10 Gebote quasi die „Rahmenvereinbarung“ bzw. die Regeln für einen neuen Bund und einen gemeinsamen, weiteren Weg des Volkes Israel mit Gott bieten.

Heute sind die 10 Gebote scheinbar den wenigsten Menschen bekannt. Immer wieder liest man davon, dass die 10 Gebote den Menschen so vieles verbieten und Gott quasi eine übernatürliche Spaßbremse ist, die den Menschen alles vorschreibt. Tatsächlich geht es aber schon bei den ersten Worten der 10 Gebote um etwas ganz anderes: in der BasisBibel heißt es im 2. Mose 20: 1:

„Gott sprach alle diese Worte: »Ich bin der Herr, dein Gott!
Ich habe dich aus dem Land Ägypten herausgeführt – aus dem Leben in der Sklaverei.“

Das erste, worum es also geht, ist keine Vorschrift an uns Menschen, sondern die Erinnerung an das, was Gott für sein Volk getan hat – ohne dabei vorher Bedingungen zu stellen. Aber jetzt, auf dem Berg Sinai, macht Gott den Israeliten klar: Wenn ihr weiterhin unter meinem Schutz stehen wollt, wenn ich euer Gott sein soll, dann braucht es einen festen Rahmen. Und diese Gebote, die den Rahmen abstecken, lassen sich auf eine Grundfrage reduzieren, die Gott seit damals allen Menschen ganz persönlich stellt:

„Vertraust du mir, deinem Gott, dass ich mich um alles kümmern werde, damit es dir gut geht?“

Wenn ich diese Frage für mich mit „Ja“ beantworten kann, dann geht es für mich nicht länger um ein „Du sollst nicht …“ – sondern um die Erkenntnis „Ich brauche nicht …“ Ich brauche mich nicht selber zu kümmern, sondern darf darauf vertrauen, dass Gott sich kümmert. Dass er dafür Sorge tragen wird, dass ich alles bekomme, was ich zum Leben brauche … Und dann ist es nicht mehr nötig, voller Neid auf andere zu schauen. Schlecht über sie zu reden und ihnen Dinge abzuluchsen. Mit Beziehungen fahrlässig umgehen und den/die andere betrügen. Ich darf aufhören, mich mit allen und allem um mich herum zu vergleichen. Das ist keine Einengung – das ist Freiheit.

Die Gebote als Grundlage für allgemeine Menschrechte

Zu einer ganz ähnlichen Einsicht sind auch viele andere Menschen gekommen, die ansonsten mit dem Glauben an einen (christlichen) Gott vielleicht so ihre Schwierigkeiten hatten. Denn das, was in den sieben Geboten vom vierten bis zum zehnten Gebot formuliert wurde, findet sich sowohl sinngemäß auch in den Regeln und Geboten anderer Religionen und Gemeinschaften wieder als auch auf der politischen Weltbühne.

Mit Luther, Augustinus, dem jüdischen Philosophen Philon von Alexandrien und später auch dem niederländischen Theologen Hugo Grotius, dem Lutheraner Pufendorf und dem englischen Philosophen Locke gelang der Wandel von den „Gott gegebenen Geboten“ hin zu der Ansicht, dass sich aus diesen Geboten und Regeln Rechte für die allgemeine Menschheit ableiten lassen, die über eine Konfessionsgebundenheit hinausgehen.

Aus der Arbeit dieser Menschen heraus und über viele Jahrhunderte hinweg wurden diese Rechte zu festgeschriebenen Menschenrechten, wie sie 1789 in der französischem Nationalversammlung beschlossen wurden. Heute sind die Menschenrechte das Werte-Fundament der westlichen Welt.

Und seien wir doch mal ehrlich: Sicherlich gibt es über die Zehn Gebote hinaus viele Gebote und Gesetze im Alten Testament, die uns heute nur schwer oder gar nicht mehr begreiflich sind. Das liegt ganz einfach daran, dass sie in eine ganz bestimmte Zeit hineingesprochen wurden. Um herauszufinden, was diese Gebote also heute noch in unserem Leben bedeuten können, müssen wir den Transfer der Lebenssituation des „Damals“ ins „Heute“ schaffen. Dann stellen wir fest, dass viele Gesetze unter Umständen gar nicht mehr die Relevanz oder Bedeutsamkeit haben, wie es vor 2000 Jahren vielleicht noch der Fall gewesen sein mag. Darum achtet heute auch niemand mehr darauf, aus wie vielen Stoffarten die Kleidung hergestellt wird oder ob wir Frauen nach jeder Periode auch brav Tauben als Opfer verbrennen. Darum werden auch keine frechen Söhne mehr an der Stadtmauer gesteinigt. Und darum sollte es heute auch egal sein, welchen Menschen ich liebe.

Aber die 10 Gebote haben nichts von ihrer Aktualität und Relevanz verloren. Selbst wenn ich Gott ablehne und darum die ersten drei Gebote ignorieren möchte: Niemand kann ernsthaft etwas dagegen haben, wenn wir die Unversehrtheit des Lebens, den Respekt für Ältere, den Schutz von Beziehungen, den Schutz des Eigentums und den Schutz vor Verleumdung bzw. Rufmord auch heute noch achten.

Es könnte alles so einfach sein – interreligiöser Dialog ist möglich

Ein Blick in die Nachrichten und auch in die Geschichte macht deutlich: Religionen sind immer wieder Auslöser von oder Begründungen für Gewalt. Als sehr bekannte historische Beispiele dienen da sicherlich die Kreuzzüge und der Holocaust, aber auch in der jüngeren Geschichte sind die Anschläge auf die Synagoge in Halle 2019, der 11. September oder die Entführungen durch die Boko Haram nur drei Beispiele, die das leider sehr eindrucksvoll belegen.

Es scheint, als ob ein friedliches Neben- oder sogar Miteinander kaum möglich ist. Und der Blick auf die Entwicklung antisemitischer und antiislamischer Gewalttaten in Deutschland zeigt, dass wir diesbezüglich nicht wirklich besser dastehen als die anderen Länder dieser Welt. Woran mag das liegen?

Ein Erklärungsversuch kann sein, dass wir mit dem Judentum, dem Islam und dem Christentum drei große monotheistische Weltreligionen haben, die alle für sich in Anspruch nehmen, an den „einen, wahren Gott“ zu glauben. Und wer davon total überzeugt ist, für den sind alle anderen Ungläubige und ähnliches.

Wer davon überzeugt ist, an den „einen, wahren Gott“ zu glauben, beansprucht für sich alleine, die Wahrheit zu kennen – und straft das Bekenntnis der anderen damit als Lügen. Das nimmt jede Gesprächsgrundlage und verhindert so den nötigen Perspektiv-Wechsel, um vom „gegeneinander“ in ein „nebeneinander“ oder sogar „miteinander“ zu kommen.

Aber so muss es nicht sein. Auch als bekennende, gläubige Christin kann ich in einen guten, konstruktiven Austausch und friedliches Miteinander mit Anhänger:innen des Islam oder Judentums (oder jeder anderen Religion) kommen, ohne mich und meinen Glauben dafür kleinmachen oder negieren zu müssen. Kooperative Glaubenshäuser wie das „House of One“ in Berlin bieten dafür Inspiration und schenken die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft der großen Religionen.

Was ist das „House of One“?

Dahinter verbirgt sich eine Initiative, die sich 2011 als Verein „Bet- und Lehrhaus Petriplatz e.V.“ gegründet hat. Sie besteht aus der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, dem Abraham-Geiger-Kolleg Potsdam, dem Forum für Interkulturellen Dialog e.V., dem Ev. Kirchenkreis Berlin-Stadtmitte, der Ev. Kirchengemeinde St.Petri-St. Marien sowie dem Land Berlin. Ziel des „House of One“ ist es, einen Ort zu schaffen, der sich in „gegenseitigem Verständnis für friedensfördernde, sozial gerechte und naturerhaltende Formen des Zusammenlebens“ einsetzt. Möglich wird dies durch ein Grundsatzdokument, das die wichtigsten Fragen des (religiösen) Zusammenlebens und-Arbeitens in Leitlinien zusammenfasst und das der Verein am 11.10.2011 verabschiedet hat.

Dieses Dokument erkennt an, dass die drei Religionen bei allen Unterschieden doch auch eine gemeinsame Geschichte haben (was beides zeitgleich u.a. in der Wahrnehmung/Würdigung/Interpretation solcher Personen wie Abraham, Noah oder Ismael deutlich wird) und verbunden werden durch den Glauben an einen „welttranszendenten Schöpfer“, der seine ganz individuelle Ausprägung in den einzelnen Religionen findet. Das Dokument bestätigt, dass sich in allen drei Religionen gemeinsame Grundwerte finden, die in einem Miteinander aktuell mit Leben gefüllt und umgesetzt werden wollen.

Gemeinsam haben sich die Initiatoren darum darauf geeinigt, dass sie im „House of One“ eine „Kultur der Gewaltlosigkeit und der Ehrfurcht vor allem Leben“ vertreten, um einen Gegenentwurf zu der erlebten Gewalt in der Gesellschaft zu prägen, der die Würde und Identität aller Menschen wahrt und akzeptiert. Sie verpflichten sich zu einer „Kultur der Solidarität“, die Ausdruck finden soll in der Achtung der Verschiedenheit der Partner, gegenseitigem Respekt und gelebter Rücksichtnahme. Die vereinbarte „Kultur des Respekts und ein Leben in Wahrhaftigkeit“ ermöglicht eine öffentliche, selbstbewusste und transparente Repräsentation des eigenen Glaubens, um von dieser Basis aus mit Vertreter:innen der anderen Glaubensrichtungen sowie anderen Interessierten das Gespräch zu suchen. Die Einigung zur einer „Kultur der Gleichberechtigung“ stellt heraus, dass die Partner gleichberechtigt zueinander agieren, ohne ihr Engagement im „House of One“ mit der Zielsetzung missionarischen Handelns zu verknüpfen.

In meinen Augen zeigt sich in dieser Initiative der Kern, wie ein Miteinander gelingen kann: indem wir gemeinsam auf das uns Einende schauen, ohne das Trennende zu überspielen. Uneinigkeiten werden respektvoll ausgehalten, der Kontakt reißt deshalb nicht ab. Ich darf im Gespräch selbstbewusst zu dem stehen, was meinen Glauben ausmacht und muss den Glauben meines Gegenübers nicht beschneiden – im Vertrauen darauf, dass mein Gesprächspartner mir und meinem Glauben auch respektvoll begegnet.

Von der Gründung des Vereins bis zur Grundsteinlegung sind 10 Jahre vergangen: Mit einer cornonabedingten Live-Übertragung der Zeremonie am 27.05.2021 war es endlich soweit. Auch wenn das „House of One“ noch nicht eröffnet ist, hat es doch schon viele Spuren hinterlassen – nicht nur in Berlin, sondern auch in der Kooperation mit anderen Mehrreligionenhäusern in Deutschland oder internationalen Partnerprojekten.

2027, so hoffen die Träger, kann das „House of One“ seine Tore öffnen. Bis dahin bietet ein Informationscontainer mit Aussichtsterrasse die Möglichkeit, sich über den Baufortschritt zu informieren. Darüberhinaus bietet er Platz für einen Teil der Bildungsangebote, die das „House of One“ schon jetzt für Schüler-, Konfi- und interessierte Erwachsenengruppen anbietet, um über die Arbeit und die Ziele des „House of One“ mit Menschen ins Gespräch zu kommen: dem Antisemitismus und der Isalmfeindlichkeit in diesem Land entgegenzutreten und statt dessen die friedliche Verständigung zwischen den Religionen zu fördern.

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